Meine Damen und Herren! Die sächsische Hochschullandschaft wollen wir auf der Basis des Dreiklangs unseres differenzierenden Hochschulsystems weiterentwickeln.
Es geht um exzellente Bildung und Spitzenforschung an den Universitäten. Die vier Universitäten im Freistaat sind Bildungs- und Ausbildungsstätte. Sie sind Ort für Spitzenforschung auf höchstem Niveau.
Die Fachhochschulen ihrerseits sind Ausbildungsort für die Praxiselite. Die Ausbildung von hoch qualifizierten
Die Hochschullandschaft wird ergänzt und flankiert durch das Erfolgsmodell der Sächsischen Berufsakademien, die durch die Ausbildung von Fachkräften einen wertvollen Beitrag für den Wirtschaftsstandort Sachsen liefern. Es geht hier um die praxisnahe, mit der Wirtschaft in Verzahnung stehende Aus- und Fortbildung.
Wir wollen die Hochschulen und damit die Chance auf akademische Bildung weiterhin offenhalten. Das ist selbstverständlich. Gleichwohl soll das nicht um jeden Preis geschehen. Ich erinnere an Humboldt und die platonsche Idee. Wer ein Studium aufnehmen will, muss auch künftig Leistungsbereitschaft und Fähigkeiten vorweisen, mit denen er einer akademischen Ausbildung gerecht werden kann. An das humboldtsche Bildungsideal erinnere ich hier ausdrücklich.
Das sind die Kriterien, die gelten und gelten müssen, wenn wir eine leistungsfähige Hochschullandschaft erhalten und fortentwickeln wollen. In diesem Sinne erinnern wir uns an das Bildungsideal, dass Bildung kein Selbstzweck ist, denn – Humboldt – „den Gebildeten soll im öffentlichen Leben eine verantwortungsvolle Rolle zukommen“. In diesem Sinne geht es auch um die Wahrnehmung und Ausübung von Verantwortung des Einzelnen innerhalb der Gesellschaft.
Meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Antrag begleitet die Hochschulentwicklungsplanung der Staatsregierung auf parlamentarischer Ebene. Zukunftsfähige Strukturüberlegungen, die natürlich auch neue Ansätze beinhalten sollen, wie beispielsweise die Implementierung von Forschungsräumen, sollen dargestellt werden. Die Hochschulentwicklungsplanung, die bekanntlich in der letzten Legislaturperiode im § 10 unseres Hochschulgesetzes auf den Weg gebracht worden ist, soll dem Parlament bis zum Ende des Kalenderjahres vorgestellt werden. Wir wollen auf diese Weise auch die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des sächsischen Hochschulsystems weiterhin langfristig gesichert sehen.
Einige inhaltliche Bemerkungen: Die Hochschulen müssen ihr Profil weiter schärfen, Schwerpunkte deutlicher herausarbeiten. Angebote sollten dazu auch im Rahmen des Möglichen konzentriert werden, jedenfalls sollten wir das überlegen und in die Überlegungen einbeziehen. Wir sollten es nicht gleich hinwegreden.
Die Studienplatzkapazitäten müssen in erforderlichem Maße zur Verfügung gestellt werden; selbstverständlich. Dazu ist es aus unserer Sicht – das ist ein Kernstück unseres Antrages – besonders wichtig, diese Kapazitäten auch an den Bedürfnissen des sächsischen Wirtschaftsstandortes festzumachen und auszurichten. Es geht uns damit insoweit, aber nur insoweit, um den Standort Sachsen. Wir können es uns zum Beispiel nicht leisten, Menschen – ich nenne nur Ärzte – hier auszubilden, die dann beispielsweise ihrerseits in Norwegen im Einsatz sind. Wir wollen nicht Naturwissenschaftler in Größenordnungen für andere Länder, zum Beispiel auch den
südamerikanischen Raum ausbilden, sondern wir wollen, dass der Blickwinkel auf die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Sachsen gerichtet ist.
Meine Damen und Herren! Dem Anspruch auf lebenslanges Lernen können wir besser gerecht werden, wenn wir Hochschulen stärker bei den Angeboten zu Weiterbildung und fachspezifischer Zusatzqualifikation unterstützen und unter Umständen entsprechende Fernstudiengänge in Betracht ziehen. Die sächsischen Hochschulen und die Berufsakademie Sachsen haben sich in den vergangenen Jahren großen Herausforderungen gestellt. Sie haben diese Herausforderungen bislang überaus beachtlich gemeistert. Sie erbringen exzellente Forschung. Sie bieten auch eine herausragende Lehre. Darüber hinaus sind die Studienbedingungen ein klarer Standortvorteil für den Freistaat Sachsen. Dafür möchte ich nochmals ausdrücklich unseren Universitäten, den Hochschulen, den Berufsakademien danken. Aber: Wir haben insoweit Anpassungsbedarf, als sich die Hochschulen in einem immer härteren Wettbewerb und im Prozess einer Differenzierung und gleichzeitiger Vernetzung befinden. Das wird letztlich zu einer neuen, aber zumindest zu einer deutlich veränderten Struktur der Hochschullandschaft führen. Auch dies ist als Ausgangspunkt Gegenstand unseres Antrages.
Um den Anforderungen für die Zukunft gewachsen zu sein, muss sich das sächsische Hochschulsystem weiterentwickeln. Nur so können die Hochschulen den ihnen gebührenden Platz in der Spitzengruppe der nationalen, aber auch der internationalen Rankings halten bzw. erringen. Das gilt flächendeckend und nicht nur in einzelnen Bereichen. Daher bedarf es einer Hochschulstrukturplanung für den Freistaat, die genau diesen Ansprüchen gerecht wird. Dafür ist es notwendig, sich das umfangreiche Angebot der sächsischen Hochschulen an den einzelnen Standorten und die Entwicklung der Studierenden- und Absolventenzahlen aufzeigen zu lassen. Ziel muss es dabei sein, die vorhandene Kompetenz zielgerichtet zu bündeln und die einzelnen Profile der jeweiligen Hochschulen zu schärfen.
Die Frage, meine Damen und Herren, nach effizienten und wettbewerbsfähigen Strukturen unserer Hochschullandschaft hat nichts mit der Verneinung des Gutes Bildung zu tun. Ganz im Gegenteil. Wer in der – auch im Wissenschaftsbereich – globalisierten Welt – im Kampf um die besten Köpfe die Hochschullandschaft nicht fortwährend weiterentwickelt – dazu hätten wir uns in der vergangenen Legislaturperiode mitunter mehr gewünscht –, wer es versäumt, die Hochschullandschaft den jeweiligen Rahmenbedingungen anzupassen, der hat, meine Damen und Herren, schon verloren.
Wir wollen uns auf keinem Status quo – und sei er noch so gut – ausruhen. Bildung, Forschung und Innovation sind und bleiben das Zukunftsgut unseres Freistaates Sachsen. Dafür trete ich hier ein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Freistaat Sachsen hat eine breit gefächerte und leistungsstarke Hochschullandschaft. Spitzenleistungen werden sowohl an unseren Fachhochschulen und Universitäten als auch an der Berufsakademie Sachsen erbracht. Diese Spitzenleistungen sind nicht nur auf die Quantität und Qualität der Forschung beschränkt, sondern sie werden auch in der Qualität der Lehre erreicht. In Zeiten, in denen die finanziellen Spielräume geringer werden, müssen wir deshalb sorgfältig agieren. Wir dürfen aber trotz aller guten Absichten einige grundlegende Fakten nicht außer Acht lassen.
So bedeuten geringere Schulanfängerzahlen zum Beispiel auch weniger Studienanfänger. Weniger Einwohner im Freistaat Sachsen bedeuten zwangsläufig auch Veränderungen für die sächsische Hochschullandschaft. Die Bildungs- und Wissenschaftspolitik kann und darf sich dieser Realität und den dazugehörigen Veränderungsprozessen nicht verweigern.
Die allgemeine Finanzsituation zwingt die Politik zu einem Nachdenken über unsere grundlegenden Strategien und Zielsetzungen. Von den Leistungen der sächsischen Hochschulen und deren Absolventen hängt es letztendlich ab, in welchem Maße in Zukunft Wirtschaftswachstum und damit auch wieder eine bessere Situation unserer öffentlichen Haushalte im Freistaat Sachsen erreichbar sind. Sachsen braucht deshalb weiterhin ein wettbewerbsfähiges und leistungsstarkes Hochschulsystem. Hier sind wir als Sächsischer Landtag gefordert, den Kurs der zukünftigen Hochschulentwicklung vorzugeben. Mit dem heute vorliegenden Antrag wollen wir als CDU und FDP die Diskussion über diesen Kurs beginnen.
Die sächsische Hochschullandschaft muss dazu an die veränderten Bedingungen angepasst werden. Wir müssen sowohl geringere Studierendenzahlen betrachten, als auch den zunehmenden Konkurrenz- und Wettbewerbsdruck um Studenten, Forschungsmittel und hochbegabte Wissenschaftler. Wir werden sowohl die Anforderungen der sächsischen Wirtschaft an die zukünftigen Fachkräfte im Blick behalten als auch die veränderte Nachfragesituation aufseiten der Studenten. Die zunehmenden Studienanfängerzahlen an der Berufsakademie Sachsen zum Beispiel sind keine Irrungen und Wirrungen. Sie sind eine bewusste Entscheidung der Studierenden. Das ist sowohl eine Auszeichnung für die Qualität der Berufsakademie Sachsen als auch Ausdruck für den Wunsch nach einer praxisnahen und kompakten Ausbildung.
Ebenso sind die sächsischen Fachhochschulen in ihrer Bedeutung und Qualität erheblich gestiegen. Meine Damen und Herren, wir müssen in diesem Zusammenhang auch darüber nachdenken, unsere sächsischen Fachhochschulen aufzuwerten. Wir müssen darüber nachdenken, unseren sächsischen Fachhochschulen ein partielles Promotionsrecht zuzubilligen.
Meine Damen und Herren! Zum Beispiel an der Fachhochschule Mittweida im Laserbereich werden Spitzenleistungen erbracht. Wir können die Anzahl der Promotionen, insbesondere der Industriepromotionen, das heißt, von Promovenden, die nicht unmittelbar an der Universität beschäftigt sind oder an der Fachhochschule in bisher kooperativen Promotionsverfahren, wesentlich erhöhen und haben damit auch einen besseren Transfer von wissenschaftlicher Leistung, von wissenschaftlicher Forschung hinein in unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen.
Meine Damen und Herren! Kollege Prof. Schneider hat es angesprochen: Die Berufsakademie Sachsen mit ihren sieben Standorten leistet einen hervorragenden Beitrag für eine praxisnahe Ausbildung, für ein praxisnahes Studium. Wir müssen auch diskutieren, ob wir die sieben Standorte der Berufsakademie Sachsen zu einer dualen Hochschule zusammenfassen. Wir haben im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP vereinbart, dass wir die Berufsakademie Sachsen weiterentwickeln wollen. Wenn wir sie weiterentwickeln wollen, wäre es aus der Sicht der FDPFraktion richtig, den Weg zu einer dualen Hochschule zu beschreiten.
Meine Damen und Herren! Die Veränderungen in unserer sächsischen Hochschullandschaft brauchen Zeit. Einerseits müssen Denkblockaden und eingefahrene Wege überwunden werden, andererseits ist es nicht hilfreich, die Betroffenen mit Schnellschüssen zu überrumpeln. Die notwendigen Veränderungen müssen gemeinsam mit den Studenten, den Mitarbeitern und den Hochschullehrern angegangen werden.
Ich möchte hier ein Zitat des italienischen Schriftstellers Giuseppe Lampedusa bringen: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, müssen wir zulassen, dass sich alles verändert.“
Meine Damen und Herren, wie lange solche Strukturveränderungen dauern, wissen wir bereits aus der Vergangenheit. Wir wissen auch, welche Fehler dabei unbedingt vermieden werden müssen. Die letzte Hochschulentwicklungsplanung wurde durch die im Jahre 1999 eingesetzte Kommission eingeläutet. Im Jahr 2001 lag deren Bericht mit den entsprechenden Empfehlungen vor. Die anschließende Abstimmung mit den Hochschulen hat allein weitere zwei Jahre gedauert. Sie mündete in den Hochschulvereinbarungen zwischen der Staatsregierung und den einzelnen sächsischen Hochschulen.
Meine Damen und Herren! Was ist aus den einzelnen Vereinbarungen geworden? Die vereinbarte Einstellung der juristischen Staatsausbildung an der Technischen Universität Dresden ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Zwar werden seit Herbst 2004 keine Studenten für das grundständige Staatsexamen mehr immatrikuliert, dennoch gibt es immer noch mehr als zehn Lehrstühle an der Fakultät.
Was ist in der Zwischenzeit passiert? Die Bergakademie Freiberg hat zum Herbst 2009 erstmals einen BachelorStudiengang Wirtschaft und Recht aufgelegt. Ob das im Sinne einer strukturierten Hochschulplanung sinnvoll ist, kann sicherlich kritisch betrachtet werden. Die Hochschulvereinbarungen laufen zum Ende des Jahres aus. Neue Vereinbarungen sind schon allein deshalb notwendig, um den sächsischen Hochschulen die erforderliche Planungssicherheit zu geben.
Meine Damen und Herren! Die Zeit ist überreif für eine Weiterentwicklung und Neuauflage der Hochschulentwicklungsplanung. Was erwarten wir als FDP-Fraktion von dieser Planung? Ganz sicher erwarten wir ein Konzept, welches langfristig die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des sächsischen Hochschulwesens sichert. Eine nüchterne Betrachtung der Entwicklung einzelner Fächerangebote muss erfolgen. Entscheidungen zu ganz bewussten Profilierungen von Studienangeboten, egal ob standortübergreifend oder spezifisch, müssen diskutiert werden. Hinzu kommt, dass alles im Kontext mit dem zukünftigen Fachkräftebedarf der sächsischen Wirtschaft gesehen werden muss.
Meine Damen und Herren! Es geht nicht darum, gewachsene Strukturen zu zerstören, sondern es geht vielmehr darum, bestehende und gut funktionierende Strukturen weiter zu stärken. Die Vernetzungen sowohl zu außeruniversitären Einrichtungen als auch zur regionalen Wirtschaft müssen weiter ausgebaut werden. Klar ist, dass das Ganze ohne Prioritätensetzung nicht umzusetzen ist.
Auch die Frage des demografischen Wandels im Freistaat Sachsen dürfen wir nicht außer Acht lassen. Bei den Hochschulabsolventenzahlen wird der demografisch bedingte Rückgang ab dem Jahr 2015 spürbar. Modellberechnungen signalisieren, dass allein an den sächsischen Universitäten mit einem Rückgang der Hochschulabsolventenzahlen von einem Drittel zu rechnen ist, also von circa 11 800 Hochschulabsolventen im Jahr 2009 auf 7 900 Hochschulabsolventen im Jahr 2020.
Bei den Absolventenzahlen an den sächsischen Fachhochschulen ist die Situation gleichfalls von einem prognostizierten Rückgang geprägt – von 2010 bis 2020 von circa 36 %.
Im Vergleich zum Bericht der Hochschulentwicklungskommission aus dem Jahr 2001 hat sich die Lage grundlegend verändert. Eine Weichenstellung ist jetzt notwendig, und dazu braucht es ein koordiniertes Vorgehen. CDU und FDP wollen und werden genau diese Herausforderungen angehen. Die Koalition von CDU und FDP hat
Ich habe noch einen Satz. Wenn ich den schnell vorlese, können Sie keine Zwischenfrage mehr stellen.
Herr Prof. Schmalfuß, ich habe eine Frage, weil Sie von Effizienz etc. sprechen. Ihnen ist bekannt, dass wir derzeit 110 000 Studierende haben? Bestätigen Sie die Aussage, dass wir an den Hochschulen seit dem Jahr 1993 eine Verdoppelung der Studierendenzahlen bei gleichzeitiger Halbierung der Stellenzahlen haben? Ist das als effizient zu bezeichnen?
Ich möchte eine Richtigstellung vornehmen: In meinem gesamten Vortrag habe ich nicht einmal das Wort „effizient“ benutzt. Das können Sie im Protokoll nachlesen.
Zu dem zweiten Punkt, den Sie angesprochen haben. Ja, wir haben diese Veränderung der Zahlen, aber wir als Koalitionsfraktion wollen in die Zukunft schauen. Deshalb habe ich Ihre Amtsperiode in meinem Redebeitrag ganz bewusst nicht erwähnt. Wir wollen in die Zukunft schauen, und wir müssen uns als Koalitionsfraktion darauf einstellen, dass wir weniger Absolventen haben. Wir müssen das Hochschulsystem in Sachsen umbauen, um genau die Qualität und Quantität in Forschung und Lehre beizubehalten. Wer vor dieser demografischen Entwicklung die Augen verschließt, wird die Zukunft Sachsens aufs Spiel setzen.
Womit wollen wir denn unser Wohlstandsniveau in Sachsen halten? Wir Sachsen waren immer dafür bekannt, dass wir mit dem, was zwischen unseren Ohren ist, unseren Wohlstand erarbeitet haben. Dorthin müssen unsere Ressourcen fließen. Die demografische Entwicklung, die Schulabgängerzahlen und die Geburtenzahlen sind nun einmal so, wie sie sind, und es nützt aus meiner Sicht nichts, in die Vergangenheit zu schauen. Wir wollen in die Zukunft schauen.