Protocol of the Session on April 3, 2012

Wenn man sich Ihre Finanzpolitik ansieht, werden wir in Zukunft vielleicht ein Problem haben, dass die Rentner ihre niedrigen Renten noch bekommen können, weil das Umlagesystem in der Form nicht mehr funktioniert. Es werden schon jetzt Steuermilliarden zugeschossen, weil versäumt wurde, eine vernünftige Bevölkerungspolitik zu machen.

(Vereinzelt Beifall bei der NPD)

Da sind wir bei dem eigentlichen Grundübel. Wer die letzten 20 Jahre die demografische Entwicklung verfolgt hat und dies nur als eine Art Naturgesetz ansieht und hinnimmt, der versündigt sich am eigenen Volk und hat seinen Amtseid verletzt. Herr Dr. Pellmann, ja, auch in der DDR, wo es aus meiner Sicht unstreitig eine vernünftige Bevölkerungspolitik gab, waren Frauen rentenrechtlich auch nicht gleichgestellt. Die Frauenberufe erzielten niedrigere Verdienste. Sofort benachteiligt waren diejenigen, die sich für eine klassische Familie entschieden haben, wo die Frau zu Hause blieb. Auch das Modell gab es. Da wurde überhaupt nichts zur Rente beigetragen.

Ich nenne hier das NPD-Konzept, ein sozialversicherungspflichtiges Erziehungsgehalt einzuführen, wo

Rentenanwartschaften gleichwertig berücksichtigt sind. Wenn Erziehung als wichtige Aufgabe für den Staat wahrgenommen wird, ist das allemal besser, als Arbeitslosigkeit zu finanzieren oder hinterher Rentenzuschüsse zu zahlen. Wir als soziale Heimatpartei, die NPD, sind die Einzigen, die das wirklich konsequent vertreten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite Runde? – Jawohl. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abg. Gläß. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 28.03. stand in der „Süddeutschen Zeitung“: „Millionen Frauen droht die Altersarmut.“ Am 30.03. stand in der „Freien Presse“: „Frauen riskieren Altersarmut.“

Aber das Thema ist nicht aktuell. Wir haben es nur aus Jux und Tollerei auf die Tagesordnung gesetzt. Es ist heute schon viel gesagt worden. Minijobs führen zu Minirenten. Niedriglöhne führen zu Niedrigrenten. Teilzeitarbeit führt zu Teilrenten. Das alles sind Formen von Frauenarbeit. All das sind prekäre Formen, die auch zu prekären Renten führen werden. Diese Formen sind größtenteils weiblich, haben also ein weibliches Gesicht. Es ist gesagt worden, dass die Minijobs hauptsächlich von Frauen ausgeführt werden. Etwa 63 % der Minijobbenden sind Frauen.

Mein Kollege Pellmann hat bereits ausgeführt, dass man mit einem Jahr Minijob nur reichlich 3 Euro Rente im Monat erarbeiten kann. Nun will ich das Wort Schlecker nicht groß aufbauen, aber es ist gesagt worden, dass die Schlecker-Frauen sehr schnell wieder in Arbeit kommen können. Es gibt ja Arbeitsplätze, gerade im Handel. Wir wissen aber auch, dass auf einen Vollzeitjob im Handel 29 arbeitslose Verkäuferinnen kommen. Die meisten Jobs im Handel sind nämlich Minijobs. Da schließt sich der Kreis. Die Schlecker-Frauen sollen also in diese Minijobs und driften aus tarifbezahlter Arbeit in diese Formen ab.

Teilzeit ist eine deutliche Frauendomäne. Über 80 % der Teilzeitstellen sind von Frauen besetzt. Sind Frauen freiwillig in Teilzeit? Herr Krauß hat das dargestellt. Frauen mit Kindern können in Teilzeit arbeiten, um Betreuung und Arbeit unter einen Hut zu bringen. Aber Frauen sind nicht freiwillig in Teilzeit. Sicherlich mal für ein Jahr, für zwei Jahre, aber gerade im öffentlichen Dienst stecken Frauen in Teilzeit fest, wenn sie einmal hineingegangen sind. Oft sehen Frauen auch keine andere Möglichkeit, als in Teilzeit zu arbeiten, besonders im ländlichen Raum, wie zum Beispiel die schon so oft erwähnten Schlecker-Frauen. Die Öffnungszeiten der Kindertagesstätten, gerade im ländlichen Raum, machen es nicht möglich, Vollzeit zu arbeiten, gerade im Handel.

Es ist der oft katastrophale und prekäre ÖPNV im ländlichen Raum, der es nicht möglich macht, in die nächstgelegene Kleinstadt zu fahren und in Vollzeit zu arbeiten. Dann schafft man es nämlich nicht, sein Kind wieder aus der Kita abzuholen. Und einen eigenen Pkw haben viele Frauen nicht, da der Mann ihn braucht, um im ländlichen Raum zur Arbeit zu fahren. Wenn wir uns die Spritpreise anschauen, ist es vielleicht gut, wenn man ihn zurzeit nicht einsetzt.

Es ist viel über die unterbrochenen Erwerbsbiografien gesagt worden. In den letzten 20 Jahren sind die Frauen vom ersten Arbeitsmarkt sehr schnell verdrängt worden, gerade Anfang der Neunzigerjahre. Sie sind, wir haben es heute vom Minister schon gehört, im zweiten Arbeitsmarkt „geparkt“ worden. Von einer ABM zur anderen, von einem befristeten Projekt zum nächsten. Wenn es dafür kein Geld mehr gab, dann blieb noch das Ehrenamt mit einer Aufwandsentschädigung von 40 Euro im Monat. Aber auch dafür muss man sich schon mächtig strecken, um heranzukommen.

Das alles hat prekäre Auswirkungen auf die Rente. Studien der Freien Universität Berlin haben festgestellt, dass gerade von den Frauen, die in den Sechzigerjahren in Ostdeutschland geboren sind, bis zu 40 % ein Rentenniveau unter dem Grundsicherungsniveau erreichen werden. Ich glaube, da ist es schon angesagt, dass vonseiten der Staatsregierung etwas getan werden muss. Es gibt Überlegungen, das erkenne ich ebenso wie mein Kollege Pellmann an, darauf Einfluss zu nehmen, aber es darf nicht nur ein Pfeifen sein, sondern es müssen konkrete Vorschläge kommen. Es gibt Maßnahmen, die möglich sind: die Abschaffung von Niedriglöhnen, die Einführung eines Mindestlohns. Es gibt die Möglichkeit der Versicherung der Arbeit vom ersten verdienten Euro an. Das sind einige Dinge, die man sich auf die Fahnen schreiben könnte. Mein Kollege Pellmann wird dann sicher noch einige andere Ideen an diesem Pult verkünden.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN – Jürgen Gansel, NPD, steht am Mikrofon.)

Nun frage ich die CDU-Fraktion. – Nein. – Herr Gansel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf meine Vorrednerin Bezug nehmen und noch einige rentenpolitische Überlegungen der NPDFraktion beisteuern.

Im Sinne einer Kurzintervention?

In Form einer Kurzintervention nehme ich Bezug auf meine Vorrednerin und möchte darauf hinweisen, dass wir zwar analytisch das eine oder andere Richtige gehört haben, etwa, dass die Zahl der Beitragszahler wegen des Geburtenmangels, wegen brüchiger Erwerbsbiografien und wegen Niedriglohnaus

beutung sinkt. Ich finde es allerdings bemerkenswert, wie die Parteien, die in wechselnden Regierungskonstellationen für ebendiese Missstände verantwortlich sind, hier auf andere Parteien verweisen, die die gleichen Unterlassungssünden begangen haben. Egal ob Rot-Grün oder Schwarz-Gelb, sie alle sind für die rentenpolitische Grundmisere verantwortlich, nämlich dafür, dass es heute schon Armutsrenten gibt und es in der Zukunft aus den genannten Gründen noch viel mehr Armutsrentner geben wird. Ich finde es auch bemerkenswert, dass andere Positionen bislang in dieser Debatte keine Rolle gespielt haben und auch von der LINKEN als Antragsteller der Debatte noch nicht genannt worden sind.

Ich denke da zum Beispiel an die NPD-Position, dass es für Frauen einen Rentenbonus im Rentensystem gibt, damit endlich rentenpolitisch die Erziehungsleistung von Müttern anerkannt wird. Es verwundert mich auch, dass die LINKEN einen Punkt noch nicht angesprochen haben, der für uns als NPD von grundsätzlicher Bedeutung ist, um das Rentensystem zukunftssicher zu machen, nämlich eine grundsätzliche Änderung des Rentensystems, indem endlich die Selbstständigen und die Beamten in eine einheitliche Rentenkasse einzuzahlen haben. Es ist doch – ich sage es mal so polemisch – eine Sauerei, dass nur die abhängig Beschäftigten in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen und die verwöhnten Beamten und die Selbstständigen sich privat unter Sonderkonditionen absichern können.

Damit es eine zukunftsfeste, armutsfeste Generalrentenkasse für alle gibt, müssen endlich auch die Beamten und die Selbstständigen gezwungen werden, in eine Volksrentenversicherung einzuzahlen. Diesen Selbstständigen und Beamten ist es selbstverständlich auch dann möglich, sich betrieblich oder privat zusätzlich zu versichern. Aber wir brauchen endlich auch den rentenpolitischen Beitrag der Beamten und der Selbstständigen.

(Beifall bei der NPD)

Frau Gläß, Sie möchten erwidern?

(Heiderose Gläß, DIE LINKE: Nein!)

Das ist nicht der Fall. – Herr Abg. Krauß für die CDUFraktion in der zweiten Runde. Sie haben das Wort, Herr Krauß.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die NPD schon einmal geredet hat, möchte ich auch gern kurz auf diesen Redebeitrag eingehen.

Ich finde es schon ein bisschen merkwürdig, wenn sich Herr Gansel hinstellt, obwohl ein Vertreter seiner Fraktion vor ihm gesprochen hat, und dann sagt, was alles in der Debatte nicht angesprochen worden ist, sodass er von den anderen erwartet, dass sie hier ihre Programmatik vortragen. Wenn Sie Kritik üben möchten, sollten Sie diese zuerst an Ihren Kollegen richten und ihn fragen: Warum

hast du das nicht vorgetragen, was ich mir jetzt gerade in meiner großen Weisheit ausgedacht habe?

(Zuruf des Abg. Dr. Johannes Müller, NPD)

Aber trotzdem! Wenn es so wichtig ist, kann man es doch trotzdem dem Kollegen sagen.

Schauen wir uns also einmal an, was Herr Müller gesagt hat. Aber zunächst ganz kurz zu dem Thema Beamte. Wenn ich Beamte in die Rentenversicherung aufnehme – auch das ist ja möglich –, haben diese natürlich auch einen Anspruch und bekommen Geld aus der Rentenversicherung. Auch das gehört dazu. Da gab es schon ganz Kluge, die das auch schon vorgeschlagen haben, und zwar schon vor Ihnen. Man hat dann einmal durchgerechnet, was das bedeuten würde.

Es gibt ein Problem: Ich habe vorhin schon gesagt, dass der Durchschnittsbürger 17 Jahre seine Rente erlebt. Beamte werden im Durchschnitt etwas älter. Das wäre eine große Belastung für die Rentenkasse und kein großer Gewinn für die, die jetzt normal in der Rentenkasse sind. Das nur mal zum Durchrechnen. So einfach ist die Welt nicht.

Gehen wir auf einen anderen Punkt ein: Die NPD sagt, dass wir zu wenige Kinder haben. Diese Feststellung ist erst einmal richtig. Das Rentensystem leidet darunter, dass es zu wenige Kinder gibt. Das haben die meisten Redner hier festgestellt. Wenn dann von der NPD der Vorwurf kommt, es würde keine vernünftige Bevölkerungspolitik gemacht, frage ich mich natürlich wirklich: Wer entscheidet eigentlich bei Ihnen zu Hause, wer die Kinder bekommt und wie viele das sind?

(Dr. Johannes Müller, NPD: Herr Krauß, Sie wissen doch genau, dass damit ein Armutsrisiko verbunden ist!)

Ich habe einmal nachgesehen, Herr Kollege Müller. Wenn ich es richtig sehe, haben Sie ein Kind und fallen nicht so unter die Armutsgrenze. Herr Kollege Gansel hat null Kinder und fällt auch nicht unter die Armutsgrenze.

Ich weiß nicht, soll der Staat, soll die Ministerin jetzt hingehen und sagen, der Herr Müller muss zwei Kinder haben und der Herr Gansel drei Kinder, oder wer soll das vorgeben, oder ist das nicht eine individuelle Entscheidung?

(Zuruf des Abg. Dr. Johannes Müller, NPD)

Ich habe das Gefühl, dass das eine individuelle Entscheidung ist. Das muss einem niemand sagen. Wenn Sie das brauchen, dass es Ihnen jemand sagt, dann suchen Sie sich bitte jemanden aus, der Ihnen einen Hinweis gibt, wie das funktioniert.

(Beifall des Abg. Miro Jennerjahn, GRÜNE)

Herr Krauß, Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Der Kollege Gansel kann gern fragen. Die Frage, wie viele Kinder er haben möchte, kann ich ihm aber leider nicht beantworten.

(Heiterkeit)

Herr Gansel, Sie haben das Wort.

Ich bedanke mich für die Großzügigkeit, eine Zwischenfrage stellen zu können.

Geben Sie mir recht, dass auch in vielen anderen europäischen Ländern die höhere Geburtenrate nicht etwa durch staatliche Verordnungen zustande kommt – was auch von uns keiner will –, sondern durch ein finanzielles Anreizsystem, das es kinderwilligen Paaren ermöglicht, den Kinderwunsch zu realisieren? Es geht um die finanzielle Realisierbarkeit eines Kinderwunsches. In diesem Staat ist es leider so, dass Kinder mittlerweile zum ersten Armutsrisiko geworden sind.

Ihre Frage!

Das darf nicht der Fall sein.

Gut, die Frage ist verstanden.