Es liegen zwei Modelle auf dem Tisch: die Ersetzung und die Erweiterung der Gewerbesteuer. Hier kann ich nur jedem empfehlen, in den Gemeindefinanzbericht hineinzusehen. Dort werden Sie eine Niveauverschiebung finden zwischen den Einnahmen pro Kopf Gewerbesteuer, wo wir dort im bundesweiten Durchschnitt liegen, und den Einnahmen Einkommensteuer, wo wir weit abgeschlagen sind. Jedem, der ein bisschen Restfunken Lokalpatriotismus für dieses Land hat, muss klar sein, dass wir dort – auch einmal an die FDP gerichtet – einen klaren Wettbewerbsnachteil in der kommunalen Strukturdebatte im bundesdeutschen Vergleich haben werden. Das können wir nicht wollen.
Das würde bedeuten, dass bei einem Hebesatzrecht auf die Einkommensteuer am Ende immer die Kommunen mit sehr hohen Hebesätzen hineingehen müssten. Das heißt, am Ende würde sich die Lebensqualität der Bürger hier vor Ort extrem verschlechtern, damit die Kommunen überhaupt noch Einnahmen generieren. Dieses Modell ist der Tod des Ostens. Das soll Ihnen gleich mit auf den Weg gegeben sein.
Der vierte Anlauf einer Reform der kommunalen Finanzen ist nichts anderes als der vierte Angriff auf die Gewerbesteuer.
Christian Ude, Oberbürgermeister von München, meint dazu in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 2. März 2010:
Das Ziel heißt also, gewinnstarke Unternehmen von der Finanzierung der kommunalen Infrastruktur befreien, indem die Last den Verbrauchern aufgebürdet wird. – Recht hat der Mann!
Hier geht es nicht um die Stabilisierung der Einnahmen der Kommunen. Im besten Falle versagt die Gemeindefinanzkommission, im schlechtesten Fall werden die wilden Fantasien der Liberalen Wirklichkeit. Hier ist Position gefragt.
Als oberster Schuldenverhüter Deutschlands melden Sie sich ja gern öffentlich zu Wort, Herr Ministerpräsident. Sie können sich hier wirklich verdient machen und deutlich Position beziehen gegen eine sachsenfeindliche Reform der kommunalen Finanzen, gegen das FDP-BDIModell eines Hebesatzes auf die Einkommensteuer. Ich fordere Sie auf: Beziehen Sie Stellung.
Dieses Steuersparmodell für Unternehmen ist nichts anderes als ein weiterer Schritt in den Wettbewerbsföderalismus. Diesen Irrweg lehnen wir ab.
Der Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetages sprach im Zusammenhang mit weiteren Steuersenkungen zulasten der Kommunen von Leichenfledderei. Nehmen Sie diesen Hilferuf ernst! Schluss mit der Demontage der finanziellen Basis der Kommunen! Sie sind die tragenden Säulen des Landes.
Gibt es weiteren Bedarf vonseiten der Fraktionen? – Mir liegt noch ein Beitrag von Marion Junge vor. Möchte von den anderen Fraktionen noch jemand reden? – Herr Michel, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Von den Vorrednern ist einzig Frau Hermenau inhaltlich auf den Antrag eingegangen. Während Herr Pecher die kommunale Revolution ausruft, haben wir hier Allgemeinplätze zur Leichenfledderei an den Kommunen gehört.
Auf der einen Seite wollen Sie die Gewerbesteuer abschaffen, auf der anderen Seite machen Sie den Vorschlag für die Gemeindewirtschaftssteuer. Das passt nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, wie diese Gemeindewirtschaftssteuer aussehen soll. Stellen Sie sich doch einmal vor, wie ein Gesetzentwurf dazu aussieht, wie Sie die Punkte Erweiterung der Steuerpflicht auf alle Unternehmen und Selbstständige, den Punkt Verbreitung der Steuerbemessungsgrundlage und die Einführung von Kleinbeträgen für Kleinunternehmen und Existenzgründer in einem Gesetzentwurf vereinen. Gut, mir mag die
Wir werden dazu nie einen Vorschlag sehen, der passen könnte. Das ist aber wahrscheinlich leider Ihre neue Haushaltspolitik. Es ist alles unkonkret und fordernd.
Früher haben Sie einen Alternativhaushalt vorgelegt. Da empfand ich Ihre Bemühungen – das gebe ich zu – im Ansatz als einen Versuch einer verantwortungsvollen Oppositionspolitik. Aber Sie kommen immer mehr ins Unkonkrete und verabschieden sich davon. Sobald jetzt die Wirtschafts- und Finanzkrise da ist, kippen Sie um.
Schon fällt Ihr Alternativhaushalt aus. Sie müssten dann nämlich Farbe bekennen. Sie müssten ganz konkrete Zahlen vorlegen und sich von dem Grundsatz verabschieden, mehr zu fordern, als eine Regierung leisten kann oder die Realität zulässt.
Sie verlegen sich auf die Methode, Zeitungen und Termine aufzugreifen und kurz vorher Anträge zu stellen. Sie wissen genau, dass Mitte Mai die Verhandlungen zum FAG beginnen. Also machen Sie einen Antrag. Wir reden über den Finanzkollaps der Kommunen. Das passt nicht und ist für meine Begriffe auch keine systematische Politik.
Inhaltlich möchte ich noch einmal auf den Sachverständigen Leimkühler verweisen. Er hat sich beispielsweise klar für die Gewerbesteuer ausgesprochen und seine Ausführungen zum FAG gemacht. Interessant finde ich natürlich, dass der Sachverständige Leimkühler durch die Fraktion DIE LINKE benannt wurde.
Das war Herr Michel für die CDU-Fraktion. Gibt es weitere Wortmeldungen seitens der Fraktionen? – Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abg. Junge. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Städte und Gemeinden schlagen aufgrund ihrer prekären Finanzsituation Alarm. Es sind bedrohliche Nachrichten, die wir jetzt täglich in den Zeitungen lesen. Das müssen wir hier im Plenum endlich zur Kenntnis nehmen. Wir dürfen nicht so tun, als ob das in den Kommunen kein Problem wäre.
Die Stadt Chemnitz hatten wir vorhin als Beispiel erwähnt. Sie muss pro Jahr 57 Millionen Euro einsparen. Das ist eine Zahl, die sicher vor zehn Jahren in dieser Größenordnung nicht denkbar gewesen wäre. Bis zum Jahr 2015 soll jedes Jahr ein Sparvolumen in dieser Höhe erreicht werden. Die Stadtverwaltung – das haben wir heute schon gehört – hat diesbezüglich ein Sparpaket vorgelegt. Wenn ich das als kommunale Abgeordnete lese, habe ich damit riesengroße Probleme. Wir müssen darüber reden, wie wir mit diesen Sorgen der Kommunen umgehen.
Ich will ein paar Punkte aus dem Sparpaket benennen. Darin enthalten sind die Schließung von sechs Grundschulen – das haben wir heute schon mehrmals gehört –, die Reduzierung von Betreuungszeiten in den Kindertagesstätten, die Erhöhung von Eintrittsgeldern in Museen, Kinder- und Freizeiteinrichtungen, die Grundsteuererhöhung um 22 %, ein Stellenabbau in der Verwaltung, die Auflösung von Ortschaftsräten und viele andere Dinge.
Auch Zwickau hat in den letzten Tagen solch einen Sparhorror angezeigt. Dort haben wir in den nächsten drei Haushaltsjahren ein Loch von fast 46 Millionen Euro. Rücklagen hat Zwickau aber nur in Höhe von 17,2 Millionen Euro, sodass ein riesiges Haushaltsloch von über 28 Millionen Euro entsteht. Das soll komplett aus Gebührenerhöhungen, Wegfall von Zuschüssen sowie Grundstücksverkäufen finanziert werden.
All diese Einsparmaßnahmen verbessern aber die Finanzsituation der Kommunen nicht grundlegend. Sie verschieben das Problem der unzureichenden Finanzausstattung der Städte und Gemeinden nur kurzfristig.
Ich frage Sie: Wenn die Kommunen jetzt weiter diese Maßnahmen umsetzen müssen, Gebühren erhöhen, Stellen abbauen, Schulen, Bibliotheken, Kultureinrichtungen schließen, wie sollen sie dann in den nächsten Jahren die Einnahmendefizite und die weiter steigenden Ausgaben kompensieren? Dann können sie nichts mehr einsparen. Viele Kommunen sind jetzt schon am Limit.
Die Finanznot der Kommunen ist eben nicht hausgemacht, auch wenn heute einige Redebeiträge den Eindruck zu vermitteln versuchten, dass diese Kommunen in der Vergangenheit zu viel ausgegeben hätten. Herr Karabinski hat gesagt, sie hätten zu viel geprasst. Das fand ich schon sehr unverschämt.
Die Hauptursache für die prekäre Lage der Kommunalfinanzen ist eine fortgesetzte Steuersenkungspolitik. Das muss man hier einmal sagen. Sie begann unter Rot-Grün, setzte sich fort unter Rot-Schwarz und wird heute unter Schwarz-Gelb fortgeführt. Seit zehn Jahren haben wir diese Steuersenkungspolitik, die sich auf die Finanzausstattung der Kommunen auswirkt. Die Folgen sehen wir heute bei den Kommunen, die in ihren Haushalten keine Rücklagen mehr bilden konnten.
Man muss es immer wieder deutlich sagen: Die Städte und Gemeinden haben nicht zu viel Geld für ihre Aufgabenerfüllung, sondern zu wenig. Deshalb muss es im
Hohen Haus erlaubt sein, darüber nachzudenken, welche Alternativvorschläge man in dieser Situation machen könnte. Mit unserem Antrag machen wir dazu ein Angebot.
Ich möchte noch einmal auf die Auswirkungen Ihrer Sparpolitik hinweisen. Weniger Geld in der Jugendhilfe – was wir leider schon beschlossen haben – bedeutet weniger Hilfe und Unterstützung in der Jugendarbeit. Weniger Geld für Bildung – auch das ist in der Diskussion – bedeutet Stellenabbau, weitere Schulschließungen und die Verschlechterung der Lernbedingungen.
Weniger Geld für Kommunen bedeutet weniger oder, besser gesagt, keine kommunale Selbstverwaltung mehr. Die Langzeitfolgen sind verheerend, und deswegen müssen wir angesichts dieser Lage gemeinsam überlegen, wie wir eine Umverteilung der Finanzen hinbekommen und wie wir die Stärkung der kommunalen Ebene entsprechend gestalten können.
Deswegen fordern wir einen Schutzschirm für Städte und Gemeinden, wobei verschiedene Maßnahmen in dieses Konzept eingebunden werden. Unser Vorschlag auf Bundesebene, gegen den jetzt schon viel diskutiert worden ist, sieht vor, die bestehende Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer weiterzuentwickeln. Das ist unser Vorschlag. Darüber kann man miteinander diskutieren. Aber ich denke, man sollte erst einmal Vorschläge auch von der Koalition hören. Das haben wir heute nicht gehört; zumindest ist es mir nicht bekannt.
Deshalb wäre es mir schon lieb, von Ihnen zu hören, was Sie wollen, wie Sie die kommunale Ebene stärken wollen. Ich hoffe, dass Sie das tun wollen.
Auch angesichts der anwesenden Bürger, die die Debatte sehr zahlreich verfolgen, will ich unsere Vorschläge wiederholen. Wir fordern auf der Landesebene vier Maßnahmen, die man entsprechend miteinander diskutiert. Welches Resultat bei der Debatte konkret herauskommt, ist eine zweite Frage.
Wir fordern erstens, dass bei den Verhandlungen zum Finanzausgleichsgesetz, die ab Mai beginnen – das haben wir heute gehört –, für eine aufgabengerechte Finanzausstattung gesorgt wird. Dazu muss man miteinander debattieren, was aufgabengerecht ist. Ich denke, es gibt viele Punkte, die in den entsprechenden Beratungen angesprochen werden müssen.
Zweitens soll das angesammelte Vorsorgevermögen zugunsten der Kommunen aufgelöst werden – auch dazu gab es zumindest seitens der GRÜNEN Unterstützung –, ohne die Mittel einer Zweckbindung zu unterwerfen.