Ich sage das so dramatisch und so deutlich, weil gerade die Äußerungen des Ministerpräsidenten in der letzten Woche und die Abwesenheit der rechten Seite des Kabinetts heute zeigt, mit welcher Bedeutung man Bildungspolitik in diesem Lande derzeit betrachtet. Es wurde über ein halbes Jahr lang Vertrauen in den Schulen verspielt – bei den Lehrerinnen und Lehrern, und nicht nur bei denen, sondern durch die aktuellen Schulschließungen auch bei den Eltern und den Schülerinnen und Schülern.
Es wird offen von „Zwangsteilzeit“ gesprochen – dieser Begriff ist in den letzten Jahren bewusst vermieden worden –, um eine Akzeptanz der notwendigen Teilzeit bei den Kolleginnen und Kollegen in den Schulen zu erreichen. Jetzt wird dieser Begriff offen in den Mund genommen und als ein Kompromissangebot eingebracht. Das ist Dilettantismus.
Das ist Dilettantismus, was den Umgang mit Gewerkschaften, mit Lehrerinnen und Lehrern, mit Beschäftigten, mit Schulen insgesamt angeht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will hier nicht darauf abstellen, was Schulen für die Zukunft dieses Landes bedeuten. Ich rate Herrn Wöller vielleicht zu einem ähnlichen Weg, wie es seine Parteikollegin Frau Schröder auf Bundesebene gemacht hat: sich nämlich an die Öffentlichkeit zu wenden, wenn er sich gegen den Finanzminister oder den Ministerpräsidenten nicht mehr zur Wehr setzen kann. Frau Schröder hat in einem Artikel in der „FAZ“ darauf hingewiesen, dass in ihrem Ressort für den Kindertagesstättenbereich keine Einsparungen vorgenommen werden können. Auch hier, Herr Präsident, gestatten Sie, dass ich kurz zitiere: „Wo heute faire Start- und Bildungschancen für Kinder aus sozialschwachen Familien gefährdet sind, müssen wir morgen viel Geld in die Hand nehmen, um junge Menschen ohne Perspektive dauerhaft zu alimentieren.“
Für unsere Kinder sparen – nicht an unseren Kindern, hat Frau Schröder in der Öffentlichkeit faktisch einen Hilferuf losgelassen, und genauso kommt es mir derzeit vor, Herr Wöller, wenn ich höre, dass Sie das, was Sie jetzt als Kompromiss – was immer daran ein Kompromiss ist – auf dem Tisch haben, selbst aus Ihrem eigenen Haushalt finanzieren müssen durch die Streichung vielleicht des kostenfreien Vorschuljahres, durch die Streichung von Ganztagsangeboten, die jetzt schon um 4 Millionen Euro reduziert worden sind, durch weitere Kürzung bei Schulsozialarbeit – also alles an den Stellen, an denen wir es eigentlich am nötigsten hätten, um Zukunftslasten abzufinanzieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Rohwer, lassen Sie mich richtig zitieren, sowohl was Frau Gerold gesagt hat, als auch was die SPD-Fraktion schon seit einiger Zeit sagt: Es geht nicht darum, den Generationsfonds aufzulösen. Vielleicht sollte man diesen Begriff, der für den Pensionsfonds gewählt worden ist, ernst nehmen. Einen Teil der 500 Millionen Euro jährlich, die seit zwei
Jahren dem Generationsfonds zugeführt werden, könnten wir verwenden, um die notwendige Finanzierung des Bildungssystems – das uns allen wichtig ist, wie alle immer wieder bestätigen – sicherzustellen. Wir haben also eine Quelle. Dazu brauchen Sie den Generationsfonds nicht aufzulösen.
Herr Bläsner, in der zweiten Runde hätte ich gern eine Erläuterung Ihrer Aussage gehört, nicht alles, was an Bildung finanziert werde, sei auch wirklich wichtig. Leider haben Sie vorhin keine Frage zugelassen. Aber Sie haben die Möglichkeit, in der zweiten Runde Ihre Aussage zu präzisieren. Genau das würde auch die Öffentlichkeit interessieren.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Dr. Stange, Sie haben gerade noch einmal auf den Generationsfonds hingewiesen. Auch wenn man weniger in den Generationsfonds einzahlt, gibt man das Prinzip der Generationengerechtigkeit in dem Haushalt auf.
Wir würden nämlich die Vorsorge, die wir jetzt für die Pensionen der Beamten treffen, die im Freistaat Sachsen in Lohn und Brot stehen, nicht mehr treffen, das heißt, die Pensionen müssten aus den – zukünftigen – Mitteln der nächsten Generation erwirtschaftet werden. Insofern bleiben wir bei unserem Ziel, die Zuführungen zum Generationsfonds so hoch wie möglich zu halten. Das ist nötig, damit wir zukünftigen Generationen keine Lasten überlassen.
Herr Rohwer, können Sie sagen, wann im Freistaat das Geld, das derzeit in den Pensionsfonds – nach Ihrer Aussage: in den Generationsfonds – eingestellt wird, zur Finanzierung der Beamtinnen und Beamten, die in den Ruhestand gehen, benötigt wird?
Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt: Können Sie sagen, wie viel Geld gegenwärtig in einem Haushalt für die Finanzierung der aktuellen Pensionäre benötigt wird?
Wir haben ein anderes System aufgebaut, Frau Dr. Stange. Wir nehmen jahresscheibenmäßig immer mehr Beamte in diese Vorsorge hinein. Das wissen Sie, weil Sie zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Regierung waren. Wir müssen schauen, was uns die Regierung in diesem Jahr vorschlägt. Ich glaube, es ist unrealistisch, dass wir jetzt weitere Jahrgänge aus den Neunzigerjahren noch hineinnehmen. Deswegen warte ich auf den Vorschlag der Staatsregierung. In den vergangenen Jahren, als Sie in der Regierung waren, haben wir die Jahrgänge dazugenommen, die noch nicht versichert waren, aber es sind noch nicht alle bis 1990 erfasst.
Trotzdem haben wir die Situation, dass von der Regierung eine Entscheidung getroffen worden ist. Deshalb lohnt es sich nicht – da bin ich bei Frau Giegengack –, darüber zu diskutieren, wie das alles in der Vergangenheit gewesen ist, sondern jetzt gibt es dazu eine Entscheidung. Ich habe die Hoffnung, dass es in einer großen Gemeinsamkeit zwischen den Schulämtern zur – –
Ich würde jetzt gern zum Schluss der Debatte kommen und keine langen Worte mehr anfügen. Ich appelliere daran, dass wir zusammen mit den Lehrerinnen und Lehrern eine gute Lösung im Interesse des Freistaates finden. Der Kultusminister wird mit der Sächsischen Bildungsagentur diesen Weg beschreiten. Ich bin mir sicher, dass es einen guten Vorschlag für den Haushalt des Kultusministeriums geben wird. Er wird natürlich an manchen Stellen Kürzungen vorsehen, aber das liegt in der Natur der Sache. Wir warten darauf, bis dieser Vorschlag aus dem Kabinett kommt.
Frau Falken, Sie möchten in der zweiten Runde noch einmal für die Fraktion DIE LINKE sprechen? – Dazu haben Sie natürlich Gelegenheit.
Debatte viele Gedanken und Überlegungen ausgetauscht. Aber auf der Tagesordnung stehen eigentlich viel mehr Fragen, die beantwortet werden müssen. Ich gehe davon aus, dass der Kultusminister, Herr Prof. Wöller, darauf in seinem Redebeitrag gleich eingehen wird.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass von der Staatsregierung die Entscheidung getroffen wird, die Mittel aus dem Kultusministerium zu nehmen, ohne sich Gedanken darüber gemacht zu haben, wo diese Mittel herkommen sollen. Falls das so sein sollte, wäre das eine nicht zu akzeptierende Entscheidung. Wenn aber entsprechende Überlegungen bereits existieren, dann erwarten wir als Linksfraktion, dass der Kultusminister sie heute offeriert, damit endlich ein Zustand aufhört, in dem Spekulationen entstehen und von jedem Einzelnen Überlegungen angestellt werden, wo möglicherweise gestrichen wird.
Die Forderungen, die die Oppositionsfraktionen hier aufgestellt haben, sind eindeutig: keine Kürzungen, keine Streichungen im Kultushaushalt! Denn die Mittel sind für eine hohe Qualität notwendig.
Ich möchte aber noch einen zweiten Bereich ansprechen und frage den Kultusminister ganz direkt: Herr Wöller, was hat das Kündigungsgutachten den Steuerzahler gekostet? Sie haben ein Gutachten in Auftrag gegeben, um herauszufinden, was die Kündigungen bzw. Änderungskündigungen im Freistaat Sachsen kosten. Ich möchte gern wissen, wie teuer dieses Gutachten den Steuerzahler gekommen ist und welches Ergebnis es gebracht hat. Offensichtlich hat Sie das Ergebnis davon abgehalten, Kündigungen wirklich auszusprechen.
Ich bitte Sie, die Fragen heute zu beantworten. Die Antworten drängen. Wir haben keine Zeit mehr. Es muss zügig vorangehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Stange, Sie haben mich direkt gefragt, was ich unter meiner Äußerung verstehe. Zunächst eine kleine Korrektur: Ich habe gesagt, dass nicht alles, was unter „Bildung“ firmiert, den Kindern letztendlich hilft. Ich glaube, wir müssen in der allgemeinen politischen Debatte durchaus darauf achten, was alles unter den Begriff „Bildung“ subsumiert wird. Mein Kollege und Fraktionsvorsitzender Holger Zastrow hat gestern das kostenlose Vorschuljahr als Beispiel genannt: Wie viel Bildungsqualität steckt da drin? Dieser Frage müssen wir uns stellen. War es nicht sogar in der Pressekonferenz zum Bildungsgipfel, dass direkt die Frage aufgeworfen wurde: Ist das kostenlose Mittagessen wirklich eine Investition in Bildungsqualität?
Herr Kollege Bläsner, ich habe mich gemeldet, weil Sie selbst auf das kostenlose Vorschuljahr kurz eingegangen sind. Sie haben aber nicht gesagt, wie es dort weitergeht. Deshalb habe ich eine ganz einfache Frage: Wird es in Zukunft das kostenlose Vorschuljahr noch geben – ja oder nein?
Sehr geehrter Herr Dr. Hahn, ich glaube, es ist eine Stärke von Politik, bei zwei oder mehr Vorhaben, die man umsetzen will, im Haushalt irgendwann die Frage zu beantworten, ob man sich für das eine oder für das andere Vorhaben entscheidet. Das gilt sowohl für das kostenlose Vorschuljahr als auch für alle anderen Vorhaben im Haushalt. Das verstehe ich unter Prioritätensetzung. Man muss sich hinsetzen und schauen: Was ist wichtig? Was bringt unseren Kindern wirklich etwas? Beispielsweise ist es wichtig, dass wir einen Einstellungskorridor haben, um neue junge Lehrer zu bekommen. Das hat Priorität. Noch einmal: Wir brauchen eine ganz klare Katalogisierung dessen, was uns wichtig ist.
Klar ist – Herr Rohwer hat es gesagt –: Die Aufnahme von Schulden ist ein Prinzip, bei dem wir nicht mitgehen werden. Deshalb werden wir Prioritäten setzen.
Klar ist aber auch, dass an der Bildungsqualität nicht gespart wird. Wir müssen es uns aber anschauen und dürfen es nicht verwechseln. Sie haben es gerade wieder gemacht, Frau Falken. Der gesamte Kultusetat wäre demnach unantastbar.
Ich stelle noch einmal die Frage: Ist das kostenlose Vorschuljahr im Kultusetat wirklich so eminent wichtig für die Bildungsqualität?