Wir als SPD fordern unter anderem – dazu gibt es auch einen entsprechenden Antrag im Bundestag – einen
Herstellerrabatt bei gleichzeitiger Einführung eines Preismoratoriums, wir fordern Festpreise für überteuerte Medikamente, und zwar auf dem Niveau des Durchschnitts in Europa, wir fordern eine Kosten-NutzenBewertung der Arzneimittel, die auch zum Zeitpunkt der Zulassung der GKV vorliegen muss, und nicht zuletzt die schon genannte Positivliste.
Der vorliegende Antrag zur Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Medikamente ist nicht neu. Neu ist aber auch nicht, dass wir damit nicht das eigentliche Problem im Arzneimittelbereich lösen können.
Zwar könnten dadurch in der GKV derzeit etwa 4 Milliarden Euro eingespart werden, aber das derzeit vorausgesehene Defizit sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr kann damit nicht annähernd ausgeglichen werden. Bisher wird leider auf der Bundesebene nichts unternommen, das darauf schließen lässt, dass dieses Defizit schon in der Realität der Bundesregierung angekommen ist. Da wird von kleinen und großen Kopfpauschalen geredet, die jedoch genau dieses Problem nicht in Angriff nehmen, weil sie nur auf der Basis der vorhandenen Mittel ein neues Erhebungsinstrument einführen wollen. Vorschläge für eine nachhaltige Verbreiterung der Einnahmebasis liegen nicht vor, ebenso keine Vorschläge dafür, wo man auf der Ausgabenseite in der GKV sparen könnte.
Aber zurück zum Antrag der Linken. Der Vorschlag im Antrag geht für uns zu sehr in die gleiche Richtung wie politisches Handeln à la FDP, wenn wir an die Senkung der Mehrwertsteuersätze für Hotels denken.
Das lehnen wir als SPD ab. Ich stimme ausdrücklich der Stellungnahme der Staatsregierung zu dem Antrag zu, in der es heißt, dass die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Medikamente im Widerspruch zur Vereinfachung und Systematisierung des Steuerrechts steht. Weiter heißt es – ich zitiere –: „Ausnahmeregelungen wie die von der Antragstellerin geforderte Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes sind mit diesem Ziel unvereinbar.“
Dem stimmen wir zu, aber beim Thema Hotels hätten wir das genauso gesehen. Deshalb kann man diese Stellungnahme nur in zwei Richtungen interpretieren. Entweder Sie kritisieren die eigene Steuersenkung in Ihrem Wachstumsbeschleunigungsgesetz oder Sie sagen: Hotels sind als Ausnahme angenehm und legitim. – Dann messen Sie aber nach Gutdünken mit zweierlei Maß und das ist nicht in Ordnung.
Daraus kann man nur den Schluss ziehen: Vielleicht hätten die gesetzlichen Krankenkassen auch eine Spende an die FDP tätigen müssen, damit sie jetzt in den Genuss einer Steuersenkung kommen könnten.
Genau das ist aber das Problem der Intransparenz der momentanen Politik, die das Vertrauen der Menschen in die Politik verringert. Die Frage der Mehrwertsteuersenkung wird weiterhin aktuell bleiben – habe ich doch gelesen, dass die FDP nun auch an die Benzinpreise herangehen möchte und die Mehrwertsteuer für Benzin senken will. Da bin ich gespannt.
Der Antrag geht zwar in die richtige Richtung. Meine Fraktion ist aber der Meinung, dass das der zweite Schritt vor dem ersten ist. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung der Stimme enthalten.
Vielen Dank, Frau Neukirch. – Für die FDP spricht jetzt der Abg. Prof. Schmalfuß. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Neukirch, mich verwundert Ihr Beitrag. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, hat die SPD in der damaligen Bundesregierung genügend Zeit gehabt, das deutsche System zu reformieren.
Ich erinnere mich diesbezüglich an die „hervorragende“ Führung des Gesundheitsministeriums durch Frau Ulla Schmidt.
Ich denke, alle Pflichtversicherten in Deutschland haben aufgeatmet, als Frau Schmidt verabschiedet worden ist.
Meine Damen und Herren! Der Antrag der Linksfraktion ist wieder einer ihrer klassischen Anträge, der zeigt, wie wenig er durchdacht ist. Ich erinnere mich daran, – es war, glaube ich, im Jahre 2006, in der letzten Legislaturperiode –, damals hatten Sie einen ähnlichen Antrag gestellt. Ihr Antrag ist also ein erneuter Aufguss.
(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Wir sind hartnäckig! – Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Manche begreifen es erst beim dritten Mal, das ist nun einmal so!)
Auf der einen Seite fordern Sie eine pauschale Grundsicherung für ALG-II-Empfänger in Höhe von 500 Euro. Das kostet den Staat und somit den deutschen Steuerzah
ler mehr als 20 Milliarden Euro. Hinzu kommt die Forderung nach einem Mindestlohn, der über 1,2 Millionen Menschen die Arbeit kosten würde,
die dann weder Steuern noch Sozialabgaben leisten könnten. Auf der anderen Seite entziehen Sie dem Staat seine notwendige Einnahmenbasis.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Stefan Brangs, SPD: Das schlägt dem Fass fast den Boden aus! – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Die Steuersenkungspartei!)
Herr Brangs, kommen Sie nach vorn, dann können Sie auf meinen Beitrag antworten, oder stellen Sie eine Zwischenfrage!
Wir lehnen den Antrag aus vier Gründen ab, und das sind fachliche Gründe und keine populistischen, die Sie hier verbreiten.
Erstens. Diese Maßnahme ist derzeit nicht finanzierbar. Ihr Vorschlag hätte deutliche finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Kassen,
die besonders heute unter enormem Druck stehen und umfassende Einsparungen in Erwägung ziehen müssen.
Die Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf verschreibungspflichtige Medikamente bedeutet für den öffentlichen Haushalt – das haben Sie in Ihrer Rede nicht gesagt – Mindereinnahmen in Höhe von 3,7 Milliarden Euro, und das pro Jahr.
Herr Pellmann, Sie kommentieren meine Ausführungen einfach nur mit „Na und!“ Das zeigt doch klar, welches Verhalten Ihre Fraktion zum Geld hat.
(Dr. André Hahn, Linksfraktion, steht am Mikrofon. – Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Jetzt wird es langsam Karneval!)
Ja, wenn sich der Geräuschpegel etwas senkt, versuche ich gern die Frage des Kollegen Hahn zu beantworten.