Ich rufe die Drucksache 5/6869 auf, Antrag der Fraktion DIE LINKE, und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist die Drucksache 5/6869 mehrheitlich nicht beschlossen.
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/6872 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Die Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist die Drucksache 5/6872 mehrheitlich nicht beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: SPD, CDU, DIE LINKE, FDP, die GRÜNEN, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es schon ein bisschen bezeichnend, dass, wenn es um Kultur geht, doch große Teile der Koalitionsfraktionen den Raum verlassen.
Vielleicht kommen Sie ja zurück und lauschen dann der Debatte. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sahen uns veranlasst, diesen Antrag einzubringen, weil es aus unserer Sicht nicht ausreichend ist, allein den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst darüber zu informieren, wie die Umstrukturierung der Landesbühnen erfolgt.
Die Umstrukturierung der Landesbühnen wird mit erheblichen Ressourcen, immerhin 3,7 Millionen Euro und Strukturmittel oder Abfindungen im Umfang von mehr als 3 Millionen Euro aus den Kulturraummitteln, finanziert. Sie trifft damit landesweit alle Kultureinrichtungen und ist somit auch von Landesbedeutung und daher auch von Bedeutung für den Landtag als Ganzes. Daher sieht es die SPD-Fraktion als erforderlich an, dass das Konzept hier im Plenum vorgestellt wird.
Ich konnte mir in den letzten Wochen ein Bild davon machen, welche Auswirkungen die faktischen Kürzungen der Kulturraummittel für die Kultureinrichtungen im Land haben. So fehlen allein im Kulturraum Oberlausitz/Niederschlesien in diesem Jahr circa 500 000 Euro, die einmalig teilweise durch Rücklagen ausgeglichen werden konnten. Die eingeleitete Fusion der beiden Theater Zittau/Görlitz ist von dieser Unsicherheit ebenso betroffen, wie zahlreiche kleine Einrichtungen, von Bibliotheken bis zu soziokulturellen Einrichtungen.
Leipzig hat – wie Sie wissen – Klage gegen diese Kürzungen, diesen Eingriff in das Kulturraumgesetz eingereicht. Wie sollen die Kulturräume ab 2013 an der Finanzierung der Landesbühnen bzw. dessen, was davon noch übrig ist, beteiligt werden? Dazu erwarte ich eine Antwort der Landesregierung.
Das vom SMWK vorgelegte Konzept der Umstrukturierung sieht vor: Erstens. Gründung einer Theater GmbH mit dem alleinigen Gesellschafter Freistaat Sachsen bereits zum 01.08.2012 ohne Orchester und mit einer Teilbetriebsübernahme, also ohne einen – wie von den Gewerkschaften geforderten – Überleitungsvertrag und damit auch ohne Insolvenzsicherheit.
Drittens. Ab 01.08.2012 soll das Orchester der neuen Orchesterverwaltungs- und Marketinggesellschaft, kurz Novum GmbH, auf der Grundlage einer noch abzuschließenden Rahmenvereinbarung zwischen der Staatsregierung auf der einen Seite und der Novum GmbH und dem Kulturraum Meißen/Sächsische Schweiz/Osterzgebirge sowohl für das Musiktheater mit immerhin 120 Aufführungen als auch für die Orchestertätigkeit zur Verfügung stehen. Basis dafür ist unter anderem ein noch abzuschließender Tarifvertrag, der – man höre – bis zum 30.11.2011 abgeschlossen sein muss. Andererseits wird es keinen Betriebsübergang des Orchesters der Landesbühnen an die Novum GmbH geben. Was wird dann aus den Musikerinnen und Musikern dieses Orchesters?
Strittig dabei ist unter anderem die Größe des neuen Orchesters. Die Landesregierung ist der Meinung, 72 Orchesterstellen reichen. Die Fachexperten, unter anderem der Kultursenat, haben ausdrücklich für 86 Stellen plädiert, um die umfangreichen Aufgaben parallel wahrnehmen zu können. Gleichzeitig soll die Finanzierungsvereinbarung eine Laufzeit von mindestens sechs Jahren haben und keinerlei Dynamisierung unterliegen. Das heißt, die einmal getroffene Finanzierungsregelung bleibt in den nächsten sechs Jahren bestehen. Was das für das Orchester bedeutet, kann sich, denke ich, jeder allein ausrechnen.
Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass sowohl die Orchestermitglieder als auch die Gewerkschaften unter den vorgegebenen starren Rahmenbedingungen verunsichert sind und man bei diesem zeitlichen Druck kaum von Verhandlungen auf Augenhöhe sprechen kann. Was geschieht, wenn die Verhandlungen mit den Gewerkschaften oder mit dem Kulturraum scheitern? Die beiden Kreistage sind jetzt alarmiert und haben klare Verhandlungsaufträge an die Landräte formuliert. Erst vor wenigen Tagen haben die Ausschüsse des Kulturraums Sächsische Schweiz/Osterzgebirge einen umfangreichen Fragenkatalog vorgelegt, der mit der Landesregierung geprüft werden soll. Wohl gemerkt, wir sind in einer Zeitschiene bis zum 30. November 2011.
Die Umstrukturierung der Landesbühnen – das haben wir schon vor Monaten hier gesagt – darf kein Sparmodell sein, weder für die Landesregierung noch für den Kulturraum. Ich habe momentan den Eindruck, dass der Kreistag, insbesondere der Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge, es als ein Sparmodell ansieht. So sieht zumindest derzeit die Mehrheitsentscheidung aus.
Warum diese halsbrecherische Eile und die Knebelung der Vertragspartner Landkreise und Gewerkschaften in dieser kurzen Zeit? Die SPD hat bereits im März vorgeschlagen, einen mehrjährigen Prozess der Umstrukturierung sozial verträglich, kulturpolitisch sinnvoll und kostengünstiger vorzunehmen; denn diese kurze Frist wird auch teuer hinsichtlich der Abfindungen. Wie will die Landesregierung mit 72 Orchestermusikern die Vielfalt der kulturellen Angebote erhalten, wie es im Konzept heißt? Nach Berechnungen werden nur noch höchstens 35 % des derzeitigen Angebots der Orchestertätigkeit möglich sein und 75 % des Musiktheaters, die in der Rahmenvereinbarung der Landesbühnen festgeschrieben sein sollen; ganz zu schweigen von den offenbar jetzt erst festgestellten umsatzsteuerrechtlichen Problemen, die zu erheblich höheren Kosten für den Kulturraum führen könnten. Das hätte man vorher wissen müssen. Darauf ist bereits in dem Workshop vor Monaten hingewiesen worden, dass, wenn zwei GmbHs einen Leistungsaustausch vornehmen, das ist mit großer Wahrscheinlichkeit umsatzsteuerpflichtig.
Wir benötigen eine für alle Kulturräume tragfähige Lösung. Dabei sind sowohl die kulturpolitischen Interessen, die an eine mobile qualitativ hochwertige Landesbühne gestellt werden, zu erfüllen wie auch die abwechs
lungsreiche Orchestertätigkeit gerade im ländlichen Raum und in der kulturellen Bildung abzusichern. Gleichermaßen müssen aber auch die Interessen der Beschäftigten an den Landesbühnen – es sind immerhin noch Landesbeschäftigte – und in der Elblandphilharmonie bei diesem umfassenden Umstrukturierungsprozess berücksichtigt werden. Das sehen wir bei dem derzeit vorgelegten Konzept nicht. Die Staatsregierung ist meines Erachtens in der Pflicht, Antworten auf die Fragen der Landkreise, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Gewerkschaften zu geben, bevor die Landesbühnen abgewickelt sind und kulturpolitischer Schaden – auch irreparabel – entstanden ist.
Für die einbringende Fraktion der SPD sprach Frau Kollegin Dr. Stange. Als Nächstes hat die CDU-Fraktion das Wort, und es spricht Frau Kollegin Fiedler.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Weiterentwicklung unserer Kulturlandschaft und das Konzept für die Landesbühnen in den nächsten Jahren sind nicht nur während der Landtagssitzung für die CDU ein wichtiges Thema, sondern Teil unserer fast täglichen politischen Arbeit im Austausch mit den Betroffenen. Einige sind ja auch heute Abend hier anwesend. Wir sind im Austausch mit anderen Kultureinrichtungen. Unser Arbeitskreis war während der Sommerferien vor Ort bei verschiedenen Kultureinrichtungen und wir sind im Austausch mit den Fachleuten. Das ist eine Diskussion, der wir uns gern stellen. Wir sind durchaus bereit – und das ist auch wichtig –, unterschiedliche Positionen auszutauschen. Das ist Teil des demokratischen Prozesses und völlig legitim, das darzustellen. Doch was schwierig ist – und deshalb werden wir diesem Antrag auch nicht zustimmen – ist, dass man immer wieder schon geführte Diskussionen aufwärmt, Entscheidungen infrage stellt und einen schon begonnenen und notwendigen Prozess wieder aufhalten will.
Das findet nicht unser Verständnis und schon gar nicht unsere Zustimmung. Wir haben immer wieder deutlich gemacht, und ich kann mich an der Stelle auch nur wiederholen, dass wir uns als Ziel gesetzt haben, die Vielfalt in den Kulturräumen zu erhalten, bei allen Schwierigkeiten, vor denen wir stehen. Wir hatten heute am Vormittag schon eine Finanzdebatte, bei der das auch wieder zum Thema wurde. Andererseits wollen wir die Existenz der Landesbühnen dauerhaft sichern. Deshalb ist es auch nicht legitim, Frau Dr. Stange, hier von einer Abwicklung der Landesbühnen zu sprechen. Das ist weder im Haushalt so verankert noch sagt es das Konzept aus, das hier vorgelegt ist, noch hat das in diesem Raum irgendeine politische Partei geäußert. Das ist nicht unser Ziel. Ich
Es ist wirklich eine nicht einfache Aufgabe, diesen Prozess anzustoßen. Wir haben uns engagiert, wir haben uns darauf eingelassen, wir haben in den Haushaltsverhandlungen dafür gekämpft. Ich will das an dieser Stelle noch einmal darstellen:
Die Belastung der Kulturräume war ursprünglich mit 7 Millionen Euro vorgesehen. Diese ist auf 3,7 Millionen Euro verringert worden. Wir haben den Anteil der Finanzierung des Freistaates an den Landesbühnen erhöhen können, indem Mittel aus dem Haushalt insgesamt zur Verfügung gestellt wurden. Wir haben auch etwas anderes geschafft: Wir haben eine inhaltliche Debatte anstoßen können. Wir haben nicht die Finanzdebatte beendet und dann sind die Landesbühnen quasi wieder ihrem Schicksal überlassen worden, wie es vielleicht bei vorhergehenden Haushaltsverhandlungen war. Vielmehr ist von uns gefordert worden, ein inhaltliches Konzept vorzulegen. Das SMWK hat dankenswerterweise diesen Ball aufgenommen und hat das intensiv weiter begleitet. Dazu muss ich sagen, Frau Dr. Stange, dass wir uns das schon etwas eher gewünscht hätten, um vielleicht mit solchen Überbrückungszeiten arbeiten zu können. Aber das ist leider bei der Vorgängerregierung in diesem Haus nicht gelungen.
Es ist schon schwierig, wenn man sich immer wieder hinstellt und auf die Jahre davor verweist, in denen man selbst politische Verantwortung übernommen hat.
Das ist einfach eine Frage des Stils. Es ist an dieser Stelle nicht unbedingt günstig, auf die Vergangenheit hinzuweisen. Der Antrag macht deutlich, dass es eindeutig wieder ein Blick zurück und nicht ein Blick nach vorn ist. Es ist jetzt wichtig, nicht wieder alles zu zerreden, es noch einmal zu diskutieren und am Ende nichts zu entscheiden. Vielmehr müssen wir, um die Zukunftsfähigkeit der Landesbühnen zu sichern, zu Entscheidungen kommen.
Wir haben diese Diskussion – ich sage Ihnen nichts Neues – in dem letzten halben Jahr angestoßen. Damit sind wir schon weiter, als es dieser Antrag formuliert. Wir müssen aber – das muss uns allen klar sein – diese Diskussion nun zu einem Ende führen, und zwar vor der Verabschiedung des nächsten Doppelhaushalts, damit die Landesbühnen endlich aus dieser Legitimationsdebatte herauskommen und damit ihre Zukunft dauerhaft gesichert ist. Jede Zeitverzögerung, die wir jetzt hineinbringen, ist nicht im Sinne der Landesbühnen, und deshalb lehnen wir sie ab.
Die Beschlüsse zu den Landesbühnen und deren Finanzierung sind gleichzeitig mit dem Beschluss zum Haushaltsplan gefasst worden. Die Staatsregierung hat erreicht, dass die Stadt Radebeul sich an der Finanzierung betei
ligt. Auch das ist etwas, was dieses Haus schon lange eingefordert hat und was jetzt endlich umgesetzt wird.
Am 28. Juni dieses Jahres wurde das von der Koalition geforderte neue Konzept zur Umstrukturierung und Profilierung der Landesbühnen an den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien übermittelt. Das Konzept beinhaltet dankenswerterweise neben der strukturellen auch eine künstlerische Neugestaltung der Einrichtungen. Die Umsetzung dieses inhaltlichen Konzepts ist nicht Aufgabe des Landtages, sondern es ist Aufgabe der Landesbühnen gemeinsam mit der Verwaltung.
Unsere politischen Vorgaben haben wir im Rahmen des Haushalts gemacht. Alle anderen Forderungen stehen jetzt wieder im Raum. Man sagt zum Beispiel: Wir müssen das Orchester auf 86 Vollstellen ausfinanzieren. Ich kann verstehen, dass das gewollt ist. Aber man kann auf der anderen Seite nicht sagen: Die Finanzierung überlassen wir anderen. – Man muss sich dann hinstellen und sagen: Dann müssen wir an dieser oder jener Stelle vielleicht weniger Geld ausgeben. – Das ist nicht fair gegenüber anderen Kultureinrichtungen.
Frau Fiedler, Sie kennen die inhaltliche Konzeption, die uns vorgelegt worden ist. Können Sie mir sagen, welchen Umfang die Orchestertätigkeit jenseits des Musiktheaters, die zukünftige Novum GmbH, entsprechend diesem Konzept noch haben kann?
Ich habe das Konzept nicht mit nach vorn genommen, deshalb kann ich Ihnen das nicht vorlesen. Das kann ich vielleicht an anderer Stelle nachholen. Sie waren aber an dem Prozess beteiligt. Was in dem Konzept steht, ist Ergebnis eines Aushandlungsprozesses zwischen verschiedenen Partnern. Daran waren die Landesbühnen beteiligt, da waren andere Träger aus Kulturräumen beteiligt, da war die Novum GmbH beteiligt. Das vorliegende Konzept ist also das Ergebnis eines Diskussionsprozesses, in dem sicherlich das wünschenswerte Kulturelle mit dem, was finanziell umsetzbar ist, in Einklang gebracht werden musste.