Protocol of the Session on October 18, 2012

Meine Damen und Herren! Wir wissen seit der Studie der Staatsregierung „Lebensziele junger Menschen in Sachsen“, dass die Mehrheit der jungen Menschen heute gern in Sachsen lebt. Das kam bei einer Befragung im Juli 2012 heraus, und wir haben allen Grund zur Freude; denn wir wissen auch, dass viele der Jugendlichen sich auch eine Zukunft in Sachsen wünschen. Mehr als 80 % der jungen Menschen – Kollege Schreiber hat es schon gesagt – leben gern im Freistaat und wollen auch hier bleiben.

Denken wir einmal ein paar Jahre zurück in die Neunzigerjahre. Damals haben Heerscharen der jungen Sachsen den Freistaat verlassen, zumeist nicht freiwillig, zumeist weil es an beruflichen Perspektiven für sie mangelte.

Ich selbst, meine Damen und Herren, bin Jahrgang 1981, habe meinen Schulabschluss im Jahr 2000 gemacht, und wenn ich heute zurückdenke, wie viele derjenigen, die mit mir in der Schule waren, heute noch hier in Sachsen leben, reichen meine zwei Hände. Von den

150 Abiturienten in Freiberg sind nicht einmal mehr zehn auch heute noch in Freiberg. Einige wenige sind bis Dresden oder Leipzig gekommen. Aber die allermeisten mussten damals in den Westen gehen. Viele meiner Freunde von damals haben mittlerweile Kinder, so wie ich auch. Meine Kinder leben im Freistaat Sachsen. Die Kinder der meisten meiner Schulfreunde werden heute im Westen groß. Auch sie werden später wieder Kinder haben, und die werden vermutlich nicht in Sachsen leben.

Deshalb ist diese Studie so wichtig für uns, denn es ist ein positives Zeichen, wenn die Kinder und Jugendlichen in Sachsen heute ihre beruflichen und privaten Ziele in Sachsen verwirklichen wollen. Es ist ein positiver demografischer Effekt, wenn die jungen Menschen nicht abwandern, sondern hier ihre Familien gründen und die Kinder dann hier aufwachsen und eben nicht im Westen.

Natürlich gibt es viele Gründe dafür, warum junge Leute heute gern hierbleiben möchten. Wichtig für die eigene Lebensplanung sind vor allem berufliche Aussichten. Die Jugend von heute, meine Damen und Herren, ist gut ausgebildet. Sie ist so mobil wie nie zuvor, und sie will zu Recht keine Kompromisse. Nur wenn die Schul- und Hochschulabsolventen in Sachsen eine berufliche Perspektive haben, werden sie auch hier bleiben.

Hier in Sachsen – und das wissen wir seit der Studie der Staatsregierung – sehen die jungen Menschen für sich berufliche Entwicklungschancen. Seit der Wiedervereinigung hat sich der Freistaat Sachsen zu einem HightechBundesland entwickelt. Hier gibt es viele attraktive Arbeitsplätze, von international führenden Unternehmen geschaffen, zum Beispiel in der Automobil- oder Halbleiterindustrie. Es gibt zahlreiche innovative kleine und mittelständische Unternehmen, und sie überzeugen durch hohe Qualität und vielversprechende Ideen. Gemeinsam erwirtschaften die Betriebe Jahr für Jahr den höchsten Beitrag zum gesamtdeutschen Inlandsprodukt aller neuen Bundesländer.

Das, meine Damen und Herren, sind wichtige Faktoren für die Standortentscheidung junger Fachkräfte. Hier geht es um nichts Geringeres, als um Sachsens Zukunft; denn diese Fachkräfte wollen hier bleiben, und sie wollen mit ihren Familien hier bleiben. Ein Stück weit verantwortlich dafür sind natürlich auch die flächendeckend angebotenen hochwertigen Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Auch das leistungsfähige Bildungssystem ist hier von Bedeutung.

Der Bildungsmonitor 2012 zeigt: Sachsen hat eine stark ausgebaute Infrastruktur von Bildungseinrichtungen mit hohem Gewicht an naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern, und in Sachsen gibt es eine hohe Qualität bei der Betreuung und Bildung bereits im frühkindlichen Alter.

(Zuruf des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Das alles sind gute Gründe für Sachsens bundesweiten Spitzenplatz im Bildungsvergleich aller Bundesländer. Diesen Spitzenplatz wollen wir halten. Hier in Sachsen, meine Damen und Herren, lässt es sich leben. Der Freistaat ist ein einzigartiges Kulturland und umgeben von landschaftlicher Schönheit. Daher fühlen sich viele junge Menschen hier ganz besonders wohl. Diesem kulturellen Erbe fühlen wir uns verpflichtet; denn Kultur ist sehr wichtig für Identitätsstiftung. Deshalb wollen wir als CDU und FDP auch diese Kulturlandschaft schützen. Wir wollen die Landschaft schützen und deshalb beispielsweise nicht mit Windrädern verschandeln, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP und der CDU – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Buh!)

Meine Damen und Herren! Der Freistaat Sachsen hat vieles zu bieten. Schlösser, Burgen und Gärten machen Sachsen zum Kulturreiseziel Nummer 1.

(Zuruf der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

Es gibt die Otto-Dix-Ausstellung in Chemnitz, die jährliche Leipziger Buchmesse, die Semperoper in Dresden, die Felsenbühne Rathen und, und, und. Wir haben eine umfangreiche liebevolle Kulturlandschaft, eine der vielfältigsten in ganz Europa. Das zeigt: Es lohnt sich also, Sachsen zu besuchen. Aber es zeigt natürlich auch, dass es noch viel besser ist, wenn man hier lebt.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Die Verbindung aus Hightech und Tradition macht Sachsen für junge Menschen

(Zuruf der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

zum wahren Magneten. Dass die große Mehrheit der Jugendlichen gern in Sachsen lebt und die Chance sieht, hier ihre Lebensziele zu verwirklichen, ist für uns ein Ansporn. Wir wollen weiter gestalten, und wir wollen auch den künftigen Generationen die Möglichkeit geben, ihr Land zu gestalten. Aber das geht nur mit einer soliden und nachhaltigen Finanzpolitik, die nicht die Lasten auf die künftigen Generationen überträgt und die künftigen Generationen erdrückt.

(Zuruf des Abg. Andreas Storr, NPD)

Das ist auch für den anstehenden Doppelhaushalt für uns maßgebend, meine Damen und Herren. Denn wir wollen unseren Kindern Chancen hinterlassen und keine Schulden.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, junge Menschen sehen ihre Zukunft in Sachsen, weil sie hier Chancen und Perspektiven haben. Diese Chancen und Perspektiven gilt es zu erhalten. Das ist der Anspruch der CDU- und FDPKoalition. Wir sehen aus der Studie: Die Richtung der CDU- und FDP-Koalition ist richtig. Wir wollen Perspektiven für die jungen Menschen schaffen, Perspektiven vor

Ort, in den pulsierenden Zentren ebenso wie im ländlichen Raum.

(Bravorufe von der Fraktion GRÜNE – Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die miteinbringende Fraktion der FDP sprach Kollege Karabinski. – Als Nächster ergreift für die Fraktion DIE LINKE der Abg. Gebhardt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Thomas Jurk, SPD: Denken Sie an die freie Rede, Herr Kollege!)

Herr Karabinski, wieso sind denn eigentlich alle Ihre Abiturientenkollegen fortgegangen, und warum sind sie nicht wiedergekommen, bei dem, was Sie uns gerade mit glühenden Worten geschildert haben, wie Sachsen aussieht? – Das müssten Sie uns zumindest einmal erklären, wenn das hier alles so toll ist, wenn das alles so prima funktioniert,

(Christian Piwarz, CDU: Sie hätten bei der Rede schon mal zuhören müssen!)

warum dann Ihre Kolleginnen und Kollegen, die mit Ihnen gemeinsam in Freiberg studiert haben, nicht hier sind. Das ist für mich die spannendste Frage nach Ihrem derzeitigen Beitrag.

Ich möchte Folgendes zitieren: „Autos sind für die Jugend nicht mehr das Prestigeobjekt Nummer 1. Viel wichtiger seien heutzutage Kommunikationsmedien wie Smartphones, Table-PCs oder auch der Umzug in eine eigene Wohnung. Die Prioritäten haben sich verschoben.“ Das hat nicht etwa die Sächsische Staatsregierung herausgefunden, sondern der Leiter des Städtischen Statistikamtes von Stuttgart. Das ist die Stadt, in die viele sächsische Jugendliche hingezogen sind. Zumindest in Stuttgart gibt es Menschen, die begriffen haben, dass junge Leute etwas anderes als die Sächsische Staatsregierung wollen. Die Sachsen-Staatsregierung macht Folgendes:

(Christian Piwarz, CDU: Bitte, was noch einmal?! Die Sachsens-Staatsregierung?!)

Herr Piwarz, Sie haben das alles richtig verstanden. Die Sachsens-Staatsregierung befragt die deutsche Bevölkerung in sächsischen Privathaushalten zwischen 15 und 25 Jahren, die einen Festnetzanschluss haben. Die Sächsische Staatsregierung hat noch nicht begriffen, dass die Jugend heute mobil und online ist. In der Regel benutzen Jugendliche heute keine Festnetzanschlüsse mehr. Ich frage mich Folgendes: Wen haben Sie befragt? In einem Land, in dem Zuse als Computererfinder hoch gelobt wird, führt die Staatsregierung eine Befragung von Jugendlichen zwischen 15 und 25 durch, die einen Festnetzanschluss haben. Wie abenteuerlich das ist, kann nur die Staatsregierung selbst beantworten.

(Zuruf von der Staatsregierung)

Sie freuen sich, dass es ein gutes Zeichen für die Jugendlichen sei, dass zu einem erfüllten Leben Familie und Kinder gehören. Herr Ministerpräsident, mein Gott, das haben die Leute vor 100 Jahren gesagt. Das werden sie auch in 100 Jahren noch sagen. Das als Schlussfolgerung für einen Standortvorteil für Sachsen zu sehen ist schon eher peinlich. Diese Frage beantwortet Ihnen die Punkerin genauso wie alle katholischen Jugendlichen, die Sie befragt haben. In diesem Punkt gibt es keinen Unterschied. Das Lustige ist nur, dass Sie die Punkerin nicht erreicht haben. Sie hat keinen Festnetzanschluss mehr. Sie ist nur noch per Handy zu erreichen.

(Christian Piwarz, CDU: „Table-PC“?!)

Handy! Eigentlich geht es um Folgendes, Herr Kollege Schreiber: 52 % wollen entweder kein oder allenfalls ein Kind haben. Ich weiß nicht, warum Sie das als Erfolg verkaufen wollen. Mehr als die Hälfte der Sachsen wollen außerhalb von Sachsen leben und sich hier nicht reproduzieren. Ich verstehe nicht, warum Sie dies als Erfolg verkaufen.

Ich kann Ihnen sagen, warum sie das nicht wollen. Es gibt ein großes Problem mit den Fachkräften. Es gibt niedrige Löhne. Die Attraktivität Sachsens kann dadurch nicht wirklich hervorgerufen werden.

Bei der Festveranstaltung der Staatsregierung für Jugendliche, die am 6. Oktober stattfand, kam heraus, was Jugendliche wirklich wollen. Sie wollen Folgendes: längeres gemeinsames Lernen, Mitbestimmung für Jugendliche in Schulen und Kommunen, eine Absenkung des Wahlalters, mehr Freizeitangebote im ländlichen Raum, einen preiswerten ÖPNV und eine dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern.

(Lachen bei der NPD)

Sie wollen weiterhin eine bessere und andere Berufsorientierung. Sie wollen ebenso eine Entschlackung der Lehrpläne – vor allen Dingen im Oberstufenbereich. Das wollen Jugendliche. Dafür braucht man keine Studie in Auftrag zu geben, Herr Ministerpräsident, die Ihnen genau diese Antworten nicht liefert. Sie haben jedoch zugesagt, den jungen Leuten bis zum April 2013 eine Antwort zu geben.

Ich bin gespannt, welche Änderungsanträge Ihre Koalition dazu einbringen wird. Wir haben dazu folgende Gesetzesanträge eingebracht: die Herabsetzung des Wahlalters. Das können wir auch in der Verfassungsdebatte besprechen. Das Mitbestimmungsgesetz haben Sie im Sächsischen Landtag gerade abgelehnt. Den preiswerten ÖPNV wollen Sie nicht. Sie wollen ihn sogar einstellen und abschaffen, wie Herr Morlok es möchte.

(Lachen bei der FDP)

Ich bin gespannt, was Sie den Jugendlichen im April 2013 antworten werden.

Heimat ist dort, wo man sich zu Hause fühlt und es eine Perspektive gibt. Ich sehe dies für Sachsen durch diese Landes- und Staatsregierung nur in Ansätzen verwirklicht. Herr Ministerpräsident, ich bin gespannt auf Ihre Antworten im April 2013.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN – Vereinzelt Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE sprach Herr Kollege Gebhardt. – Wir befinden uns nun wieder in der digitalen Zeiterfassung der Redezeit. Wir werden diese kurze Übergangsphase entsprechend einarbeiten. Ich sehe am Mikrofon 4 Herrn Karabinski, der eine Kurzintervention vornehmen möchte.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Gebhardt hat mir eine Frage gestellt. Er hat Folgendes gefragt: Warum sind meine Schulfreunde nicht wieder zurückgekommen? Herr Gebhardt, die Frage ist ganz leicht zu beantworten. Das ist logisch. Sie haben mittlerweile feste Arbeitsplätze gefunden und eine Familie im Westen gegründet. Das hindert sie natürlich daran, wieder hierher zurückzukommen.