Protocol of the Session on June 17, 2010

(Annekatrin Klepsch, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)

Frau Fiedler, Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Nein. – Die im Punkt 2 der Anfrage gestellte Forderung nach einem Dialog mit den Kulturschaffenden hat uns schon sehr gewundert. Diese Fragen diskutiert das SMWK, insbesondere die Ministerin und der Staatssekretär, schon seit Langem mit den Kulturschaffenden. Vielleicht ist es ein neuer Stil, der vor einem Jahr in dem damals von Frau Stange geführten Ministerium nicht üblich war. Frau von Schorlemer braucht diese, ich nehme einmal an, gut gemeinten Hinweise sicher nicht. Sie macht ihre Aufgabe ausgesprochen gut. Sie steht mit den Kulturschaffenden im ständigen Kontakt. Es ist wirklich schade, dass der Antragsteller so wenig im Kulturleben verankert ist, dass er dies nicht registriert.

(Lachen bei der SPD)

Der direkte Kontakt mit den Kulturschaffenden des Landes und die Diskussion über die Weiterentwicklung und Förderung von Kultur sind aber nicht nur dem Ministerium, sondern auch uns als Fraktion ebenso wichtig.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auch für uns ist es eine Herzensangelegenheit, den Kontakt mit den Kulturschaffenden ständig zu pflegen. Das sollte für uns Kulturpolitiker im Übrigen selbstverständlich sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag stärkt mit Sicherheit nicht, wie die Überschrift suggeriert, die sächsische Kulturlandschaft. Er ist ein Schritt hinter die Realität zurück. Da wir uns lieber mit der Zukunft als mit der Vergangenheit beschäftigen, lehnen wir ihn ab.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Fiedler. Frau Fiedler, Sie erlauben mir den Hinweis, dass natürlich auch Zwischenrufe nach § 90 unserer Geschäftsordnung zulässig sind, wenn sie den Redner in seinem Beitrag nicht stören.

Meine Damen und Herren! Es gibt eine Intervention.

Herr Präsident, vielen Dank. Ich möchte eine Kurzintervention auf den Redebeitrag von Frau Fiedler vornehmen. Ich möchte für DIE LINKE und insbesondere als Mitglied des Kulturausschusses des Stadtrates Dresden feststellen, dass DIE LINKE nicht dafür eintritt, den Vertrag mit Forsythe aufzulösen, sondern dass wir die Frage der Verteilungsgerechtigkeit zwischen den einzelnen Kultureinrichtungen gestellt haben und die Frage, ob es gerechtfertigt ist, einen einzelnen Zuschauerplatz pro Abend bei den ForsytheAufführungen mit 600 Euro zu subventionieren – im Unterschied zu anderen Einrichtungen, die deutlich weniger Geld bekommen und deutlich mehr Zuschauerzahlen erreichen. Da muss es erlaubt sein, das im Sinne

der Kontrollpflicht eines Parlamentes bzw. Stadtrates zu diskutieren.

Wenn Sie die Zeitung genau gelesen hätten, Frau Fiedler, dann wüssten Sie auch, was wir und die Kollegen der SPD im Detail wollen.

(Beifall bei der Linksfraktion und der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Frau Fiedler, Sie möchten erwidern?

Frau Klepsch, ich möchte ganz kurz aus der Pressemitteilung zitieren, die Sie zusammen mit der SPD herausgegeben haben. Dort wurden Sie zusammen mit dem SPD-Kollegen aus dem Stadtrat zitiert. Der SPD-Kollege hat gesagt: „Die Landeshauptstadt sollte mit Forsythe Company und den anderen Vertragspartnern über eine Aufhebung des Vertrages verhandeln.“

Das war die Erwiderung.

Meine Damen und Herren! Wir setzen die Aussprache fort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Abg. Dr. Külow. Herr Külow, bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Unterschied zu Frau Fiedler teile ich die in der Überschrift genannte kulturpolitische Zielrichtung des SPDAntrages, halte sie für berechtigt und zeitgemäß. Deshalb wird die Linksfraktion dem Antrag zustimmen.

Gemessen an der derzeit nicht nur finanziell recht angespannten Situation der sächsischen Kulturlandschaft und der weiter zunehmenden Gefährdung – Stichwort nächster Doppelhaushalt – scheint der Antragstext mit Ausnahme von Punkt 3 – Frau Stange ließ es selbst durchblicken – etwas wolkig.

(Beifall des Abg. Nico Tippelt, FDP)

Nicht zuletzt, weil das Wort „Krise“ nur einmal im letzten Satz der Begründung auftaucht. Zum Kontext Kultur und Krise hat der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Prof. Martin Roth, vor einigen Wochen Bemerkenswertes gesagt: „Kultur ist das Einzige, das die Gesellschaft in Krisenzeiten zusammenhält, dies umso mehr vor dem Hintergrund einer schwierigen demografischen Entwicklung. Der Abbau von Kultur“ – warnte Roth – „darf nicht in einen Verlust von Kultur münden.“ Genau der droht trotz der beeindruckenden Liste, die Frau Fiedler gerade in unstrittiger Weise benennen konnte, mittlerweile an verschiedenen kulturpolitischen Baustellen unseres Freistaates, wenngleich wir nicht verkennen, dass nach den bisher bekannten Eckpunkten für den Kulturbereich im Doppelhaushalt die sächsische Kulturlandschaft recht glimpflich davongekommen ist, wie es die „Sächsische Zeitung“ in einer Artikelüberschrift heute formuliert.

Ungeachtet des Sparpakets scheint die Kultur im Freistaat ihren hohen Stellenwert zu behalten. 40 Stunden machen offensichtlich etwas aus, wenn man sie bei Herrn Unland verbringt. „Kulturförderung auf hohem Niveau gesichert – Kulturraumgesetz geschwächt“ überschrieb der Sächsische Kultursenat seine diesbezügliche Pressemitteilung am gestrigen Tage. Es geht heute also, so weit das anhand der bekannten Fakten überhaupt schon möglich ist, um eine differenzierte Bewertung der kulturpolitischen Situation im Freistaat und ihrer weiteren Profilierung. Das Stichwort Kulturkompass, der ja faktisch vorliegt, ist schon gefallen, wobei ein kurzer Blick in den Rückspiegel nicht schaden kann. Gerade deshalb habe ich vor einigen Wochen nach der Entwicklung der Kulturausgaben in Sachsen gefragt. In ihrer Antwort musste die Staatsministerin einräumen, dass sich die Landeskulturausgaben leider im kontinuierlichen Sinkflug befinden und nur noch knapp 2 % des Gesamthaushalts betragen. Da kann man auch nicht viel sparen.

Diese bedenkliche finanzielle Entwicklung führt dazu, dass gegenwärtig in vielen Kultureinrichtungen durchaus Ängste und Befürchtungen herrschen, vor denen wir in dieser Debatte nicht die Augen verschließen sollten. Dazu zählt zunächst – Frau Stange hat es schon angesprochen – die drohende Aushöhlung des Kulturraumgesetzes. Um nicht mehr und nicht weniger geht es. Vorgesehen ist, dass von den 86,7 Millionen Euro Landeszuweisungen an die Kulturräume in Sachsen 3 Millionen Euro in den sogenannten Strukturfonds gehen, bisher waren es 1,7 Millionen Euro, auf den die Kulturräume bei besonderen Strukturveränderungen, wie etwa Fusionen von Einrichtungen, zugreifen können, sowie bis zu 7 Millionen Euro für die Finanzierung der bisher vom Freistaat direkt getragenen Landesbühnen. Dies schmälert die direkt für die Kulturraumförderung zur Verfügung stehenden Landesmittel um bis zu 10 Millionen Euro.

Erschwerend kommen die geplanten Kürzungen – auch das war schon erwähnt worden – für die Musikschulen hinzu. Statt 5 Millionen Euro jährlich sollen nunmehr nur noch 3,5 Millionen Euro eingestellt werden. Dies dürfte zu einer Verteuerung von Unterrichtsstunden in den Musikschulen führen, aber auch zu Einschnitten in der Begabtenförderung oder zu erhöhten Antragsvolumina im Bereich der Musikschulförderung der Kulturräume.

Der Kultursenat befürchtet daher in seiner schon erwähnten Stellungnahme, dass die Verschiebung, die die Landesbühnen wie die Musikschulförderung erzeugen, den Druck auf andere Kultursparten in den Kulturräumen erhöhen wird. Die kulturelle Vielfalt in den Regionen wird damit tendenziell gefährdet. Gerade die Musikschulen hatten vor einigen Jahren überhaupt erst als Fördergegenstände in die Kulturraumförderung gefunden. Nun wird die Finanzierungslage noch problematischer, weil der Freistaat seine Verpflichtungen auf diesem Gebiet wieder ein Stück gelockert hat. Die Kulturräume werden durch die Musikschulförderung und den steigenden Finanzierungsdruck auf diesem Gebiet zu stark belastet. Hier muss der Freistaat förderpolitisch gegensteuern,

wenn ihm musikalische Bildung wichtig ist. Musikschulen sind und bleiben auch eine wichtige Landesaufgabe.

Insofern ist der letzte Satz der heute früh verschickten Antwort der Staatsregierung auf den Antrag der Linksfraktion „Bedeutung und Perspektiven der Musikschulen im Freistaat Sachsen“, dass strukturelle Entscheidungen der Träger der Musikschulen nicht im Verantwortungsbereich der Staatsregierung liegen, formal zwar richtig, aber wohl auch etwas blauäugig.

Bei den Landesbühnen stellt sich die Frage, ob hier Haushaltspolitik Strukturpolitik ersetzen soll. Eine Landeseinrichtung wird offenbar gegen den Willen der Sitzgemeinde kommunalisiert. Die Lasten tragen alle Regionen des Landes, indem diese weniger Landeszuweisungen aus dem Kulturraumgesetz erhalten. Unsere Fraktion teilt die Befürchtung des Kultursenats, dass das Kulturraumgesetz als Hilfsinstrument für die Abwälzung von Landesaufgaben missbraucht wird. Eine Zweckbindung der Landeszuweisungen ist im Gesetz nicht vorgesehen. Die Kulturräume als Zweckverbände sollen in eigener Zuständigkeit über die regional bedeutende Kultur entscheiden. Strukturpolitische Lösungen müssen im Dialog mit den entsprechenden Partnern gefunden werden. Hier ist noch viel Handlungsbedarf für die Staatsregierung gegeben.

Aber nicht nur die Unterminierung des bundesweit einmaligen Kulturraumgesetzes macht uns derzeit Sorgen. Beispielsweise – Frau Stange hat es auch schon angesprochen – wandte sich dieser Tage der Personalrat der Sächsischen Landesbibliothek nicht nur an unsere Fraktion, um auf die dramatische Personalsituation aufmerksam zu machen. Der dortige Personalabbau hat die Schmerzgrenze erreicht. Ein Qualitätsrückgang scheint unvermeidlich, wenn es keinen Ersatz für die 55 altersbedingten Abgänge gibt, die bis 2015 anstehen.

In der sächsischen Industriekultur sieht es derzeit nicht viel besser aus. Dem Zweckverband Sächsisches Industriemuseum droht durch die jährlichen Zuschusskürzungen ein Tod auf Raten. Dem Vernehmen nach steuert die Staatsregierung jetzt endlich um und erhöht die Zuschüsse.

(Beifall des Abg. Nico Tippelt, FDP)

Ich bin unbescheiden genug zu glauben, dass der Antrag der Linksfraktion zur Stärkung der sächsischen Industriekultur und die eindeutigen Botschaften bei der dazu durchgeführten Anhörung eine entsprechende Wirkung nicht verfehlt haben.

Auch im Bereich der Theater und Orchester ist die Lage nicht nur wegen der Landesbühnen durchaus angespannt, wenngleich es noch keinen kulturpolitischen Flächenbrand wie in anderen Bundesländern gibt, wo die Existenz des klassischen Stadttheaters unmittelbar auf dem Spiel steht. Die unlängst beschlossenen Kürzungen beim Sorbischen Nationalensemble sind ein erheblicher Aderlass, der die Kultur in der Oberlausitz schmerzlich trifft.

Viele Schmerzen bereitet auch die angekündigte Novellierung des Sächsischen Denkmalschutzgesetzes, bei der das SMWK – meine Mutmaßung – vom SMI offenkundig ausgebremst wird. Auch hier haben wir reagiert und einen Antrag eingebracht, den Denkmalschutz zu retten und die geplante Veränderung des Gesetzes unverzüglich zu stoppen. Auch hier wird Frau Stange mit ihrer Vermutung, dass wir das demnächst thematisieren werden, richtig liegen.

Am größten, darauf hat Herr Gerstenberg vorhin in seiner persönlichen Intervention aufmerksam gemacht, ist die Not derzeit bekanntlich in den Kommunen, auf die von Bund und Land ungeniert die Lasten der Finanzkrise abgewälzt und die damit an den Rand der Handlungsfähigkeit gedrängt werden. Es ist daher kein Zufall und eher die Spitze des Eisberges, wenn beispielsweise in Hainichen derzeit ernsthaft darüber nachgedacht wird, das Gellert-Museum zu schließen.

Natürlich wollen auch wir vermeiden, nur Hiobsbotschaften wie an einer Perlenschnur aneinanderzufädeln. Blinder Alarm hilft nicht und lähmt eher als ein Kampf um und für die Kultur beflügelt. In einem Land, das sich explizit als Kulturstaat versteht, sollten gerade in Krisenzeiten die angemessenen Rahmenbedingungen für die kulturelle Entwicklung gewährleistet bleiben. Natürlich ist dabei klar, dass die Krise auch Veränderungen von der Kultur selbst und ihren Protagonisten, beispielsweise in Richtung verstärkte Netzwerk- und Lobbyarbeit, einfordert. Nur so können einmal errungene hoffnungsvolle Positionen verteidigt und die Wünsche der Kulturinteressierten in allen Teilen des Freistaates im Blick behalten werden.

Unsere Fraktion wird sich an diesem Prozess und dem dafür notwendigen kulturpolitischen Dialog weiterhin aktiv beteiligen. Darum werden wir dem vorliegenden Antrag auch gern unsere Zustimmung geben.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion und der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Külow. – Nun spricht für die FDP-Fraktion Herr Abg. Tippelt. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sachsen hat eine starke, national und international anerkannte Kulturlandschaft, eine Kulturlandschaft auf hohem Niveau, und Kultur trägt maßgeblich zur Attraktivität des Freistaates bei und ist somit auch ein wichtiger Faktor für Tourismus und Wirtschaft.

Kulturell hat Sachsen Vielfältiges zu bieten, und das soll auch in Zukunft so bleiben. In den Städten wie im ländlichen Raum Sachsens finden wir eine hohe Dichte an kulturellen und künstlerischen Einrichtungen. Diesen Reichtum gilt es zu sichern und für alle Bürger zugänglich zu machen. Dafür tut der Freistaat einiges. Wir

wissen unterdessen alle, dass der Freistaat Sachsen im Vergleich zu den anderen Bundesländern bei den öffentlichen Kulturausgaben mit 164 Euro pro Einwohner die Spitzenposition einnimmt.

Kein anderes Bundesland hat Kultur zur Pflichtaufgabe erklärt, kein anderes Bundesland hat eine gesetzliche Grundlage zur Finanzierung der Kulturräume geschaffen. Sachsen ist eine Kulturnation, eine Kulturnation, die sich stets mit ihren Errungenschaften identifiziert hat. Dessen ist sich die Koalition aus CDU und FDP nicht erst seit dem Antrag der SPD-Fraktion bewusst.

(Beifall bei FDP und der CDU)

Die sächsische Kulturlandschaft stärken – dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, im Gegenteil. Sie, werte Damen und Herren der SPD, tragen mit Ihrem Antrag dazu jedoch nichts bei. Sie beziehen sich auf Selbstverständlichkeiten. Wirklich Neues enthält Ihr Antrag nicht. Vielmehr wollen Sie uns hier ein Kulturverständnis aufs Auge drücken, das meine Kollegen in der CDU und auch wir, die Liberalen, bereits leben und das bereits Teil des allgemeinen Kulturverständnisses ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

Ihre Belehrung brauchen wir an dieser Stelle nicht!

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)