Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt nur noch eine einzige Ausnahme zwischen dem MittelschulMoratorium und den Ausnahmeregelungen: Das sind die Schulen, in denen die alten Landkreise die Schließungen dieser Schulen im Schulnetzplan vorgesehen haben. Das sind Kreischa, Seifhennersdorf und Bad Elster. Hier wird bürokratisch Macht auf dem Rücken von Kindern und Eltern ausgetragen.
Sehr geehrter Herr Kultusminister, es sind nicht die Eltern und die Bürger und der Bürgermeister, die die Kinder missbrauchen, sondern ich denke, an dieser Stelle ist der Machtmissbrauch vonseiten des Ministeriums zu sehen.
Es sind eben nicht nur die heutigen 5. Klassen in Kreischa betroffen, die mitten in der sogenannten Orientierungsphase und kurz vor der zweiten Bildungsempfehlung in Klasse sechs die Schule wechseln müssen. Sie müssen mit neuen Lehrkräften, neuen Schulbüchern, weiten Schulwegen, neuen Mitschülern etc. klarkommen – das alles vor der neuen zweiten Bildungsempfehlung in Klasse 6, wie sie jetzt von der Koalition vorgesehen ist. Das sind keine guten Startchancen für die betroffenen Schülerinnen und Schüler.
Die SPD fordert deshalb, dass die 5. Klassen und die Mittelschule Kreischa, ebenso wie die Mittelschulen in Seifhennersdorf und Bad Elster, als Schulen im ländlichen Raum, teilweise sogar im Grenzgebiet, mindestens unter das Moratorium fallen. Wir bieten ausdrücklich dem Ministerium und auch den Schulen nochmals an, mit ihnen gemeinsam pädagogische Konzepte für kleine Schulstandorte zu entwickeln. Offenbar hat auch die FDP erkannt, die das Moratorium eingebracht hat, dass es sinnvoll sein kann, kleine Schulen auch bei den Mittelschulen zu erhalten. Gerade die Mittelschule Kreischa zeigt mit ihrem Integrationskonzept, dass es gute Möglichkeiten gibt, an so einem Standort vernünftige Pädagogik zu leisten, und das, was wir gerade mit dem Berufswahlpass und der Berufsorientierung diskutiert haben, um jedem Jugendlichen eine gute Perspektive zu geben, an so einem Standort auch praktiziert werden kann, da die Bedingungen sehr gut sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kultusminister! Ich bitte Sie: Springen Sie über Ihren parteipolitischen Schatten und geben Sie diesen drei Schulen eine Chance!
Vielen Dank, Frau Dr. Stange. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abg. Giegengack. Sie haben das Wort.
Danke. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurde von meinen Vorrednerinnen schon sehr viel gesagt. Ich möchte gern auf einen Sachverhalt eingehen, weshalb vor allen Dingen auch meine Fraktion diesen Antrag mit eingereicht hat und zur Abstimmung bringt.
Wie Sie wissen, enthält das Schulgesetz bestimmte Mindestanforderungen für die Einrichtung einer Eingangsklassenstufe an Mittelschulen: 40 Kinder – zwei Klassen. Ist dies nicht der Fall, kommt es darauf an, ob ein begründeter Ausnahmefall im Sinne des § 4a Abs. 4 Schulgesetz vorliegt. Aus Sicht der Staatsregierung erscheint es als als opportun, jedes Jahr aufs Neue im Einzelfall zu entscheiden, ob die im Schulgesetz vorgesehenen sechs Ausnahmetatbestände auf die jeweiligen Schulen, die die Mindestschülerzahlen nicht erreichen,
Anwendung finden können oder nicht. So steht es im Ermessen der Schulaufsicht, über die Zumutbarkeit von Schulwegen und Schulwegentfernungen, besondere pädagogische Gründe, bauliche Besonderheiten der Schulen oder die überregionale Bedeutung einer Schule zu entscheiden.
Wie die Einzelfallentscheidungen vom Kultusministerium in Bezug auf Kreischa in den letzten Jahren ausgesehen haben, hatte Frau Meiwald bereits angesprochen. Besonders möchte ich darauf hinweisen, dass im Schuljahr 2006/2007 eine Schülerzahl von 17 angemeldet wurde und das Kultusministerium eine Ausnahmegenehmigung erteilt hat. In dem Jahr hat der Kreistag die Mittelschule Kreischa aus dem Schulnetzplan herausgenommen. Ein Jahr später hat das Kultusministerium eine weitere Ausnahmegenehmigung erlassen, noch ein Jahr später, somit im Schuljahr 2009/2010, nochmals eine Ausnahmegenehmigung. Inzwischen hatten sich 27 Schüler angemeldet. Dann waren die Wahlen. Ein Schuljahr später, somit im Schuljahr 2010/2011, haben sich 38 Kinder angemeldet, und die Ausnahmegenehmigung wurde verwehrt.
Grundsätzlich ist die Verwaltung – in diesem Fall die Schulaufsicht – nicht verpflichtet, ihre Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe sowie ihr Ermessen in im Wesentlichen gleichgelagerten Fällen nicht ohne sachlich rechtfertigenden Grund anders auszuüben. Sie ist an ihre selbst gesetzten Maßstäbe gebunden und ihre Ermessensausübung in den folgenden Fällen nicht mehr frei.
Wenn meine Fraktion die Fortführung der jetzigen 5. Klasse auch über das Halbjahr und über das Schuljahr hinaus fordert, dann, weil wir der Auffassung sind, dass es sich bei der Mittelschule Kreischa nicht nur um einen im Wesentlichen gleich gelagerten, sondern um denselben Fall handelt. Wir und die Eltern vor Ort sehen keinen sachlich rechtfertigenden Grund, weshalb die Schulaufsicht ihr Ermessen zur Genehmigung einer Ausnahme nach § 4a Abs. 4 Schulgesetz im Schuljahr 2010/2011 anders ausübt als die Jahre zuvor. Im Gegenteil: Die Anmeldezahlen sind sogar gestiegen.
Sehr geehrter Herr Prof. Wöller! Sie halten es für nicht angezeigt, die in der Tat einen weiten Interpretationsspielraum bietenden Ausnahmetatbestände des Schulgesetzes durch eine Verwaltungsrichtlinie mit objektiven Kriterien zu untersetzen, wie Sie mir in der Stellungnahme zu unserem Antrag „Vereinheitlichung des Verwaltungsvollzuges bei Erteilung von Ausnahmegenehmigungen“ mitgeteilt haben. Ich bin überzeugt, solange Sie darauf bestehen, in jedem Einzelfall nach Ihrem Ermessen zu entscheiden, wird Ihnen jeder Streitfall auf die Füße fallen, weil die Würdigung eines Sachverhaltes als Grundlage des Ermessens – jedenfalls theoretisch – immer auch anders ausfallen kann.
Sie können vor Gericht ziehen und Sie können in diesen Streitfällen sogar recht bekommen. Ihrem Ansehen als Bildungsminister ist dies so oder so nicht zuträglich. Wer
politisch etwas bewegen will, braucht das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger, ganz besonders im Bildungsbereich. Sie haben es mit dem Streit in Kreischa erneut aufs Spiel gesetzt.
Das war Frau Giegengack für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Für die Fraktion CDU spricht Herr Abg. Colditz. Bitte, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann und will es mir mit der Argumentation zu diesem vorliegenden Antrag nicht leicht machen. Wir haben auch in unserer Fraktion sehr intensiv und sehr kontrovers über dieses Anliegen, das in der Öffentlichkeit zurzeit sehr breit diskutiert wird und das natürlich vor Ort auch große Betroffenheit hervorgerufen hat, diskutiert. Ich will an dieser Stelle deutlich sagen, dass diese Diskussion insbesondere auch durch Andrea Dombois geführt und befördert worden ist. Ich möchte aber auch – das sage ich ehrlichen Herzens – persönliche Angriffe gegen den Staatsminister zurückweisen.
Dieser Staatsminister hat vor diesem Landtag einen Eid abgelegt. In diesem Eid war auch enthalten, dass er sich an Recht und Gesetz in diesem Land zu halten hat. Das hat er getan. Ich denke aber, die Entscheidung von voriger Woche war eine Entscheidung, die er auch aus menschlichen Erwägungen heraus getroffen hat, insbesondere zum Wohl der betroffenen Kinder. Das sollte man nicht einfach kleinreden, wenn man hier solche persönlichen Angriffe formuliert, meine Damen und Herren.
Herr Colditz, wenn sich der Minister an Recht und Gesetz zu halten hat, dann ist meine Frage: Wie will der Minister das Mittelschulmoratorium umsetzen, das kein Gesetz und keine Verwaltungsvorschrift ist?
Frau Dr. Stange, ich gehe davon aus, dass selbstverständlich im Ergebnis auch dieses Mittelschulmoratoriums verwaltungsseitig – wenn das notwendig ist – entsprechende Verwaltungsvorschriften zu erlassen sind. Hier ist auch eine klare Willensbildung formuliert. Ich halte allerdings – das muss ich Ihnen auch so sagen – die Vermischung des Moratoriums vom De
zember vorigen Jahres mit diesem hier konkret vorliegenden Fall insofern für nicht gerechtfertigt, auch wenn er naheliegend ist. Ich halte es trotzdem nicht für gerechtfertigt, weil in diesem Moratorium oder im Entschließungsantrag ausdrücklich eine Formulierung steht, die da lautet, dass bereits getroffene Beschlüsse von diesem Moratorium nicht erfasst werden. Das muss man auch so ehrlich sagen.
Herr Kollege Colditz, ich habe mich jetzt gemeldet, weil Sie sagten, dass betroffene Fälle, für die es schon Beschlüsse gab, vom Schulschließungsmoratorium nicht berührt sind. Das war schon ein Streitpunkt in der Haushaltsdiskussion. Ich möchte Sie deshalb ganz konkret fragen: Wenn der Kreistag Sächsische Schweiz/Osterzgebirge einen neuen Schulnetzplan für das Mittelschulwesen in seinem Landkreis beschließt und dort bestimmt wird, dass die Mittelschule Kreischa künftig auch Bestand haben soll, wird dann definitiv auch diese Mittelschule erhalten bleiben, wenn der Kreistag sie in seinem Schulnetzplan, der im Juni beschlossen wird, so aufnimmt?
Herr Hahn, Sie greifen meinem Redebeitrag ein Stück weit vor. Ich werde auf die Verantwortung vor Ort gleich zu sprechen kommen, und ich halte die Situation – um das auch schon vorwegzunehmen – nicht für alternativlos.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich mir die aktuelle Situation vergegenwärtige, wenn ich mir das aktuelle große Engagement insbesondere von Eltern vergegenwärtige, wenn ich mir vergegenwärtige, dass seit September 2010 eine 5. Klasse in Kreischa existiert und auch gemeinsam lernt, und wenn ich auch die Tatsache berücksichtige, dass die Auseinandersetzung zum Schulstandort Kreischa mittlerweile seit 2005, seit über fünf Jahren, anhält, ohne dass die zuständigen Verantwortungsträger einen Konsens erzielen konnten, dann sagt mir mein Gewissen zunächst und zuerst, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren! Diese Gewissensbefragung kann aber auch – das habe ich gerade versucht deutlich zu machen –, bereits getroffene Entscheidungen nicht leichtfertig ignorieren. Diese Entscheidungen, meine Damen und Herren, hat aber dieses Haus und dieser Landtag nicht zu verantworten. Er ist auch nicht die rechtlich zuständige Instanz dafür.
Meine Damen und Herren! Auch die Tragfähigkeit einer eventuellen Entscheidung heute für diesen Antrag würde sehr infrage gestellt, weil damit sowohl vorhandene Gerichtsbeschlüsse als auch Beschlüsse des Schulnetzplanungsträgers nicht einfach außer Kraft gesetzt werden können,
so wünschenswert und sinnvoll das vielleicht auch aus Sicht der Betroffenen und vor allen Dingen auch im Blick auf den Werdegang, der jetzt eingetreten ist, zu sehen wäre. Insofern kann sich auch der Landtag nicht eine Entscheidung anmaßen, für die er a) nicht zuständig ist und die er b) nur in Kollision und letztlich auch im Widerspruch zu bereits getroffenen Entscheidungen auf anderen Ebenen fällen müsste.
Meine Damen und Herren! Um zu meiner Eingangsbemerkung zurückzukommen: Meine Gewissensbefragung kann rechtsstaatliche Vorgaben nicht außer Kraft setzen. Daher ist auch eine Zustimmung zum vorliegenden Antrag so ohne Weiteres nicht möglich.