Protocol of the Session on April 28, 2010

Der zweite Punkt ist die ökonomische und fachliche Seite. Die FDP steht zu Branchenmindestlöhnen! Mein Vorredner hat Ihnen das erklärt. Ich weiß nicht, ob Sie das verfolgen konnten. Den Unterschied zwischen gesetzlichem Mindestlohn und Branchenmindestlöhnen sollten Sie sich wie die Art der Einführung noch einmal genauer ansehen. Ich kläre Sie jetzt hier nicht auf. Dafür ist mir die Zeit zu schade.

Staatliche Lohnkostenzuschüsse, sogenannte Kombilöhne, gibt es bereits offiziell. Zu Mindestlöhnen hat das aber nicht geführt, wie Sie das in Ihrem Antrag vorgeschlagen haben. Der wirkliche Sachverhalt ist Ihnen anscheinend entgangen. Mit Ihrem Antrag bedienen Sie sich wie immer nur Stammtischparolen. Das hat nichts mit Wählervertretung oder dem berühmten Ohr an der Masse oder Volksseele zu tun. Nein, Ihr Antrag ist purer Populismus, verbunden mit dumpfbackiger Deutschtümelei. Stellen Sie sich vor, ich lehne Hartz IV für Westerwelle ab, wie für meine Tochter oder eine türkisch abstammende Bekannte in meiner Familie. Dazu stehe ich auch hier. Und auch zu allen Anträgen, die ich im Landtag stelle. Ich will Hartz IV nicht, dieses Gesetz, das Millionen die gesellschaftliche Teilhabe verweigert. Eine solche Freiheit ist nicht liberal und wird niemals mein politisches Ziel.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Zu einem weiteren Punkt: Eine Partei, Herr Apfel, die in Anträgen Mindestlohn für Deutschland fordert, meint es nicht ehrlich. Eigentlich würden Sie Mindestlohn für Deutsche schreiben. Das geht leider nicht!

Das Nächste in der letzten Zeile: „... damit alle deutschen Arbeitnehmer armutsfest entlohnt werden.“ Wissen Sie, wie viele Millionen ausländische Arbeitskräfte in Deutschland arbeiten und „steuern“?

In der Begründung sagen Sie: „… gegen den Geist der Volksgemeinschaft“. Das ist nationalsozialistische Sprache. Es verbietet mir, darüber zu debattieren. Es ekelt mich einfach an.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Herr Gansel, Sie sind jetzt nicht gefragt.

Ihnen ist jedes Thema recht, diesen Unsinn zu verspritzen. Es geht Ihnen nicht um Verteilungsgerechtigkeit oder Freiheit. Ihre Wortwahl ist nicht nur nationalistisch,

sondern vor allem ausgrenzend gegenüber Millionen Arbeitnehmern, die in dieser Republik zu einem Hungerlohn arbeiten müssen.

Diese Äußerungen in Ihrem Antrag sind inakzeptabel, weil sie rassistisch und ausgrenzend sind. Ihren Antrag lehnen wir ab.

(Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und den GRÜNEN)

Gibt es noch weitere Wortmeldungen in der ersten Runde? – Das ist nicht erkennbar. Die Staatsregierung? – Sie möchte nicht sprechen.

Wir kommen zur zweiten Runde. Eine Wortmeldung in der zweiten Runde, Herr Schimmer von der Fraktion der NPD. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von der Gegenseite wird argumentiert, der gesetzliche Mindestlohn vernichte Arbeitsplätze, insbesondere für gering Qualifizierte, so beispielsweise für die Arbeitgeberseite – die hinlänglich bekannte Argumentation des Präsidenten des BDA, Dieter Hundt.

Abgesehen davon, dass sich die Frage stellt, was Arbeitsplätze im Niedriglohnsektor eigentlich wert sind, wenn sie nicht dazu führen, dass Arbeitnehmer hiervon auch leben können, halte ich diese Argumentation für schlichtweg falsch.

Erstens gibt es bereits jetzt Mindestlöhne bzw. Mindeststandards für bestimmte Berufsgruppen, so etwa für Briefträger, Dachdecker oder Bauarbeiter, weshalb nicht einzusehen ist, weshalb eine gesetzlich verbindliche Lohnuntergrenze nicht für alle Branchen machbar sein und gelten sollte.

Zweitens lassen sich durchaus immer mehr deutsche Arbeitgeber, soweit sie sich dem heimischen Arbeitsmarkt verbunden fühlen, schon deshalb allein auf Mindestlöhne ein, weil sie die Billigkonkurrenz aus dem Osten fürchten. Leider tun es eben nicht alle, weshalb eine gesetzliche Regelung notwendig geworden ist.

Drittens ist die Gewährleistung qualitativer Mindeststandards in bestimmen Branchen schlichtweg auch davon abhängig, ob eine korrekte Bezahlung stattfindet. Und das war auch zuletzt eines der ausschlaggebenden Argumente für die Festlegung eines Mindestlohnes für die 800 000 Beschäftigten in der ambulanten Alten- und Krankenpflege ab Juli dieses Jahres. Ich zitiere hierzu Axel Plaue vom Arbeiterwohlfahrtsbezirksverband Hannover: „Altenpflegeberufe brauchen ein besseres Image, eine ausgezeichnete Ausbildung, gute Arbeitsbedingungen und eine auskömmliche Bezahlung, damit eine Versorgung der immer älter werdenden Bevölkerung sichergestellt werden kann.“

Obwohl es sich auch hier der Arbeitgeberverband mit seiner Forderung nach einer Green Card für ausländische Pflegekräfte zunächst einfach machen wollte, widerstand

man glücklicherweise dieser Versuchung. Angela MüllerMobius, Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt, brachte es vor einigen Tagen auf den Punkt als sie sagte: „Wie kann der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes die Ansicht vertreten, dass Pflegefachkräfte nicht einmal deutsch sprechen müssen? Eine hochwertige, den Menschen zugewandte, den Bedürfnissen angepasste Pflege ist doch nur mit intensiver Qualifikation notwendig.“

Mit ihren Äußerungen hat die mutige Geschäftsführerin der AWO Wohn und Pflege den Blick auf wichtige Zusammenhänge gelenkt, die in der Diskussion zu Mindestlöhnen und dem Niedriglohnsektor unterschlagen werden, nämlich eigentlich den Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Lohndrückerei. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass durch den Zuwanderungsirrsinn der etablierten Parteien ein Überangebot an Arbeitskräften erzeugt wurde. Der Zuwanderungsirrsinn und der ständige Import ausländischer Arbeitnehmer haben zu dem Zustand der Lohnabwärtsspirale geführt, indem die ausländischen Billigarbeitnehmer zu stabil preisgünstigen Niedrigstlöhnen ihre Arbeitskraft angeboten und die einheimischen Beschäftigten aus dem heimischen Arbeitsmarkt mehr und mehr verdrängt haben. Diese konnten schon aufgrund ihres wenig flexiblen soziokulturell höheren Niveaus der Lebenshaltungskosten mit den Niedriglöhnen der Billiglohnarbeiter nicht konkurrieren.

Gerade bei dem Thema „Mindestlohn“ wäre ein nationaler Alleingang unbedingt notwendig. Hier machen sich die Linken mit ihrer Forderung nach europäischen Mindestlöhnen zu Dummenfängern, denn das kompetenzlose und machtlose Straßburger Parlament kann nicht über einen solchen Fall entscheiden.

Fast alle europäischen Staaten haben schon nationale Mindestlohnregelungen getroffen. In Frankreich gibt es beispielsweise keine ähnlich vehemente Debatte um einen explodierenden Niedriglohnsektor wie in Deutschland. Warum ist das so? In Frankreich gibt es einen Mindestlohn, der höher liegt als das garantierte Existenzminimum. Wenn ein Staat verlangt und erwartet, dass sich die Arbeitslosen wie Heilige zu benehmen haben, die eine Stelle auch dann annehmen, wenn sie nicht mehr oder gar weniger bekommen, sorgt der Mindestlohn für das Lohnabstandsgebot. Natürlich muss auch die Wirkung eines Mindestlohnes auf die Angebotsseite bedacht werden. Deshalb ist die NPD-Fraktion ja schon von jeher für einen staatlich befristeten Lohnkostenzuschuss und für die Einführung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf arbeitsintensive Dienstleistungen.

Herr Schimmer, ich bitte Sie, langsam zum Schluss zu kommen.

Wir von der NPD-Fraktion fordern deshalb, dass jeder bekommen sollte, was er verdient. Hartz IV für Westerwelle, aber ein gesetzlicher Mindestlohn für Deutschland.

Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Das war der Beginn der zweiten Runde. Gibt es weitere Wortmeldungen von den Fraktionen? – Das kann ich nicht erkennen. Ich frage noch einmal die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zum Schlusswort der NPD-Fraktion. Sie haben noch drei Minuten dafür.

Ich wollte noch auf einige Äußerungen von Herrn Biesok eingehen. Er hat gesagt, dass ein allgemeiner Mindestlohn rassistisch wäre. Das ist eben nicht der Fall, da er für alle gilt. Gerade im Gastronomiegewerbe werden viele Ausländer zu Dumpinglöhnen eingestellt. Genau das wird durch einen allgemeinen Mindestlohn unterbunden. Genauso wollte ich die Argumentation von Herrn Biesok zurückweisen, dass ein Mindestlohn unser Wohlstandsniveau gefährden würde. Das ist inzwischen wissenschaftlich widerlegt worden. 1999 wurde in Großbritannien ein Mindestlohn eingeführt, was tatsächlich gar nicht zu Arbeitsplatzverlusten geführt hat. Das ist inzwischen nachweisbar und die Zahl der Arbeitsplätze ist in Großbritannien trotz Mindestlohn sogar angestiegen. Das kann damit zu tun haben, dass durch den Mindestlohn die Binnenkaufkraft gestärkt wird. Dadurch entstehen auch Arbeitsplätze. In Großbritannien sind nur die Gewinne der Unternehmen leicht gesunken. Ich sehe darin ein Stück Verteilungsgerechtigkeit. Ich bin der Auffassung, dass in Deutschland die Spreizung der Einkommen und Vermögen zu hoch ist. Durch den Mindestlohn wird ein Stück Verteilungsgerechtigkeit geschaffen.

Zu Herrn Zais wollte ich noch sagen: Nicht wir sind unrealistisch. Wenn ich mir anschaue, dass die Linksfraktion noch vor einem Jahr im Europawahlkampf die Einführung eines europaweiten Mindestlohns gefordert hat, dann muss ich mir wirklich an den Kopf fassen; denn Sie müssten genau wissen, dass die Abgeordneten des Europaparlaments keine Gesetzentwürfe einbringen können und es dementsprechend notwendig ist, zuerst nationale Regelungen zu finden. Insofern ist nicht die NPD, sondern DIE LINKE unrealistisch. Es müssen erst einmal nationale Regelungen für einen Mindestlohn her, wie sie in 20 von 27 EU-Staaten existieren. Dann können wir uns irgendwann über europäische Standards unterhalten. Auch insofern macht DIE LINKE nur auf Populismus und sollte sich darauf konzentrieren, mit an einem Strang für einen nationalen Mindestlohn zu ziehen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/1795 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist die Drucksache 5/1795

nicht beschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 12

Waldzustandbericht 2009 (Wald unter der Lupe)

Drucksache 5/1117, Unterrichtung durch die Staatsregierung

Drucksache 5/1790, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft

Das Präsidium hat dafür eine Redezeit von 10 Minuten je Fraktion festgelegt. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: CDU, Linksfraktion, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Wünscht der Berichterstatter des Ausschusses, Herr Heinz, das Wort? – Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zum ersten Redner. Herr von Breitenbuch, Sie haben die Möglichkeit, Ihren Redebeitrag zu halten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Es ist noch nicht so dunkel, dass wir die Bäume vor den Fenstern nicht sehen können. Es geht um den Waldzustandsbericht. Die Krähen im Baum des Sektors der Linken kommen auch zur Ruhe. Insofern können wir uns dem Thema widmen.

(Vereinzelt Lachen bei der Linksfraktion)

Im § 58 des Waldgesetzes wird die Staatsregierung verpflichtet, dem Landtag alljährlich Bericht über den Zustand des sächsischen Waldes zu geben. Es geht nicht um Strategien oder vorgeschlagene Maßnahmen, sondern um die reine Analyse. Für Parlament und Öffentlichkeit ist es von Interesse, was auf einem knappen Drittel der Landesfläche vor sich geht. Wir haben Interesse an der Veränderung von Baumarten, Alterstufen, Altersklassen in den Wäldern und Berücksichtigung der unterschiedlichen Boden- und Klimaverhältnisse. Es geht um die Nachhaltigkeit der sächsischen Wälder, damit sie erhalten bleiben. Wir sollen diese Analyse verwenden, um sie in unsere Entscheidungen einzubeziehen.

Ich möchte an dieser Stelle nicht verhehlen, dass neben aktuellen Interessen der Blick zurückgeht auf die Zeit vor 1989: sozialistischer Raubbau an Schöpfung und Menschheit und desolater Zustand der Wälder. Die Aufarbeitung dieser Zeit geschieht nicht nur in unserer Gesellschaft langsam, auch die Wälder kranken bis heute an dieser Zeit, und sie werden sich wie wir noch lange daran erinnern.

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich möchte an dieser Stelle besonders das Eigeninteresse des Freistaates an diesen Untersuchungen ansprechen, denn der Freistaat Sachsen ist größter Waldbesitzer mit 202 000 Hektar. Ein respektabler, modern ausgestatteter und strukturierter Forstbetrieb ist entstanden, der nach den Strukturveränderungen 2006 und 2008 wieder zur Ruhe

gekommen und gut gerüstet ist, die künftigen Herausforderungen anzunehmen. Gerade er benötigt diese Untersuchung als Grundlage für seine Entscheidungen.

Aber der Landtag hat in den letzten 20 Jahren auch dafür Sorge getragen, dass die Besitzer der privaten und körperschaftlichen Wälder in Sachsen, gerade auch die kleinen und Kleinstbetriebe, Beratungsleistungen, aber auch die generelle Information bekommen und verwerten können. Auch für sie sind diese Aussagen aus den Untersuchungen wichtig.