Protocol of the Session on June 11, 2012

Schade, dass Sie nicht einmal dieser gute Rat nachdenklich gemacht hat. Wenn Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU, heute diesen Gesetzentwurf gegen die Stimmen der Opposition beschließen, drohen uns weitere Demonstrationen in Sachen Rettungsdienst. Die angebliche Medizin kann ich nur als Gift für den Rettungsdienst bezeichnen.

Wir GRÜNEN werden dann noch unseren Entschließungsantrag zu den Alternativen und zum tatsächlichen Handlungsbedarf vorstellen.

Vielen Dank, Frau Jähnigen. – Für die NPD-Fraktion spricht Herr Abg. Storr. Sie haben das Wort.

Danke. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der notärztliche Rettungsdienst, um den es für die Betroffenen bei diesem Gesetz in erster Linie geht, muss zwei Kriterien erfüllen, die auch bei der Ausgestaltung des Verfahrens oberste Priorität haben müssen: die Sicherstellung der rettungsdienstlichen Versorgung ohne das Risiko einer Unterbrechung – Stichwort Sicherstellungsauftrag – und zweitens der Qualitätsstandard.

Wir sind in Sachsen – und beileibe nicht nur hier, sondern bundesweit – mit dem Konzessionsmodell seit mehreren Jahrzehnten gut gefahren. Unser Rettungsdienstmodell konnte sich bislang mit den anderen Rettungsdienstsystemen in Europa problemlos messen. Das Rote Kreuz, die Johanniter, Malteser und der Arbeiter-Samariter-Bund waren stets verlässliche, einsatzfreudige und vor allem kompetente Dienstleister im Bereich der Notfallversorgung.

Es ist mehr als fragwürdig, passt aber gut in diese Zeit, dass das Vergabeverfahren nunmehr unter haushalterischen Gesichtspunkten betrachtet werden soll und man auch in dieser Frage, wo es für die Betroffenen in vielen

Fällen um Leben und Tod geht, also beim bodengebundenen Rettungsdienst, eine Anpassung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vornehmen möchte, in der Wettbewerbsbeschränkungen zum Beispiel für ausländische Anbieter aufgehoben werden sollen.

Es ist keineswegs so, dass wir Nationaldemokraten Probleme damit hätten, Kosten auf den Prüfstand zu stellen. Aber bei einer so existenziellen Frage wie dem Notfallrettungsdienst sind andere Prioritäten anzusetzen, nämlich die der Verlässlichkeit, Ausbildung, Kompetenz und Erfahrung.

Wir wollen nicht auf den populistischen Zug der Sozialdemokraten aufspringen, die aus dieser Problemstellung eine für diese Legislaturperiode beispielslose Kampagne losgetreten haben. Wir wissen, dass dabei auch Lobbyismus eine Rolle spielt. Das hat die Anhörung auch gezeigt. Aber die Rettungsdienstmitarbeiter sind nun einmal nicht überbezahlt. Hier nun den Preisdruck durch den jetzt erzwungenen Wettbewerb, durch mögliches Lohndumping aufzufangen, beispielsweise durch den Einsatz ausländischer Rettungsdienstfahrer oder auch Sanitäter, wäre für die Betroffenen ein verheerendes Signal.

Hier muss sichergestellt werden, dass das oben genannte Personal fließend Deutsch spricht und sämtliche Äußerungen eines Opfers auch unter Schmerzen und Stöhnen richtig versteht und entsprechend reagieren kann; denn auch das ist in einem Notfall eine psychologisch äußerst wichtige Voraussetzung.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Qualifikation der Ärzte. Hier scheint man beim Gesetzgeber der Auffassung zu sein, dass auch Hausärzte einmal einspringen könnten. Man kann aber aus Sicht der NPD-Fraktion beispielsweise den Kassenärztlichen Dienst nicht mit der Notfallmedizin vernetzen, weil es den Kassenärzten – in der Regel betagtere Mediziner im letzten Jahrzehnt vor dem Ruhestand – nicht nur an der nötigen Flexibilität fehlt.

Sie müssten zum Einsatz im eigenen Wagen fahren, trügen damit also ein größeres juristisches Risiko. Vor allem aber verfügen sie nicht über mehr Kenntnisse der Notfallmedizin, zum Beispiel bei der Intubation, wie junge Krankenhausärzte, die diese Fertigkeiten durch ihre Übungen im Bereich der Anästhesie permanent auf den neuesten Stand bringen können. Über diese juristischen Konsequenzen will ich jetzt nicht nachdenken müssen.

Auch wenn die Änderungsanträge der Regierungskoalition gezeigt haben, dass man vernünftig – etwa im Bereich der Mitwirkung beim Katastrophenschutz – auf Kritikpunkte der Sachverständigen eingegangen ist, sind wir Nationaldemokraten nicht bereit, diesen regelrechten Paradigmenwechsel bei der Vergabe der Konzessionen mitzutragen. Wir lehnen den Änderungsantrag zum Sächsischen Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz daher ab.

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Für die CDU-Fraktion Herr

Abg. Hartmann. – Herr Karabinski, Ihre Wortmeldung habe ich gesehen. – Herr Hartmann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier kann man einiges so nicht stehen lassen. Ich beginne einmal mit dem zuletzt Gesagten. Das Problem ist eben, dass die heile Welt der Vorjahre so nicht mehr funktioniert. Das war genau der Kritikpunkt, der uns von der Europäischen Kommission gemacht wurde, dass das Verfahren, wie wir es in Sachsen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hatten, nicht mehr funktioniert. Das ist der Ausgang der Diskussion.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Wenn wir in der Situation sind, dass wir uns den Herausforderungen einer gesamteuropäischen Vergaberechtspraxis anpassen müssen, müssen wir darüber reden, welche Modelle funktionieren. Dazu möchte ich schon noch einmal etwas sagen. Da wird dann so nonchalant einmal gesagt, wir wären ja eigentlich für das Konzessionsmodell, und das Konzessionsmodell wäre die Antwort.

Meine Damen und Herren, das Konzessionsmodell befreit Sie eben auch nicht von der Ausschreibung. Denn Sie müssen irgendwie auch formulieren, wer die Konzession bekommt. Auch diese Konzession ist befristet. Das heißt, Sie haben den Wettbewerb im Konzessionsmodell genauso, wie sie es im Zweifelsfall im Submissionsmodell haben.

Der zweite entscheidende Punkt ist: Sie stellen danach den Leistungserbringer hin und sagen ihm: Du, Leistungserbringer, marschiere los und verhandle allein mit der Kasse deine Kostensätze. Das führt allein in Dresden zu höchst unterschiedlichen Standards. Man möge sich vorstellen, dass dann in einem Rettungsdienstbereich in Dresden das DRK mit den Kassen verhandelt, die Malteser mit den Kassen verhandeln, und jeder kommt zu einer völlig anderen Kostenerstattung.

Meine Damen und Herren! Mit der CDU-Fraktion ist dieses Modell nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Interessanterweise wollte auch kein Vertreter der kommunalen Familie dieses Konzessionsmodell tatsächlich haben. Ein wenig erinnert das schon an Äpfel mit Birnen vergleichen.

Im Übrigen zur Kommunalisierung: Auch die Kommunalisierung hat keiner gewollt, einmal abgesehen davon, dass wir einen Teil der Kommunalisierung zumindest in den Standorten der Berufsfeuerwehren haben; denn im Gesetz ist geregelt, dass 25 % als Teil des Rettungsdienstes auch durch die Berufsfeuerwehren gebracht werden können. Der Sinn dahinter ist die Frage der Betreibung integrierter Leitstellen und des verantwortungsvollen Umgangs mit den Rettungsdienstbereichen. Aber eine reine Kommunalisierung wird weder von den Leistungserbringern noch von den Trägern, noch von den Kassen tatsächlich gewollt.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen: Wer die Kommunalisierung des Rettungsdienstes will, der ist der Sargnagel des Katastrophenschutzes in Sachsen.

Dann sind wir bei dem Thema Katastrophenschutz und Voraussetzungen. Ja, der Freistaat hat die Frage Konzession und Beschränkung des Wettbewerbes in Bezug auf den Katastrophenschutz mitgetragen, und ja, wir haben dieser Forderung Rechnung getragen, denn wir sagen im Gesetz: Vergabebestandteil ist die Mitwirkung im Katastrophenschutz.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Wir haben also – darauf hatte ich in meinem ersten Redebeitrag auch verwiesen – die Verbindung zum bayerischen Verfassungsgerichtsurteil, die enge Verbindung zwischen Katastrophenschutz hier in Sachsen formuliert.

Herr Hartmann, Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Ich gestatte.

Herr Gebhardt, bitte.

Danke schön, Herr Hartmann. – Es ist auch keine schwierige Frage. Ich will ein Zitat aus der Anhörung bringen. Ich hatte vorhin schon auf den April verwiesen, Sie ja auch.

Bitte leiten Sie das Zitat mit einem Fragewort ein!

Ich möchte Sie Folgendes fragen: Haben Sie die Aussage des Sächsischen Landkreistages vernommen, dass die vorgeschlagene Kommunalisierung bei einer vollständigen Neuschaffung des Systems eine mögliche Alternative gewesen wäre, wenn man darüber gesprochen hätte? Meine Frage lautet deshalb: Haben Sie tatsächlich mit den kommunalen Spitzenverbänden über eine Kommunalisierung gesprochen?

Wir haben mit den kommunalen Spitzenverbänden auch über diese Modellansätze – vor allen Dingen über die Kostenfrage – gesprochen. Dadurch kommt man zu ganz anderen Ergebnissen.

Im Übrigen darf ich Folgendes sagen: Der Sächsische Städte- und Gemeindetag sowie der Landkreistag haben sich mit einem Schreiben bei der CDU-Fraktion für die vorliegende Fassung des Gesetzes bedankt.

(Beifall bei der CDU – Lachen des Abg. Andreas Storr, NPD)

Es steht irgendjemand mit einem Sicherstellungsauftrag da. Dann befinden wir uns genau bei folgendem Thema: Was regelt dieses Gesetz? Sie reden die ganze Zeit davon, dass dieses Gesetz alle offenen Fragen formulieren muss. Dieses Gesetz ist ein Regelungskatalog bzw. eine Handreichung für die Verantwortungsträger vor Ort – nämlich den Landkreis und die kreisfreien Städte. Sie können im

Rahmen der Vergabeentscheidung mit der vorliegenden Matrix entscheiden, welche Regelungen sie tatsächlich anwenden möchten.

Ich sage es noch einmal: Es entscheidet nicht nur der Preis. Es ist eine Angstmacherei im Hinblick auf das Preisdumping. Es entscheidet ein Umsetzungskonzept. Es entscheidet die Mitwirkung im Katastrophenschutz. Natürlich ist es genau die Mitwirkung im Katastrophenschutz, die die gute Tradition und Qualität der bisherigen sächsischen Strukturen sichert, ohne dass sie den Wettbewerb verändern soll.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir haben im Rahmen des Vergabeverfahrens den Kommunen die Möglichkeit gegeben, entsprechende Regelungen aufzunehmen: Preis, Gehaltsentwicklungen sowie Qualifizierung von Mitarbeitern. Deswegen ist es meiner Meinung nach ein guter Rahmen.

Ich komme zum § 28 – dem Schnittstellenmanagement. Hierzu findet gerade eine sehr verschobene Diskussion statt. Wir haben derzeit ein System von Rettungsdiensten und kassenärztlichen Bereitschaftsdiensten, die unterschiedlich genutzt werden – insbesondere über die Leitstellendisposition. Über diese reden wir. Deswegen haben wir im § 28 angeregt, dass bei dieser Leitstellendisposition die koordinierende Mitwirkung aller Beteiligten verbessert werden muss. Es ist die Frage, wen der Leitstellendisponent tatsächlich beauftragt, eine entsprechende Leistung wahrzunehmen.

(Beifall der Staatsministerin Christine Clauß)

Das kann im Zweifelsfall auch der Hausarzt sein.

Meine Damen und Herren, deswegen bitte ich Sie noch einmal, nachdem mit allen Beteiligten diskutiert wurde, in diesem Gesetz weder den Untergang des Abendlandes noch den Untergang des Rettungsdienstes in Sachsen zu sehen. Es ist in der Tat die Grundlage dafür, dass wir im Hinblick auf den verantwortungsvollen Umgang mit den Kommunen eine Regelung haben, den Rettungsdienst auf hohem Niveau weiterzuführen. Tragen Sie diesen Gesetzentwurf mit, damit wir in die praktische Umsetzung kommen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Karabinski, Sie hatten sich für die FDP-Fraktion noch einmal zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort.

Herr Präsident, vielen Dank! Meine Damen und Herren! Es ist tatsächlich so: Man kann nicht alles stehen lassen, was die Opposition gesagt hat. Christian Hartmann hat das meiste schon aufgeräumt. Ein paar Sachen muss man aber noch einmal verdeutlichen.

Meine Damen und Herren! Diese Gesetzesnovellierung war nicht voraussetzungslos. Ich habe es vorhin schon einmal gesagt: Wir haben es nicht wegen der Lust am Novellieren gemacht. Wir mussten es tun. Es ist von uns verlangt worden. Wir können doch nichts dafür, wenn man uns vorschreibt, dass es sich hierbei um eine Dienstleistung handelt.