Protocol of the Session on January 20, 2010

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie jedoch einfach mal mit jemandem über Klimaschutz und dessen Umsetzung in Sachsen oder mit den mit dem Klimaschutz vertrauten Gremien reden möchten, dann lassen Sie uns

doch eine solche Diskussion mit den entsprechenden Experten im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft führen. Das ist der geeignete Ort, der auch aus meiner Sicht noch die notwendigen zeitlichen Kapazitäten dafür hat.

(Beifall bei der FDP)

Da kann man Fragen klären, zum Beispiel warum der Storch noch in Sachsen und der Winter so teuer ist, und all die Fragen, die mit Klimaschutz zu tun haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Als Nächste spricht die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Jähnigen, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will ausnahmsweise mit der Stellungnahme der Staatsregierung anfangen. Die Staatsregierung hat in ihrer Stellungnahme geschrieben: Wir haben ja das Klima-Netzwerk, wir brauchen keinen Klimaschutzbeirat. Dem ist nun nicht so, weil wir zwar das Klima-Netzwerk haben, aber die, die dort fachlich über Klimaschutzaspekte reden, sind ja im Wesentlichen die Vertreter nachgeordneter Behörden des Freistaates, also solche wie die Landestalsperrenverwaltung, Sachsenforst, die SAENA-Experten und fachlich beschäftigte Leute, die man durchaus schätzen kann. Das ist aber kein unabhängiges sachverständiges Gegengewicht im Sinne anderer Berater, wie sie auch die Bundesregierung hat und wie sie andere Regierungen haben. An dieser Stelle noch der Hinweis: Der Mann heißt Schellnhuber, nicht Schnellenhuber. Aber wir lernen alle, ich auch.

Das heißt, dass das Klima-Netzwerk diese Funktion der unabhängigen kritischen Beratung keineswegs ersetzt.

Frau Jähnigen, ich glaube, dass es eine Zwischenfrage gibt. Lassen Sie diese zu?

Sehr gern.

Frau Jähnigen, gehen Sie davon aus, dass alle Regierungsbehörden bzw. nachrangigen Behörden parteidominiert sind oder warum gehen Sie davon aus, dass diese jetzt nicht wissenschaftlich unabhängigen Sachverstand beinhalten?

Ich glaube, dass sie wissenschaftlich unabhängigen Sachverstand beinhalten. Aber Behörden haben im Freistaat Weisungsketten. Diese sind bekannt. Leute kommen natürlich in Situationen, wo sie Kritik an der herrschenden Politik nicht unabhängig äußern können, weil sie Weisungsempfänger sind. Das ist das bekannte Problem von Behördenchefs.

Das Entscheidende nämlich ist, dass wir in Sachsen kein Erkenntnisproblem haben, sondern ein Umsetzungsproblem. Wir haben gute Fachinstrumente und Materialien

zum Klimaschutz. Ich möchte an dieser Stelle den Klimaatlas ausdrücklich loben, aber er wird politisch nicht umgesetzt, und das müssten diese Behördenvertreter gegen ihre Dienstherren dann kritisieren. Sie werden mir jetzt recht geben, dass das schwer ist und dass man das nicht unbedingt jemandem zumuten kann.

Die Frage ist nun, ob uns bei diesem Umsetzungsproblem der Klimabeirat weiterhilft sowie die fachliche Erkenntnis, wenn der politische Wille nicht besteht, Ziele zu definieren und diese dann vor allem durchzusetzen. Ich sage es Ihnen noch einmal: Reduktion der Emission auf 1,5 Tonnen pro Kopf, Umstieg auf die erneuerbaren Energien bis 2050, totaler Umstieg, Ausstieg aus der Braunkohle – da sehe ich auf die Sozialdemokraten, nicht nur auf die CDU, natürlich auch auf DIE LINKE –, eine Überarbeitung des Landesentwicklungsplanes mit Blick auf die Klimapotenziale, und besonders das Repowering von der Windkraft – es wird leider Landtagsabgeordneten auf Anfragen nicht einmal verraten, wann die Staatsregierung das vorhat.

Ich weiß, Kernbereich der Exekutive, neue verkehrspolitische Ansätze – wir haben darüber gesprochen, da ist noch viel zu tun –, Genehmigungsfreiheit für Gebäude mit integrierten Fotovoltaikanlagen, konsequente Wärmesanierung der Altbauten – wir wissen, dass die Haushalte strukturell die größten Klimaverschmutzer sind. Da wäre viel zu tun, liebe Klimaschützer, und das ist keine Frage der Fachlichkeit, sondern es ist eine Frage der politischen Konsequenz, die eingefordert werden muss. In diesem Sinne werden wir nachdenklich diesem Antrag zustimmen. Das eigentliche Problem – falsche Politik, fehlende Konsequenz bei der Regierung – löst er keineswegs.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als nächste Rednerin ist Frau Schüßler von der NPD-Fraktion gemeldet. Frau Schüßler, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auch mit einem Zitat beginnen: „Es ist nicht zu erkennen, dass die Berufung eines weiteren Beirates auf regionaler Ebene zu weiterführenden Kenntnissen verhelfen würde.“ So weit ein Zitat aus der Stellungnahme der Staatsregierung zum vorliegenden Antrag.

Mit dem Klima-Netzwerk Sachsen gibt es bereits ein funktionierendes Gremium. DIE LINKE weiß das sehr wohl. In der Antragsbegründung wurde ja auch auf die Gefahr von Doppelungen bzw. gegenseitigen Blockaden eingegangen. Frau Dr. Runge hat dies vorhin noch einmal ausführlich dargelegt.

Niemand wird natürlich bestreiten, dass wir unsere Umwelt schützen müssen und sicherlich auch mit mehr Nachdruck, als dies in den letzten Jahrzehnten geschehen ist. Niemand wird auch bestreiten, dass es in vielen Regionen der Erde auffällige Veränderungen gibt. Man denke nur an den Rückgang des Eises in der Arktis und

der Gletscher in den Alpen. Unstrittig ist aber auch, dass in den letzten zehn Jahren die Temperaturen im weltweiten Vergleich nicht mehr angestiegen sind.

In Kopenhagen konnte sich die Prominenz aus allen Ländern der Welt nicht auf klare Vorgaben zum Klimaschutz einigen. Das ist auch kein Wunder, denn die Rolle des von Menschen verursachten CO2, Methan und anderer Gase ist ja auch noch nicht eindeutig geklärt. Vorfälle wie der Climategate-Skandal Ende November 2009 sind Auslöser für berechtigte Zweifel. Einige Forscher schienen es für nötig zu halten, abweichende Ergebnisse wegzulassen und Kritiker zu umgehen, nur um ein möglichst schlüssiges Klimaszenario zu erhalten, ein Klimaszenario, das durchschaubaren Machtinteressen dienen soll.

Nicht anders verhält es sich auch mit diesem angestrebten unabhängigen Klimaschutzbeirat. Er ist keine Erfindung der Linken – Frau Dr. Runge ist vorhin auch schon darauf eingegangen. Es gibt diese Beiräte in Berlin, Brandenburg und in anderen Städten und Regionen. Allerdings einmal gegründet, hört man relativ wenig davon. Der in der Antragsbegründung erwähnte Brandenburger Nachhaltigkeitsbeirat beispielsweise hat außer einem Bericht mit Handlungsempfehlungen zum Ende der letzten Legislatur und einer kleinen überschaubaren Handvoll Pressemitteilungen nichts veröffentlicht. Da ist das Klima-Netzwerk Sachsen wesentlich aktiver und umfassender.

Meine Damen und Herren! Einen Sachverständigenrat für Umweltfragen gibt es also in Sachsen bereits, ebenso das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft. Der Ausschuss und die Abgeordneten des Landtages haben ausreichend Möglichkeiten, auf deren Tätigkeit Einfluss zu nehmen, Vorschläge zu unterbreiten und Kontrollen auszuüben.

Letzter Punkt. Klimaschutz im Rahmen des Freistaates Sachsen hat irgendwie etwas Anmaßendes an sich. Nur 1,5 % der weltweiten CO2-Erzeugung sind menschlichen Ursprungs. 14 % davon wiederum entstehen in Europa. Wie hoch ist dann der Anteil Deutschlands und wie hoch davon ist der Anteil Sachsens am Klimawandel? Rechtfertigt das wirklich die Etablierung einer weiteren Institution, die „die Maßnahmen und Instrumente zum Klimaschutz kritisch, langfristig und umfassend würdigt“?

Meine Damen und Herren! Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorherzusagen, es kommt darauf an, auf die Zukunft vorbereitet zu sein. Das ist das Motto des sächsischen Klima-Netzwerkes. Alle künftigen Entwicklungen können weder beim Klima noch in irgendeinem anderen Lebensbereich bis ins letzte Detail abgeschätzt werden. Daran könnte auch ein weiterer Klimabeirat nichts ändern. Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es

Wortmeldungen von den Fraktionen in einer zweiten Runde der Aussprache? – Das kann ich nicht erkennen. Damit kommen wir zum Schlusswort. Frau Dr. Runge, ich gehe davon aus, dass Sie das Schlusswort halten. Zuerst spricht jedoch noch die Staatsregierung. Herr Staatsminister Kupfer, Sie wollen doch sicherlich auch noch etwas zum Antrag sagen? – Sie haben das Wort, Herr Staatsminister.

Vielen Dank. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gern noch ein paar Worte dazu sagen.

Die Staatsregierung hat in der Tat – das ist von den Vorrednern schon angesprochen worden – im Sommer letzten Jahres in Freiberg die Gründungsmitglieder des Klima-Netzwerkes Sachsen berufen. Dieses KlimaNetzwerk versteht sich als eine Art Denkfabrik. Dort werden Vorschläge für Zukunftsstrategien erarbeitet, aber auch aktuelle Fragen des regionalen Klimawandels besprochen.

Mich ärgert es etwas, dass hier immer die Unterstellung kommt, dass die Mitglieder dieses Gremiums dort nicht unabhängig arbeiten können. Es ist in der Tat richtig, dass neben der Wirtschaft und der Wissenschaft auch Fachbehörden und Staatsbetriebe in diesem Gremium mitarbeiten. Aber das sind auch Fachleute, die da mitarbeiten.

Was mir bei diesem Klima-Netzwerk Sachsen wichtig ist: Es ist ein Gremium, das auch handlungsorientiert arbeiten soll. Wenn die Behörden in dieses Gremium mit eingebunden sind, ist aus meiner Sicht die handlungsorientierte Arbeit am besten gewährleistet.

Ich habe mich gefreut, dass Sie wenigstens den Wissenschaftlern, den Professoren dort eine Unabhängigkeit bescheinigt haben. Vielleicht beruhigt es Sie, dass Herr Prof. Matschullat als der Vorsitzende des Gremiums ein „unabhängiger“ Mann ist. Ich bitte Sie also, fair zu sein und nicht von vornherein irgendetwas zu unterstellen, was nicht stimmt.

Wir haben übrigens kürzlich den Deutschen Wetterdienst mit ins Gremium aufgenommen, wie Sie vielleicht schon wissen, und wir sind offen für weitere Mitglieder. Sie hatten die Kriterien, die daran gebunden sind, schon genannt: Sie sollten unabhängig von wirtschaftlichen Interessen sein und nicht kommerziell arbeiten. Wir werden auch in Zukunft, wenn wir Einzelfragen zu klären haben, aus dem externen Bereich Experten zu Rate ziehen; das ist eine Selbstverständlichkeit.

Ich habe mich gefreut, dass von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schon bescheinigt wurde: Wir sind, was die Erkenntnis betrifft, sehr gut. Schon von daher erübrigt sich die weitere Einrichtung eines Klimaschutzbeirates.

Widersprechen muss ich, dass wir nicht genug tun würden. Wir machen eine ganze Menge. Der Aktionsplan Klima und Energie mit 300 Einzelmaßnahmen ist in der

Umsetzung. Wir haben im Koalitionsvertrag stehen, dass wir ihn weiterentwickeln werden. Wir haben – darauf möchte ich noch einmal mit Stolz verweisen – aus meiner Sicht eine ganz hervorragende Idee umgesetzt: nämlich die Umstellung von Heizkesseln mit einer Prämie von 1 250 Euro zu fördern. Das lief wirklich wie ein Länderspiel. Wir haben 15 Millionen Euro umgesetzt und damit nicht nur – was auch wichtig war – das heimische Handwerk gefördert, sondern insbesondere etwas für den Klimaschutz getan.

Meine Damen und Herren, was wir im Freistaat Sachsen an Einrichtungen haben, reicht aus, und ich kann nur unterstreichen, was die Koalitionsfraktionen gesagt haben: den Antrag abzulehnen und keine neue Einrichtung in Sachsen zuzulassen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Wir kommen zum Schlusswort; Frau Dr. Runge für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte doch noch einmal etwas wiederholt klarstellen. Es ist ein schwierig Ding, die Sprache; aber wenn man antwortet und reagiert, sollte man vorher auch genau zuhören. Ich hatte gesagt, es muss kein zusätzliches Gremium entstehen, sondern man könnte das KlimaNetzwerk gemäß diesen Regeln des Sachverständigenrates beim Bundesumweltministerium so erweitern, dass eine Mehrheit der stimmberechtigten, entscheidungsfähigen Mitglieder dort tatsächlich im echten Sinne unabhängig von staatlichen Behörden und frei von wirtschaftlichen Interessen ist. Das müsste möglich sein und das ist ein ganz pragmatisches Angebot.

Es ist auch nicht das Ziel meines Antrages gewesen, über die Klimaschutzziele von Sachsen kritisch zu debattieren; es wäre sicherlich einen eigenen Antrag wert, ob diese Klimaschutzziele tatsächlich ambitioniert sind oder nicht oder ob es Steigerungsmöglichkeiten gäbe. Ich kann Ihnen versprechen, dass ich bestimmt in dieser Weise noch einmal nachstoßen werde.

Ich habe auch keinem der Mitglieder in diesem KlimaNetzwerk unterstellt, dass sie sozusagen käuflich oder abhängig wären. Ich habe ausdrücklich gesagt, dass ich diese Unterstellung nicht mache. Aber eines ist klar: Strukturen geben immer den Handlungsrahmen und stecken die Handlungsgrenzen und Handlungsmöglichkeiten für Menschen im übertragenen Sinne räumlich ab. Das ist keine unwichtige Frage, und ich will nicht, dass dieses Klima-Netzwerk oder dieser Klimaschutzbeirat ein Forschungsgremium ist, dazu haben wir doch Forschungseinrichtungen, Forschungsinstitutionen. Das ist nicht ihr Thema, sondern es geht darum, eine eher öffent

liche, aber eben auch kritische Begleitung dessen, was im Aktionsplan Klima und Energie aufgeschrieben ist – –

Frau Runge, ich bitte Sie, langsam zum Schluss zu kommen.

– Ja.