Protocol of the Session on September 14, 2011

Deutschland ist ein humanitär geprägtes und weltoffenes Land, das entsprechend den Leitlinien seiner Verfassung und internationalen Verpflichtung jederzeit bereit ist, Menschen in Not zu helfen – eben auch Schutzbedürftigen. Flexible und schnelle Maßnahmen ziehen wir als Liberale einem festen, womöglich sehr bürokratischen Neuansiedlungsprogramm vor.

Aus diesen Gründen wird unsere Fraktion Ihren Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Frau Herrmann, eine Kurzintervention.

Ja, ich werde das Mittel ein zweites Mal nutzen, weil ich den Eindruck habe, dass auch Frau Jonas nicht verstanden hat, welches Ziel ein solches Resettlement-Programm hat.

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht nicht darum, Flüchtlinge aus ihren Heimatländern nach Deutschland zu holen, und deshalb steht die Unterstützung und Entwicklungshilfe, die Deutschland in bestimmten Ländern leistet, in gar keinem unmittelbaren Zusammenhang. Vielmehr geht es um Menschen, die nicht mehr in ihrem Heimatland, sondern bereits auf der Flucht in andere Länder sind – zum Beispiel Menschen aus Somalia, die sich eben jetzt in Nordafrika aufhalten. Diese Menschen kommen nicht in den Genuss der Entwicklungshilfe der europäischen Länder, weil diese

natürlich in erster Linie Einheimischen zugute kommt und nicht den Menschen in den Flüchtlingslagern.

Dieses Programm zielt genau auf diese und besonders auf schutzbedürftige Menschen. Alle diese Menschen müssen vom UNHCR als Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt sein. Es geht also mitnichten um irgendwelche Menschen, die meinen, in Deutschland ist das Leben einfach schöner.

Das möchte ich noch einmal zu bedenken geben, denn ich habe den Eindruck, dass die Koalitionsfraktionen das Ziel unseres Antrages nicht verstanden haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Frau Jonas, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich möchte nur noch einmal den Titel vorlesen: „Flüchtlinge aufnehmen – Rahmenbedingungen für dauerhafte Neuansiedlung Schutzbedürftiger aus Drittstaaten schaffen“.

Es folgt die NPDFraktion; Herr Apfel, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag eröffnet uns eine Dimension grüner Zuwanderungs- und Umvolkungspolitik, die einem den Atem fast verschlagen könnte. Die GRÜNEN fordern darin ernsthaft – und das über das ohnehin schon massenhaft missbrauchte Asylrecht und in parallel zum Asylrecht laufenden Aufnahmen aus vermeintlich humanitären Gründen hinaus sowie unabhängig von den ohnehin schon stark beanspruchten Regelungen zur Duldung abgelehnter Asylbewerber – die Einführung eines Programms, das Deutschland verpflichten soll, „kontinuierlich ein jährliches Kontingent von Flüchtlingen dauerhaft anzunehmen und bei uns anzusiedeln“.

Offenbar ist das die Antwort der GRÜNEN auf Geburtenschwund und Bevölkerungsrückgang. Wen sie uns da zusätzlich aufhalsen wollen, schreiben sie auch ganz offen. Neben Tunesiern, Ägyptern und Libyern sollen es vor allem Afrikaner aus den subsaharischen Staaten sein, die „unabhängig von vorhandenen Sprachkenntnissen, Gesundheitszustand, beruflichen Fähigkeiten oder politischen Orientierungen“ massenhaft nach Deutschland verschifft und als ethnokulturelle Fremdkörper eingepflanzt werden sollen. Sie fügen dann noch hinzu, dass sie dabei an Kranke, Alte und Schwerbehinderte denken, also an genau jene, bei denen von vornherein feststeht, dass sie nichts Produktives beitragen können, sondern nur unserem sozialen Versorgungsstaat auf der Tasche liegen werden. Während die neoliberale Regierungskoalition trotz hoher Arbeitslosenzahlen auch im qualifizierten Bereich Zuwanderung mit einem angeblichen Mangel an Arbeitskräften begründen will, drücken Sie von den GRÜNEN nur hemmungslos auf die Tränendrüsen und appellieren an die angebliche moralische Pflicht der

Deutschen, alle Benachteiligten der Welt bei uns aufzunehmen.

Ich komme noch einmal darauf zu sprechen, was wirklich dahintersteckt, doch zunächst einmal will ich darauf verweisen, in was für einer dramatischen Situation Sie uns mit diesem Antrag behelligen. Global kündigt sich laut Ausgabe Mai/Juni der Zeitschrift „Internationale Politik“ eine massive Bevölkerungsverschiebung an. Statt der 6,8 Milliarden Menschen, die jetzt auf der Erde leben, werden im Jahr 2050 voraussichtlich 9,1 Milliarden Menschen den Globus bevölkern. Doch während die Bevölkerungszahl in Europa weiter abnehmen wird, ist ein enormer Anstieg der Bevölkerung in den kaum bis wenig entwickelten Ländern zu erwarten.

Mit Blick auf eine aktuelle UN-Demografietrendstudie erklären die beiden Autoren der Stiftung „Wissenschaft und Politik“ in ihrem Aufsatz: „So könnte beispielsweise ohne die optimistische Annahme einer weiter abnehmenden Fertilität die Weltbevölkerung im Jahr 2100 fast 19 Milliarden Menschen umfassen, davon 86 % in Afrika und Asien. Ein solches Szenario würde alle vorstellbaren Möglichkeiten, diese Menschen zu ernähren und zu versorgen, übersteigen.“ In Bezug auf Afrika heißt es weiter: „Hier beträgt der Anteil der unter 15-Jährigen an der Gesamtbevölkerung mehr als 45 %. Das Durchschnittsalter liegt bei etwa 16 Jahren. Auch künftig wird es vor allem im subsaharischen Afrika eine große Anzahl von schnell wachsenden und sehr jungen Bevölkerungen geben. So wird sich bis zum Jahr 2050 die Bevölkerungszahl von Burundi, der Demokratischen Republik Kongo, Guinea, Liberia, Nigeria und Uganda verdreifachen.“

Für die Autoren ist klar, dass die wachsende globale demografische Ungleichheit spürbare Auswirkungen auf die Verteilung von wirtschaftlicher und politischer Macht haben wird und massive Konflikte in sich birgt, dies nicht zuletzt auch deshalb, weil sich immer mehr Menschen auf den Weg machen werden, um ihren verarmten Heimatländern zu entfliehen. Für Europa werden die zu erwartende Vergreisung und Schrumpfung der Bevölkerung hingegen mit spürbaren Verlusten an wirtschaftlichem Wachstum, technisch-naturwissenschaftlicher Innovationskraft und gesellschaftlicher Dynamik einhergehen.

Nach heutigem Stand wird das rapide Altern der Bevölkerung dafür sorgen, dass größere Anteile der öffentlichen Haushalte als bisher für die Daseinsvorsorge und Alterssicherung aufgewendet werden müssen. Die Autoren des Beitrages schreiben dazu: „Je mehr ältere Menschen es gibt, desto mehr an Renten und Sozialleistungen muss der Staat aufbringen, und das bei sinkenden Steuereinnahmen. Wenn die Jährgänge kleiner werden, aus denen die Armee ihren Nachwuchs rekrutieren kann, dann wird das zusammen mit weiteren Kürzungen der Verteidigungshaushalte die Sicherheitskapazitäten der Industrieländer beeinflussen und kann langfristig ihren außenpolitischen Handlungsspielraum einschränken.“

Statt nun verantwortungsvoll und vorausschauend die Weichen für eine Geburtenförderung im eigenen Land zu

stellen und Zuwanderung aus unterentwickelten Staaten zu verhindern, fordern Sie, die Schleusen nun ganz zu öffnen, damit der Bevölkerungsüberschuss aus Afrika sich in Deutschland ansiedeln kann. Wie das zu bewerten ist, sei Ihnen offen und ehrlich gesagt. In seinem aktuellen Buch „Schlimmer als Krieg“ setzt sich der jüdischamerikanische Politologe Daniel Goldhagen mit dem Thema Völkermord auseinander und spricht dabei von fünf Hauptformen der Eliminierung: Unterdrückung, Vertreibung, Reproduktionsverhinderung, Vernichtung und Transformation. Während die ersten vier Begriffe nicht näher erläutert werden müssen, so Goldhagen, werde durch Transformation das zerstört, was die politische, soziale oder kulturelle Identität einer Gruppe ausmacht. Goldhagen erläutert weiterhin: Die Methode dieser Zerstörung lässt aber eine interessanterweise aus, und zwar die, mit der wir uns heute auseinanderzusetzen haben, nämlich die Zerstörung der nationalen und kulturellen Identität mit der Einwanderungswaffe, also die planmäßige Umvolkung durch das Einschleusen ausländischer Zivilokkupanten,

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

die auf dem Land der schwindenden angestammten Bevölkerung angesiedelt werden sollen. Genau diese Waffe, meine Damen und Herren, zücken die GRÜNEN mit ihrem Antrag und richten sie gegen uns Deutsche. Deshalb stellt der Inhalt ihres Antrages nichts anderes dar als einen Plan zur schleichenden Zerstörung unserer nationalen Identität durch Zuwanderung.

(Beifall bei der NPD)

Der Antrag, meine Damen und Herren der GRÜNEN, ist geradezu ein Masterplan zum Völkermord,

(Protest bei den GRÜNEN)

ein Plan zur Eliminierung alles Ihnen so verhassten Deutschen und des deutschen Volkes.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Frau Präsidentin!)

Wir werden diesen Antrag daher nicht nur ablehnen, sondern öffentlich machen, was Sie mit Deutschland und dem deutschen Volk so vorhaben. Wir werden sehr genau beobachten, wie Sie Ihren Plan weiterverfolgen, und schon in näherer Zukunft geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen,

(Zuruf der Abg. Uta-Verena Meiwald, DIE LINKE)

damit Sie den Wähler in diesem Lande nicht mehr so einfach als vermeintliche Ökopartei und Umweltretter hinters Licht führen können.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD – Widerspruch bei den LINKEN)

Gibt es weiteren Gesprächsbedarf vonseiten der Fraktionen? – Das kann

ich nicht erkennen. Ich frage die Staatsregierung. Herr Minister Ulbig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Obwohl ich in der Bewertung des Antrages zu einem anderen Ergebnis komme, obwohl ich mit Sicherheit nicht derjenige bin, der dafür bekannt ist, die GRÜNEN zu verteidigen, aber, Herr Apfel, was Sie jetzt gerade abgezogen haben, gehört zu dem Repertoire, das wir von Ihnen schon kennen. Und das unterliegt mit Sicherheit auch nicht dem Antrag der GRÜNEN. Hass und Fremdenfeindlichkeit ist – außer von Ihrer Partei – nicht Gegenstand der Diskussion. Achtung und Respekt vor anderen Menschen, das ist Ihnen fremd.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Holger Apfel, NPD: Ich rede nicht von Ausländerfeindlichkeit, sondern von Inländerfeindlichkeit!)

Deshalb möchte ich die Diskussion nicht weiter damit belasten und auswerten, was Sie hier in unmöglicher Art und Weise zum Besten gegeben haben, sondern ich möchte ein paar Fakten vortragen, damit deutlich wird, warum ich am Ende meiner Einlassungen zu einem anderen Ergebnis komme.

Das Thema Neuansiedlung Schutzbedürftiger aus Drittstaaten ist für uns nicht neu. Als Resettlement ist es häufig in der Runde bezeichnet worden. Bereits 2009 hat Deutschland über ein entsprechendes Programm 2 500 irakische Flüchtlinge aus Syrien und Jordanien aufgenommen. 131 davon sind zu uns nach Sachsen gekommen. Die Praxis zeigt, dass die Aufnahme und Verteilung der Flüchtlinge gut funktioniert hat, in Deutschland im Allgemeinen und speziell auch bei uns in Sachsen. Die sächsischen Ausländerbehörden haben ihren Teil vorbildlich umgesetzt, und auch die Kirchen als Befürworter haben die sächsische Verwaltung gelobt. Auf Länderebene sind wir für die Umsetzung zuständig. Rolf Seidel hat zu diesem Thema einiges ausgeführt. Die Entscheidung allerdings, ob ein Resettlement-Programm durchgeführt wird, trifft der Bund. Ebenso legt der Bund die entsprechende Aufnahmequote fest.

Meine Damen und Herren! Es wird immer wieder gefordert, dass Deutschland ein solches Programm durchführt, und es wird, wie gerade von Frau Herrmann zu hören war, auf Resettlement-Staaten wie die USA, Kanada und Australien verwiesen. Der Unterschied ist aber: Diese Länder haben relativ wenig Asylbewerber. Migrationspolitisch ist es daher leichter, zusätzliche Flüchtlinge über ein anderes Programm aufzunehmen.

In der EU sind die Zahlen für Asylbewerber deutlich höher. Das ist allein schon geografisch bedingt, und Resettlement ist deshalb hier weniger verbreitet. Das humanitäre Engagement ist aber deshalb nicht geringer. Die EU-Staaten haben zum Beispiel 2008 insgesamt 250 000 Asylbewerber aufgenommen. Das ist weit mehr als in den gerade von mir beschriebenen Ländern USA,

Kanada und Australien, und zwar, wenn man dort Asyl und Resettlement zusammennimmt.

Deutschland leistet seinen Beitrag, um die weltweite Flüchtlingsproblematik zu bewältigen. Unser humanitäres Engagement ist nicht geringer, nur weil es hier keine festgelegte Aufnahmequote gibt. Situationsabhängig ist das nämlich möglich. Sollte der Bund wieder eine Entscheidung treffen, leisten wir auch in Sachsen unseren Beitrag. Die Verwaltung ist entsprechend vorbereitet. Die Frage ist aber, ob es auch die Gesellschaft ist und ob es diejenigen sind, die diese Form einfordern.

Mit den irakischen Flüchtlingen im Jahr 2009, von denen ich gerade gesprochen habe, haben wir durchaus zwei Erfahrungen gemacht. Die verwaltungstechnische Umsetzung hat gut funktioniert. Aber auf der anderen Seite sind die nichtstaatlichen humanitären Stellen, durchaus an dieser Stelle auch die Kirchen, anzusprechen, in diesen Fällen nicht so stark engagiert, wie es dem Anspruch und auch den eigenen Forderungen entspricht. Zum Beispiel war es nämlich nicht selbstverständlich und es ist auch nicht jeder Gemeinde gelungen, einen sogenannten Behördenscout für die Iraker zu finden. Das wäre aber durchaus eine einfache Maßnahme gewesen und leicht durch bürgerschaftliches Engagement zu erreichen.

Deshalb sage ich, wer die Aufnahme von Flüchtlingen fordert, muss seiner Verantwortung aber auch bei der Integration gerecht werden und durchaus eine stärkere Rolle übernehmen. Das gilt ganz klar auch für uns in Sachsen. Integration kann nicht staatlich verordnet werden. Integration ist eine ganz praktische und eben zwischenmenschliche Sache in der Nachbarschaft, im Beruf und überall dort, wo Menschen offen aufeinander zugehen.

Von staatlicher Seite stehen wir zu unseren humanitären Verpflichtungen. Die Bundesrepublik hat das durchaus mehrfach bewiesen. Vor dem Hintergrund dessen, was ich gerade vorgetragen habe, empfehle ich, den Antrag abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)