Protocol of the Session on May 9, 2012

Es war eine Geschichtsaufarbeitung, Herr Scheel. – Jetzt muss ich nach oben schauen.

Herr Bienst, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Kollege, würden Sie mir recht geben, dass das Thema, wie wir es darzustellen versucht haben, Flächenfaktor oder Mindestrücklage, nicht nur mit der SFG, sondern mit der Sparkassenlandschaft insgesamt zu tun hat?

Da gebe ich Ihnen recht, Herr Pecher. Ich werde aber noch einmal darauf eingehen. Lassen Sie mich erst einmal ausreden, und dann komme ich auch dazu. – Herr Scheel, es war eine Geschichtsaufarbeitung in besonderer Weise. Wir haben Sie hier zehn Minuten lang gehört. Ich denke, wir sollten nicht in die Vergangenheit schauen, sondern wollen in die Zukunft blicken.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Es sieht aber düster aus bei dem Entwurf, sehr düster!)

Das ist nämlich unsere Politik, die wir hier im Sächsischen Landtag an den Tag legen. Ich denke, dass diese Arbeitsgrundlage, dieses Gesetz, auch ein zukunftsweisendes Gesetz ist; denn nicht jede Sparkasse war und ist in der SFG. Das sollte man auch wissen. Wir setzen hier auf Freiwilligkeit. Das schreibt dieser Gesetzentwurf auch so vor.

Nun hört man von der Oppositionsbank – Herr Pecher, jetzt komme ich zu Ihnen – die Kritik: zum Beispiel zu kurz gesprungen, viele Parallelen zum gültigen Gesetz, viel zu lange Diskussion etc. Vorab nur so viel: Bewährte Regelungen sollte man nicht ändern nur der Änderung wegen, und wenn man Änderungsbedarf sieht, sollte man sich die notwendige Zeit nehmen und ausführlich darüber diskutieren.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, genau das haben wir getan.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Ganz großer Wurf!)

Dass das vorliegende Ergebnis, dieser Gesetzentwurf, dem Erwarteten entspricht, ich zitiere: „dass der Gesetzentwurf auch vom Sächsischen Landkreistag in der vorliegenden Form mitgetragen werden kann“, ist ein Zitat von Herrn Jacob vom Sächsischen Landkreistag in der Anhörung vom 21.03.2012.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Was soll er auch anderes sagen?)

„Die sächsischen Städte und Gemeinden begrüßen den vorliegenden Gesetzentwurf ausdrücklich“, sagte Herr Leimkühler in der gleichen Anhörung. Er sagte weiter, dass bestimmte Anpassungsmaßnahmen aus der Sicht des Städte- und Gemeindetages richtig sind.

(Beifall bei der CDU)

Ja, unsere sächsischen Sparkassen waren auch in schwierigen Zeiten krisenfest, nicht zuletzt wegen unserer geschaffenen Gesetzesgrundlage als Handlungsrahmen und der Arbeit der Verwaltungsratsmitglieder bzw. anderer Gremien, so zum Beispiel des Kreditausschusses und, wenn vorhanden, auch der Zweckverbandsversammlungen.

Diskussionen um die flächendeckende Versorgung mit Geld und kreditwirtschaftlichen Mitteln gab es in der Vergangenheit ständig in den Verwaltungsräten. Mit dem Gesetzentwurf wird dies nun eindeutig geregelt. Den Streit bzw. die Diskussion um die Anzahl der Verwaltungsräte kann ich nicht nachvollziehen. Ich empfinde die neue Regelung, in der die Bandbreite der Mitgliederanzahl erweitert wurde, als eine Bereicherung. So kann der Gewährträger gemeinsam mit der entsprechenden Sparkasse noch verantwortungsbewusster entscheiden, mit wie vielen Mitgliedern im Verwaltungsrat gearbeitet werden soll. Ich hätte dagegen gesprochen, wenn nur die Zahl sechs oder neun reglementiert wäre.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, DIE LINKE)

Wichtig ist, dass diejenigen, die sich einer solchen Funktion stellen, die notwendigen Qualifikationen besitzen und regelmäßig qualifiziert werden.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Und das richtige Parteibuch haben!)

Ich kann von unserer Sparkasse sagen, dass solche Maßnahmen schon über mehrere Jahre angeboten und durch die Verwaltungsratsmitglieder wahrgenommen wurden und werden. Hier spricht der Entwurf von „erforderlicher Sachkunde“, von „geeignet sein“ und verlangt die regelmäßige Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und, meine Damen und Herren, genau diese klaren Aussagen bringen die qualifizierte Arbeit in den Verwaltungsräten voran.

Ob nun ein oder zwei Stellvertreter

(Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

gewählt werden, sehe ich aus der Erfahrung heraus als unkritisch an. Wichtig ist, dass auf jeden Fall ein Stellvertreter gewählt wird und auch zur Verfügung steht.

Eine enorme Arbeitserleichterung für die Mitglieder im Verwaltungsrat bringt die Ergänzung im § 9 Abs. 7. In unseren Sitzungen haben wir sehr oft darüber diskutiert, dass bestimmte Unterlagen vorab per Post zugeschickt werden. Dort kam seitens des Vorstandes grundsätzlich ein klares Nein – so geregelt im Gesetz. Nun haben wir eine Lösung gefunden, die neben dem Auslegen in der Geschäftsstelle eine Regelung zum Versenden von Unterlagen bereithält. Das finde ich gut so.

Sie merken, meine sehr geehrten Damen und Herren, aus der Sicht eines Erfahrungsträgers ist dieser Gesetzentwurf eine perfekte und weiterentwickelte Grundlage, um unsere Sparkassenlandschaft auch in den nächsten Jahren im ruhigen Fahrwasser zu halten, wenn da nicht ein

kleiner Wermutstropfen wäre, über den wir – und hier meine ich unsere Verwaltungsratsmitglieder – schon seit Jahren diskutieren, zumindest seit dem EU-Beitritt von Polen und Tschechien.

Unser Anliegen ist es, gerade im grenznahen Raum das Geschäftsfeld der Sparkasse zu erweitern. Da wir im Landkreis Görlitz die längsten Außengrenzen in Sachsen zu Nachbarländern haben, sehen wir natürlich Möglichkeiten, Geldpolitik im Sinne der Kunden der Sparkasse auch länderübergreifend zu machen. Schon jetzt eröffnen polnische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in den Filialen in Görlitz und tschechische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in Zittau und Löbau Konten. Besser wäre es natürlich, wenn wir die Möglichkeit hätten – natürlich per Gesetz –, das Geschäftsfeld auf diese Länder im grenznahen Raum zu erweitern, um Investitionen zu begleiten, Geldgeschäfte zu tätigen und das angelegte Geld arbeiten zu lassen.

(Beifall bei der FDP)

Leider konnte ich mich in den geführten Diskussionen um § 5, in dem es um Geschäftsgebiete geht und das Regionalprinzip beschrieben ist, nicht behaupten. Letztendlich möchte ich aber auch nicht, dass durch die Bestimmungen der EU unsere bewährte Sparkassenordnung infrage gestellt und das System Sparkasse gefährdet wird. Ich habe die Hoffnung, dass auch dieser Weg eines Tages gegangen werden darf und dass der Markt dann auch noch lukrativ für unsere sächsischen Sparkassen ist.

Stabilitätssichernd ist es in jedem Fall, dass die Möglichkeit per Gesetz eingeräumt wird, dass mindestens 35 % bis maximal 100 % Jahresüberschuss einer Sicherheitsrücklage zurückgeführt werden kann. Das ist eine gute Möglichkeit, in schwierigen finanztechnischen Zeiten Stabilität zu wahren.

Auch ich möchte von dieser Stelle im Namen der CDU/FDP-Koalition um Ihre Zustimmung für diesen ausgewogenen Gesetzentwurf bitten und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Arne Schimmer, NPD, steht am Mikrofon.)

Herr Schimmer?

Herr Präsident! Ich würde gern vom Mittel der Kurzintervention Gebrauch machen.

Bitte.

Besten Dank. Ich finde es schon etwas merkwürdig, wenn Herr Bienst hier beispielsweise den Kollegen Scheel dafür schilt, dass er eine Geschichtsbetrachtung angestellt hat; denn ich glaube, es gibt wenige Fälle in der sächsischen Landespolitik, wo es einmal so notwendig ist, eine Geschichtsbetrachtung anzustellen, wie bei dem Blick auf die Sachsen-Finanzgruppe.

Wir müssen uns daran erinnern, dass es gerade am 21. Oktober 2001 einen Volksentscheid gab, in dem

85,2 % der Sachsen für kommunalverankerte Sparkassen und gegen einen Sparkassenverbund gestimmt haben.

Hätte man dieses Votum der sächsischen Bürger wirklich umgesetzt und geachtet, hätten wir die Katastrophe zehn Jahre später nicht gehabt. Dann hätten wir jetzt auch keine 2,75 Milliarden Euro Bürgschaft. Gerade dieser Volksentscheid wurde von der sächsischen Staatspartei CDU auf schändliche Weise unterlaufen und hintergangen, indem man im Jahr 2002 einfach ein neues Sparkassengesetz in den Landtag einbrachte und doch diesen zentralen Verbund schuf, der – das wissen wir alle – nur dazu gedient hat, massenweise Eigenkapital anzusammeln, damit dann die Sachsen-Finanzgruppe an den internationalen Kapitalmärkten das große Rad drehen konnte, was schließlich auch zur Pleite der Sachsen LB geführt hat. Es ist sehr wichtig, dass man sich heute einmal an die Vergangenheit erinnert.

Ich glaube, gerade die Geschichte der Sachsen-Finanzgruppe zeigt, dass oftmals die direkte Demokratie und die Entscheidungen, die durch die direkte Befragung der Bürger getroffen werden, stärker zutreffen als das, was sich irgendwelche Politiker oder Regierungen ausdenken. Hätte man sich damals an das Ergebnis des Volksentscheides gehalten, hätten wir heute noch kommunal verankerte Sparkassen. Das ganze Sachsen-LB-Debakel wäre uns erspart geblieben. Das Mindeste, was man hätte erwarten können, wäre, dass die SFG endlich aufgelöst wird und dieses Debakel ein Ende hat. Aber nein – stattdessen bekommen wir wieder einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine SFG vorsieht, die noch zentralistischer als die frühere SFG gelenkt werden soll.

Natürlich muss man einen solchen Gesetzentwurf ablehnen.

Besten Dank.

(Beifall bei der NPD)

Herr Bienst, Sie möchten erwidern?

Herr Schimmer, es gibt sehr viele politischer Felder, die man geschichtlich aufarbeiten müsste. Wir haben einen Gesetzentwurf vorliegen. Über diesen Gesetzentwurf und dessen Inhalt sollten wir diskutieren.

(Arne Schimmer, NPD: Das habe ich gerade gemacht!)

Das habe ich nicht vernommen. Ich habe gedacht, Sie haben eine geschichtliche Darstellung betrieben.

Wir sollten in die Zukunft blicken. Die CDU/FDPKoalition und ich sind der Meinung, dass genau dieses Gesetz zukunftsorientiert ist. In ein paar Jahren muss man dieses Gesetz wieder auf den Tisch legen und darüber nachdenken, welche Vor- und vielleicht auch Nachteile es gebracht hat.