Für uns Sozialdemokraten ist dabei klar: Die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung muss Lebensstandard sichernd sein. Deshalb ist die beste Strategie zur Sicherung der Rente gute Arbeit. Der NPD-Antrag geht auf den ganzen Bereich guter Arbeit, also auf die Beseitigung prekärer Beschäftigung des Niedriglohnsektors und unterbrochener Erwerbsbiografien, überhaupt nicht ein. Das ist ein schwerwiegender Fehler.
Aber das kann eigentlich auch niemanden wundern, denn weder die Rente noch die Realität kennen Sie in Ihrem Politikmodell, und das werde ich Ihnen auch nachweisen.
Die NPD will zum Beispiel den sofortigen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union. Was bedeutet das für die gesetzliche Rentenversicherung? Jeder dritte Arbeitsplatz in Deutschland und somit auch das gegenwärtige Rentenmodell sind abhängig vom europäischen Binnenmarkt. Der Austritt Deutschlands aus Europa würde die Arbeitslosigkeit in Deutschland rapide ansteigen lassen, damit wäre auch die Basis eines beitragsbasierten Rentenmodells unfinanzierbar. – So weit zur Seriosität der NPD-Rentenpolitik.
Außerdem: Die derzeitigen Renten sind auch deswegen stabil, weil Millionen von Beitrag zahlenden Menschen mit Migrationshintergrund fleißig in die deutsche Rentenversicherung einzahlen. Und das sind genau die Leute, die Sie mit Ihrer Hetze zu vertreiben versuchen. Schauen wir uns das doch einmal an: Menschen mit Migrationshintergrund erwirtschaften nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung pro Jahr einen Überschuss von 2 000 Euro. Alle Migrantinnen und Migranten bringen unserem Gemeinwesen also jedes Jahr pro Kopf 2 000 Euro mehr, als sie uns an Transferleistungen kosten. Mittelfristig reden wir hier von einem Gesamtvolumen
Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Steuern als einer weiteren Stütze des deutschen Rentensystems. Auch hier zahlen ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Steuern genauso wie ausländische Unternehmer. Sie zahlen damit nicht nur Steuern, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der NPD, sondern zum Beispiel auch Ihre monatlichen Abgeordnetendiäten.
Dann frage ich Sie doch einmal, Herr Delle: Wie fühlen Sie sich denn eigentlich, sich von Migrantinnen und Migranten, die hier Steuern zahlen, aushalten zu lassen und sich Ihren Lebensunterhalt finanzieren zu lassen? Nein, Herr Delle, Sie sind mir ja ein stolzer Deutscher! Der NPD-Antrag löst nichts, und deshalb wird er abgelehnt.
Ich eröffne eine zweite Runde der allgemeinen Aussprache. Herr Schimmer für die NPD-Fraktion; bitte, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im vergangenen Jahr fragte ich die Staatsregierung in zwei Kleinen Anfragen vom Januar 2010 mit den Drucksachennummern 816 und 817 nach Effektivität und Wirkungsgrad der Riester-Rente als Ergänzung zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Sicherung des erreichten Lebensstandards im Alter. Nach den schon von meinem Kollegen Alexander Delle wiedergegebenen Expertenurteilen der letzten Wochen lohnt es sich, die Antworten der Staatsregierung noch einmal ganz genau zu lesen – nicht etwa deshalb, weil diese Antworten so ergiebig gewesen wären, sondern gerade aufgrund der hier zutage tretenden Ahnungslosigkeit oder auch Sorglosigkeit, mit der sich die Staatsregierung dem Thema annähert.
Auf meine Frage nach Einführung eines Non-ProfitVorsorgeproduktes antwortet Frau Staatsministerin Clauß – ich zitiere –: „Ein solches erscheint zum einen nicht notwendig, da in jeder der verschiedenen RiesterProduktkategorien das ganze Spektrum von sehr guten bis leider auch mangelhaften Produkten vorhanden ist. Daher besteht offenkundig bereits ein ausreichendes Angebot am Markt, sodass es den Bürgerinnen und Bürgern möglich ist, ein für sie passendes Produkt zu wählen.“
Offenkundig, meine Damen und Herren der Staatsregierung, ist mittlerweile aber, dass es derzeit kein einziges Vorsorgeprodukt auf dem Versicherungsmarkt gibt, das die Renditeerwartungen dergestalt erfüllt, dass es zur ergänzenden Altersvorsorge geeignet wäre. Die Bilanz des DIW in seiner aktuellen Studie fällt entsprechend aus – Zitat: „Die Riester-Produkte haben sich seit ihrer Einführung zuungunsten der Sparer entwickelt.“ Verantwortlich sei vor allem eine unzureichende Regulierung der Kalku
lationsregeln, etwa wegen künstlich zu hoch angesetzter Lebenserwartung. „Dass der Staat für Vorsorgeprodukte, die er fördert, keine allgemeinverbindlichen Kalkulationsgrundlagen vorgibt, ist nicht nachzuvollziehen.“ – So das DIW.
Auffällig ist auch, dass weder der Bund noch die Sächsische Staatsregierung wissen, wie viele Menschen mit Riester-Verträgen in diesem Land einen Anbieterwechsel durchführen und welche Konsequenzen das für deren Altersvorsorge durch Kapitalverluste mit sich bringt. Laut dem „Handelsblatt“ vom 6. Dezember erreichte die Gesamtzahl der Riester-Verträge mit Stand vom
30. September 2011 knapp die 15-Millionen-Grenze. Über die Anzahl der jährlich durchgeführten Anbieterwechsel hieß es auf Anfrage beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales: „Hierzu liegen dem BMAS keine Zahlen vor.“ Auch meine Frage an die Sächsische Staatsregierung im Januar 2010, wie hoch der Anteil der in den Jahren 2001 bis 2008 stornierten oder beitragsfrei gestellten Riester-Verträge im Freistaat Sachsen gewesen sei, konnte nicht beantwortet werden.
Was die NPD-Fraktion hingegen in Erfahrung bringen konnte, bestätigt die NPD-Position, dass klare gesetzliche Vorgaben, eine effektive Finanzaufsicht und die Einrichtung eines staatlichen Pensionsfonds heute nötiger sind denn je. Denn: Von den im Jahr 2006 insgesamt knapp 480 000 Personen mit geförderten Altersvorsorgeprodukten, die von der ZfA, also der Zulagenstelle für Altersvermögen, in Sachsen erfasst waren, wiesen 59 % ein Jahreseinkommen von maximal 20 000 Euro auf und sogar 33 % ein Jahreseinkommen von nur 10 000 Euro und weniger. Wir wissen also ganz genau, welche Bevölkerungsschichten durch ineffektive, intransparente und kostenintensive private Altersvorsorgeprodukte am
Ein Staat, der so etwas auch noch mit Steuergeldern finanziert, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht die Altersarmut zu bekämpfen, sondern die Versicherungs- und Finanzindustrie zu subventionieren. Verwunderlich wäre das nicht, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren! Wünscht noch ein Abgeordneter der Fraktionen das Wort? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung. – Die Staatsregierung möchte nicht das Wort ergreifen. Ich frage die NPD-Fraktion: Ist ein Schlusswort gewünscht? – Herr Schimmer, Sie haben dazu Gelegenheit.
Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss jetzt doch noch einmal auf den Unsinn eingehen, der hier verzapft wurde – noch
etwas weniger von Herrn Biesok; wobei ich mich wirklich gewundert habe, dass er mit der Zahl von 15 Millionen Riester-Verträgen zufrieden ist. Denn bei insgesamt 38 Millionen Förderberechtigten ist es eben nicht viel, und wenn die Riester-Rente ein Erfolg wäre, wären wir jetzt natürlich schon bei einer Inanspruchnahme von wesentlich über 50 %. Aber die Leute riechen natürlich den Braten; sie wissen, dass sie hier übers Ohr gehauen werden sollen, und nehmen dementsprechend das RiesterAngebot gar nicht wahr. Insofern glaube ich nicht, dass wir mit diesem Ergebnis zufrieden sein sollten.
Aber jetzt zur totalen Polemik des Herrn Homann. Ich habe mich gefragt: Wie kann man auf so ein wichtiges Thema, das ja immerhin von einem sozialdemokratischen Arbeits- und Sozialminister verbrochen wurde, eigentlich so polemisch antworten? Die Antwort liegt auf der Hand, Herr Homann: Ihnen ist natürlich peinlich, was in den Jahren nach 2001 passiert ist; denn Sie wissen genauso wie ich: Die meisten Mitglieder dieser rot-grünen Regierung, die damals regiert hat, sind heute Lobbyisten, die sich haben kaufen lassen.
Egal, wohin man blickt: Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder ist jetzt der Lobbyist von russischen Oligarchen. Der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer ist heute plötzlich ein Lobbyist der Atomwirtschaft.
Genauso schlimm ist das, was mit dem Herrn Riester ist: Vor einigen Jahren wurde das Beratungsunternehmen Maschmeyer Rürup AG gegründet und dort ist mittlerweile als Berater auch der frühere sozialdemokratische Arbeits- und Sozialminister Walter Riester angestellt, der sich für sein großes Subventionsgeschäft, das er der deutschen Finanzindustrie hingeworfen hat und mit dem er hervorragend deutsche Arbeitnehmer bescheißen kann, bezahlen lässt.
Ich muss sagen, diese Bilanz der rot-grünen Regierung, dieses Ausmaß an Lobbyismus, das man fast schon als Korruption bezeichnen muss, ist einfach totpeinlich, und deswegen ist natürlich auch klar, dass Herr Homann als SPD-Redner überhaupt nicht auf den Antrag eingeht; denn dann müsste er die ganze Geschichte aufrollen, wie es zu dieser Riester-Rente kam und wo sich der Herr Riester heute herumtreibt.
Dementsprechend wundert es mich wirklich nicht, dass er jetzt verheimlichen will, dass damals eine gigantische Subventionsmaschine unter Rot-Grün für die Finanzindustrie geschaffen wurde, die nichts für die Arbeitnehmer, die in die Riester-Rente einzahlen, abwirft. Wir wissen ganz genau aus verschiedenen empirischen Studien, dass die Verzinsung pro Jahr bei unter 1 % liegt, und da können die Leute wirklich ihr Geld in den Sparstrumpf legen; da kommen sie wenigstens jeden Tag heran. Das ist bei der Riester-Rente nämlich auch nicht möglich.
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/7598 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und vier Jastimmen ist die Drucksache 5/7598 mehrheitlich nicht beschlossen.
Ihnen liegen die eingereichten Fragen der Mitglieder des Landtages als Drucksache 5/7659 vor. Diese Fragen wurden auch der Staatsregierung übermittelt. Gleichzeitig ist Ihnen die Reihenfolge der Behandlung der eingereichten Fragen bekannt gemacht worden. – Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Geräuschpegel etwas zu reduzieren. – Der erste Fragesteller, der Abg. Herr Kosel, hat jetzt die Gelegenheit, seine Frage an die Staatsregierung zu stellen; Frage Nr. 1.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Frage bezieht sich auf neonazistische Aktivitäten in der Oberlausitz.
Mitte November fanden in der Oberlausitz mehrere neonazistische Veranstaltungen statt, so auch in Göda im Landkreis Bautzen. Das sogenannte Heldengedenken fände, wie von den Veranstaltern verlautet, immer stärkeren Zulauf.
1. Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung zu neonazistischen Veranstaltungen der jüngsten Zeit in den einzelnen Landkreisen vor?
2. Verfügt die Staatsregierung über Kenntnis einer Vernetzung der oben genannten Aktivitäten mit politischen Kräften in Polen und Tschechien?