Protocol of the Session on September 27, 2012

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon ziemlich frivol, dass ausgerechnet die SPD, die unter Gerhard Schröder die Agenda-2010-Politik und die Liberalisierung der Arbeitsmärkte vorangetrieben hat, hier und heute über „faire Arbeit“ debattieren will. Die Ausweitung der sogenannten prekären Beschäftigung ist eine direkte Folge der damaligen rot-grünen Regierungspolitik, die den großen Beifall von CDU, FDP und Arbeitgeberverbänden fand.

Minijobs, befristete Stellen und Leiharbeit verhindern traditionelle Erwerbsbiografien und sind der direkte Weg in die Altersarmut. Jeder fünfte Beschäftige in Deutschland ist mittlerweile ein Niedriglöhner. Ob Taxifahrer, Friseusen, Reinigungskräfte oder Kellner – immer mehr Deutsche müssen für einen armutsgefährdenden Mindestlohn schuften. Das zeigen aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Danach waren im Jahr 2010 bundesweit 20,6 % aller Beschäftigten Geringverdiener. In Mitteldeutschland lag der Anteil der Geringverdiener sogar bei 37 %.

Die NPD hat deswegen schon immer eine existenzsichernde gesetzliche Mindestlohnregelung gefordert, weil man von Arbeit leben können muss, weil Arbeit nicht arm machen darf. Da die Staatsregierung aber – wir haben es bereits gehört – immer noch stolz auf die schlechte Lohnentwicklung der sächsischen Arbeitnehmer ist und das öffentlich sogar noch als Standortvorteil anpreist, sind in Sachsen immer mehr Menschen von Armut bedroht. Nach neuesten Zahlen sind im Freistaat knapp 20 % – nach Adam Ries ist das ein Fünftel der Bevölkerung – von Armut bedroht. Im Altbundesgebiet sind es 14 %.

Aber anstatt die Armut unter Deutschen zu bekämpfen, verschleudern die Bundestagsparteien lieber die Steuermilliarden für südeuropäische Pleitestaaten, für Banken und die unsägliche Eurorettung. Für die NPD ist das eine politische Sauerei ersten Ranges.

(Beifall bei der NPD)

Der wesentliche Grund für die wachsende Armut ist die Zunahme der sogenannten prekären Beschäftigung wie der Leiharbeit, Teilzeit und Minijobs. Genau dieser antisozialen Entwicklung hat die SPD unter der Regierung Schröder und unter dem Beifall der Wirtschaftsverbände den Weg geebnet.

Lohndumping und Arbeitslosigkeit führen dazu, dass ein Großteil der künftigen Rentner in Sachsen in Altersarmut leben wird. Ein Neurentner im Jahr 2030 muss 35 Beitragsjahre im Schnitt 2 500 Euro brutto verdient haben, um dann eine Rente oberhalb der Sozialhilfe zu erhalten. Welcher normale Arbeitnehmer – zumal im Niedriglohnland Sachsen – verdient schon 2 500 Euro brutto?

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Herr Krauß, in Sachsen wird deshalb ab dem Jahr 2030 mehr als jeder zweite heutige Arbeitnehmer in Altersarmut leben. Armut trotz lebenslanger Arbeit – was ist das für ein sozialpolitischer Skandal! Die politischen Verantwortlichen sitzen sowohl im Bundestag als auch in diesem Landesparlament.

Für die jüngere Generation in Sachsen, aber auch im gesamten Bundesgebiet wird die Altersarmut somit zu einem Massenphänomen. Wer sich mit Praktika, Teilzeit und Leiharbeit herumschlagen muss, kann unmöglich die gesetzlichen Rentenansprüche erwerben, die für einen bescheidenen Wohlstand im Alter nötig sind.

Die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung ist in der bisherigen Form nicht mehr tragfähig. Wegen der Massenarbeitslosigkeit und der prekären Beschäftigung gibt es zu wenige Beitragszahler. Hinzu kommt die demografische Katastrophe infolge des Geburtenmangels. Immer weniger Arbeitnehmer in Deutschland müssen für immer mehr Rentner aufkommen. Das kann selbstverständlich nicht gut gehen.

Für die NPD ist deshalb eine Systemänderung in der Rentenpolitik unerlässlich, bei der alle Bevölkerungsgruppen – auch die Beamten und Selbstständigen – endlich in eine einheitliche große Rentenkasse einzuzahlen haben. Die Schaffung einer einheitlichen Rentenkasse für alle erwerbstätigen Deutschen würde die Zahlung einer menschenwürdigen Volksrente ermöglichen. Darüber hinaus muss natürlich die Möglichkeit einer privaten und betrieblichen Eigenvorsorge steuerlich gefördert werden. Für uns ist es unabdingbar, dass endlich auch die Selbstständigen und Beamten in die gesetzliche Zentralversicherung einzahlen, um auch die Besserverdienenden und die staatlich gut Besoldeten an der Bewältigung der Rentenlasten zu beteiligen.

(Beifall bei der NPD)

Diese von uns geforderte und auch definitiv finanzierbare Volksrente würde übrigens auch der Verarmung von alleinerziehenden Frauen im Alter entgegenwirken. Zusätzlich fordert die NPD auch einen Kinderbonus im

neuen Rentensystem, um endlich die Erziehungsleistung der Eltern für das Allgemeinwohl zu würdigen.

Meine Damen und Herren! Faire Arbeit setzt eine faire Politik voraus. Sie setzt eine Politik voraus, die zuallererst einheimischen Arbeitnehmerinteressen verpflichtet ist.

Die Redezeit ist zu Ende.

– Ich komme zum Schluss. – Faire Arbeit setzt eine faire Politik voraus, die Gemeinwohlinteressen vor Wirtschaftsinteressen und die Inländerinteressen vor Ausländerinteressen setzt. Meine Damen und Herren, faire Arbeit geht nur national.

(Beifall bei der NPD)

Das war der Abg. Gansel für die NPD-Fraktion. – Wir sind am Ende der ersten Runde angelangt und treten in eine zweite Rednerrunde ein. Als einbringende Fraktion hat die SPDFraktion das Wort. Das Wort ergreift Herr Kollege Brangs.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Krauß, ich muss Ihnen Folgendes sagen: Was Sie hier betreiben, ist einfach unanständig. Wissen Sie, warum das unanständig ist? Sie reden von guter Arbeit und haben in den letzten Jahren nichts dazu beigetragen, dass diese gute Arbeit dazu geführt hat, dass die Menschen Löhne erhalten, von denen sie leben können.

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Das haben Sie zu verantworten. Das ist in hohem Maße unanständig.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN – Zurufe von der NPD)

Was Sie hier vortragen, ist wirklich ein Beweis dafür, dass Sie das Gefühl für die Menschen in diesem Land verloren haben. Sie wissen nicht, was in diesem Land passiert. Sie kennen nicht den Busfahrer, der für 4,80 Euro fahren muss, und die Friseurinnen, die für 3,80 Euro 40 Stunden arbeiten müssen und am Ende auf soziale Leistungen angewiesen sind. Das ist Ihre Politik. Das ist nicht unsere Politik!

(Beifall bei der SPD und den LINKEN – Zurufe von der NPD und des Abg. Robert Clemen, CDU)

Ich muss mir die bodenlose Unverschämtheit anhören, weil Helmut Kohl zitiert wird.

(Zuruf des Abg. Robert Clemen, CDU)

Helmut Kohl wird als jemand zitiert, der etwas für die Sozialversicherungssysteme getan hat. Er hat die Lasten der Einheit auf die Sozialversicherungssysteme abgewälzt. Das ist die Wahrheit. Er hat 15 Jahre nichts getan.

(Beifall bei der SPD – Frank Heidan, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.

(Frank Heidan, CDU: Das ist aber schade!)

Bei der Frage ist das nicht schade.

Herr Ministerpräsident, nachdem mein Fraktionsvorsitzender versucht hat, Ihnen klarzumachen, dass es in diesem Land auch Institutionen gibt, die mit Niedriglohn werben, haben Sie Folgendes gesagt: Wo denn? Das machen wir nicht. Was ist die Wirtschaftsförderungsgesellschaft? Finden Sie es richtig, dass die Wirtschaftsförderungsgesellschaft damit wirbt, dass wir 25,6 % unter dem durchschnittlichen Lohnniveau liegen und es sich lohnt, sich in Sachsen aus Kostengründen anzusiedeln? Sachsen sei dafür die erste Wahl. Finden Sie das richtig? Nichts dazu zu sagen ist auch eine Antwort.

(Beifall bei der SPD)

Das ist das Problem. Man spricht von guter Arbeit, aber man sagt nichts zu den Bedingungen von guter Arbeit. Uns geht es darum, dass sich die Bedingungen der Arbeit verbessern müssen. Uns geht es ebenso darum, dass man eine aktive Arbeitsmarktpolitik betreibt. Eine aktive Arbeitsmarktpolitik bedeutet, dass man Finanzmittel zur Verfügung stellt.

Kollege Krauß, ich kann Ihnen das Folgende auch nicht vorenthalten: Im Jahr 2011 sind im Bundeshaushalt 900 Millionen Euro in der aktiven Arbeitsmarktpolitik gekürzt worden. In den Jahren 2012 bis 2013 – auch in der Veranschlagung des nächsten Jahres – ist geplant, im Bereich Arbeitsmarkt insgesamt 8,6 Milliarden Euro zu streichen.

(Alexander Krauß, CDU: Weil der Arbeitsmarkt so gut funktioniert!)

Der Traum ist gleich vorbei.

In den Jahren von 2009 bis 2011 – in der Gesamtzahl dieser Jahre – gab es eine Kürzung von 7 Milliarden Euro in der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Das ist die Wahrheit. Wenn Sie uns anzählen wollen, weil Sie sagen, dass wir die Bedingungen dafür geschaffen hätten, dass es so schlecht ist, muss ich Ihnen widersprechen. Nein, wir haben die Bedingungen dafür geschaffen, dass Sie nun so tun können, als sei es Ihr Erfolg, dass die Arbeitslosenzahlen zurückgegangen sind.

(Beifall bei der SPD)

Das eine hat etwas mit der Demografie zu tun. Das andere hat etwas mit denjenigen zu tun, die die politischen Entscheidungen getroffen haben. Diese waren auch schmerzlich. Ich sage selbstkritisch dazu, dass wir gerade beim Thema Leiharbeit die Ausnahme wollten. Diese Ausnahme ist zur Regel geworden.

(Alexander Krauß, CDU: Es gibt mehr Jobs, nicht nur weniger Arbeitslose!)

Das ist falsch. Das müssen wir korrigieren. Dieser Ansatz war falsch.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Es gehört aber auch Folgendes zur Wahrheit: Die Leiharbeit für das Abfangen von Spitzen ist richtig. Man muss flexible Elemente schaffen, damit die Unternehmer in die Lage versetzt werden, für Spitzen Leiharbeiter zu beschäftigen. Den missbräuchlichen Einsatz der Leiharbeit – Leiharbeit wird zum Normalarbeitsverhältnis – werden wir beenden. Das ist unsozial und falsch.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt erlauben Sie mir einen Satz zur FDP. Einer reicht aus, glaube ich.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Das ist zu viel!)

Ich habe in den fünf Minuten nichts zu dem gehört, was Sie wollen. Sie haben nicht gesagt, was Ihre Antwort in der Frage der Altersarmut ist. Sie haben von Sozialtransfers geschwafelt. Niemand hat von Sozialtransfers geredet. Am Ende haben Sie Folgendes gesagt: Es hätte etwas mit den Arbeitsbedingungen zu tun. Ja, mit der Lohnhöhe hat es zu tun. Altersarmut entsteht, weil wir geringe Löhne zahlen. Dafür ist die FDP-Fraktion das beste Beispiel, wenn ich mir die Gehälter der Mitarbeiter bei Ihnen ansehe.