Es kommt hinzu, dass wir nicht nur diese drei Milliarden an der Backe haben, sondern eine 60-Milliarden-EuroBank verloren haben. Auch wenn man nur einen Bruchteil dieser Bilanzsumme ansetzt, wird alles Gerede der letzten Jahre von einer „Zinsrendite“ ad absurdum geführt. Diese „Zinsrendite“ ist mit dem Untergang der Landesbank – wie gesagt: 60 Milliarden Euro Bilanzsumme – und den auf uns zukommenden Zahlungen aus der Bürgschaft von in Summe rund 3 Milliarden Euro für die nächsten 20, 30 Jahre bereits aufgebraucht.
Ich wünsche mir, dass der Rechnungshof energischer auch in die Verfolgung geht, um bestimmte Dinge greifbar zu machen. Ich weiß, dass das im kommunalen Bereich durchaus sehr stringent gehandhabt wird; alle Bürgermeister aus meinem Beritt würden das mit einem Stoßseufzer gen Himmel wahrscheinlich bestätigen. Da weiß ich, wovon ich rede. Ich brauche nur mit meiner Oberbürgermeisterin darüber zu sprechen. Den Prüfbericht für die Stadt Zwickau kenne ich. Es wird sehr ins Detail gegangen. So dürfen die Fraktionen Blumensträuße nicht aus Fraktionsmitteln finanzieren. Das ist in Ordnung und richtig so. Dieses Handeln würde ich mir das eine oder andere Mal auch bezogen auf die Landesebene wünschen. Vielleicht kann auch da ein bisschen mehr Biss erzeugt
werden. Ich erinnere nur daran, weil viele Mittel für die Eissporthalle in Dresden über die Wupper gegangen sind.
Bei dieser – positiven – Kritik möchte ich es belassen. In diesem Sinne recht herzlichen Dank für die Zusammenarbeit. Auf weiterhin gute Zusammenarbeit mit uns!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen; Herr Rohwer hat das meiste schon gesagt.
Ich möchte mich auch im Namen der FDP-Fraktion für die von Herrn Heigl, seinem Nachfolger, Herrn Prof. Binus, und den Mitarbeitern des Sächsischen Rechnungshofes geleistete Arbeit recht herzlich bedanken. Die Zusammenarbeit war konstruktiv, und es sind zahlreiche Hinweise gegeben worden.
In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit sowie des Umstandes, dass wir bei Tagesordnungspunkt 6 sind und ich meinen Kollegen Wehner gleich ablösen werde, gebe ich den Rest meiner Rede zu Protokoll.
Vielen Dank. – Nun ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an der Reihe. Frau Abg. Hermenau, bitte. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Da ich meine Redezettel meistens nicht so zu schreiben pflege, dass man sie zu Protokoll geben könnte, sind Sie jetzt leider gezwungen, mir zuzuhören. Aber es dauert nicht lange.
Ich finde, dass der ehemalige Präsident des Landesrechnungshofes, Herr Heigl, auf eine erfolgreiche Amtszeit zurückblicken kann. Ich wünsche Ihnen, Herr Präsident Binus, alles Gute und dass auch Sie eine solch erfolgreiche Amtszeit erleben dürfen.
Man kann immer etwas lernen, wenn man den Ausführungen des Rechnungshofs zuhört. Das ist manchmal mühsam – das will ich gar nicht verhehlen –, aber da haben Sie uns ja auch einiges an Fachkenntnis voraus.
Wenn ich einen Wunsch für die Zukunft äußern dürfte, Herr Binus: Ich könnte mir vorstellen, dass es interessant ist, das interne Controlling der Ministerien unter die Lupe zu nehmen. Darüber möge jeder nachdenken.
Der Landesrechnungshof hat in einer Demokratie seine Rolle. Sie besteht auch darin, Kontrolle auszuüben. Natürlich lebt auch Demokratie von Kontrolle. Es kann nicht nur die Kontrolle durch das Parlament sein – dazu reicht oft die vertiefende Sachkenntnis gar nicht aus –, sondern es muss natürlich noch diese unabhängige Prüfin
stanz geben, die sich nicht über Parteimitgliedschaften usw. verbrüdert. Deswegen ist die Rolle des Landesrechnungshofes für die Stabilität der Demokratie nicht hoch genug einzuschätzen.
Ich möchte Ihnen für Ihre Arbeit danken; denn ich weiß: Menschen, die mit dem Rechnungshof in Verbindung gebracht werden, werden immer ein bisschen komisch angeschaut. Sie leben in einer besonderen Welt und haben ein besonderes Image; das mag auch nicht immer freudvoll sein. Aber Sie arbeiten unabhängig und sorgfältig. Ihre Ausführungen sind immer wieder anregend. Ich finde, es ist wichtig, dass Sie Ihre Arbeit tun.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Koalition diese ganzen Anmerkungen beherzter unterstützen würde. Meine persönliche Auffassung ist, dass auch Mitglieder einer Koalitionsfraktion aufgefordert sind, der Regierung bei der Mittelverwendung scharf auf die Finger zu schauen. Ich halte das für geboten. Rollen im Parlament können sich ändern. Man kann mal Opposition, mal Regierung sein; ich habe beides erlebt. Ich bin der Meinung, alle Parlamentarier im Haushaltsausschuss sind aufgefordert, in ihren unterschiedlichen Fraktionen an der Kontrolle teilzunehmen.
Noch ein Blick in die Zukunft: Die Kommunen werden in den nächsten Jahren in eine noch schwierigere Situation kommen als das Land; zumindest deutet sich das an. Herr Binus, Sie haben als Person, aber auch im Rahmen des Rechnungshofes immer wieder sehr viele Anmerkungen und Vorschläge zum Bereich der Kommunen gemacht, auch außerhalb der Prüfung. Ich möchte Sie ausdrücklich auffordern, dieses Engagement weiter zu pflegen; denn ich glaube, dass viele Kommunen in den nächsten Jahren Orientierung brauchen. Es wird viele Probleme geben. Da wächst Ihnen eine besondere Rolle zu.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Der Rechnungshof berichtet jährlich unmittelbar dem Landtag und unterrichtet gleichzeitig die Staatsregierung“ heißt es in Artikel 100 Abs. 4 der Sächsischen Verfassung. Dass der Rechnungshof in erster Linie an den Landtag berichtet, ist eine Konsequenz aus der Budgethoheit des Parlaments. Es ist notwendig, dass es eine Behörde gibt, die die korrekte Einhaltung der Festlegungen und Zuordnungen des Haushaltsplanes kontrolliert, das heißt, die darüber wacht, dass die Mittel so eingesetzt werden, wie es das Parlament beschlossen hat,
und nicht anders. Für diese Aufgabe braucht das Parlament den Rechnungshof, der die staatliche Haushaltsführung einer Zahlen- und Sachrevision unterzieht und das Ergebnis in Form eines Berichts unterbreitet, in der Regel für ein Haushaltsjahr.
Hier im Plenum sollte meines Erachtens die politische Bedeutung des für das Jahr 2009 vorliegenden Berichts gewürdigt werden, und zwar sowohl seine grundsätzliche demokratische und verfassungsmäßige Bedeutung als auch seine Fest- und Fragestellungen von allgemeiner haushaltspolitischer Relevanz.
Eine solche Fragestellung von grundsätzlicher Bedeutung hat uns dankenswerterweise der Sächsische Rechnungshof mit seiner beratenden Äußerung zum Thema „Transparenz – Haushaltsflexibilisierung – Budgetrecht“ gegeben. Die in dieser Handreichung angesprochenen schweren Defizite der sächsischen Haushaltsführung finden sich auch im vorliegenden Jahresbericht des Rechnungshofes, insbesondere im ersten Kapitel unter dem Titel „Haushaltsplan, Haushaltsvollzug und Haushaltsrechnung“. Hier stellt der Rechnungshof mit Blick auf den Doppelhaushalt 2007/2008 fest – ich zitiere –:
„Mit der Inanspruchnahme der nicht legitimierten Verpflichtungsermächtigungen wird im Ergebnis das parlamentarische Budgetrecht verletzt, da langfristig Haushaltsmittel gebunden werden, über die das Parlament keine Entscheidungsbefugnis mehr ausüben kann.“
An diesem zentralen Anliegen sowohl der Handreichung als auch des aktuellen Berichts des Rechnungshofes möchte ich hier auf gar keinen Fall achtlos vorbeigehen. Deswegen folgende Überlegungen:
Will man kontrollieren, dass der Haushaltsplan rein zahlenmäßig wirklich eingehalten wird, das heißt, dass die ausgewiesenen Haushaltsmittel für die jeweils vorgesehenen Haushaltszwecke tatsächlich auch verwendet werden, ist vor allem die möglichst eindeutige Zuordnung der Haushaltsmittel zu Ausgabetitel und Haushaltsjahr wichtig.
In seiner Beratenden Äußerung kritisiert der Sächsische Rechnungshof, dass in den sächsischen Haushalten genau diese Kriterien immer schlechter erfüllt werden. Ich zitiere aus der umfangreichen Stellungnahme: „In das Haushaltsjahr 2009 wurden rund 2,4 Milliarden Euro Ausgabereste übertragen. Das entspricht rund 14 % der Gesamtausgaben des Jahres 2008. Im Haushaltsplan 2009/2010 sind 84 % der Ausgabetitel für das Haushaltsjahr 2009 mit Deckungsvermerken belegt.“
Diese Deckungsvermerke bedeuten aber nichts anderes, als dass die Gelder für die betreffenden Ausgabentitel weitgehend hin- und hergeschoben werden können. Frau Hermenau benutzte hierzu im Haushalts- und Finanzausschuss den sehr treffenden Ausdruck „Exekutives CashManagement“. In der Tat, darum handelt es sich. Den Begriff „Cash-Management“ kennen wir hauptsächlich von Unternehmen, die damit ihre Liquidität optimieren, nicht von Staaten. Deren Haushalte sind nämlich nicht
dazu da, einem gewinnorientierten operativen Geschäft zu dienen, sondern dem politischen Ziel der Erhaltung von Volk und Land. Da ist kein Cash-Management gefragt, meine Damen und Herren, sondern die Planung des Mitteleinsatzes von langer Hand.
Der Rechnungshof als verfassungsmäßig vorgesehenes Kontrollorgan kann natürlich nur dann die Einhaltung der vom Gesetzgeber im Haushalt beschlossenen Schranken überprüfen, wenn es diese Schranken tatsächlich gibt und wenn sie nicht durch vom Gesetzgeber selbst gegebene Klimmzüge weitgehend umgangen werden können. Damit ist ein neuralgischer Punkt der herrschenden parlamentarischen Regierungsform angesprochen. Dies ist nämlich nur formal eine parlamentarische Demokratie im Sinne der klassischen Gewaltenteilung, denn real wird die Regierung gar nicht vom Parlament kontrolliert, geschweige denn korrigiert, wie es die Lehre von der Gewaltenteilung eigentlich vorsieht. Die Regierung und die sie tragende Mehrheit im Parlament bilden zusammen einen Regierungsblock gegen die parlamentarische Minderheit, also gegen die Opposition. Dieser Block gestaltet den Haushalt so wie er will und baut von vornherein eine solche Flexibilität ein, dass man sich bei Änderungswünschen die Ausschusssitzungen und das Plenum von vornherein sparen kann.
Das Budgetrecht als das Königsrecht des Parlaments steht nun nur mehr auf dem Papier und verkommt zu einer nur noch in Sonntagsreden und im Sozialkundeunterricht beschworenen Farce, das in der Realität längst abgeschafft wurde.
Mit dem Paukenschlag dieser Handreichung des Rechnungshofes, die eine schallende Ohrfeige für die Staatsregierung darstellt, werden wir uns hier noch öfter befassen müssen.
Ich will nun noch auf einige Feststellungen des Rechnungshofes im Zusammenhang mit unseren Kommunen, also mit dem substanziellen Fundament unseres Landes, eingehen. Zum einen kritisiert der Rechnungshof, dass es für die im Laufe der Jahre ausgegebenen Fördermittel für die Städtebauförderung in Höhe von über 2 Milliarden Euro keine systematische Kontrolle der Mittelverwendung gegeben hat. Dies sei eine Missachtung haushaltsrechtlicher Regelungen und auch der eigenen Förderrichtlinien des Sächsischen Staatsministeriums des Innern. Dieses habe allerdings inzwischen damit begonnen, Regelungen und Verfahren für eine Stichprobenprüfung zu erarbeiten.
Da wir um die Bedeutung der zum großen Teil mit Bundesmitteln durchgeführten Städtebausanierung wissen, halten wir diese mangelnde Kontrolle und den damit verbundenen Verzicht auf Lenkungsmöglichkeiten für einen politischen Skandal ersten Ranges. Sieht so eine Politik aus, die das Land gestalten will, insbesondere auch im Hinblick auf Familien- und Jugendförderung und Bevölkerungs- und Gewerbestrukturen? Nein, mit Sicherheit nicht. Es handelt sich hier um eine Politik nach der Devise: Da wir unser Land sowieso nicht gestalten
dürfen, weil die EU dafür zuständig ist, lohnt sich auch nicht die verwaltungsmäßig aufwendige Kontrolle.
Im Abschnitt Kommunen, laufende Nr. 33 und folgende des Berichts, stellt der Rechnungshof keine Rechnungs- und Rechtsverstöße fest, er würdigt vielmehr die positiven Finanzierungen der sächsischen Kommunen, gibt aber auch deutlich zu erkennen, dass ihre Finanzlage nicht selbsttragend, sondern von den Grundlagen her instabil ist. Er weist dezent darauf hin, dass die Kommunen nach wie vor stark auf Zuweisungen des Bundes und des Freistaates angewiesen sind und dass sich diese Lage bei der zu erwartenden Konjunktur erheblich verschärfen dürfte. Der Rechnungshof hätte noch hinzufügen können, dass nach Aussage der Landräte die sächsischen Landkreise in Bälde keine ausgeglichenen Haushalte werden aufstellen können, dass die demografischen Grundlagen der meisten Kommunen auf eine gravierende Nichtnachhaltigkeit gerade auch in finanzieller Hinsicht hinauslaufen und dass die positiven Finanzierungsseiten bei aller Würdigung der Finanzdisziplin letztlich auf Druck von oben, von den Landesdirektionen, von den Kommunen in der Substanz abgespart werden mussten.
Unter der Nr. 41 des Berichtes geht dann der Rechnungshof noch auf das brisante, immer drängendere Thema der finanziell überschuldeten Eigenbetriebe und Zweckverbände ein. Während das Land das Ziel der Neuverschuldung Null durch Abwälzen finanzieller Lasten auf die sächsischen Kommunen erreichen will, schieben die Kommunen in ihrer Verzweiflung ihrerseits die Schulden immer stärker in den Beteiligungsbereich hinein. In welchem Umfang das mittlerweile passiert, wurde durch eine Mitteilung des Statistischen Landesamtes vom 29. Juni 2010 deutlich. Von den insgesamt 8,7 Milliarden Euro Schulden, die Sachsens Kommunen am 31. Dezember 2009 auswiesen, entfielen 3,4 Milliarden Euro auf die kommunalen Haushalte, aber sage und schreibe 5,3 Milliarden Euro auf Eigenbetriebe und Eigengesellschaften.
Wie dramatisch die Schuldensituation im Beteiligungsbereich mitunter ist, das macht das Beispiel Leipzig deutlich, wo kommunale Unternehmen 2009 1,85 Milliarden Euro zum Leipziger Gesamtschuldenstand von 2,3 Milliarden Euro beitrugen. Im Beteiligungsportfolio der Stadt Leipzig ereignete sich auch der größte finanzpolitische Supergau, von dem Sachsen in den vergangenen zwölf Monaten heimgesucht wurde. Im Beteiligungsbereich der Stadt Leipzig, nämlich bei den kommunalen Wasserwerken, KWL, wurden hochriskante Geheimgeschäfte mit sogenannten Collaterized Debt Obligations angestellt. Nach dem Platzen dieser Finanzwetten, die ein typisches Beispiel für den Leipziger Kriminalitäts- und Korruptionssumpf sind, belaufen sich nun die aus den Schwindelgeschäften resultierenden Forderungen gegen die Stadt Leipzig auf fast 300 Millionen Euro.
Es ist vor dem Hintergrund der KWL-Katastrophe daher besonders zu begrüßen, dass der Rechnungshof unter der Kapitelnummer 36 noch einmal gesondert auf die Ent
wicklung bei der Kommunalprüfung aufmerksam macht und kritisiert, dass die Personalausstattung für die örtliche Rechnungsprüfung weiterhin rückläufig ist, obwohl mittlerweile auch kleine sächsische Städte meinen, mit hochspekulativen Zockergeschäften an dem Rad internationaler Kapitalgeschäfte drehen zu müssen. Der Kahlschlag bei der örtlichen Rechnungsprüfung ist auch deshalb nicht zu verantworten, da die Einführung der kommunalen Doppik mit zusätzlichen Aufgaben einhergeht. Die überörtliche Kommunalprüfung mit einer Personalausstattung von 106 Stellen wird überfordert.
Im Namen der NPD-Fraktion bedanke ich mich beim Sächsischen Rechnungshof, beim aktuellen Präsidenten, dem früheren Präsidenten Franz-Josef Heigl und allen seinen Mitarbeitern für die hervorragende Arbeit, die sie mit dem vorliegenden Bericht insgesamt geleistet haben, nicht zuletzt auch für die wertvollen Aspekte der Sach- und Fachrevision, die einmal mehr eine ganz entscheidende Hilfe zur Schwachpunktanalyse unseres Freistaates Sachsen darstellen. Nützen wird der Bericht aber nur, wenn die Staatsregierung endlich einmal davon Gebrauch macht.