Herr Kollege Gansel, ich glaube nicht, dass finanzielle Gründe der erste Punkt sind, um sich für ein Kind zu entscheiden. Ich kenne relativ wenige Leute, die das am Geldbeutel festmachen. Keine Frage, wir haben zum Beispiel unser Landeserziehungsgeld, mit dem wir eine besondere Unterstützung für Familien geben. Ich glaube, das Thema Kinderbetreuung spielt eine große Rolle. Aber es ist erst einmal die grundsätzliche Einstellung, dass ich an ein gelingendes Leben glaube, dass ich sage, ich möchte gern ein Kind haben, weil ein Kind große Freude bereitet. Das ist ein Hauptgrund, weshalb man sich in Deutschland für ein Kind entscheidet, und ich finde das gut so.
Übrigens ist es in Deutschland eben nicht so – das können Sie auch an Ihrem eigenen Beispiel sehen –, dass die Leute, die relativ viel Geld haben, die meisten Kinder haben. Diese Theorie geht nicht auf. Das können Sie an verschiedenen Beispielen sehen. Es ist nicht so, dass Leute, die wenig Geld haben, gar keine Kinder haben.
Lassen Sie mich zu dem überschwenken, was die LINKEN gesagt haben, also zum Thema Teilzeit. Teilzeit ist weder gut noch schlecht. Wenn Frauen Teilzeit arbeiten wollen, ist es gut. Das ist in Ordnung. Das gibt es auch. Es ist doch nicht so, dass jeder gezwungen wird, Teilzeit zu arbeiten. Es ist doch der Eindruck erweckt worden, dass jeder gezwungen werde, Teilzeit zu arbeiten. Das ist falsch. Wenn eine Frau Teilzeit arbeiten möchte, um Familie und Beruf zu vereinbaren, ist das in Ordnung. Es gibt natürlich auch Fälle, in denen eine Frau gezwungen ist, Teilzeit zu arbeiten. Aber das sind eben nicht alle.
Dann möchte ich gern noch zu dem überleiten, was die GRÜNEN gesagt haben. Richtig ist: Altersarmut ist weiblich. Das liegt aber nicht am Geschlecht.
Es liegt an den Kindern. Die Frage ist: Entscheide ich mich für die Erziehung von Kindern, dann kommen die Frauen außer Tritt, dann können sie in der Karriereleiter nicht mehr hochsteigen, dann steigen sie aus dem Berufsleben aus. An dem Punkt sind sie sozusagen benachteiligt.
Herr Kollege Krauß, können Sie mir bitte erläutern, warum es eine Aufgabe der Frauen ist, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren?
Diese Frage ist berechtigt. Es gilt für beide Geschlechter, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren. Nur, wir sehen es in der Realität, und das können wir an der Rentenstatistik sehen. Gerade die Frauen sind im Bereich der Altersarmut angesiedelt, weil sie ausgestiegen sind, um sich um die Kindererziehung zu kümmern. Deswegen haben sie so wenig Rentenanwartschaft. Das ist natürlich eine Perversität des Systems, wenn man genau hinschaut. Die Kinder sichern die Rente der älteren Generation, und gerade diejenigen, die sich für Kinder entscheiden, werden durch das Rentensystem benachteiligt.
Deswegen stellt sich die Frage: Wie kann es gelingen, dass sich die Frauen und auch die Männer, die sich für Kinder entschieden haben und dann aussteigen und sich für die Kindererziehung entscheiden, im Rentensystem nicht benachteiligt werden?
Was sind denn die politischen Vorschläge von Ihrer Seite, um diesem Problem abzuhelfen? Ein solcher Vorschlag könnte sein, in der Rentenzahlung Kompensationen vorzusehen. Die Rente an sich ist ja beitragsfinanziert, zumindest zu zwei Dritteln. Es muss doch auch andere Vorschläge geben, die es Männern erleichtern, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Haben Sie dazu Vorschläge?
Da gibt es eine ganze Menge Vorschläge. Aber wir sollten uns hier auf das Rentenrecht konzentrieren und bei diesem Thema bleiben.
Ich glaube, wir sollten die Rente beitragsfinanziert lassen. Ich bin dagegen, eine Einheitsrente einzuführen, wo jeder das Gleiche bekommt. Das ist falsch. Jemand, der viel gearbeitet hat, soll eine ordentliche Rente haben. Ein Problem, das wir haben, ist die Abbildung der Kinder in der Rentenversicherung. Für die Frauen, die ihre Kinder nach 1993 bekommen haben, ist das relativ großzügig geregelt. Wir haben ein Problem bei den Frauen, die ihre Kinder vor 1993 bekommen haben. Das ist die Problemstellung.
Herr Krauß, Sie haben eben gesagt, nicht die Altersarmut sei weiblich, sondern die Kinder seien das Problem. Ich habe vorhin in meinem Redebeitrag ausgeführt, dass die Berufe, die Mädchen wählen und die dann Frauen ausüben, ein ganz kleines Spektrum aller Berufe abdecken und dass genau diese Berufe schlecht bezahlt werden, weil es eben Frauenberufe sind. Das war früher nur ein Zuverdienst. Viele Frauen, die sich für den Beruf entscheiden, haben vielleicht nie Kinder. Zumindest haben sie keine, wenn sie sich für den Beruf entscheiden, und trotzdem führt diese Entscheidung für den Beruf und die Arbeit in dem entsprechenden Beruf dazu, dass sie im Alter auf Grundsicherung angewiesen sind oder nur eine sehr geringe Rente bekommen.
Auch das ist eine Feststellung, die völlig richtig ist. Wenn sich eine Frau entscheidet, Friseuse zu werden, und der Mann sich entschieden hat, bei Volkswagen in Zwickau zu arbeiten, ist klar, dass die Frau einmal wesentlich geringere Rentenanwartschaften bekommen wird als der Mann. Hinsichtlich dieser Feststellung stimme ich mit Ihnen überein.
Mir ging es darum: Was ist der Hauptgrund hierfür? Der Hauptgrund dafür ist – davon bin ich fest überzeugt –, dass Frauen sozusagen die Erziehungsverantwortung übernehmen. Es ist doch im Regelfall so – vielleicht ändert sich das, und wir würden uns freuen, wenn sich noch mehr Männer um die Kindererziehung kümmern würden –, dass heutzutage die Frau für ein Jahr oder vielleicht für länger aus dem Beruf aussteigt und sich um die Kindererziehung kümmert. Das war in früheren Zeiten auch schon so. Deswegen sind die Frauen dort im Rentensystem benachteiligt.
Ich frage Sie also: Geben Sie mir recht, dass es außer dem, was Sie beschrieben haben, auch noch andere Optionen geben könnte? Wenn eine Erzieherin oder eine Grundschullehrerin weniger verdient als ein Gymnasiallehrer oder eine Putzfrau weniger als ein Pförtner, hat das dann Ihrer Meinung nach etwas damit zu tun, dass diese Tätigkeiten wirklich unterschiedlich sind, oder hat es mit der Bewertung der Tätigkeiten zu tun und würde es demzufolge unter Umständen auch eine politische Möglichkeit geben, dort regulierend einzugreifen?
Richtig ist, dass das auch ein Grund ist. Darin stimmen wir überein. Es ist also auch die Frage zu überlegen, wie wir die Berufsentscheidung beeinflussen können. Wir könnten auch anregen, darüber nachzudenken, für welchen Beruf man sich entscheidet. Man könnte auch schauen, wie Berufe bewertet sind, beispielsweise Berufe am Menschen, wie in der Pflege oder in den Kindergärten. Sind diese Berufe in der Bezahlung wirklich angemessen bewertet, oder werden sie gesellschaftlich zu wenig anerkannt?
Also auch das ist eine Frage, der man sich nähern kann. Richtig ist, dass Tätigkeiten in Berufen am Menschen im Regelfall eher schlechter bezahlt sind, während Tätigkeiten in Berufen, bei denen man in der Fabrik an der Maschine arbeitet, deutlich besser bezahlt sind. Das infrage zu stellen ist vollkommen richtig.
Es geht unter diesem Aspekt noch weiter, wenn man sieht, dass selbst in Branchen, in denen Frauen und Männer die gleiche Tätigkeit ausüben, eine unterschiedliche Bezahlung erfolgt. Auch das ist ein Thema, über das man reden muss und wozu man sagen muss: Es kann nicht sein,
Lassen Sie mich noch kurz zur SPD kommen, zum Thema „Lohnuntergrenze oder Mindestlohn“. Selbstverständlich ist das ein Puzzleteilchen, das dazu führen kann, dass Alterseinkommen dann höher sind. Gar keine Frage.
Aber auch dahinter muss man ein Fragezeichen machen. Wir wissen: Jeder, der heute weniger als zehn Euro Stundenlohn hat, landet in der Grundsicherung. Da kann er 47 Jahre lang gearbeitet haben, er kommt trotzdem in die Grundsicherung. Deswegen ist der Mindestlohn kein Allheilmittel,
(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Das ist eine Frage der Höhe, Herr Kollege! – Thomas Kind, DIE LINKE: Wir haben nie etwas anderes gesagt!)