Protocol of the Session on May 19, 2010

Bitte, Frau Kollegin.

Herr Beermann, ich habe folgende Frage: Seit 2006 ist die Rundfunkgebühr, vor allem was die Freistellungstatbestände angeht, auf Status umorientiert worden. Damit kommen auch Rentner mit sehr kleinen Renten nicht mehr in den Genuss der Freistellung von der GEZ. Wie sehen Sie die Chancen für Rentner mit geringen Renten, dass ihnen der Zugang zu den öffentlich-rechtlichen Medien erhalten bleibt?

Ganz herzlichen Dank für die Frage. Das ist genau die Diskussion, die es noch zu bestehen gilt. Natürlich sagt auch die Wirtschaft, dass die Belastung nicht größer werden darf. Natürlich sagen auch diejenigen, die Hotels betreiben, dass man sich an ihren Einnahmen orientieren soll, um zu Entlastungen zu kommen. Das geht bis zu denjenigen, die bei der Freiwilligen Feuerwehr ein Rundfunkgerät im Auto haben. All das

müssen wir sorgsam gegeneinander abwägen und müssen sehen, wie wir an diesen verschiedenen Schrauben drehen. Das betrifft zum Beispiel auch Hartz IV und die Einrechnung in die Sozialhilfe.

Diese Detailfragen werden wir erörtern. Wir dürfen nur den Anspruch an das Modell nicht zu sehr überstrapazieren. Wir müssen an dieser Stelle auf dem Teppich bleiben und sagen, dass wir nicht alle Erwartungen erfüllen können. Aber das von Ihnen geschilderte Anliegen wird von uns mit Sicherheit aufgenommen und diskutiert.

Ich würde jetzt in meiner Rede fortfahren und auf den eigentlichen Anlass unserer Aktuellen Debatte zurückkommen, nämlich auf die Frage der Bezeichnung als GEZ-Gebühr. Das hat Prof. Kirchhof sehr schön in seinem Gutachten dargestellt. Ich halte das für extrem wichtig, weil es gerade auch für Sachsen eine ganz besondere Bedeutung hat.

Das, was die Menschen gestört hat, ist die Tatsache, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GEZ in ihre Stube kamen und in der eigenen Wohnung, in der Intimsphäre, die es zu schützen gilt, nachgeschaut haben, ob es entsprechende Geräte gibt, und dann versucht haben, daraus Gebührentatbestände zu konstruieren.

Wir haben in der Sächsischen Verfassung in Artikel 30 den Schutz der Wohnung ausdrücklich festgelegt. Wir haben in Abs. 3 – wenn Sie das einmal nachlesen, die Verfassung ist nämlich gut und es lohnt sich, immer wieder einmal darin zu blättern – festgestellt, welcher Tatbestände es bedarf, um in eine Wohnung hineinzugehen. Die Rundfunkgebühr steht nicht in Artikel 30 Abs. 3 der Sächsischen Verfassung. Auch daran müssen wir uns orientieren, denn es muss verhältnismäßig sein, wie wir Gebühren umsetzen. Ich denke, das ist einer der ganz wichtigen Maßstäbe, die wir beachten müssen.

Künftig wird es also weniger Intensität bei der Frage der Erfassung geben. Die Wohnung ist von außen spätestens

an den Klingelknöpfen relativ einsichtig. Von daher ist das eine tatsächliche Vereinfachung, die die Haushaltsabgabe bringt.

Wir werden uns auf den Weg machen. Ob wir das Ziel erreichen, werden wir sehen. Kirchhof hat mit seiner verfassungsrechtlichen Autorität dazu einen Paukenschlag geliefert. Der Professor aus Heidelberg ist gut.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Falk Neubert, Linksfraktion, steht am Saalmikrofon.)

Sie wollen vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen?

Ja. – Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte eine Kurzintervention machen, weil Herr Beermann aus unserer Sicht eine unzulässige Verknüpfung von sozialer Staffelung und Staatsnähe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hergestellt hat, die wir wollen würden.

Dazu möchte ich feststellen, dass eine soziale Staffelung möglich ist, ohne dass man eine Steuer verwendet. Und auch DIE LINKE steht selbstverständlich zur Staatsferne des öffentlichen Rundfunks.

Danke.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Auf die Kurzintervention, Herr Staatsminister, wäre eine Erwiderung möglich. – Sie verzichten.

Wir wären damit, wenn es keinen weiteren Redebedarf in dieser Debatte gibt, am Ende der 1. Aktuellen Debatte angekommen. Wir kommen nun zu

2. Aktuelle Debatte

Konsequenzen aus der Mai-Steuerschätzung: Jetzt gegensteuern

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte, Herr Kollege Scheel.

(Präsidentenwechsel)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Gestern schlage ich die Zeitung auf und darf mit großem Erstaunen feststellen, dass sich die Koalitionsfraktion CDU und das Kabinett mit der Frage beschäftigen, ob am Sparkurs festgehalten werden soll. Große Überschrift: „CDU bekräftigt Sparkurs der Koalition“.

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

Da bin ich schon gespannt. Da komme ich ja vor Lachen nicht in den Schlaf.

(Antje Hermenau, GRÜNE, lacht.)

Alle zwei Monate haben Sie nichts Besseres zu tun, als sich selbst auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: Ja, wir bleiben beim Sparkurs!

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ankündigungssparer!)

Das sind die Ankündigungssparer; richtig, Frau Hermenau.

Wir haben eine Steuerschätzung vorliegen, die uns mit großen und schnellen Schritten zum nächsten Doppel

haushalt bringt, denn diese Steuerschätzung wird die Grundlage des nächsten Doppelhaushaltes sein. Diese Steuerschätzung zeigt, dass es keine Entlastung gibt, die etwas Luft zum Atmen bringen würde, wie auch immer man das nennen will. Wir können feststellen – das geht auch an die Adresse der FDP –: Alle Hoffnungen sind zerschlagen, dass mit dieser Steuerschätzung unverhoffte Mehreinnahmen da sein werden, die Ihr großes Steuersenkungsszenario noch irgendwie finanzierbar erscheinen lassen.

Nun weiß ich auch, dass Schätzung und Ist weit auseinanderliegen, aber wir wissen ebenfalls, dass mit der Steuerschätzung auch Politik gemacht wird. Diese Politik wird mit einer klaren Aussage betrieben, die besagt: Wir wollen die Ausgaben den Einnahmen anpassen!

Mit dieser einfachen Aussage sind katastrophale Folgen für den Freistaat Sachsen, katastrophale Folgen für den sozialen Zusammenhalt im Freistaat Sachsen, katastrophale Folgen für die Beschäftigten im Freistaat Sachsen verbunden.

Wenn ich mir ansehe, wer davon spricht, dass die Ausgaben den Einnahmen folgen müssten, dann merke ich, dass CDU, SPD, auch GRÜNE und FDP in den letzten zehn Jahren nichts anderes getan haben, als Steuern zu senken. Deshalb sage ich an die Adresse der FDP: Sie kommen ein bisschen spät für die Steuersenkungspolitik, meine Damen und Herren von der FDP!

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wir hatten vor zehn Jahren eine Körperschaftsteuer für Kapitalunternehmen, die an der Finanzierung des Gemeinwesens noch beteiligt waren, von 45 %. Über mehrere Stufen der Unternehmensteuerreform sind wir mittlerweile bei 15 %. Wohin wollen Sie denn noch sparen, meine Damen und Herren von der FDP? Dasselbe gilt für die Einkommensteuer. Vor Rot-Grün hatten wir einen Spitzensteuersatz von 53 %. Wir sind mittlerweile bei 42 %. Allein diese beiden Steuern machen einen gigantischen Einnahmenausfall im mittleren zweistelligen Milliardenbereich für jedes Jahr aus.

Und Sie stellen sich hin und fabulieren irgendetwas von: Wir müssen mal die Steuern senken. Sie haben gleichzeitig der Gewerbsteuer ihre Grundlagen entzogen. Sie haben die Gewerbesteuer geschliffen, und nun wollen Sie sie gänzlich abschaffen. Ich sage Ihnen Folgendes: Sie von CDU, SPD, GRÜNE und FDP haben in den letzten zehn Jahren die Steuereinnahmen des Freistaates systematisch geschwächt, und das muss aufhören, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der Linksfraktion und der SPD)

Ich weiß nicht, ob Sie mitbekommen, was im Moment alles geschieht. Wir hatten heute Morgen schon eine Regierungserklärung, die von Finanzmarkttransaktionssteuern sprach. Wir haben eine Geschwindigkeit in der Korrektur der Auffassungen, bei der es einem schwindlig wird, auch Ihnen als Liberaler. Es ist doch unglaublich,

dass wir mittlerweile eine Debatte dazu führen können und dürfen, und es ist auch richtig so, dass es endlich wieder eine gerechte Finanzierung des Staatlichen in diesem Lande geben muss.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wir müssen endlich weg davon, dass die Einnahmenseite dadurch systematisch zerstört wird, dass Sie Unternehmen und Vermögende aus der Finanzierung des Staates heraushalten. Wir haben leider in der Regierungserklärung unseres geschätzten Ministerpräsidenten vom November 2009 zur Konsolidierung der Staatsfinanzen kein Wort zu der Frage gehört, wie wir zu mehr Einnahmen kommen, sondern nur eines: Wir müssen Ausgaben kürzen; wir müssen den Gürtel enger schnallen, bis es quietscht. Vielleicht fehlt uns irgendwann das Loch, um den Gürtel enger schnallen zu können. Ich weiß nicht, wo wir hinkommen; aber dazu werde ich in der zweiten Runde gern noch einige Ausführungen machen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Die CDUFraktion; Herr Abg. Rohwer, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß gar nicht, worüber ich sprechen soll. Der Kollege hat überhaupt nichts vorgelegt, er hat nur eine Bundesdebatte geführt.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Günther Schneider, CDU – Zurufe von der Linksfraktion)

Herr Scheel, Sie enttäuschen mich. Sie haben für Ihre Fraktion eine Debatte unter der Überschrift angekündigt: „Konsequenzen aus der Mai-Steuerschätzung: Jetzt gegensteuern“. Sie haben aber nur darüber gesprochen, dass Sie Angst haben, dass die Einnahmen des Staates wegbrechen. Das heißt, Sie wollen höhere Steuern. Sie haben überhaupt nicht von Aufgabenkritik gesprochen, die, denke ich, ansteht. Es war für mich eine Geschichte des demokratischen Sozialismus: Steuern rauf, und dann wird alles gut.