Protocol of the Session on September 27, 2012

Ich habe in den fünf Minuten nichts zu dem gehört, was Sie wollen. Sie haben nicht gesagt, was Ihre Antwort in der Frage der Altersarmut ist. Sie haben von Sozialtransfers geschwafelt. Niemand hat von Sozialtransfers geredet. Am Ende haben Sie Folgendes gesagt: Es hätte etwas mit den Arbeitsbedingungen zu tun. Ja, mit der Lohnhöhe hat es zu tun. Altersarmut entsteht, weil wir geringe Löhne zahlen. Dafür ist die FDP-Fraktion das beste Beispiel, wenn ich mir die Gehälter der Mitarbeiter bei Ihnen ansehe.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den LINKEN)

Bei den LINKEN ist es wie folgt: Ich kann mir gut vorstellen, dass DIE LINKE keine Viagra braucht. Wenn ich mir den Altersdurchschnitt ihrer Mitglieder ansehe, würde ich eher empfehlen, Doppelherz einzunehmen.

(Beifall bei der SPD – Unruhe bei den LINKEN)

Das war Herr Kollege Brangs für die einbringende Fraktion. – Ich sehe am Mikrofon 5 einen Bedarf für eine Kurzintervention. Bitte, Herr Kollege Heidan.

Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Kollege Brangs, Sie haben mir nicht gestattet, eine Zwischenfrage zu stellen. Deswegen mache ich nun von meinem Recht der Kurzintervention zu diesem Thema, das Sie besprochen haben, Gebrauch.

Ich stelle fest, dass Sie zwar lautstark und ziemlich unflätig – nach meinen Begriffen – uns die Dinge zur Anschuldigung gebracht haben. Wer war denn letztendlich für die tarifvertraglichen Regelungen verantwortlich, die es im Friseurhandwerk und Kraftfahrzeugbereich gibt? Das waren doch Sie. Die Vertreter der Gewerkschaft haben diese Tarifverträge gemacht. Das wissen wir. Dann stellen Sie sich bitte nicht so hierher und tun so unschuldig und schüchtern, dass alles letztendlich mit Mindestlohn geregelt werden kann.

(Sabine Friedel, SPD: Aber das System kennen Sie ja!)

Auf die Kurzintervention von Kollegen Heidan reagiert jetzt Herr Kollege Brangs.

Herr Präsident! Lieber Kollege Heidan! Das tue ich gern. Wir haben ja gestern die Debatte zur Arbeitnehmerweiterbildung geführt. Im Rahmen der Arbeitnehmerweiterbildung wird auch die Tarifautonomie als ein Bestandteil angeboten. Vielleicht kommen Sie einmal zu einem Seminar zu uns.

(Beifall bei der SPD)

Tarifautonomie heißt immer, dass zwei Seiten miteinander einen Kompromiss vereinbaren. Ich kann mich nicht erinnern, dass das Friseurhandwerk uns 10,80 Euro angeboten hätte und wir haben nur 3,80 Euro genommen. Das ist die Wahrheit!

(Beifall bei der SPD – Patrick Schreiber, CDU: Warum?)

Das war die Reaktion von Herrn Kollegen Brangs.

(Patrick Schreiber, CDU: Sieben Euro für Ihren Haarschnitt!)

Wir fahren fort in der Rednerreihe, und das Wort ergreift Kollege Krauß.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen ja eine Aktuelle Debatte führen und deswegen auch ein bisschen auf den Vorredner eingehen, damit es etwas spannender ist. Deswegen möchte ich mich gern auf die Argumente von Kollegen Brangs beziehen.

(Stefan Brangs, SPD: Das hoffe ich doch!)

Ja, Herr Kollege Brangs, Sie haben recht, wir geben weniger Geld für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen aus als noch vor sieben Jahren. Ich sage Ihnen auch, dass ich froh darüber bin, dass wir das machen können; denn bei Ihnen hatten wir fünf Millionen Arbeitslose, da ist es doch klar: Dafür muss ich wesentlich mehr Geld ausgeben als jetzt, wo ich unter drei Millionen Arbeitslose habe. Darauf sind wir sogar stolz, dass wir weniger Geld ausgeben müssen für diese Maßnahmen, Herr Kollege Brangs.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich sage gleichzeitig: Schauen Sie sich einmal an, was in der Arbeitsverwaltung möglich ist. Reden Sie einmal mit den Leuten, was wir alles bezahlen. Fragen Sie einmal die Mitarbeiter, was jetzt auch mit den freien Hilfen alles möglich ist. Wir gehen mit den Leuten zum Friseur, mit den Arbeitslosen. Wir gehen mit ihnen zum Zahnarzt, dahin werden sie begleitet. Wir sorgen dafür, dass sie eingekleidet werden. Es wird der Führerschein bezahlt.

Also Entschuldigung, wenn ich sehe, was dort für ein breites Spektrum möglich ist und was die Leute in der Arbeitsverwaltung machen, da kann man weiß Gott nicht klagen. Fragen Sie die Leute einmal, was sie zur Verfügung haben. Sie sagen: Die Kassen sind voll. Ich habe mich auch mit den Leuten von der Arbeitsverwaltung unterhalten. Da wird nichts abgelehnt aus den Gründen heraus, da ist so viel möglich. Man darf dem normalen Arbeitnehmer gar nicht erzählen, was wir bezahlen, wenn wir mit den Leuten zum Friseur oder zum Zahnarzt gehen. Das können Sie niemandem erklären. Aber ich glaube, dass es trotzdem richtig ist, dass wir helfen.

Ein zweites Thema, Herr Kollege Brangs. Sie werfen Helmut Kohl vor, dass er in die Sozialversicherung hineingegangen ist.

(Stefan Brangs, SPD: Ist er doch!)

Richtig, das hat er gemacht, und zwar zulasten der Westdeutschen, also auch von Ihnen. Natürlich. Was wäre denn gewesen? Hätten wir den Ostdeutschen eine ganz geringe Rente zahlen sollen, weil sie natürlich nicht so viel wie ein Westdeutscher eingezahlt haben? Nein, Helmut Kohl hat richtig entschieden. Er hat gesagt: Auch jemand, der eine Ostbiografie hat, bekommt eine anständige Rente, als ob er im Westen gearbeitet hätte. Wenn Sie das für eine Belastung der Rentenversicherung halten, dann mag das so sein, für einen Westdeutschen gilt das, für Gesamtdeutschland gilt das nicht.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Zu Zeitarbeit sind schon ein paar Sätze gesagt worden. Beim besten Willen, ich finde es merkwürdig, wenn die SPD, die den Missbrauch doch eingeführt hat, jetzt herkommt. Der Gesetzesgrundsatz ist erst einmal klar. Er lautet: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Eine Ausnahme gilt, wenn es Tarifverträge gibt, die nach unten abweichen.

Die Kritik, Herr Brangs, die Sie geäußert haben, ist vollkommen richtig. Der Missbrauch ist jetzt der Regelfall. Es wird automatisch nach unten abgewichen. Dafür muss man jetzt eine Lösung finden. Ich glaube, es sollte eine kluge Lösung sein. Man sollte Zeitarbeit nicht verteufeln. Das haben Sie zum Glück auch nicht gemacht. Es ist für die Menschen eine Brücke in die Beschäftigung. Sie hat auch positive Seiten, da gibt es keine Frage. Aber ich glaube, dass man nach einer Einarbeitungszeit verlangen kann, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit gezahlt wird. Es ist nicht nachvollziehbar, dass zwei Menschen, die an einer gleichen Maschine arbeiten, vollkommen unterschiedlich bezahlt werden und der eine die Hälfte von dem anderen verdient. Ich glaube, das ist ein Problem, dem man sich stellen muss. Ich bin dankbar, dass das Bundesarbeitsministerium hier etwas tut.

Das Gleiche geht in Richtung GRÜNE. Wenn Sie über Zeitarbeit sprechen, dann, Entschuldigung, ist es das, was Sie eingeführt haben, aber jetzt beklagen. Diese Doppelmoral halte ich schon für beschämend.

Lassen Sie mich zu Frau Schütz kommen, weil sie einen wichtigen Punkt angesprochen hat, nämlich die private Altersvorsorge, die ein wichtiger Baustein ist.

Wir haben mittlerweile 15 Millionen Riesterverträge, also 15 Millionen Menschen, die sagen: Wir versuchen, privat vorzusorgen. Ich will es noch einmal sagen: Das wurde nicht von der CDU eingeführt, sondern von der SPD, von Herrn Riester und Gerhard Schröder. Aber es ist richtig gewesen zu sagen, dass man auch privat vorsorgen muss.

Ich halte es jetzt für problematisch, wenn sich die SPD hinstellt und sagt: Das Thema private Altersvorsorge ist für uns vom Tisch. Das wollen wir nicht mehr. Die Verträge sollen weiterlaufen, aber wir unterstützen das nicht mehr. Ein Rentensystem braucht Verlässlichkeit. Die Rente braucht Verlässlichkeit. Die Menschen müssen sich auf etwas verlassen können. Wenn wir ihnen einerseits sagen, dass sie privat vorsorgen sollen, was richtig ist – wenn man Geld zur Seite legt, ist das immer richtig –, dann kann ich nicht als Nächstes ein Rentenkonzept wie die SPD bringen und sagen: Das Thema interessiert uns nicht mehr, wir wollen das nicht mehr. Das ist falsch! Hier braucht man eine klare Linie. Hier muss man auch einmal durchhalten und sagen: Leute, wer privat vorsorgt, der tut gut, der hat es richtig gemacht, es ist eine richtige Entscheidung.

Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die Riesterrente natürlich nicht auf die Grundsicherung angerechnet wird. Es kann nicht sein, dass jemand, der vorgesorgt hat, dann zum Sozialamt geht und als Erstes gesagt bekommt: Sie haben ja geriestert, Sie bekommen weniger als derjenige, der nicht vorgesorgt hat. Derjenige, der sich um sein Alter gekümmert hat, muss mehr haben als derjenige, der sich nicht gekümmert hat.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Derjenige, der Geld zur Seite gelegt hat, muss davon profitieren.

Herr Kollege Pellmann, Sie haben gemutmaßt, weil heute die Arbeitslosenzahlen vorgelegt werden, wie schlimm das alles wird. Schwarzmalen ist wirklich eine Spezialität der LINKEN. Ich muss Sie enttäuschen, die Arbeitslosenzahl ist in Deutschland im vergangenen Monat wieder gesunken, und zwar um 117 000 Euro – Menschen, Entschuldigung, wir reden hier zu viel über das Geld und zu wenig über die Menschen.

(Jürgen Gansel, NPD: Ja!)

Die Arbeitslosenzahl ist um 117 000 Menschen gesunken. Das ist eine positive Nachricht. Ich kann sie Ihnen nicht ersparen. Freuen wir uns, dass es so ist. Freuen wir uns, dass der Arbeitsmarkt so gut funktioniert.

Glück auf!

(Beifall bei der CDU und der FDP – Jürgen Gansel, NPD: Wie wäre es mit einer kleinen Rhetorikschulung bei der Konrad-Adenauer-Stiftung?)

Das war Kollege Krauß für die CDU-Fraktion. – Als Nächster spricht Herr Kollege Pellmann für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Krauß, ich wollte ohnehin mit Ihnen anfangen.

(Alexander Krauß, CDU: Das freut mich!)

Insofern haben Sie mir – wie Sie das freundlicherweise immer machen – eine gute Brücke gebaut. Ich will Ihnen nämlich Folgendes sagen und werde mich dabei ausdrücklich nicht dazu äußern, wem wir es zu verdanken haben, dass wir heute darüber reden müssen. Herr Krauß, Sie tun hier so, als wären Sie nicht dabei gewesen. Sie persönlich waren es vielleicht nicht, dafür sind Sie noch zu unbedeutend gewesen. Aber Ihre Oberen in der CDU haben, insbesondere was die Hartz-IV-Gesetzgebung betrifft, damals die SPD und auch die GRÜNEN noch kräftig ans Bein getreten und gesagt: Das reicht uns nicht, verschärft es! Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei den LINKEN – Alexander Krauß, CDU: Es war ja nicht alles falsch!)

Ich möchte Ihnen deshalb ganz bewusst noch einmal zusammenfassend – so habe ich nämlich das Thema der heutigen Debatte verstanden – deutlich machen, was wirklich nötig ist, damit Altersarmut verhindert werden kann.

Es ist in der Tat – da sind wir uns einig – viel zu spät, wenn wir nur darüber reden, dass wir Altersarmut erst dann bekämpfen, wenn sie eingetreten ist. Das ist nötig, aber nicht ausreichend.

Erstens. Wir brauchen in der Tat einen gesetzlichen Mindestlohn aus unserer Sicht von mindestens 10 Euro. 8,50 Euro ist der erste Schritt, aber bei 9,17 Euro wird erst die Armutsgrenze verlassen. Das muss man deutlich sagen.

(Sebastian Fischer, CDU: 14 Euro? 20 Euro? 40 Euro?)

Zweitens. Da bin ich vielleicht radikaler als die SPD, aber wir sind auch linker. Deswegen sage ich Ihnen: Die Minijobs müssen abgeschafft werden, weil sie im wesentlichen Maße dafür verantwortlich sind, dass man keine Rentenansprüche erwirbt, die Altersarmut verhindern können.