Protocol of the Session on January 25, 2012

Die NPD versucht ja immer, den seriösen Teil der Rechten zu geben, indem man sich kritisch mit Positionen in der Europapolitik auseinandersetzt. Ich denke, gerade meine Partei hat gezeigt, wie man die Frage, wieweit man Euro-Stabilisierungsmaßnahmen mitträgt und wieweit nicht, in vorbildlicher Weise innerparteilich diskutiert und über einen Mitgliederentscheid löst. Wenn das in Ihrer Partei, die in der Tradition der NSDAP steht, menschenverachtend und rassistisch ist,

(Jürgen Gansel, NPD: Beantworten Sie das doch mal! – Andreas Storr, NPD: Was hat das denn mit der NPD zu tun? – Zuruf des Abg. Alexander Delle, NPD )

diskutiert wird, dann schafft das den geistigen Nährboden, der dazu führt, dass es Menschen gibt, die einfach losziehen und Menschen, die aus einer anderen Nationalität kommen, ermorden, gleichzeitig aber ihre Katze in Sicherheit bringen, wenn sie ihre Wohnung sprengen. Das ist die geistige Grundhaltung, die Ihre Fraktion hat, und damit schaffen Sie den Nährboden für Gewalt. Das können Sie nicht dadurch wettmachen, dass Sie nun hier so tun, als ob Sie sich lediglich kritisch mit den Aufgaben der Europäischen Union und deren Funktionsweise auseinandersetzen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und den LINKEN)

Wir gehen in unserer Reihenfolge weiter. – Als Nächstes hat für die Fraktion GRÜNE Herr Jennerjahn das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss gestehen, dass ich mich eines gewissen Amüsements angesichts dieses NPD-Antrages nicht erwehren kann, trotz des Zynismus, der diesem Antrag innewohnt. Sie starten hier ein grandioses Ablenkungsmanöver. Für mich stellt sich dabei die Frage, ob Sie die Abgeordneten in diesem Hohen Hause und die Menschen in diesem Land tatsächlich für so dumm halten, auf Sie hereinzufallen. – So viel vorweg.

Ein ernsthaftes Aufklärungsinteresse über das Ausmaß des rechtsextremen Terrors haben Sie nicht, also stellen Sie sich bitte nicht hierher und vergießen Krokodilstränen. Sie waren ja noch nicht einmal intelligent genug, um aus strategischen Gründen ein solches Aufklärungsinteresse zu heucheln. Ganz Deutschland fragt sich: Wie weit gehen die Taten des nationalsozialistischen Untergrunds, und welche Fehler und Versäumnisse sind bei staatlichen Institutionen zu suchen, sodass die Machenschaften des NSU nicht früher erkannt und vereitelt wurden, und was will die NPD untersuchen? Unzulässige Praktiken im Kampf gegen rechts.

(Andreas Storr, NPD: Das soll untersucht werden!)

Die menschenverachtenden Morde und die Banküberfälle des NSU – all das ist das Ergebnis unzulässiger Praktiken im Kampf gegen rechts –, meinen Sie das eigentlich ernst? Was lesen wir dann im Antrag als vordringliches Ziel der Aufklärung? Kollege Biesok hat es bereits zitiert ich werde auch noch einmal darauf eingehen, da dies wirklich so prägnant ist, dass man es sich auf der Zunge zergehen lassen sollte – ich zitiere –: "Es geht um die Vortäuschung bestimmter Verhaltensweisen und Handlungen innerhalb des rechten Spektrums oder dessen Umfeldes, durch welchen der Öffentlichkeit der Eindruck der persönlichen oder politischen Unglaubwürdigkeit, der

Gewaltbereitschaft und der Kriminalität entsteht, der der politischen Klasse als Alibi für eine allein auf Prävention und Ausgrenzung beruhende Auseinandersetzung mit den Rechten dient, unter Ausschluss jeder inhaltlichen Diskussion über existenzielle, derzeit tabuisierte Themen."

(Alexander Delle, NPD: Das ist doch völlig korrekt!)

Die NPD, die verfolgende Unschuld – da kommen mir vor lauter Mitleid mit Ihnen fast die Tränen. Dafür, dass Sie sich selbst als die Elite einer politischen Kampfbewegung gegen das bestehende System sehen, sind Sie ganz schöne Jammerlappen, das muss ich mal so sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was Sie hier tun, ist nichts weiter, als an der Legende zu stricken, Sie seien alle sanfte Lämmer, und alle Gewalt, die Ihrer menschenverachtenden Ideologie wesensmäßig innewohnt, werde gezielt von außen in Ihre Partei und die rechtsextreme Szene insgesamt hineingetragen. Das ist eine Strategie, die nicht neu ist und die Sie nun schon seit mindestens drei Monaten verfolgen, seitdem die Taten des NSU aufgeflogen sind. Offensichtlich haben Sie zunehmend Angst, dass mit der nun verstärkten Auseinandersetzung mit dem Thema Rechtsextremismus und neonazistische Gewalt mehr und mehr die strukturellen Verbindungen der NPD und zahlreicher NPD-Kader ins gewalttätige Milieu und zu organisierten Schlägerbanden zum Vorschein kommen.

Ich erinnere auch noch einmal daran, dass in der letzten Legislaturperiode Ihr Fraktionsmitarbeiter Peter

Naumann, ein verurteilter Rechtsterrorist, lange bei Ihnen beschäftigt war, und Sie haben in dieser Legislatur einen Fraktionsmitarbeiter, der ein führendes Mitglied der Skinheads Sächsische Schweiz war, die vor einigen Jahren verboten wurde. – So viel zu Ihrer vermeintlichen Unschuld. Sie haben also Angst, dass die NPD bald nicht mehr als Partei wahrgenommen wird, sondern als kriminelle Vereinigung, was ein Verbot Ihrer Organisation letztlich erheblich vereinfachen würde.

Wenn wir noch ein Stück weiter in den Antrag hineinschauen, was Sie gern noch im Untersuchungsausschuss geklärt haben wollen, dann sind es auch die von Kollegen Biesok bereits angesprochenen Punkte: Austritt von drei NPD-Landtagsabgeordneten aus Ihrer Fraktion. Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass Sie das damals hart getroffen hat; aber ganz ehrlich: Wenn Sie Ihre eigene Partei- und Fraktionsvergangenheit aufarbeiten möchten, dann suchen Sie sich bitte einen Mediator oder eine Gruppentherapeuten, aber schreien Sie nicht nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD – Andreas Storr, NPD: Das können Sie auch in den Kleinen Anfragen nachlesen, Herr Jennerjahn!)

Meine Dame und meine Herren von der NPD, Sie können sich sicher sein: Es wird eine parlamentarische Aufarbei

tung der Taten des NSU und dessen Unterstützungsumfeldes geben. Dabei wird mit großer Sicherheit auch die Frage nach den strukturellen Verbindungen der NPD zu dem Terrornetzwerk eine wesentliche Rolle spielen. Diese parlamentarische Auseinandersetzung wird auch nicht nur in Thüringen und auf Bundesebene stattfinden, sondern auch in Sachsen. Um diese Aufklärungsdebatte vorwärtszutreiben, brauchen wir allerdings nicht die NPD. Hören Sie also auf, den Menschen mit Ihrem scheinheiligen Antrag etwas vorzugaukeln, und hören Sie vor allem auf, die Opfer Ihrer mörderischen Ideologie mit Ihrem pathologischen Verfolgungswahn zu verhöhnen!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion GRÜNE sprach der Abg. Jennerjahn. – Nun gibt es eine weitere Kurzintervention. Bitte, Herr Gansel.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Jennerjahn, Sie nötigen mir noch einige Bemerkungen ab. Es hat schon etwas Realsatirisches, wenn hier ein Vertreter der GRÜNEN meint, uns irgendwelche Kooperationen mit Schlägerbanden unterstellen zu müssen. Darf ich daran erinnern – das ist ein Novum in der Geschichte der BRD gewesen –, dass Ihr Über-Außenminister Joschka Fischer derjenige gewesen ist – das kann man nicht oft genug sagen –, der Ende der Siebzigerjahre

(Heiterkeit bei den GRÜNEN – Antje Hermenau, GRÜNE: Herr Fischer!)

in schicker Lederjacke und mit einem Motorradhelm ausgestattet, Polizisten zusammengetreten und vermöbelt hat, dass er derjenige gewesen ist, der nachweisbar eine Mordwaffe in seinem Privatwagen transportiert hat? So eine Figur haben Sie zum Außenminister der BRD gemacht. Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal daran erinnern, wie tief damals die Verstrickungen führender grüner Funktionäre in den RAF-Terror waren – ob das Ihr hochgelobter Noch-Bundestagsabgeordneter

Ströbele war, der bis zuletzt aus inhaltlichen Gründen dazu steht, dass er RAF-Mörder vertreten und verteidigt hat, ob das Ihr früherer Bundesumweltminister Trittin war, der noch heute dazu steht, dass er Andersdenkende mit Pflastersteinen durch die Göttinger Innenstadt gejagt hat. Von einer derartigen Partei, die hochkriminelle Figuren in Ministerämter gebracht hat, müssen wir uns als NPD ganz bestimmt nicht belehren lassen.

(Beifall bei der NPD)

Das war die Kurzintervention des Abg. Gansel. – Es antwortet als Reaktion der Abg. Jennerjahn.

Herr Gansel, nur ganz kurz: Es gibt den Satz "Hass macht hässlich". Ich vermute, der Mensch, der diesen Satz geprägt hat, hatte Ihr Bild vor Augen.

(Jürgen Gansel, NPD: Dann schauen Sie mal in den Spiegel, Miro! – Andreas Storr, NPD: Da haben Sie jetzt aber toll geantwortet, Herr Jennerjahn! Inhaltlich null!)

Wir sind am Ende der ersten Rednerrunde angekommen. Ich könnte nun eine zweite Runde eröffnen.

(Holger Apfel, NPD: Schlusswort!)

Möchte die Staatsregierung das Wort ergreifen? – Nein. Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen nach einer weiteren Runde?

Das sehe ich nicht. Damit hat die einbringende Fraktion der NPD das Schlusswort. Bitte, Herr Apfel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Statt sich ernsthaft mit dem Dringlichen Antrag der NPD-Fraktion auseinanderzusetzen, kamen von Ihnen erwartungsgemäß mal wieder nur Ausflüchte, pseudojuristische Argumente, antifaschistische Beißreflexe, die immer gleiche Schallplatte von Herrn Biesok über die angebliche Verfassungsfeindlichkeit und die angebliche geistige Brandstiftung der NPD. Sie unterstellen uns, wir wollten uns reinwaschen. Das haben wir nicht nötig. Die NPD hat immer klar und deutlich gesagt, dass wir Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele ablehnen. Daran hat sich nichts geändert und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, meine Damen und Herren.

Viel deutlicher sollte man herausheben, dass Sie es sind, die sich reinwaschen wollen, allen voran CDU und FDP. Sie wollen sich und Ihre politisch instrumentalisierten Geheimdienste reinwaschen; denn die kriminellen Machenschaften der Geheimdienste – das haben Sie in den letzten Debatten immer wieder deutlich gemacht – ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Bundesrepublik. Deshalb werden wir nicht müde, das immer wieder anzusprechen.

Auf die Belehrungen des Antifa Miro Jennerjahn brauche ich nicht weiter einzugehen, das hat mein Fraktionskollege Jürgen Gansel bereits getan. Nur einen Satz noch dazu: Man wirft uns vermeintliche Verbindungslinien zu Gewalt und Terror vor, aber den Terror und die Gewalt, denen man selbst nahesteht, verharmlost und relativiert man, oder man redet sie sogar noch schön.

Wenn wir auf die alljährlichen Krawalle und Gewaltexzesse rund um den 13. Februar schauen, wie wir es in diesem Jahr auch wieder erleben werden, dann ist das eine allgegenwärtige politische Praxis in diesem BRDAbsurdistan.

Meine Damen und Herren! Während man bei der CDU und bei der FDP zumindest nachvollziehen kann, dass sie die Staatsregierung vor den Unwägbarkeiten eines Untersuchungsausschusses schützen wollen, der sich vor allem mit dem Landesamt für Verfassungsschutz hier in Sachsen beschäftigt, fragt man sich bei der LINKEN, die bei dem

Thema erstaunlich ruhig gewesen ist, warum sie einen neuen Untersuchungsausschuss blockiert, nachdem klar geworden ist und auch schon im Vorfeld klar war, dass sie mit ihrem Antrag scheitern würde.

Ich schließe daraus, dass Sie offenkundig kein Aufklärungsinteresse haben, Herr Dr. Hahn und Herr Bartl,

(Zuruf der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE)

und dass es Ihnen mit der Erweiterung des Antrags lediglich darum ging, sich als Chefaufklärer aufspielen zu dürfen, weil Sie dann den Ausschussvorsitz innegehabt hätten.

Die NPD-Fraktion wird sehr genau beobachten, wie Sie sich in den nächsten Wochen zu dem Thema Untersuchungsausschuss positionieren werden. Sie haben das Minderheitenquorum, das für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses notwendig ist. Also handeln Sie endlich konsequent und stellen Sie auf der Grundlage Ihres heute noch gescheiterten Antrags endlich einen Antrag, aber nicht auf Erweiterung, sondern auf Einsetzung eines neuen Untersuchungsausschusses!

Sie müssten doch selbst ein Interesse an der Aufklärung der Verstrickung der Geheimdienste haben. Schließlich werden Sie selbst vom Verfassungsschutz beobachtet, wie Sie in den letzten Wochen erleben durften.

Vielleicht reicht Ihnen hier in Sachsen aber schon die nur wenig versteckte Kumpanei zwischen Frau Köditz und Herrn Innenminister Ulbig.

(Lachen bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Vielleicht reicht Ihnen das auch insoweit, dass Sie sich weiterhin mit den substanzlosen Berichten von Herrn Boos in der Parlamentarischen Kontrollkommission begnügen wollen.

Meine Damen und Herren der LINKEN! Ich weiß natürlich, dass Sie unserem Antrag aus politisch durchsichtigen Gründen nicht zustimmen werden. Wenn Sie schon hierzu nicht den Mumm in den Knochen haben,