Protocol of the Session on May 9, 2012

Wir werden uns nicht – wie auch in anderen Bereichen – mit einem blinden Kopieren anderer Modelle befassen, sondern wir werden überlegen, ob und, wenn ja, wie wir dieses Modell importieren und den sächsischen Weg fortschreiben können. Einen entsprechenden Prüfauftrag leiten wir in die Wege.

Viertens gilt: Keine Wettbewerbsfähigkeit – ohne die auch unsere Berufsakademie nicht leben kann – ohne Qualitätssicherung! Wir werden uns demnächst mit der Hochschulgesetznovelle zu beschäftigen haben. Dabei werden wir prüfen, ob wir gewisse Freiheiten, die wir unseren Hochschulen gewähren, auch auf die Berufsakademie übertragen können.

Bis dahin haben wir unsere Hausaufgaben zu machen. Diese bestehen unter anderem darin, das Flächendefizit von – bezogen auf alle sieben Standorte – zusammen etwa 2 000 Quadratmetern durch ein ordentliches und zukunftsorientiertes Raum- und Ausbaukonzept möglichst auszugleichen. Zudem haben wir die Haushaltsproblematik zu lösen.

Ich fasse zusammen: Die Berufsakademie ist das Rückgrat für die Ausbildung des mittelständischen Führungskräftenachwuchses im Freistaat. Wir, die Koalition, werden dafür sorgen, dass das auch in Zukunft so bleibt. Die Berufsakademie wird sich auch in den nächsten Jahren den Neid ihrer Wettbewerber im tertiären Bildungssektor verdienen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Für die FDPFraktion Herr Prof. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann mich noch gut erinnern: Vor zwölf Jahren war mein damaliger

Arbeitgeber Praxispartner der Berufsakademie Sachsen. Mein damaliger Vorgesetzter sagte zu mir: „Sie kommen von der Universität; melden Sie sich bitte bei der Studienakademie in Leipzig und übernehmen Sie dort einen Vorlesungszyklus!“ Darauf sagte ich: „Ja, das mache ich natürlich gern.“

Ich habe dann Kontakt mit der Studienakademie Leipzig aufgenommen. Ich fragte die dortige Direktorin, mit welchem Assistenten oder mit welchem wissenschaftlichen Mitarbeiter ich denn meine Studieninhalte abstimmen könne. Man sagte mir, dort gebe es keine wissenschaftlichen Mitarbeiter. Daraufhin fragte ich, ob es denn ein Sekretariat gebe, das sich darum kümmert. Der Studienrichtungsleiter antwortete mir: „Nein, wir machen das hier alles noch selbst.“

Ich muss bekennen: Ich kannte vor zwölf Jahren die Berufsakademie Sachsen noch nicht. Ich bin dann dort hingefahren. Das, was ich vorfand, hat sich in den darauffolgenden zwölf Jahren, insbesondere in den letzten Jahren, entscheidend geändert.

Was mich sofort positiv überrascht hat, waren die hoch motivierten Studenten und die kleinen Seminargruppen. Wenn ein Student an einer großen sächsischen Universität eine Vorlesung in Betriebswirtschaftslehre hört, sitzt er mit der zehn- bis zwanzigfachen Anzahl an Kommilitonen im Hörsaal. An der Studienakademie sind es meist 20 bis 25 Studenten, die eine Vorlesung oder ein Seminar füllen.

Auch wenn es dazu unterschiedliche Auffassungen gibt, so empfinde ich es doch als sehr positiv, dass es bei den Vorlesungen eine Anwesenheitspflicht der Studenten gibt. Die Anwesenheit wird mit einer Unterschriftsliste kontrolliert. Das ist sowohl für den Lehrenden als auch für die Studenten von Vorteil.

Meine Damen und Herren! Kollege Mackenroth hat es schon gesagt: Wir haben derzeit an der Berufsakademie Sachsen weit über 5 000 Studenten in 51 Studienrichtungen und 38 Studiengängen. Die Quote der hauptberuflichen Professoren – Sie kennen das Modell: es gibt hauptberufliche und nebenberufliche Dozenten – beträgt derzeit nur 30 %. Es ist aber dringend erforderlich, dass wir eine Quote von 40 % an hauptberuflichen Dozenten haben. Warum ist das so wichtig, Frau Ministerin? Das ist deswegen so wichtig, weil wir die Studiengänge akkreditieren lassen wollen. Dafür ist eine Quote von 40 % hauptberuflichen Dozenten erforderlich. Ich appelliere an Sie, in Ihrem Haushaltsentwurf, den Sie in diesem Jahr dem Sächsischen Landtag zuleiten, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Kollege Mackenroth hat auch das schon angesprochen: Wir haben eine sensationell hohe Übernahmequote – 85 bis 95 %! – der Absolventen der Studienakademie. Jetzt werden Sie fragen: Warum denn nicht 100 %? Es sind deswegen nicht 100 %, weil die verbleibenden 5 bis 15 % nicht bei ihrem Praxispartner unterschreiben, sondern so begehrt sind, dass sie gegebenenfalls Angebote eines anderen Arbeitgebers bekommen und annehmen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch zwei, drei Dinge ansprechen. Wir als Koalition haben im vergangenen Doppelhaushalt den Ausbau des Campusareals Amtsberg beschlossen. Kürzlich fand dort eine Art Grundsteinlegung für den Ausbau statt. Wir planen, die Kapazität des Standortes der Studienakademie in Plauen auf 600 Plätze zu erweitern. Damit bleibt Plauen Hochschulstandort. Es ist für die dortige regionale Wirtschaft entscheidend, dass die Fachkräfte vor Ort ausgebildet werden und vor Ort verfügbar sind. Das ist sehr gut.

(Beifall bei der FDP, der CDU und des Staatsministers Dr. Jürgen Martens)

Ich denke, dass wir die Berufsakademie Sachsen auch deshalb unterstützen sollten, damit sie ihre Wettbewerbsfähigkeit behält. Wir sollten es ihr ermöglichen, neue Studiengänge einzuführen. Dass Plauen – Herr Heidan, Sie kämpfen auch dafür –den neuen Studiengang Mineralische Rohstoffe – Steine – Erden bekommen soll, ist sehr zu begrüßen. Es gibt auch eine entsprechende Nachfrage der Wirtschaft. Auch die dafür notwendigen Lehrenden stehen zur Verfügung.

Welche Entwicklungslinien sind vorgezeichnet? Ganz klar: Wir brauchen den Einstieg in die „duale Hochschule“. Die Immatrikulationszahlen müssen erhöht werden, indem wir mehr Studienplätze zur Verfügung stellen. Zudem brauchen wir – auch das ist sehr wichtig – eine bessere Abstimmung der Studienangebote der sieben Standorte; das ist meines Erachtens durch den Einstieg in die „duale Hochschule“ möglich.

Zum Abschluss darf ich die Abgeordneten der demokratischen Fraktionen dieses Hohen Hauses im Namen von Frau Prof. Gröckel, Direktorin der Staatlichen Studienakademie Leipzig, recht herzlich einladen, sich ein Bild davon zu machen, wie Lehre und Qualitätssicherung vor Ort funktionieren. Wenn Sie mich ansprechen, werde ich das gern organisieren.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Für die Fraktion DIE LINKE Herr Prof. Besier, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, es ist keine Frage: Das praxisintegrierte Studieren an einer der sieben Studienakademien der sächsischen Berufsakademie kann als Erfolgsmodell im Rahmen des tertiären Bildungsbereichs gelten. Es handelt sich dabei zwar nicht um eine sächsische, sondern um eine baden-württembergische Erfindung; aber das tut dem Erfolgsmodell in diesem Fall keinen Abbruch, das erträgt Sachsen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Andreas Schmalfuß, FDP)

Hm? Ich habe den Zwischenruf nicht verstanden.

In den 20 Jahren ihres Bestehens haben insgesamt 16 140 Absolventen die Berufsakademie in den Bereichen Wirtschaft, Technik und Sozialwesen mit rund 50 Studienangeboten erfolgreich durchlaufen. Das macht deutlich, dass der tertiäre Bildungsbereich bei Weitem der kleinste der drei Bildungssäulen ist. Darum wäre ein rascher Ausbau dieses Sektors zu begrüßen – insoweit sind wir uns einig –, und zwar nicht erst 2015 und vor allem bezogen auf die Studienakademie Plauen, deren Ausbau schon im Juli 2011 beschlossen worden ist.

Die Änderung von § 17 Abs. 9 des Sächsischen Hochschulgesetzes berechtigt den Bachelor-Absolventen einer staatlich anerkannten Berufsakademie, einen MasterStudiengang an einer Hochschule aufzunehmen. Auch das ist zu begrüßen; denn wir brauchen eine sehr viel größere Durchlässigkeit zwischen den drei Bildungssäulen, eine größere jedenfalls, als das bisher der Fall gewesen ist. Ich denke, auch insoweit gibt es hier keinen Dissens.

Wenn wir an dem bewährten Drei-Säulen-Modell festhalten wollen – in unserem Vorbildland Baden-Württemberg ist das der Fall; dass es in Sachsen, anders als in BadenWürttemberg, die Pädagogischen Hochschulen nicht mehr gibt, haben wir gerade jetzt allen Grund zu bedauern –, dann sollten wir die charakteristischen Stärken jedes der drei Bildungsmodelle nicht durch „Aufwertungen“ nivellieren und aus den klaren Profilen nicht einen „Bildungsbrei“ panschen.

Die Berufsakademie hat zum Beispiel keinen Forschungsauftrag. Warum auch? Es wird vielmehr darauf ankommen, die Kooperation der verschiedenen Bildungsbereiche weiter zu verbessern. Darum ist es vielleicht nicht klug, wenn der Hochschulentwicklungsplan besagt, die Berufsakademie sei – ich zitiere – „kein Teil der Hochschulentwicklungsplanung“. Wenn wir die Arbeit der Staatlichen Studienakademien bzw. der Berufsakademie Sachsen stärken wollen, dann sollten wir es möglichst vermeiden, diesen Einrichtungen Knüppel zwischen die Beine zu werfen.

Die Studienakademie Leipzig weist auf ihrer Homepage zwar eine Förderung durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung – EFRE – aus; aber Ende des vergangenen Jahres schrieb die Direktorin Frau Gröckel, deren Grüße uns Herr Kollege Schmalfuß gerade übermittelt hat, an einige Abgeordnete, dass das Finanzministerium EFRE-Mittel mit Verweis auf die nicht bestätigte Entwicklungskonzeption blockiere.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: So sind die!)

Die Direktorin fürchtete, dass EFRE-Fördermittel verfallen könnten, wenn nicht rechtzeitig mit den projektierten Baumaßnahmen begonnen werde.

Meine Damen und Herren! Solche Interventionen dürften der Weiterentwicklung der Berufsakademie nur schaden und den laufenden Betrieb stören. Vielmehr wird es Aufgabe der Staatsregierung sein, ihre drei Bildungssäulen stärker als bisher mit Landesmitteln zu fördern. Ob dabei „größere Freiheit“ – es bleibt dunkel, was damit

gemeint ist, Herr Kollege Mackenroth –, ähnlich wie für die Universitäten, unbedingt notwendig ist, scheint mir durchaus fraglich zu sein.

Ausbau und Stärkung der Berufsakademie – das sehen wir ganz ähnlich – sind notwendig.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die SPDFraktion Herr Abg. Mann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Berufsakademie Sachsen ist 20 Jahre alt geworden. Hier wurde schon viel Richtiges gesagt. Es darf nichtsdestotrotz noch einmal gewürdigt werden, was die Berufsakademie Sachsen in den vergangenen 20 Jahren geleistet hat.

Sie ist nicht ohne Grund die dritte Säule im tertiären Sektor, mit einer sehr engen Verbindung von Theorie und Praxis. Gerade im nicht städtisch geprägten Raum leistet sie einen wichtigen Teil der Versorgung mit Fachkräften. Auch das wurde schon gesagt: Sie hat sowohl eine hohe Absolventenquote – 97 % – als auch eine hohe Übernahmequote durch die Kooperationspartner in den Unternehmen.

Die Deckung des regionalen Fachkräftebedarfs und die Öffnung des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte sind Profilmerkmale der Berufsakademie, die zu begrüßen sind und die auch wir vorbehaltlos unterstützen.

Die Aktuelle Debatte, die Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, für die heutige Sitzung beantragt haben, trägt aber nicht nur den Titel „20 Jahre Berufsakademie“, sondern auch „Duale Hochschule erfolgreich weiterentwickeln“. Dieser Titel verspricht etwas, was noch nicht Realität ist; deswegen möchte ich darauf näher eingehen.

Duale Hochschule – das ist ein Modell, das gerade in Baden-Württemberg praktiziert wird. Die Strukturvoraussetzungen sind aber durchaus unterschiedlich. Während dort schon über 30 000 Studierende an der Berufsakademie eingeschrieben sind und eine Expansion auf weit über 40 000 Studierende geplant ist, haben wir hier in Sachsen derzeit die genannten 5 200 Studierenden.

Während in Baden-Württemberg doppelte Abiturjahrgänge anstehen, haben wir in Sachsen eine demografische Entwicklung, unter der vor allem die Standorte der Berufsakademie mit ihren regionalen Einzugsbereichen zu leiden haben werden.

Während in Baden-Württemberg die Pro-Kopf-Finanzierung deutlich unter den sächsischen Zahlen liegt, haben wir in Sachsen eine Finanzausstattung, die im Vergleich mit der dortigen Berufsakademie durchaus gut ist.

Das sind die Widersprüche, die nicht für eine Gleichsetzung der beiden Modelle sprechen. Das andere sind die Widersprüche in Ihrem Regierungshandeln.

Zum einen melden Sie an, ein Modell entwickeln zu wollen, das einen deutlich höheren Personalbedarf aufweist. Wenn die Berufsakademie stärker im Feld der Forschung aktiv sein soll, braucht sie eine entsprechende Personalausstattung. Derzeit aber – das besagt der von Ihren Fraktionen eingebrachte Antrag – werden noch nicht einmal die 40 % feste Stellen gewährleistet, die eigentlich für die Akkreditierung vorgeschrieben sind. Die Entlohnung liegt deutlich unter den Niveaus der Universitäten und sogar der Fachhochschulen. Das Lehrdeputat ist so hoch wie sonst nirgends in Sachsen. Forschung wäre also kaum möglich. Man kann durchaus davon sprechen, dass insofern die Berufsakademie Stiefkind des Wissenschaftsministeriums ist, und nicht nur deswegen.

Ich greife ein Beispiel auf, das schon genannt worden ist: die Studienakademie Leipzig. Für deren Erweiterung fehlen bis heute Investitionszusagen des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen. Wir – Kollegen der SPD, der LINKEN und der CDU – sind schon vor zwei Jahren dorthin eingeladen worden; Herr Schmalfuß ist regelmäßig dort. Nichts hat sich getan!

Auch nach mittlerweile zwei Kleinen Anfragen fehlt diese Zusage bis heute. Es steht zu befürchten, dass diese EUMittel verfallen, und das in einer Region, die regelmäßig dadurch auffällt, dass die Mittel nicht abgerufen werden.