Protocol of the Session on October 13, 2011

Stellen Sie sich mal vor, wie unsere Landwirtschaft aussehen würde, wenn wir eben nicht diese Förderung für die landwirtschaftlichen Betriebe gehabt hätten. Sie wissen, dass der Milchmarkt sich verändert. Die Milchquote fällt mit dem Wirtschaftsjahr 2014/2015 weg. Unsere Betriebe – darauf bin ich stolz – haben die Chance genutzt. 45 % der Investitionsmittel insgesamt sind in die Milchproduktion geflossen. Sie haben diese Chance genutzt, um sich fit zu machen für den Wettbewerb nach 2014.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für den Bau von Ställen gilt Bundesrecht, das wissen Sie. Sie wissen auch, dass die Privilegierung des Bauens im Außenbereich zurzeit in der Diskussion ist. Ich bin schon gespannt, wie die Vorschläge der Bundesregierung dazu aussehen werden.

Ich möchte auch noch einmal betonen, dass schon jetzt bei Genehmigungsverfahren für Tierhaltungsanlagen die Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter eingebunden sind. Die zu beteiligenden Tierärzte überprüfen in diesen Verfahren die Einhaltung der Vorschriften des Tierschutzes. Gegebenenfalls können im Genehmigungsbescheid erforderliche Auflagen festgesetzt werden. Amtstierärzte in Sachsen werden hierzu speziell weitergebildet. Der erforderliche tierärztliche und verwaltungsrechtliche Sachverstand ist in ihrer Funktion gebündelt und muss nicht extra über die Verbände eingebracht werden.

Ausreichende Regelungen sehe ich auch bei den geforderten Tierrettungsplänen. Für alle größeren Ställe muss bereits jetzt ein Brandschutzkonzept erarbeitet werden.

Nicht unterstützen kann ich Ihre generelle Forderung nach Keimverbreitungsgutachten. Dafür gibt es derzeit weder gesetzliche Grundlagen noch wissenschaftlich abgeleitete Grenzwerte für Bioaerosole. Gleiches gilt übrigens auch für die von Ihnen geforderten Filter.

Der einzige Punkt, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, über den man diskutieren kann, ist die Einführung eines Tierschutzlabels. Es kann sich dabei aber nur um eine Ergänzung der bereits bestehenden Regelungen handeln.

Meine Damen und Herren! Es ist mir auch wichtig, Ihnen zu sagen, dass ich selbstverständlich zum Tierschutz stehe. Aber ich möchte Ihnen auch sagen, dass Alleingänge die Wettbewerbsfähigkeit unserer Tierproduktionsbetriebe schwächen und im Zweifelsfall auch europaweit betrachtet dem Tierschutz nichts bringen. Ich erinnere an das Beispiel Käfighaltungsverbot für Legehennen. Wir haben das in Deutschland fast zehn Jahre früher durchgesetzt als in Europa und das hat kein Mehr an Tierschutz gebracht. Denn die Käfiganlagen, die in Deutschland abgebaut wurden, wurden im Osten Europas wieder aufgebaut. Dort wurden fleißig Eier produziert und die Eier sind dann nach Deutschland gekommen. Wir alle hier, meine Damen und Herren, haben, ob bewusst oder nicht bewusst, einen Teil solcher Eier gegessen, denn zur Hälfte sind diese in Verarbeitungsprodukte eingeflossen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Aber nicht in Bio!)

Die Folge für die sächsischen Hühnerhalter war eben die Notwendigkeit von Vorinvestitionen in kurzer Zeit. Wenn wir diese Möglichkeit in Sachsen nicht gehabt hätten, dann hätten wir in Sachsen jetzt wahrscheinlich auch keine tierhaltenden Betriebe mehr, die Hühner produzieren.

Tierschutz ist wichtig, meine Damen und Herren, das ist unstrittig. Doch wir sollten es unterlassen, das eigene Befinden oder die Liebe zum Haustier auf vermeintliche Erfordernisse einer tiergerechten Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere zu übertragen. Unsere Landwirtschaft lebt mit und von Tieren und nicht gegen sie. Wenn Sie sich einmal die Produktionsergebnisse anschauen, sowohl die Milchleistung als auch die Legeleistung bei Hennen,

sehen Sie: Wir sind in Deutschland spitze. – Glauben Sie mal nicht, dass wir spitze wären, wenn die Tiere unter unmöglichen und für sie ungesunden Bedingungen gehalten werden würden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich stehe zu unserer Landwirtschaft und wir werden auch weiterhin diese strengen gesetzlichen Regelungen im Tier- und Umweltschutz einhalten. Ich werde auch persönlich darauf achten, dass das in den sächsischen Betrieben vollzogen wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren! Die Aussprache ist beendet. Das Schlusswort hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Herr Abg. Weichert hält es.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Debatte, vielen Dank für das Interesse, vielen Dank auch für die Unterstützung, vor allen Dingen von den Fraktionen der SPD und DIE LINKE, und auch für Ihre Unterstützung, Herr Minister, bei dem Thema Tierschutzlabel. Das habe ich sehr gern gehört.

Ich will noch eines sagen, weil es bei allen etwas unklar angekommen ist. Die Größe habe ich nicht diskutiert. Es kann Tierhaltung mit kleinen Mengen geben, die nicht gut ist, und es kann Tierhaltung mit großen Mengen geben, die gut ist. Deshalb habe ich bewusst gesagt: Ich möchte den Begriff Massentierhaltung eigentlich nicht verwenden.

(Zuruf von der CDU: Aber im Antrag steht er doch!)

Ich habe mir in Sachsen viele Betriebe angeschaut, die hervorragend arbeiten. Das ist überhaupt keine Frage. Ich finde es nicht korrekt, den Antrag zu benutzen, um uns zu unterstellen, wir würden sie alle diffamieren. Das stimmt einfach nicht. Das kann man auch nicht aus dem Antrag herauslesen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn wir bei dem Thema „Preiswert und Wirtschaftlichkeit“ sind: Es gibt gar kein Produkt aus der Landwirtschaft, das nicht unterstützt wird, das nicht subventioniert wird. Das machen die Steuerzahler und dann, finde ich, haben wir Steuerzahler auch ein Recht mitzubestimmen, wie unser Geld eingesetzt wird und ob es den Tieren dabei gut geht oder nicht.

Genau das ist die Diskussion. Wenn wir in Nordsachsen erleben, dass Investoren dort Mastanlagen für Hühner bauen wollen, in denen acht Hühner auf einem Quadratmeter ohne Sonne und ohne Scharren leben sollen, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass es den Tieren dabei gut

geht, und ich will nicht, dass mein Geld dafür eingesetzt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb diskutieren wir die Genehmigung und die Förderung derartiger Investitionen. Wir müssen das Ziel erreichen, dass es den Tieren gut geht. Wir müssen darüber sprechen, welches Futter verwendet wird, wohin die Gülle kommt, ob die Menschen im Umkreis mitbestimmen können, und auch die Wertschöpfung ist angesprochen worden. Wir sehen, das Thema ist virulent. Alle Fraktionen sagen, es wird uns weiter begleiten. Das freut mich; denn ich vermute, es führt zur Verbesserung für die Tiere.

Deshalb freue ich mich jetzt auch auf eine große Zustimmung; und, Herr Präsident, wir beantragen punktweise Abstimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Vielen Dank, Herr Weichert, dass Sie das jetzt selbst tun, so brauche ich Sie nicht zu fragen. Ich muss Sie aber fragen, in welcher Art Sie die Abstimmung wollen. Sie haben römische und arabische Punkte. Wollen wir uns darauf verständigen, dass die Abstimmung nach den römischen Punkten erfolgt, oder wollen Sie es noch weiter untersetzt haben?

(Michael Weichert, GRÜNE: Nach den römischen!)

Ja. Frau Kliese, das war auch Ihr Wunsch?

(Zustimmung der Abg. Hanka Kliese, SPD)

Damit verfahren wir so, meine Damen und Herren. Zur punktweisen Abstimmung kommt die Drucksache 5/7082. Ich bitte um die Dafür-Stimmen für Punkt I. – Danke sehr. Die Gegenstimmen? – Danke. Die Stimmenthaltungen? – Bei zahlreichen Stimmen dafür ist dem Punkt I dennoch mehrheitlich nicht entsprochen worden.

Ich lasse über Punkt II abstimmen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke. Es machen nicht immer alle mit. Die Gegenstimmen? – Danke. Die Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat auch dieser Punkt nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.

Da die Einzelpunkte keine Zustimmung gefunden haben, erübrigt sich eine Endabstimmung. Die Drucksache 5/7082 ist nicht beschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 7

Nationalen Gedenktag für die Opfer der Vertreibung einfordern!

Drucksache 5/6118, Antrag der Fraktion der NPD

Die Fraktionen können dazu wie folgt Stellung nehmen: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion der NPD spricht Herr Abg. Apfel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Zweite Weltkrieg hat über 30 Völker der Welt mit nicht beschreibbarem und auch nicht bezifferbarem Leid überzogen. Im damaligen Deutschen Reich hatte fast jede Familie gefallene Soldaten und/oder Bombenopfer zu beklagen, und um Ihnen zuvorzukommen: Nein, meine Damen und Herren, die Deutschen sind nicht die Alleinschuldigen am Ausbruch dieses Krieges; denn der Zweite Weltkrieg hatte bekanntlich viele Väter, und allein bis Februar 1941 gab es 42 deutsche, von britischer Seite unbeantwortete Friedensangebote.

Zig Millionen deutsche Menschen waren ausgebrannt, ohne Arbeit, und sie hungerten und froren. Millionen starben nach Kriegsende und fast 10 Millionen deutsche Soldaten befanden sich in Kriegsgefangenschaft. Die am schwersten Betroffenen waren die fast 15 Millionen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge aus Ostmitteleuropa und den deutschen Ostprovinzen. Sie hatten neben dem erwähnten Leid auch noch den Verlust ihrer Heimat zu beklagen.

Ja, meine Damen und Herren, die Umstände der Vertreibung können es wahrlich mit den Schilderungen des Holocaust aufnehmen. Nicht von ungefähr versah der Münchner Publizist Rolf Josef Eibicht sein im Jahr 2000 herausgegebenes Sammelwerk über die Vertreibung mit dem Titel „Der Vertreibungsholocaust“,

(Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

und darin lesen wir einfach: „Das Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ostmitteleuropa“. Nicht ohne Grund spricht der Schriftsteller Ernst Jünger von 3 Millionen Ausgemordeten. Mit diesen teilweise bestialischen Untaten versuchte man in Jugoslawien, in der Tschechei und in Polen die fast tausendjährigen deutschen Traditionen mit Stumpf und Stiel auszurotten. Selbst vor Friedhöfen machte man dabei nicht Halt. Millionen Flüchtlinge strömten in die zerstörten vier Besatzungszonen Deutschlands und verschärften dadurch die nackte Not. Kein Wunder, dass die Hilf- und Heimatlosen mit Ablehnung und starken Ressentiments der Alteingesessenen kämpfen mussten, mit deren Unverständnis und dem Unvermögen, dem Vertreibungsvorgang gerecht zu werden.

In dieser brisanten Notsituation veröffentlichten die deutschen Heimatvertriebenen am 5. August 1950 in Stuttgart ihre Charta, in der sie gleich unter Punkt 1 feierlich auf Rache und Vergeltung verzichteten. Das war zu diesem Zeitpunkt angesichts des unfassbaren persönlich erlittenen Leids und Unrechts ein fast übermenschlicher Verzicht. Diese Verzichtsleistung, die überhaupt erst die Grundlage für spätere Gespräche mit osteuropäischen Staaten ermöglichte, wird heute von SPD, GRÜNEN und LINKEN in ihrer ahistorischen Verblendung verunglimpft. Man tut aus heutiger Sicht so, als gäbe es kein Recht auf Rache und Vergeltung, und verschließt vor 3 000 Jahren Geschichte die Augen, in denen ausschließlich Reaktion auf Aktion erfolgte und Rache und Vergeltung die größten Antriebsfedern der Außenpolitik waren.

Auch die in der Charta erhobene Forderung nach einem Recht auf Heimat, aber nach der Rückkehr in die angestammten Gebiete, ist fünf Jahre nach der Vertreibung sicher ein normaler Vorgang gewesen. Auch dafür bringt DIE LINKE kein Verständnis auf, was umso überraschender erscheint, als dass man mit dem Recht der Juden auf Heimat 1 900 Jahre nach der Vertreibung aus Palästina kein Problem zu haben scheint und dessen Durchsetzung sogar irrsinnigerweise zur deutschen Staatsräson erhoben hat.

Meine Damen und Herren! Die Deutschen haben es ihren vertriebenen Landsleuten im Laufe der letzten 16 Jahre nicht gerade einfach gemacht. Als diese noch ein großes Wählerpotenzial verkörperten, ließen sich Spitzenpolitiker auf Vertriebenentreffen mit markigen Sprüchen feiern, denen dann, wie so oft, keine Taten gefolgt sind. Mit größerer zeitlicher Distanz ließ auch die politische Rücksichtnahme auf die Belange der Vertriebenen immer mehr nach und verkümmerte zur jährlichen VerbliebenenFolklore mit Trachtendarbietungen.

In der ehemaligen DDR hatte man das Thema, wie so vieles andere, weitgehend tabuisiert und sprach 40 Jahre lang euphemistisch von Umsiedlern, wollte man doch die Verbrechen der Brudervölker nicht beim Namen nennen. Der Höhepunkt der Verhöhnung aber blieb dem Wehrmachtsdeserteur und ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker vorbehalten. In seiner Rede zum 40. Jahrestag der Kapitulation der deutschen Wehrmacht faselte er von einer „erzwungenen Wanderschaft von Millionen Deutschen nach Westen“, so, als ob die Vertriebenen die Wanderschuhe geschnürt, Brötchen geschmiert und sich mit lustigen Weisen auf den Lippen auf die Reise begeben hätten.

Diese Verletzungen wirken bis zum heutigen Tage nach. Die NPD vertritt daher die Auffassung, dass es dieser Staat den letzten noch lebenden Opfern der Vertreibung und deren Kindern, die oft genug traumatisiert wurden, mehr als schuldig ist, zumindest einen nationalen Gedenktag auszurufen, an dem jährlich dieses Schicksals gedacht wird. „Heimatliebe der Vertriebenen ist kein Revanchismus“, so Richard von Weizsäcker am 18. Mai 1985 –