Protocol of the Session on April 28, 2010

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Die NPD-Fraktion hat keinen Redner gemeldet. Damit frage ich die Staatsregierung. Herr Staatsminister Kupfer, möchten Sie das Wort ergreifen? – Bitte schön.

(Interner Wortwechsel zwischen Abgeordneten der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit. Wenn Sie den Redebeitrag des Kollegen Günther auswerten wollen, bitte ich Sie, den Raum zu verlassen. Herr Brangs, Sie können das Gespräch dann mit Herrn Günther draußen weiterführen.

Herr Staatsminister Kupfer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf betonen, dass der Schutz von Mensch und Umwelt natürlich oberste Priorität hat. Deshalb ist die Staatsregierung der Auffassung, dass nur solche gentechnisch veränderten Pflanzen auf den Markt gebracht werden dürfen, die keine Gefährdung für Mensch und Umwelt erwarten lassen.

Im Rahmen des seit insgesamt mehr als zehn Jahren dauernden Zulassungsverfahrens für die gentechnisch veränderte Kartoffelsorte Amflora wurden deren mögliche Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit umfassend geprüft. Das gilt insbesondere auch für das in dieser Kartoffelsorte vorhandene nptII-Gen, das Resistenzen gegen die beiden Antibiotika Kanamycin und Neomycin vermittelt. Im Ergebnis dieser Prüfungen wurde von den zuständigen EU-Behörden festgestellt, dass schädliche Auswirkungen von Amflora auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Umwelt nicht zu erwarten sind.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA stellte dabei unter Würdigung einer Stellungnahme der Europäischen Arzneimittelagentur fest, dass die therapeutische Wirkung der genannten Antibiotika durch die Verwendung des nptII-Gens in gentechnisch veränderten Pflanzen nicht beeinträchtigt wird.

Die Staatsregierung sieht derzeit keinen Grund dafür, die wissenschaftliche Bewertung der EU-Behörde infrage zu stellen. Nach Einschätzung der Staatsregierung verstoßen die Genehmigungen von Amflora somit nicht gegen EU-Recht. Nach Artikel 23 der EU-Richtlinie 2001/18/EG kann ein Mitgliedsstaat ein Inverkehrbringen nur dann untersagen oder einschränken, wenn er seit dem Tag der Zulassung neue belastbare Informationen oder wissenschaftliche Erkenntnisse erhalten hat, die auf ein Risiko für die menschliche Gesundheit oder Umwelt hinweisen. Im Falle von Amflora liegen nach Kenntnis der Staatsregierung solche neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht vor.

Ein nationales Anbauverbot wäre daher sowohl unbegründet als auch mit EU-Recht nicht konform. Die Staatsregierung sieht somit derzeit keinen Anlass, bei der Bundesregierung auf ein Verbot des Anbaus und des Inverkehrbringens der gentechnisch veränderten Kartoffel Amflora hinzuwirken.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir kommen damit zum Schlusswort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Kollege Michael Weichert; bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst danke für die doch sehr gut geführte Debatte. Ich bedanke mich auch für die Unterstützung bei Frau Kollegin Kagelmann und Frau Kollegin

Dr. Deicke, natürlich auch für die heitere Einlage von Kollegen Günther.

Kollege Schmidt, zu dem Zeitpunkt ist zu sagen, dass es nie zu spät ist, über ein Thema, das die Menschen bewegt, zu reden. Gerade angesichts der Tatsache, dass jetzt am 19. April die erste Ausbringung erfolgt ist, ist es gut und richtig, hier zu dem Zeitpunkt darüber zu reden. Ich fand auch meinen Beitrag nicht sehr ideologisch. Ich habe mir große Mühe gegeben, das wegzulassen. Ich finde es eher ideologisch, wenn man sagt, es gibt entweder ein Alles oder Nichts, je nachdem, ob Akzeptanz oder Ablehnung. Das ist ideologisch, aber nicht, wenn man sich mit Einzelpunkten fachlich auseinandersetzt.

Ich habe auch überhaupt nichts gegen Forschung, gar nichts. Aber wir müssen schon darauf achten, dass wir so viel Sicherheit bekommen in Bezug auf Auskreuzungsbeurteilung, in Bezug auf Durchwachsrisiko, auf Antibiotikaresistenz wie zum Beispiel auch bei den Medikamenten, die wir auf den Markt bringen. Das ist hier überhaupt nicht der Fall. Es ist auch nicht geklärt, wer die Haftung übernimmt. Überall gibt es Haftung für Betriebe, für Menschen, die etwas tun. Hier in diesem Fall nicht. Es gibt auch keine Versicherung. Warum wohl nicht? Weil keine Versicherung das übernehmen will, weil es ein unabschätzbares Risiko ist. Das ist der Punkt. Also lieber weiter forschen, aber noch nicht auf den Markt bringen, solange nicht alles so gut wie sicher ist.

Herr Staatsminister Kupfer, ich habe vorliegen – leider nicht in Schriftform, aber ich werde es Ihnen übergeben – zwei Gutachten: ein wissenschaftliches und ein Rechtsgutachten; im Auftrag von Greenpeace von zwei Wissenschaftlern erstellt im März dieses Jahres. Sie kommen zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Zulassung nicht rechtmäßig ist und dass die Anbauzulassung ohne die Umweltrisikoabschätzung erfolgt ist.

Wenn wir an unsere Wähler denken, wenn wir auch an diejenigen denken, Kollege Brangs, die jetzt am Radio zugehört haben, dann wissen wir alle, dass mindestens 70 % von ihnen, vorläufig jedenfalls, keine grüne Gentechnik auf dem Teller, im Einkaufsbeutel oder auf dem Acker haben wollen; und ich denke, bei einer solch breiten Ablehnung dürfte es uns allen nicht schwerfallen, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der SPD)

Bevor wir zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kommen, müssen wir noch einen Änderungsantrag behandeln; der Änderungsantrag der NPD muss noch eingebracht werden. Frau Schüßler, Sie haben dazu Gelegenheit.

Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die BASF hat also Anfang März die Anbaugenehmigung für die Genkartoffel Amflora erhalten. Sie soll, wie wir schon mehrmals gehört haben, für

die industrielle Stärkeproduktion und als Futtermittel eingesetzt werden. Der kommerzielle Anbau begann bereits in Mecklenburg-Vorpommern unter Polizeischutz und begleitet von Gegenaktionen diverser Umweltaktivisten. Dieses Feld soll übrigens, zumindest in diesem Jahr, das einzige in Deutschland bleiben und wird zudem ständig bewacht. Von Akzeptanz in der Bevölkerung kann also eher nicht die Rede sein.

Auch alle großen deutschen Stärkeunternehmen lehnen die Verarbeitung der Amflora ab – ebenso wie der Landwirtschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern, Herr Till Backhaus, SPD. In einem Schreiben an Ilse Aigner führt er als Begründung an, dass es keine konkreten Anbauregeln gebe. Die von der EU-Kommission erlassenen Regeln seien zu unscharf und für eine Überwachung des Anbaus nicht brauchbar.

In diesem Zulassungsbeschluss hatte die EU-Kommission zum Beispiel festgelegt, dass die Amflora-Flächen auf verbliebene Kartoffeln aus dem Vorjahr, auf den Durchwuchs kontrolliert werden. Bei den im Raum stehenden bis zu 30 000 Knollen pro Hektar, wie es im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steht, stelle ich es mir mit der Überwachung relativ schwierig vor. – Frau Kagelmann hat dazu vorhin einige ziemlich drastische Beispiele gebracht.

Auf der Seite des SMUL kommt Amflora überhaupt nicht vor; deshalb haben wir auch diesen Änderungsantrag zum vorliegenden Antrag geschrieben, den ich hiermit einbringen möchte. Die Mecklenburger haben sich in dieser Angelegenheit schon wesentlich deutlicher positioniert. Wir möchten einfach, dass der Freistaat diesbezüglich nachzieht.

Dabei will ich gar nicht verschweigen, dass unser Antrag Teile des Antrages der NPD-Fraktion MecklenburgVorpommerns übernommen hat, die dieses Thema schon einige Jahre länger, seit 2007, verfolgt. Wir möchten damit erreichen, dass sich die Staatsregierung eindeutig für eine gentechnikfreie Landwirtschaft in Sachsen positioniert – was mir nach der Rede von Herrn Kupfer ziemlich aussichtslos erscheint.

Nach einem Rechtsgutachten, das Greenpeace in Auftrag gegeben hatte, verstößt die Zulassung der Amflora gegen EU-Recht. Neben gesundheitlichen und ökologischen Risiken birgt sie erhebliche Probleme für die Lebensmittelbranche. Bei Anbau, Lagerung, Transport und Verarbeitung kann es zur Vermischung mit normalen Pflanzen kommen – 0,9 % sind dabei aus Sicht der EU tolerabel.

Da sich der Antrag der GRÜNEN auf das Anbauverbot und das Inverkehrbringen auf Bundesebene bezieht, ergänzt unser Änderungsantrag dies um die Positionie

rung der Staatsregierung und weitet es zudem auf alle gentechnisch veränderten Pflanzen aus.

Ich bitte um Zustimmung. Dem Antrag der GRÜNEN werden wir ebenfalls zustimmen.

(Beifall bei der NPD)

Ich sehe, es gibt noch Wortmeldungen zum Änderungsantrag der NPD-Fraktion. Herr Abg. Schmidt, bitte.

Ich habe in meinem Beitrag schon ausführlich begründet, warum wir diesen Antrag ablehnen. Ich fand die Debatte ansonsten sehr sachlich geführt. Sollte ich mich etwas missverständlich ausgedrückt haben: Ich finde den allgemeinen Umgang mit diesem Thema von viel Populismus geprägt. Den Beitrag des Kollegen Weichert allerdings fand ich weder populistisch noch ideologisch eingefärbt. Das möchte ich hier richtigstellen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der SPD)

Es gibt einen weiteren Redebeitrag von Kollegen Weichert.

Zum Änderungsantrag der NPD-Fraktion: Das ist ein Änderungsantrag, der nichts ändert, und deshalb werden wir ihn ablehnen.

Weitere Wortmeldungen zum Änderungsantrag der NPD-Fraktion kann ich nicht erkennen. Damit kommen wir zur Abstimmung über diesen Antrag der Fraktion der NPD in der Drucksache 5/2154 zu Drucksache 5/2089, dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer für den Änderungsantrag der Fraktion der NPD ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Kann ich nicht erkennen. Bei einigen Dafür-Stimmen ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren, ich stelle Ihnen nun die Drucksache 5/2089, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist die Drucksache 5/2089 bei zahlreichen Dafür-Stimmen mehrheitlich nicht beschlossen.

Meine Damen und Herren, dieser Tagesordnungspunkt ist damit beendet.

Wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 11

Von Arbeit muss man leben können „Mindestlohn für Deutschland – Hartz IV für Westerwelle“

Drucksache 5/1795, Antrag der Fraktion der NPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen; die Reihenfolge in der ersten Runde: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile der NPD-Fraktion als Einreicherin das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Außenminister Guido Westerwelle im Februar seinen berüchtigten Satz von der spätrömischen Dekadenz prägte, dachte man zunächst, dass diese Aussage eventuell ein Beitrag politischer Selbsterkenntnis wäre – eine Selbsterkenntnis über das Wesen als Mensch und Politiker wie auch des BRD-Systems, das durch die konsequente Missachtung der sittlichen Grundlagen seiner Selbstauflösung als Staat entgegendämmert und somit den Vergleich mit dem Rom der Spätantike nicht zu scheuen braucht.

Nun ist Selbsterkenntnis sicher kein herausragendes Element der politischen Eliten dieser Republik, die wie Weiland das alte Rom die verarmten Unterschichten mit Brot und Spielen ruhigzustellen versucht; und Selbsterkenntnis im Speziellen ist sicher auch nicht die Stärke von Guido Westerwelle, obwohl ja nun zur spätrömischen Dekadenz vermutlich auch gehörte, dass man seine Lustknaben mit auf die Dienstreise nahm.

Ausgerechnet der Außenminister – –

Herr Apfel, ich bitte Sie, dass Sie sich mit Ihren Aussagen der Würde des Hauses angemessen verhalten. Ich weise Sie darauf hin, dass ich Ihnen das Wort entziehen werde, wenn Sie die Ordnung des Hauses aufs Gröbste verletzen. Ich möchte Sie ausdrücklich darauf hinweisen, welche Konsequenzen das hat.