Ja, wenn sich der Geräuschpegel etwas senkt, versuche ich gern die Frage des Kollegen Hahn zu beantworten.
Herr Kollege Schmalfuß, halten Sie es für möglich – was unbestritten ist –, wenn durch eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes in diesem Bereich Einnahmeausfälle entstehen – und zwar bei der öffentlichen Hand, wie Sie gerade bemerkt haben –, dass man diese dadurch kompensieren könnte, indem die Zuschüsse der öffentlichen Hand an das Gesundheitswesen in gleicher Weise zurückgeführt werden, sodass unter dem Strich kein Verlust für die öffentliche Hand entsteht?
Ich bin noch bei der Beantwortung der Zwischenfrage. – Wir hätten Mindereinnahmen in Höhe von 3,7 Milliarden Euro, wenn wir Ihren Antrag annehmen würden.
Das ist derzeit nicht finanzierbar. Wenn Sie darauf abstellen, dass man doch die Zuschüsse erhöhe, frage ich Sie: Woher wollen Sie das Geld nehmen?
Das sind Argumente, die an dieser Stelle vollkommen verfehlt sind. Ich kann es nur wiederholen: Wenn Sie so leichtfertig mit dem Geld anderer jonglieren, dann sollten Sie es auch mit Ihrem eigenen Geld machen und müssten schon längst Insolvenz anmelden.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU – Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)
Herr Pellmann, ich würde gern in meiner Rede fortfahren. Im Verlauf der Diskussion können Sie mir dann gern eine Frage stellen, aber bitte derzeit nicht.
Ja, Herr Präsident. – Von diesen Einnahmeausfällen wäre auch der Freistaat Sachsen in Millionenhöhe betroffen. Das wissen wir, obwohl derzeit 190 Millionen Euro eingespart werden müssen. Darauf kann man mit zwei Maßnahmen reagieren: Entweder wir nehmen neue Schulden auf oder wir kompensieren diese fehlenden Mittel durch Kürzungen.
Das sind die beiden Varianten. Auf Kosten anderer Bereiche oder gar künftiger Generationen Ihrem Vorschlag nachzukommen wäre eine unverantwortliche Politik.
Ich möchte zum zweiten Punkt kommen, weshalb wir Ihren Antrag ablehnen. Umsatzsteuerrechtliche Begünstigungen im Gesundheitswesen gibt es bereits. Ihre Behauptung, für Heil- und Hilfsmittel gelte der volle Mehrwertsteuersatz, stimmt nicht. Das ist nicht richtig. Mit 7 % werden beispielsweise Leistungen von Zahntechnikern, Hilfsmittel und Körperersatzstücke, das heißt Rollstühle, Prothesen, künstliche Gelenke oder Hörgeräte, besteuert. Wenn Sie in Ihrem Antrag schon solche Vorschläge machen, dann sollten Sie zumindest differenzieren und konkretisieren.
Drittens. Ihr Vorschlag konterkariert die derzeitigen Anstrengungen auf Bundesebene zur Eindämmung der Arzneimittelkosten. Im Jahre 2008 verzeichnete die gesetzliche Krankenversicherung einen deutlichen Anstieg der Arzneimittelausgaben.
Die Ausgaben beliefen sich auf 29,2 Milliarden Euro. Das entspricht drei Prozentpunkten des Beitragssatzes. Um es noch plastischer zu machen: Der durchschnittliche Kassenpatient schluckt pro Jahr verschreibungspflichtige Medikamente im Wert von 428 Euro. Damit nehmen die Arzneimittel erneut den Posten mit der höchsten Steigerungsrate bei der gesetzlichen Krankenversicherung ein.
Meine Damen und Herren! Es dürfte allgemeiner Konsens sein, dass wir diese Ausgabenzuwächse wirksam und langfristig eingrenzen müssen.
Um Kosteneinsparungen zu erreichen, gibt es bereits Verhandlungen des Bundesgesundheitsministeriums mit der Pharmaindustrie, um den Markt der verschreibungspflichtigen Medikamente grundlegend zu reformieren. Ohne die Ergebnisse dieser Beratung abzuwarten, können wir nicht unüberlegt unsere finanziellen Möglichkeiten im Voraus ausschöpfen. Es geht um eine grundsätzliche und dauerhafte Reform und nicht um das Herauspicken einzelner Aspekte.
Viertens. Ihre Ausnahmeregelungen verkomplizieren das derzeitige Mehrwertsteuersystem. Es gibt Handlungsbedarf bei den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen. Es ist aber nicht die Frage, ob einzelne Bereiche einen ermäßigten Steuersatz erhalten sollen oder nicht. Die Aufgabe ist es, das System auf den Prüfstand zu stellen und sich dezidiert mit dem Katalog der ermäßigten Mehrwertsteuersätze zu befassen.
Meine Damen und Herren! Wir brauchen klare Regeln mit wenigen Ausnahmen. Ihr Antrag hat die FPD-Fraktion in vielen, ich will nicht sagen in allen Punkten, nicht überzeugt. Vor allem praktische Fragestellungen werden in diesem Antrag offen gelassen. Vor diesem Hintergrund wird meine Fraktion Ihren Antrag ablehnen.
Herr Schmalfuß, ich bin schon sehr verwundert. Sie kritisieren unser heutiges Antragsanliegen damit, dass wir eine Ausnahmeregelung wollten. Natürlich, ich gebe Ihnen recht: Es ist eine Ausnahme. Ich sage Ihnen sarkastisch: Wir haben das von der FDP gelernt. Wissen Sie, Sie stellen sich hier hin und trommeln, dass wir eine Ausnahme wollen. Vor einigen Wochen haben Sie selbst mit Ihrem sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz eine bestimmte Klientel in dieser Welt, in Deutschland, begünstigt.
Da können Sie sich jetzt nicht hinstellen und sagen: Wir dürfen das und ihr dürft das nicht. Das ist doch unlogisch!
Nun eine Rechennachhilfe. Es ist schon erstaunlich, dass von der Koalition nicht die Sozialpolitiker das Wort ergreifen, sondern offenbar die Finanzpolitiker. Nun gut, ich als Sozialpolitiker will Ihnen eine finanztechnische Nachhilfe erteilen: 3,5 habe ich ausgerechnet. Sie gehen von 3,7 Milliarden Euro pro Jahr aus, was durch die Mehrwertsteuersenkung an staatlichen Einnahmen verlustig gehen würde. Ich hatte vorhin schon gesagt, und wir haben es auch deutlich gemacht: Um die gleiche Summe könnten Sie ohne Not den Zuschuss für die Krankenkassen senken. Wenn Sie sagen, das sei eine Vermutung, dann mögen Sie natürlich in Ihrer Objektivität recht haben.
Ja, ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Aber ich sage Ihnen Folgendes: Sie haben bereits diese Zuschüsse für die Sozialversicherungssysteme beschlossen. Also können Sie das doch klar feststellen. Es ist keine Vermutung. Oder ist Ihre Politik aus Ihrer Sicht nur eine Vermutung? Das muss ich dann natürlich zur Kenntnis nehmen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich freue mich natürlich über Ihre Kurzintervention. Wo ist Herr Pellmann?
Hier ist Herr Pellmann. Erst einmal herzlichen Dank, dass Sie mir Nachhilfe im Rechnen gegeben haben. Das mache ich mir gern zu eigen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Mehrwertsteuer eine Steuer ist, die nicht nur dem Bund zusteht, sondern auch der Freistaat Sachsen partizipiert davon. Wenn wir eine Mehrwertsteuersenkung durchführen, geht diese brutal auch zulasten des Freistaates Sachsen.
Die Krankenkassen erhalten einen Zuschuss. Da ich Landespolitiker bin und dem Sächsischen Landtag angehöre, möchte ich darum bitten, dass wir die Zuschüsse bzw. unseren Anteil an der Mehrwertsteuer nicht nach unten korrigieren.
Das Zweite ist – das hatte mein Kollege Patt angesprochen –, dass wir die verschiedenen Mehrwertsteuersätze grundlegend auf den Prüfstand stellen. Ich habe hier noch ein paar Beispiele für Sie – vielleicht können Sie auch von mir ein wenig lernen –: Esel ist nicht gleich Esel. Für Hengste, Stuten, Fohlen, Wallache, Kreuzungen zwischen Eseln und Pferden gilt der reduzierte Mehrwertsteuersatz. Für Esel selbst gilt der volle Mehrwertsteuersatz – es sei denn, er ist geschlachtet.
Danke, Herr Präsident. – Herr Kollege Prof. Schmalfuß, Sie haben, wie ich finde, in der Sache richtig festgestellt, dass die Ausnahmen in der Mehrwertsteuer dazu führen, dass wir das System durchlöchern und dass es oft nicht sachgemäß ist. Im Prinzip teile ich diese Auffassung.
Ich erinnere an die Sitzung des Haushaltsausschusses im Dezember letzten Jahres, als ich darauf aufmerksam gemacht habe, wie kompliziert es in unserer Haushaltslage sein wird, beim Wachstumsbeschleunigungsgesetz und dessen Zustimmung durch den Freistaat Sachsen am 18. Dezember letzten Jahres auf die reichlich 100 Millionen Euro für das Land und circa 40 Millionen Euro für