Ich finde es im Übrigen bezeichnend, dass der Begriff Stadtwerke in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten nicht ein einziges Mal vorgekommen ist.
Wir als LINKE wollen die kommunalen Stadtwerke stärken. Herr Tillich vertritt offenbar vor allem die Interessen der großen Konzerne.
An die Adresse von Herrn Tillich und die Koalitionsfraktionen gerichtet habe ich noch ein weiteres Zitat aus dem Bericht der Ethikkommission. Auf Seite 21 heißt es dort: „Der Ausstieg aus der Kernenergie darf nicht zulasten einer Verminderung der Anstrengungen für den Klimaschutz erkauft werden. Durch die Abschaltung der alten Atomkraftwerke und mehr noch durch die Abschaltung aller Atomkraftwerke ist jedoch zu befürchten, dass der Einsatz von fossilen Energieträgern in Deutschland forciert wird.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und FDP im Besonderen, nehmen Sie doch endlich zur Kenntnis, dass der mittelfristige Ausstoß von Kohlendioxyd und anderen Treibhausgasen durch den CO2-Emissionshandel innerhalb der Europäischen Union verbindlich begrenzt ist. Die festgelegte Obergrenze gilt auch bei einem vorzeitigen Ausstieg aus der Kernenergie.
Um ihre Glaubwürdigkeit und die der CDU wieder herzustellen, hatte die Kanzlerin die besagte Ethikkommission unter Leitung von Klaus Töpfer eingesetzt. Deren
Ergebnisse sollen nun in das Energiekonzept für Deutschland einfließen. Damit das gelingt, mussten die CDUFraktionsvorsitzenden, die Ministerpräsidenten sowie die Kreisvorsitzenden im Konrad-Adenauer-Haus antreten, um Nachhilfe von Röttgen, Rühe und Profalla zum Kurswechsel der CDU zu erhalten. Noch immer gibt es in der CDU große Vorbehalte bezüglich eines schnellen Ausstiegs aus der Atomenergie, erst recht beim Koalitionspartner FDP. So wird zum Beispiel von Holger Zastrow gebetsmühlenartig immer wieder behauptet, dass ein rascher Ausstieg Panikmache sei. O-Ton Zastrow: „Wenn Deutschland jetzt als einziges Land in Europa völlig übereilt aus der Atomenergie aussteigt, wird deutscher Strom ein teures Luxusgut für Verbraucher und Unternehmen. Am Ende wird billiger Atomstrom aus Kraftwerken im Ausland importiert. Das ist weder vernünftig noch ökologisch.“
Ich kann Ihnen noch ein anderes Zitat nennen, das Sie auch immer wieder bringen: Die Politik müsse darauf achten, dass Energie nicht zum Luxusgut für wenige werde und die energieintensive Industrie wettbewerbsfähig bleibe. Das, Herr Zastrow, ist wirklich Panikmache, um Angst in der Bevölkerung zu schüren und sie gegen einen beschleunigten Ausstieg aus der Atomenergie zu mobilisieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist doch selbstverständlich, dass der Prozess des Umbaus der Energieversorgungssysteme für alle Beteiligten bezahlbar bleiben muss. Das haben Sie zu Recht angesprochen. Es gibt auch in diesem Bereich keinen Anlass zur Panikmache. Wenn Sie die vorgelegten Gutachten zur Preisentwicklung in den verschiedenen Szenarien lesen, werden Sie feststellen, dass die Strompreise mittelfristig bis 2020 nur leicht ansteigen und langfristig sogar fallen werden. Denn mit dem Abschalten der Atommeiler wird auch die Marktmacht der vier großen Konzerne deutlich reduziert. Ich füge hinzu: Diese vier Konzerne haben in den zurückliegenden Jahren wahrlich genug verdient und müssen nun endlich auch ihren Beitrag zum Energiewandel leisten.
Wir haben es gerade im Stromsektor noch immer mit zu wenig Markt zu tun und zahlen deshalb Monopolpreise. Statt Panik zu verbreiten, sollten Sie endlich ein tragfähiges Energiekonzept für Sachsen vorlegen und den notwendigen Wandel nicht verschlafen.
Sachsen hat Handlungsbedarf beim Ausbau von Energien aus erneuerbaren Rohstoffen, wie das Länderranking zeigt. Warum werfen Sie nicht einfach einmal einen Blick nach Bayern? Das Land will bis 2020 aus der Atomenergie aussteigen. Der Anteil der Stromerzeugung aus Gaskraftwerken soll dann 50 % betragen und der Anteil von erneuerbaren Energien von derzeit 25 auf 50 % gesteigert werden. Das sind ehrgeizige, aber durchaus machbare Ziele, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP. Nehmen Sie sich doch daran ein Beispiel.
Sie, Herr Ministerpräsident, wollten mit der heutigen Regierungserklärung das fehlende Energiekonzept für Sachsen überspielen und Handlungsfähigkeit vortäuschen. Die Menschen im Land werden Sie jedoch an Ihren konkreten Taten messen.
Im Unterschied zur CDU hat die sächsische LINKE bereits im November letzten Jahres detaillierte Eckpunkte für ein zukunftsfähiges Energiekonzept vorgelegt und auf einem Landesparteitag beschlossen. Unsere wichtigsten Forderungen finden Sie im Entschließungsantrag, den wir nachher einbringen und zur Abstimmung stellen.
Das strukturkonservative Beharrungsvermögen der CDU führt Sachsen jedoch zunehmend ins bundesweite Abseits.
Herr Tillich, Sie haben vorhin erklärt, Sachsen solle das Energieland Nummer 1 in Deutschland werden. Das ist wirklich einmal ein hoher Anspruch. Aber dafür brauchten wir auch einen Ministerpräsidenten, der in der 1. Liga mitspielt, doch den haben wir leider nicht. Mit Ihrer heutigen Regierungserklärung sind Sie den Herausforderungen jedenfalls nicht gerecht geworden, und man hat bisweilen den Eindruck, Sie sitzen mit Ihrer Braunkohle im Schlafwagen, während andere schon längst auf den Schnellzug umgestiegen sind.
Dabei ist doch gerade in Sachsen – Sie haben darauf hingewiesen – eine ganz neue Industriebranche rund um die erneuerbaren Energien mit über 50 Unternehmen und rund 10 000 Beschäftigten entstanden, und auch eine Forschungslandschaft mit 24 Instituten im Raum Dresden, Freiberg und Leipzig hat sich etabliert. „Solarvalley“ Mitteldeutschland ist inzwischen zu einem Begriff für gelungene Reindustrialisierung geworden. Dieser Erfolg darf aus unserer Sicht nicht durch eine starre, rückwärtsgewandte Energiepolitik in Sachsen aufs Spiel gesetzt werden; denn nichts ist so sicher wie der Wandel.
Als gesamtgesellschaftliche Vision, die auch DIE LINKE teilt, formuliert die Ethikkommission – ich zitiere –: "Alternativen werden in umso größerer Zahl zur Verfügung stehen, desto dezentraler und differenzierter die Energieversorgung angelegt wird. Dies erhöht die Chance der Bürgerinnen und Bürger auf Teilhabe an den Entscheidungen und auf die Beteiligung, etwa an Genossenschaften und Modellen, mit denen die eigene Verantwortung selbst organisiert werden kann. Die Bürgergesellschaft würde dadurch gestärkt und dem Trend zur Nutzer
Nur der beschleunigte Atomausstieg bis allerspätestens 2020, ein geregelter Ausstiegspfad aus der Braunkohlenverstromung, den DIE LINKE bis 2040 für möglich hält, sowie Investitionen in die Netzinfrastruktur, in neue Technologien und Speicherkapazitäten werden die Energieversorgung mit erneuerbaren Energien zu 100 % bis Mitte des Jahrhunderts ermöglichen und zugleich das Versorgungssystem demokratisieren. Und ich bin sicher: Diesen Weg in seinem Lauf halten weder Tillich noch Zastrow auf.
Für die Fraktion DIE LINKE sprach der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Hahn. – Nun spricht für die CDU-Fraktion der Fraktionsvorsitzende, Herr Kollege Flath.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Kollege Hahn, Sie hatten eingangs Ihres Redebeitrages das Thema Glaubwürdigkeit genannt, und ich möchte nur zwei kurze Anmerkungen dazu machen. Caren Lay, einst Mitglied hier im Sächsischen Landtag, heute Bundesgeschäftsführerin der LINKEN in Deutschland, hat am Wahlabend in Baden-Württemberg erklärt, DIE LINKE konnte leider nicht von Fukushima profitieren. – So viel zur Glaubwürdigkeit.
Eine zweite Anmerkung: Sie haben viel über die Braunkohle gesprochen, und ich erinnere mich: Wie war das mit der Energieversorgung in der DDR? Welche Rolle spielte die Braunkohle? Ohne Rücksicht auf Verluste hätten Sie ganz Sachsen abgebaggert und alles liegen lassen.
Und wer hat das ganze Chaos aufgeräumt? Das waren die deutschen Steuerzahler – nicht Ihre Partei –, die diese Hinterlassenschaft aufgearbeitet haben. – So viel zum Thema Glaubwürdigkeit.
Hören Sie doch erst einmal zu! – Wir haben in den letzten Wochen viele Beiträge zur Energiepolitik gehört.
der eine sagt: staubtrocken –, ich sage einmal: ohne Emotionen, und ich meine, das ist gut so, das ist notwendig. Wir müssen die Emotionen der letzten Wochen und Monate, wenn es darum geht, im Energieumstieg Weichen für eine sehr lange Zeit zu stellen, außen vor lassen; denn es geht – das ist aus der Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten hervorgegangen – um sehr viel für Sachsen.
Gestatten Sie mir, drei Punkte herauszugreifen; denn in der CDU-Fraktion haben wir unsere Redezeit auf drei Redner aufgeteilt. Ich möchte etwas zu den Themen Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Gemeinsamkeit sagen.
Versorgungssicherheit ist ein Thema, das bisher unterbelichtet war. Vielleicht liegt es daran, dass Versorgungssicherheit in 60 Jahren Bundesrepublik – seit 20 Jahren sind wir in Sachsen dabei – offensichtlich eine Selbstverständlichkeit ist. Das sollte uns nicht verleiten, auf Kosten der Versorgungssicherheit Experimente anzustellen;
denn – das ist aus der Rede von Stanislaw Tillich hervorgegangen – Energie ist eine Lebensader unseres Landes, und es hängt sehr viel davon ab, dass täglich zu jeder Stunde, auch im Winter, wenn es kalt ist, Energie zur Verfügung steht. Ich habe gerade noch einmal an ein Silvester in der DDR gedacht, als mehrere Tage überhaupt nichts mehr ging. Wir sollten das im Auge behalten.
Zweite Anmerkung: das Thema Bezahlbarkeit. Ich höre gelegentlich, Frau Hermenau, nicht von Ihnen, sondern von Ihren Parteiführer(inne)n in Berlin, auf die paar Cent sollte es uns nicht ankommen, das sollte es uns wert sein. Nun ja, vergessen wir nicht die Energiepreisentwicklung der letzten zehn Jahre: in zehn Jahren schlichtweg eine Verdopplung. Das haben die privaten Haushalte, die Handwerksbetriebe und die mittelständischen Betriebe zu schultern, und wir haben – darauf hat Stanislaw Tillich besonders hingewiesen, und wir sind darüber froh und dankbar – energieintensive Betriebe, die immer noch – bei all der Unübersichtlichkeit in der politischen Debatte – in Sachsen investieren und ihre Firmen erweitern. Dafür wollen wir dankbar sein und dies mit im Blick haben, wenn es um die Bezahlbarkeit geht.