Ja, so ist das. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben auch überhaupt keinen Zweifel daran gelassen, dass ihnen die Werteorientierung eine ganz wichtige Grundlage für die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist. Es ist nicht umsonst so, dass der Artikel 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ ganz zu Beginn des Verfassungswerkes steht und Ausgangspunkt für den gesell
Es gibt dann auch noch weitere Elemente, die gegen eine Willkür der Mehrheit eingezogen wurden. Die Gewaltenteilung ist ein weiteres Instrument. Das heißt, in bestimmten Situationen kann ich die Entscheidung einer Mehrheit vor Gericht überprüfen lassen, ob sie rechtmäßig zustande gekommen ist und ob meine eigenen Rechte damit beschnitten wurden. Der Rechtsweg ist auch ein Instrument, das Sie in aller Regelmäßigkeit nutzen. Das Spannende ist jetzt daran: Wenn Sie gewinnen, dann brüllen Sie irgendetwas von der politischen Willkürherrschaft, die hier angeblich herrschen würde, verschweigen dabei aber, dass Ihnen gerade die Gewaltenteilung und die unabhängigen Gerichte dazu verholfen haben, Ihr eigenes Recht in Anspruch zu nehmen.
Andererseits, wenn Sie vor Gericht verlieren, dann faseln Sie irgendetwas von Siegerjustiz und fantasieren sich irgendwelche geheimen Weltverschwörungstheorien herbei. Das ist einfach hochgradig verlogen.
Ich bin bereits in der Aktuellen Debatte vor einem Jahr kurz auf die Frage eingegangen, worum es der NPD eigentlich geht, wenn sie die Forderung nach Plebisziten erhebt. Dass es ihr dabei nicht um Demokratie geht, ist ja offensichtlich, sondern sie hofft, damit die Menschenrechtsorientierung und die normative Basis unserer Demokratie aushebeln zu können. Für die NPD ist Recht, was die Mehrheit der Gesellschaft verlangt, egal, worauf dieses Verlangen beruht. Sie hofft, damit die Minderheitenrechte und den Schutz des einzelnen Menschen aushebeln zu können. Sie beabsichtigt einen durch Wahlen verschleierten Sozialdarwinismus; nichts anderes steht dahinter.
Wenn jetzt permanent Ihr Ruf nach der Allmacht der Mehrheit erschallt, dann ist auch das hochgradig verlogen. Sie wollen überhaupt gar nicht, dass die Mehrheit entscheidet, weil es im diametralen Gegensatz zu dem von Ihnen favorisierten autoritären Führerstaat steht. Sie erheben den Ruf nach der Demokratie auch immer nur dann, wenn Sie glauben, dass die Öffentlichkeit gerade zuhört und Sie wieder einmal versuchen, sich als demokratische Partei zu inszenieren. Sie versuchen, die Menschen zu blenden. Sie hoffen, dass die Menschen nicht zur Kenntnis nehmen, was die NPD in der Öffentlichkeit oder in Ihren Publikationen sonst noch so von sich gibt. Diese Publikationen sind hochgradig selbstentlarvend.
Wir werfen jetzt einfach einmal einen ganz kurzen Blick darauf, was auf der Homepage des NPD-Bundesverbandes steht. Da gibt es ein politisches Lexikon. In diesem
taucht auch das Stichwort „Demokratie“ auf. Ich zitiere: „Erst die Beimengung eines aristokratischen Elementes macht die Demokratie lebensfähig. Fehlt dieses Element, so läuft sie stets Gefahr, an der Unkultur der Massen zugrunde zu gehen.“
Ja, ja, das steht da. Das steht auf Ihrer Homepage, und da zeigt sich die tiefe Menschenverachtung, von der Sie beseelt sind.
Ich habe Ihnen auch noch ein zweites Zitat mitgebracht, damit Sie noch etwas weiter grölen können. Ich zitiere: „Im Ernstfall kommt es nicht so sehr darauf an, ob Demokratien hinreichend demokratisch sind, sondern ob sie auf fähige, kompetente und mitreißende Minoritäten zurückgreifen können.“
Jetzt sehe ich am Mikrofon 7 den Abg. Storr. Sie wollen vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen?
Ja. – Herr Jennerjahn, Sie neigen natürlich dazu, hier den Plenarsaal oft mit einem Hörsaal zu verwechseln. Wir wissen, dass Sie vieles reichlich überinterpretieren.
Ich fand aber Ihre Rede insofern bemerkenswert, weil Sie offensichtlich das Mehrheitsprinzip, wie es in der realen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland existiert, wohl offenbar infrage stellen. Das geht immerhin auch konform mit Ihren Agitationen im Hinblick auf das Bahnprojekt Stuttgart 21, wo Sie ja auch offenbar eine Mehrheitsentscheidung, eine rechtstaatlich zustande gekommene Entscheidung, infrage stellen. Das finde ich insofern bezeichnend und interessant, weil das durchaus Ihr Demokratieverständnis in einem sehr fragwürdigen Licht erscheinen lässt. – Vielen Dank.
Das war eigentlich jetzt genug. Aber es gibt ein Element – weil auch Zuhörer auf der Tribüne sitzen –, das wir noch einmal klarstellen
müssen. Demokratie lebt auch von der Gewissheit, dass die Minderheit von heute die Mehrheit von morgen sein kann
und dass deswegen das konsequente Werben für die eigene Position auch nach einem erfolgten Mehrheitsentscheid absolut legitim ist und eines der wesentlichen Elemente der Demokratie ausmacht.
Noch ein Hinweis: Herr Jennerjahn, wir sollten hier nicht auf die Tribüne verweisen und die Zuhörer nicht ansprechen.
Meine Damen und Herren! Gibt es weiteren Redebedarf der Fraktionen in dieser ersten Runde? – Das sehe ich nicht. Dann beginnen wir mit der zweiten Runde. Die einbringende Fraktion, die NPD, hat erneut das Wort. Bitte, Herr Abg. Schimmer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frei nach Karl Marx lässt sich heute sagen: Ein Gespenst geht um in Europa, das Gespenst der direkten Demokratie.
Auch bei uns in Deutschland, wo direkt-demokratische Elemente leider nur in einigen Landesverfassungen verankert sind, wird diese Frage immer akuter. Das deutsche Volk, der Souverän, watschte erst im Juli dieses Jahres bei einem Volksentscheid in Hamburg alle in der Bürgerschaft vertretenen Parteien ab und stimmte gegen die Einführung der sogenannten Primarschule. Unabhängig davon, wie man jetzt zu dem dreigliedrigen Schulsystem in Deutschland stehen mag, muss man sagen. Das war einfach ein gigantischer Sieg für die Sache der direkten Demokratie in Deutschland.
Meine Damen und Herren! Man muss sich das einfach noch einmal zu Gemüte führen: Die Bürger der Hansestadt Hamburg haben sich eben nicht mehr unter diesem parlamentarischen Absolutismus weggeduckt, unter dem wir leiden.
Sie haben ihre Anliegen in eigener Regie vorangetrieben und sich auf dem plebiszitären Weg durchgesetzt. Hamburg war ein Fanal, das wieder einmal klargemacht hat, wie tief die Kluft in Deutschland zwischen Regierenden und Regierten eigentlich ist.
Direkte Demokratie ist keine Utopie – wir verweisen immer wieder darauf –, wie auch ein Blick auf unser Nachbarland Schweiz zeigt. In unserem Nachbarland Schweiz können die Bürger wann immer sie wollen und wo sie wollen, jederzeit über alle politischen Fragen
Herr Schimmer, ist Ihnen bekannt, dass in unserem Nachbarland Schweiz vor einigen Jahren eine Volksinitiative Erfolg hatte, die den Titel trug „Eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare einführen?“ Was halten Sie davon?
Frau Friedel, das war mir zwar nicht bekannt, aber ich habe wirklich Respekt vor der Mehrheitsentscheidung eines jeden Volkes. Jedes Volk sollte seinen eigenen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Weg gehen. Die Nationaldemokraten werden immer an der Seite der Völker stehen, und sie respektieren die jeweiligen Mehrheitsentscheidungen.