Protocol of the Session on September 2, 2010

… und vielen Spendern –, Herr Kollege Bandmann, ich danke sehr für die Ergänzung.

Meine Damen und Herren, Denkmalschutz ist in Deutschland Angelegenheit der Länder. Das ist gut so und das soll auch so bleiben. – Ich sehe den Justizminister nicken; danke schön, Herr Dr. Martens. Ich möchte betonen, der Freistaat Sachsen hat die Aufgabe, Denkmalschutz und Denkmalpflege zu betreiben, stets sorgsam wahrgenommen – Herr Dr. Gerstenberg, Sie haben die Vergangenheit genannt; ich nenne gerade auch die letzten 20 Jahre –; darin sind wir uns völlig einig.

Meine Damen und Herren, Sachsen gilt in dieser Frage als Vorbild. Das ist so, das wird so bleiben. Einen Satz aus der Sächsischen Verfassung möchte ich schon zitieren: „Denkmale und andere Kulturgüter stehen unter dem Schutz und der Pflege des Landes. Für ihr Verbleiben in Sachsen setzt sich das Land ein.“ Das war die Leistung dieses Hohen Hauses und das war vor allem auf Initiative der damaligen CDU-Fraktion. Glauben Sie denn im Ernst, Herr Gerstenberg, wir würden dies aufs Spiel setzen?

(Andreas Storr, NPD: Ja!)

Sachsen kann stolz sein, das waren die Leistungen, die ich eben zitiert habe, die Sie auch genannt haben. Herr Gerstenberg, Sie wissen, ich schätze Sie außerordentlich für Ihre stets fundiert vorgetragenen Sachbeiträge, wirklich außerordentlich. Aber ich bitte Sie nachdrücklich, in dieser Frage sachlich zu bleiben. Erliegen Sie nicht der Versuchung, politisches Kapital aus einer Angelegenheit zu erzielen, die uns überhaupt nicht vorliegt!

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der NPD: Es gibt aber Kritik aus Fachkreisen!)

Wollen Sie allen Ernstes glauben, wir würden den Denkmalschutz aushöhlen oder über Bord werfen? Wenn Sie dies tatsächlich glaubten, dann lägen Sie falsch. Ich kann Sie an dieser Stelle in der Sache vollauf beruhigen.

(Zuruf von der NPD: Aber widerlegt haben Sie es auch nicht!)

Halten Sie doch lieber den Schnabel! Davon verstehen Sie gar nichts.

(Zuruf von der NPD: Mehr als Sie!)

Denkmale sind Kulturgut. Menschen identifizieren sich stets und immer wieder aufs Neue mit ihren und unseren Kulturgütern. Sie spiegeln Kulturgeschichte und Identität der Region wider. Wenn Sie wirklich glauben machen wollen – Herr Gerstenberg, ich kann das gar nicht glauben –, die CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag oder diese Staatsregierung würden hergehen und den – berechtigten! – Stolz der Sachsen auf ihre reiche Tradition, auf

Identität, Heimat und Lebensqualität über Bord werfen, dann liegen Sie völlig daneben.

Meine Damen und Herren! Mehr ist im Grunde genommen dazu nicht zu sagen.

(Zuruf von der NPD: Ja, von Ihrer Seite aus! Das haben wir mitbekommen! Setzen!)

Diese Aktuelle Stunde zu einem nicht existenten politischen Thema hätten wir uns schenken können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Nun die Fraktion DIE LINKE. Herr Abg. Dr. Külow, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Unterschied zu meinem Vorredner bin ich durchaus der Auffassung, dass dieses Thema nicht nur im Raum schwebt, sondern gewissermaßen als Damoklesschwert über uns hängt. Insofern bin ich den GRÜNEN sehr denkbar, dass Sie diese Aktuelle Debatte auf die heutige Tagesordnung gesetzt haben.

Eine kurze Bemerkung: Ich stamme – das ist wohl wahr – wie Walter Ulbricht aus Leipzig.

(Zuruf von der NPD: Das Denken ist auch ähnlich, oder?)

Aber Sie können doch nicht alles, was weiland an Fehlern gemacht worden ist, mir persönlich anhängen. Ich war acht Jahre alt, als die Universitätskirche gesprengt wurde. Ich gebe ehrlich zu: Ich bekam das damals nicht mit, auch wenn das Luftlinie nur zwei, drei Kilometer entfernt passierte.

Wir hatten diesbezüglich schon vor der Sommerpause einen Antrag gestellt. Ich muss leider sagen: Der Staatsminister reagierte ein bisschen wie die beleidigte Leberwurst. In einem fast rotzigen Ton meierte er uns ab und kreierte auch noch die Verschwörungstheorie, interessierte Kreise wollten aus der angeblich einseitig geführten Diskussion Kapital schlagen. Es war doch nicht nur DIE LINKE. Im Gegenteil, wir griffen nur das vernichtende Urteil der Fachwelt – Herr Dr. Gerstenberg sprach davon – auf. Herr Prof. Schneider, haben Sie sich einmal die Stellungnahmen zum Arbeitsentwurf angesehen?

(Zuruf von der NPD: Nein, hat er nicht! Sonst hätte er ja etwas dazu sagen können!)

Haben Sie registriert, was die Medien, zum Beispiel die „Süddeutsche Zeitung“ und die „Berliner Zeitung“, alles dazu geschrieben haben?

Der Fisch fängt immer am Kopf an zu stinken. Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich meine damit nicht Herrn Ulbig in persona. Aber schauen Sie doch einmal in den Koalitionsvertrag. Darin steht zwei Mal der Euphemismus, der Denkmalschutz müsse „weiterentwickelt“ werden. Wir wissen doch, was das heißt. Klar ist: Es geht

darum, einem wichtigen Trägermilieu von Schwarz-Gelb – FDP; das Stichwort fiel schon –, nämlich den privaten Investoren und Bauträgern, den Denkmalschutz als Störfaktor vom Leib zu halten. Darauf läuft es im Grunde genommen hinaus.

Diesen Deregulierungswahn spricht die Fachwelt zu Recht an. In unserer Fachanhörung hat Prof. Gerhard Glaser, der renommierte vormalige Landeskonservator, deutlich das „ökonomistische Denken“ der Staatsregierung kritisiert. Wir haben das „bloß“ thematisch aufgenommen. Prof. Dr. Dieter Martin, einer der renommiertesten Juristen im Bereich Denkmalsrecht, sprach von einem „Bubenstück“, einer Art „geistigem Offenbarungseid“. Die Kritik ist doch nicht von uns aus der Luft gesogen, sondern entspricht dem einhelligen Urteil der Fachwelt. Die Kritikpunkte hat Herr Dr. Gerstenberg genannt.

Es lohnt sich, noch einen Blick auf das willfährige Personal, das hinter den Kulissen den Stift führt, zu werfen. Wir hatten jahrelang eine femme fatale im Ministerium, die als Strippenzieherin und bestens vernetzte Akteurin in diesem Bereich sehr viel Einfluss hatte, Frau Dr. Oexle, die – man muss schon sagen: zum Glück – sich gewissermaßen selbst entsorgt hat bzw. zu Frau Clauß abgeschoben wurde, die schon Frau Fischer aufgenommen hat. In diesem Triumfeminat – das ist sicherlich nicht korrekt gegendert – sitzt auch Frau Eichhorn. Sie ist diejenige – ich möchte das hier deutlich thematisieren –, die als zuständige Abteilungsleiterin willfährig den Weg freimacht für solche „Arbeitsentwürfe“, wie es euphemistisch heißt. Sie hält das Landesdenkmalamt und viele andere wichtige und notwendige Kritiker intern an der kurzen Leine. Insoweit haben Sie, Herr Staatsminister, eine Verantwortung. Das ist spekulativ, aber vielleicht hat Frau Eichhorn auch deshalb so viel Einfluss, weil sie in unmittelbarer Nähe von Ihnen in Pirna wohnt, wie nicht nur im Ministerium gemunkelt wird.

(Lachen des Staatsministers Markus Ulbig)

Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Natürlich, Herr Bandmann, gern.

Herr Bandmann, bitte.

Werter Kollege, haben Sie von den Mitgliedern Ihrer Fraktion im Innenausschuss eine CD erhalten, die der Innenminister in der letzten Sitzung übergeben hat und die die Denkmalssituation vor 1990 und nach 1990 im Freistaat Sachsen abbildet? Hatten Sie die Möglichkeit, sich dazu kundig zu machen, auch mit dem Abstand von 20 Jahren, um die Frage zu entscheiden: War zu Ihrer Zeit, als Sie noch als IM tätig waren, die Situation besser, oder ist im Denkmalsschutz heute die Situation besser?

Ich mache es Ihnen mit der Antwort ganz leicht: Ich habe die CD nicht be

kommen. Aber ich bestreite überhaupt nicht, dass sich die Denkmalssituation nach 1990 erheblich verbessert hat und dass die SED in geradezu politisch straffälliger Weise Defizite zugelassen hat.

(Beifall des Abg. Nico Tippelt, FDP)

Natürlich sind die Menschen 1989 auch deswegen auf die Straße gegangen. Ich wohne seit 50 Jahren in Leipzig und habe durchaus ein Gefühl dafür. Aber ich habe, wie gesagt, mit der Abrisspolitik von Walter Ulbricht nichts zu tun.

Ein Punkt ist mir noch ganz wichtig. Im Fußball heißt es: „Die Wahrheit liegt auf dem Platz.“ Im Denkmalschutz heißt es: „Die Wahrheit liegt im Haushalt.“ Schauen Sie sich doch an, wohin sich im Haushalt die Mittel für den Denkmalschutz entwickeln! Laut Funktionsübersicht, laufende Nr. 195, Denkmalschutz und -pflege, waren im Jahr 2009 noch 66,5 Millionen Euro dafür veranschlagt. Im Jahr 2010 sinkt dieser Betrag auf 55 Millionen Euro, im Jahr 2011 auf 32,3 Millionen Euro und im Jahr 2012 auf 30,6 Millionen Euro. Das ist mehr als eine Halbierung! Der Landesdenkmalfonds ist in diesem Jahr schon halbiert worden. Die Mittel werden also radikal zurückgefahren. Dazu wird jetzt das passende Gesetz gebastelt. Genau das passiert hier.

Ministerpräsident Tillich hat in seiner Jahresbilanz 443 Aufgaben abgesteckt, von denen angeblich schon 90 % in Angriff genommen oder erfüllt seien. Ich weiß nicht, ob der Denkmalschutz dazuzählt.

Bitte zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Auf alle Fälle, so hoffe ich, trägt die heutige Debatte dazu bei, dass die bisherigen, völlig unausgegorenen Pläne, die – zum Glück! – an die Öffentlichkeit gelangt sind, so nicht realisiert werden und der Landesdenkmalschutz vor einer großen Gefahr bewahrt wird.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Vielen Dank, Herr Dr. Külow. – Nun die Fraktion der SPD. Es spricht Frau Abg. Dr. Stange. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schneider, wenn man Sie gehört hat und Ihrer Argumentation folgen würde, dann könnte ich mich jetzt beruhigt wieder hinsetzen,

(Zuruf von der CDU: Jawohl!)

weil das Thema vermutlich von der Tagesordnung genommen wird.

Herr Ulbig, ich bin sehr dankbar, dass Sie angekündigt haben, eine Arbeitsgruppe einzusetzen und sich die

Fachleute anzuhören. Der Arbeitsentwurf, der auch zum Gegenstand der heutigen Auseinandersetzung geworden ist, ist hoffentlich bald vom Tisch.

Dennoch will ich ein paar Worte dazu sagen, weil ich glaube, dass einigen noch nicht ganz klar ist, welche Dimension mit dem vorliegenden Arbeitsentwurf – der, wie gesagt, hoffentlich nie als Gesetz das Licht der Welt erblicken wird – verbunden ist.