Protocol of the Session on June 16, 2010

gerecht wird. Die Weichen für entscheidende Zukunftsfragen und eine wirkungsvolle Koordinierung sind noch nicht gestellt worden. So etwas nennt man Etikettenschwindel, sehr geehrte Frau Ministerin. Etikettenschwindel ist ja bekanntlich ein Betätigungsfeld für Verbraucherschutz.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wir alle wollen, dass sich die Lage verbessert. Also fangen Sie in Ihrem Hause an.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Für die Fraktion DIE LINKE sprach Frau Bonk. – Als Nächste spricht die Fraktion der CDU. Herr Abg. Fischer, bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am vergangenen Dienstag wurde die schon oft genannte Vereinbarung zwischen dem Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz und der sächsischen Verbraucherzentrale unterzeichnet. Es ist hier anders, als soeben dargestellt. Die Zukunft der Verbraucherzentrale ist in Worte gefasst und gesichert.

Sehr geehrte Frau Bonk, vielleicht hören Sie bei diesem Thema kurz zu.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Wir kennen den Vertrag nicht!)

Diese Vereinbarung ist bis zum 31.12.2012 befristet. Diese Information ist jederzeit einzusehen.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Wo?)

Es sei mir auch die Bemerkung erlaubt, darauf hinzuweisen, dass der Verbraucherschutz in einigen Parlamentsdebatten greifen sollte.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kurz ein paar Zahlen zur Verbraucherzentrale, die eine wunderbare Arbeit leistet. Über 1,3 Millionen Kontakte hatte die Verbraucherzentrale im vergangenen Jahr bei Besuchen von Infoveranstaltungen. Die Zahl der um Rat Suchenden hat sich seit Beginn der Tätigkeit der sächsischen Verbraucherzentrale nahezu verzehnfacht.

Um auch junge Verbraucherinnen und Verbraucher zu erreichen, wird der Internetauftritt momentan modernisiert. Ich kann immer nur betonen, die Bürgerinnen und Bürger werden von der Verbraucherzentrale umfassend beraten. Die Bürgerinnen und Bürger bekommen aber auch eine sozialverträgliche Gebührenregelung. Das alles können sie jederzeit dort recherchieren.

Die Opposition wirft uns regierungstragenden Fraktionen bisweilen eine verkürzte Darstellung der Themen vor. Ich möchte mich daher nicht dem Vorwurf des Schönredens

aussetzen, sondern die Haushaltsbewirtschaftungsmaßnahmen 2009 deutlich ansprechen. Die Förderhöhe wurde abgesenkt, aber durch gemeinsame Anstrengungen sowohl aus dem Hause des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz als auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verbraucherzentrale ist es in einem gemeinsamen Kraftakt gelungen, die Arbeitsfähigkeit der Verbraucherzentrale zu erhalten.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Durch Absenken der Arbeitszeit!)

Ich möchte mich an dieser Stelle klar dafür bedanken.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Besonders positiv hebe ich hervor: Die Verbraucherzentrale Sachsen e.V. bleibt zentraler Ansprech- und Kooperationspartner des Freistaates Sachsen bei Themen des Verbraucherschutzes. Das ist ganz wichtig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Manchmal beobachtet man in der politischen Diskussion einen Teilsatz, der immer wieder mit vorkommt: der Verbraucher, das unbekannte Wesen. Natürlich müssen sich einige Leute in der Gesellschaft schon die Frage stellen: Was ist Verbraucherschutz? In Deutschland gibt es kein einheitliches Verbraucherschutzrecht. Die Anliegen der Verbraucherinnen und Verbraucher werden umschrieben als Rechte der Arbeitnehmer, der Vertragsnehmer, der Mieter und der Konsumenten.

Es gibt – das möchte ich nicht verhehlen – auch Kritik am Verbraucherschutz. Nicht jede Durchsetzung kommt zustande, manches unterliegt der Bagatellregelung und manche Regelung kann mit der Vertragsfreiheit nicht immer konform gehen. Dennoch denke ich, dass die Wahrnehmung von Verbraucherschutzthemen in der Öffentlichkeit massiv angestiegen ist. Schauen wir uns nur Beispiele aus der Lebensmittelsicherheit an, wie BSEKrise, aber auch die aktuelle Entwicklung bei Google und Google Earth.

Ich begrüße daher ganz ausdrücklich die Zusammenfassung der Zuständigkeit des Verbraucherschutzes in einem Ministerium. Das ist für die Verbraucher ein großer Fortschritt, und das spiegelt die Bandbreite dieser Themen wider, die die Arbeit der Sächsischen Staatsregierung entfalten kann. Um die Breite darzustellen, seien zwei bedeutende Punkte genannt, die die Beratungsinhalte der Sächsischen Verbraucherzentrale widerspiegeln.

Ernährung und Ernährungsphysiologie ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir wissen aus der nationalen Verzehrstudie, dass über 9 % der eingeschulten Kinder übergewichtig oder adipös sind. Wir wissen auch, dass der Anteil der Jugendlichen mit Übergewicht zunimmt und – das möchte ich betonen – die Kochkompetenz abnimmt. Damit nehmen natürlich auch Esskultur und Esstradition ab.

Das Sächsische Staatsministerium hat mit dem Projekt „Fit im Genuss“ gemeinsam mit Schülerfirmen darauf reagiert. „Junge Sachsen genießen“ heißt hier die Parole.

Auch andere Altersgruppen werden mit diesem Verbraucherschutzthema bedacht. Wir haben uns erst kurz vor dieser Plenardebatte mit Klebefleisch und Analogkäse befassen müssen.

Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, alle Verbraucherinnen und Verbraucher aufzurufen: Seien Sie sich Ihrer Macht bewusst. Augen auf beim Lebensmittelkauf! Wir können zwar Gesetze und Richtlinien beschließen, aber die Marktmacht hat der Verbraucher selbst; denn er entscheidet mit seinem Portmonee, was er kauft, wo er kauft und wie er kauft. Das gilt ganz besonders für die Produkte unserer sächsischen Bäcker, Fleischer und Gemüsehändler, aber natürlich auch –das sei mir gestattet zu sagen – für unseren guten sächsischen Wein.

Gleichwohl ist es richtig, dass die Transparenz bei Lebensmitteluntersuchungen nach außen getragen wird. Der sächsische Smiley war ein Thema, er ist auch gut und richtig. Das sage ich ganz besonders als Gastronom. Bundeseinheitliche Lösungen sind in jedem Fall besser. Ich hoffe, dass sie nachgeschoben werden. Eine bessere Lebensmittelkennzeichnung – das Stichwort Ampel wurde hier angesprochen – kann dem Verbraucher eine Richtlinie zur Entscheidung geben.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Wenn er es bezahlen kann!)

Als wichtiger Punkt sei hier eingebracht, dass wir den Verbraucher nicht aus der Eigenverantwortung entlassen dürfen. Jeder Verbraucher muss für sich entscheiden, was er kauft und was er konsumiert. In diesem Zusammenhang sehe ich relativ kritisch, dass wir bei vielen Diskussionen beobachten können, dass Alkohol, Süßes, Kaffee und vielleicht auch ungesunde Lebensmittel gesellschaftliche Ächtung erfahren. Ich denke, das ist der falsche Weg. Wir sollen im Rahmen der Verbraucherbildung den Verbraucher eher ermächtigen, selbst die Entscheidung zu treffen. Aufklärung sollte vor Verboten stehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein anderer wichtiger Punkt sind Telekommunikation und Medien. Auch das ist ein Zukunftsthema. Fragen Sie mal eine Schülergruppe, die als Besucher in den Landtag kommt, wer bei Facebook, wer bei Xing, wer bei StudiVZ oder wer bei SchülerCC ist. Da werden viele Hände nach oben gehen. Fragen Sie aber dieselbe Schülergruppe, wer schon einmal über Daten- und Verbraucherschutz nachgedacht hat, gehen nicht mehr ganz so viele Hände nach oben.

Auch wir müssen uns die Frage stellen, ob wir uns genügend Gedanken zum Daten- und Verbraucherschutz machen. Warum weiß Amazon immer, was ich mag, wenn ich einkaufe? Warum ist es möglich, dass es Firmen gibt, die mit Daten- und Adresshandel gute bis sehr gute Gewinne erwirtschaften? Kennen Sie die umfassenden Folgen des Internetdienstes Twitter auf den persönlichen Verbraucherschutz? Ich möchte hier anmerken, dass es natürlich jedem Verbraucher zusteht, der Veröffentlichung

seiner Bilder zu widersprechen und dass das in mehreren zehntausend Fällen schon passiert ist.

Was wird möglich mit der Informationsfreiheit im Internet? Kundenkarten dokumentieren Ihr Einkaufsverhalten, Videokameras dokumentieren Ihr Aussehen, das elektronische Fahrtenbuch, das von vielen Mittelständlern momentan geführt wird, dokumentiert das Reiseverhalten. Das sind die Gefahren. Aber, meine Damen und Herren, verstehen Sie mich bitte nicht falsch – es gibt auch Chancen im Internet. Reiseplanungen haben sich erheblich vereinfacht. Informationen fließen in Echtzeit, Nachrichten fließen sofort und sind für Sie jederzeit abrufbar. Einkaufen können Sie nach Ladenschluss.

Die Internetwirtschaft ist ein rasant wachsender Bereich. Das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen hat schon festgestellt, dass momentan über 2 Millionen Sachsen online sind, und besonders die jungen Altersgruppen nutzen das Netz zu über 90 % und täglich. Das zeigt ganz klar, dass Datenschutz ein zentraler Bereich kommender Verbraucherschutzpolitik sein muss und der Verbraucherschutz in das Internet eingreifen muss, das uns täglich bei Einkauf, Kommunikation, Alltag und Information umgibt. Ich begrüße daher ausdrücklich die Vereinbarung, in der es auf Seite 9 heißt: „Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher werden bei OnlineVertragsabschlüssen und Abo-Fallen im Internet gesichert.“ Dieser Teil ist also abgedeckt, Frau Bonk.

Frau Aigner kritisiert den mangelnden Datenschutz im Netz. Damit hat sie teilweise recht. Ich möchte aber auch hier die Verbraucherzentralen zitieren, die sagen, dass die Meldung von schwarzen Schafen jedem möglich ist. Also, Frau Bonk, wenn Sie das nächste Mal nicht wissen, wo Sie hinklicken, schicken Sie es an die Verbraucherzentrale weiter. Man nimmt sich dort Ihrer sehr gern an.

Ich komme zum Fazit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, richtige Verbraucherschutzpolitik soll Geländer sein und nicht Zaun. Sie soll die Eigenverantwortung und -befassung mit Verbraucherschutzthemen der Bürgerinnen und Bürger stärken und dem Verbraucher eine Handreichung geben, um sich in einer Welt zurechtzufinden, die immer unübersichtlicher wird. Auf den Punkt gebracht lautet das: Die Verbraucherzentrale gibt den Weg vor, laufen müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher selber.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich rufe die SPDFraktion, Herr Abg. Jurk, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrte Frau Staatsministerin Clauß! Zunächst eine grundsätzliche Bemerkung. Sosehr es mich auch freut, dass dem Verbraucherschutz eine Fachregierungserklärung gewidmet wird, stelle ich dennoch fest, dass derzeit die Kürzungen in Berlin und Dresden mit einer eindeuti

gen sozialen Schieflage die öffentliche Debatte dominieren.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)

Die negativen Auswirkungen der von der schwarz-gelben Bundesregierung verabschiedeten Maßnahmen werden völlig zu Recht auch vom DIW kritisiert, meine sehr verehrten Damen und Herren; Sie konnten es lesen. Mit ihrem Sparpaket verschont die Bundesregierung hohe Einkommen und belastet die niedrigen, stellten die Wissenschaftler fest. Das ist auch eine Auswirkung auf die Verbraucherinnen und Verbraucher in unserem Land.

Aber nun zur Situation bei uns in Sachsen. Da wird auch kräftig der Rotstift geschwungen. Vielleicht gilt bei der Sächsischen Staatsregierung auch das Motto: Wir feiern jene Bereiche, in denen weniger als anderswo gekürzt wird. Verzeihen Sie mir, sehr geehrte Frau Staatsministerin Clauß, da beschreibt Ihre Fachregierungserklärung sehr blumig mit Familie Mustermann allzu oft die Rolle der Bedeutung.

Aber kommen wir zu dem, was CDU und FDP in der Koalitionsvereinbarung niedergeschrieben haben. Das klingt zunächst erst einmal sehr wohlmeinend: „Wir wollen die bürgernahe und kompetente Beratung und die Öffentlichkeitsarbeit zum Verbraucherschutz verbessern. Wir wollen einen starken Verbraucherschutz. Deshalb werden wir die Verbraucherschutzzentralen weiterhin finanziell unterstützen.“ Ich stelle fest, wir haben eine Verbraucherzentrale Sachsen mit Sitz in Leipzig und 13 Beratungsstellen. War das schon im Vorgriff auf die Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung eine Ansage an alle Verbraucherzentralen in Deutschland? Sehr verehrter Herr Tillich, das haben Sie sicherlich nicht gemeint.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit ihrer kompetenten Beratung haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl der Verbraucherzentrale Sachsen, aber insbesondere die 13 Beratungsstellen unseren herzlichen Dank verdient.

(Beifall bei der SPD und der Linksfraktion)