In jedem dieser fünf Aspekte, meine Damen und Herren, wurden unterschiedliche Beurteilungen dargestellt. Welche Diskrepanz sich daraus für die politische Bewertung ergibt, ist jedem klar. Allerdings ist es auch ungeeignet, sich einzig politisch, das heißt, mit einer möglichen Zustimmung zum vorliegenden Antrag, einer solchen komplexen und schwierigen Schuldfrage zu nähern.
Noch einmal: Die moralische Bewertung nimmt die Öffentlichkeit vor und nicht allein die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN. Politisch, meine Damen und Herren, steht es jedoch jeder Fraktion frei, ihre Bewertung vorzustellen. Haushälterisch betrachtet, stehen die bisherigen und gegebenenfalls noch anfallenden finanziellen Belastungen der Sachsen LB nicht im Verhältnis zum möglichen Erfolg einer weiteren zivilrechtlichen Klage. Im gegebenenfalls anzustrebenden zivilrechtlichen Verfahren, das die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN gegenüber den Mitgliedern des Kreditausschusses beantragt, stehen Schadensersatzansprüche im Mittelpunkt. Ich kann es auch anders ausdrücken: Im Zivilprozess geht es um Geld, um Schadensersatz; es ist kein Strafprozess.
In diesem Zusammenhang einer möglichen weiteren Klage sind Prozessrisiken, Prozesskosten und Schadensersatzzahlungen gegeneinander abzuwägen. Das hat der Finanzminister in seiner Verantwortung getan.
Frau Hermenau, ich möchte zwei Dinge richtigstellen, die Sie in Ihrer Rede angesprochen haben. Die Kosten für das Gutachten sind leider angefallen. Sie haben gesagt, dass die Kosten auf die Gerichtskosten angerechnet werden können. Das ist falsch. Die Gerichtskosten gehören zusätzlich noch mit dazu.
Ich habe Sie verstanden, aber wir müssen der Form halber sagen – der Finanzminister hat ja dazu in der Haushalts- und Finanzausschusssitzung Auskunft gegeben –, welche Kosten auf uns zugekommen sind. Wenn Sie hier behaupten, dass sie angerechnet werden, ist das nicht richtig.
Ich habe einmal recherchieren lassen, denn ich bin kein Jurist. Da gibt es die RVG, die Rechtsanwaltsvergütungsordnung – Herr Bartl spitzt schon die Ohren, ob das auch richtig ist. Damit ich die Zahlen richtig vorlese, habe ich hier meinen Zettel. Wenn wir über drei Instanzen gehen – der Streitwert ist ja gedeckelt auf 30 Millionen Euro –, betragen die Anwaltskosten für uns 990 851,58 Euro, sagen wir rund eine Million Euro, eine Million Euro und fünf Mitglieder des Kreditausschusses – wir gehen einmal von der geringsten Zahl aus. Sie wollen ja immer gleich alle verklagen, die vielleicht seit 1990 im Kreditausschuss waren. Wenn wir von der geringsten Zahl ausgehen, dann
wären das 6 Millionen Euro, wenn wir unterliegen. Der große Vorteil ist, dass der Freistaat Sachsen von den Gerichtskosten befreit wird, wenn wir unterliegen sollten. Das ist etwas Schönes für uns. Aber wir hätten 6 Millionen Euro Kosten, das heißt, die Kosten für unseren Rechtsanwalt und natürlich auch die Kosten für den Rechtsbeistand der Gegenseite. Herr Bartl wird jetzt wieder einwenden und sagen, ja, wenn wir natürlich einen Anwalt nehmen, dann sind es nur 2 Millionen Euro. Das werden die aber nicht machen.
Wenn Sie jetzt hergehen und sagen, wie von der SPDFraktion möglicherweise beantragt, wenn man das so interpretiert: Wir haben 39 Mitglieder des Verwaltungsausschusses und stellvertretende Mitglieder des Verwaltungsausschusses. Ich habe vorhin noch einmal nachgezählt. Ich habe einen Jahresabschluss der Sachsen LB von 2006 hier mit. 39 Mitglieder – das wären dann 39 Anwälte, das sind 39 Millionen Euro plus die eine Million Euro für uns sind 40 Millionen Euro.
40 Millionen Euro im Unterliegensfall – und jetzt sage ich einmal salopp: Herr Brangs, dass Sie das auch verstehen: Wollen Sie dem schlechten Geld noch gutes Geld hinterherwerfen? Finanzpolitik macht die CDU- und die FDPKoalition anders.
Meine Damen und Herren! Ich habe noch vier Minuten. Frau Hermenau, es gibt noch eine zweite Richtigstellung zu Ihrer Rede. Sie hatten vorgeschlagen, eine Teilklage durchzuführen – wenn ich Sie richtig verstanden habe. Da es aber einen Gesamtschuldnerausgleich gibt, wenn Sie die Vorstände verklagen – und der Finanzminister hat hier in der internen Sitzung im Haushalts- und Finanzausschuss ausgeführt, wie die einzelnen Erfolgswahrscheinlichkeiten gegen die entsprechenden Ansprechpartner sind, denn es gibt dort eine D&O-Versicherung für die Vorstände und den Verwaltungsrat, die auf 50 Millionen Euro gedeckelt ist –, heißt das, Sie müssen schon über 50 Millionen Euro Klage einreichen. Sie können dort nicht nach der Leistungsfähigkeit klagen. Wenn ich das aus den Presseberichten richtig entnommen habe, waren die Klagen gegenüber den Vorständen 60 Millionen Euro. Sie müssen also auch bei den einzelnen Verwaltungsratsmitgliedern über die 50 Millionen Euro gehen.
Jetzt sage ich einmal: Wir haben alle – und das ist durchaus ernst – auf die Sächsische Verfassung geschworen und gesagt, dass wir jeglichen Schaden vom Freistaat Sachsen abwenden. So gern ich das auch persönlich gut finden
würde, wenn wir die Verwaltungsräte verklagen, so bin ich als Mitglied des Haushalts- und Finanzausschusses daran gebunden, dass ich das Vermögen des Freistaates Sachsen nicht verschleudere, dass ich Schaden, auch finanziellen Schaden, vom Freistaat Sachsen –
abwende. Um es noch einmal zu verdeutlichen: Wenn Sie höhere Kosten haben – wenn Sie privat geschädigt werden und im Zivilrecht jemanden verklagen und wissen, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dort annähernd null ist und Sie vielleicht ein paar 10 000 Euro Kosten haben –, würden Sie klagen? Ich glaube nicht. Vor dem Hintergrund meiner Ausführungen kann ich den Abgeordneten des Sächsischen Landtages nur empfehlen, Ihren Antrag abzulehnen, den Änderungsantrag der SPDFraktion ebenfalls und zum Abschluss: Moralisch, meine Damen und Herren, hat die Öffentlichkeit über die Verantwortlichen bei der Sachsen LB schon längst die Entscheidung getroffen, und die ist eindeutig.
Ich habe zunächst mit Interesse zur Kenntnis genommen, wie wandelbar Herr Schmalfuß ist. Ich habe noch sehr gut in Erinnerung, wie er ganz hartnäckige Fragen im Untersuchungsausschuss gestellt hat nach den Verantwortlichkeiten, nach den politischen Verantwortlichkeiten, und jetzt hier plötzlich handzahm
Der zweite Punkt, zu dem ich etwas sagen möchte, betrifft den Untersuchungsausschuss, den Herr Schmalfuß angesprochen hat, den wir in der letzten Wahlperiode eingesetzt haben. Dafür bin ich ihm sogar dankbar. Wir haben diesen Untersuchungsausschuss 2005 eingesetzt – über zwei Jahre vor dem Zusammenbruch der Landesbank. Ich kann mich noch gut an die Diskussion hier erinnern, wie problematisch es wäre, wenn es einen solchen Untersuchungsausschuss gebe. Das schade dem Ansehen der Bank. Wir haben bereits damals befürchtet, dass dort viele Dinge versteckt sind, die hinterher zutage getreten sind, und hielten diesen Ausschuss für notwendig.
Sie haben jetzt kritisiert, dass wir keinen eigenen Abschlussbericht vorgelegt haben. Zumindest zu diesem
Punkt möchte ich etwas sagen. Üblicherweise gibt es einen Beschluss, einen Mehrheitsbericht, zu dem die Minderheit, zu der wir in der letzten Wahlperiode gehörten, ein entsprechendes Minderheitsvotum abgibt. Unsere Priorität lag darauf, bis zum letzten Tag Ermittlungen zu führen und Zeugen zu vernehmen. Deshalb gab es keinen von der Mehrheit beschlossenen Bericht im Untersuchungsausschuss, zu dem wir ein Minderheitenvotum hätten abgeben können. Der Bericht des Rechnungshofes war eine hilfreiche und positive Grundlage, mit der auch wir in der Folgezeit gearbeitet haben. Was wir nicht wollten, war zum Ende der Arbeit dieses Untersuchungsausschusses einen Mehrheitsbeschluss mit den Stimmen der CDU, dass Milbradt, Metz und Tillich alles richtig gemacht hätten
und daher überhaupt kein Grund bestehen würde, weiter in dieser Sache vorzugehen. Aus diesem Grund haben wir kein eigenes Votum abgegeben. Die Konsequenzen waren deutlich mit dem Rücktritt von Ministerpräsident Milbradt und Finanzminister Metz. Das war das wichtige Ergebnis dieses Untersuchungsausschusses.
Herr Schimmer, ich bitte Sie noch um etwas Geduld, Sie sehen die Bewegung. – Herr Schmalfuß, Sie möchten erwidern?
Ja, vielen Dank, Herr Präsident! Ich verstehe jetzt die Aufregung nicht, Herr Dr. Hahn. Man sollte bei solchen Entscheidungen den Verstand nicht ausschalten.
Ich sage Ihnen auch warum. Wenn Sie garantieren könnten, aber selbst wenn Sie die Garantie übernehmen wollten, bringt das nichts, weil Sie in diesem Land sowieso niemals in Regierungsverantwortung kommen.
Wir haben eine finanzpolitische Entscheidung zu treffen: Wollen wir das Risiko eingehen, 40 Millionen Euro oder noch mehr Prozesskosten zu haben?
Und die Leistungsfähigkeit der Verwaltungsratsmitglieder ist sicherlich relativ gering. Warum frage ich insbesondere auch die SPD-Fraktion: 2007 ist die Bank untergegangen, Sie hatten in den Jahren 2007, 2008 und 2009 Zeit, gegen die Vorstände entsprechende Klagen zu verabschieden. Wahrscheinlich haben Sie das verhindert. Mit der CDU war das überhaupt kein Problem. Wir haben gesagt, wir wollen die Vorstände für den Schaden, der entstanden ist, haftbar machen.
Ja, das mache ich, sehr geehrter Herr Präsident! Dem ist auch nichts mehr hinzuzufügen. Finanzpolitische Entscheidungen sollten durchdacht sein. Herr Hahn, wenn Ihre Fraktion hier den Verstand ausschaltet, kann ich auch nichts dafür.
Ja, so ist es. Vielen Dank Herr Präsident! – Da Herr Kollege Prof. Schmalfuß versuchte, die Frage zu beantworten, die ich Herrn Kollegen Rohwer gestellt hatte, nämlich wie denn die juristische Argumentation gegen unseren Antrag laufen würde, möchte ich darauf entgegnen. Er hat meiner Kollegin Hermenau vorgeworfen, dass Verfahrenskosten im weiteren Prozessverfahren nicht angerechnet werden könnten. Ich möchte hier ausdrücklich ausführen, dass es durchaus üblich und auch möglich ist, dass Anwälte mit der Prüfung eines Sachverhaltes betraut werden und zugleich eine Vereinbarung getroffen wird, dass das dann, falls es zum Gerichtsverfahren kommt, auch angerechnet wird. Das liegt in der Hand des Freistaates Sachsen.
Wenn wir jetzt hören, dass das also nicht möglich ist, wäre das aus meiner Sicht ein weiteres Versäumnis, denn dann hätte der Freistaat offensichtlich schon im Vorfeld keine Vorsorge dafür getroffen, dass tatsächlich Klage erhoben wird. Das finde ich ein interessantes Eingeständnis.