Protocol of the Session on July 10, 2014

Engagement – eine starke Gemeinschaft; Mitverantwortung und Mitbestimmung – Stärkung der regionalen Wirtschaft.

Auf einen wichtigen Punkt möchte ich zum Schluss noch eingehen, der leider auch im Antrag der GRÜNEN fehlt: die immer schwierigere Suche nach Fachkräften, gerade im ländlichen Raum abseits der Ballungszentren. Leider ist im Bereich der Berufsorientierung in den letzten fünf Jahren viel zu wenig passiert. Es gibt viele erfolgreiche innovative Unternehmen mit hoch interessanten Jobs, aber niemand kennt sie.

Leider ist es immer noch so an Sachsens Schulen, dass die Möglichkeiten in den Unternehmen vor Ort meist unbekannt sind. Hier können noch stärker regional verankerte Wirtschaftskreisläufe über gezieltes Standortmarketing gemeinsam viel mehr erreichen als jeder Akteur für sich. Hier schlummern erhebliche Chancen für die jeweiligen Regionen, die aber gezielt unterstützt werden müssen. Dafür werden wir eintreten und deshalb stimmen wir ihrem Antrag zu.

Das ist ein wilder Mix oder besser zweiter Aufguss der GRÜNEN-Anträge aus den letzten fünf Jahren. Aber wie auch beim Tee gilt: Der zweite Aufguss schmeckt nicht besser. Einige der von ihnen angesprochen Themen werden längst umgesetzt – nur unter anderem Namen. Und andere Punkte halten wir politisch für falsch.

Was mir bei Ihnen aber völlig fehlt: Wo ist Ihre Aussage zum Straßenbau? Maschinenteile werden nicht per Fahrradkurier ausgeliefert. Wo ist Ihre Aussage zur Digitalstrategie und zu schnellem Internet, gerade auch als Chance für ländliche Regionen?

Wo ist Ihre Aussage zur Belastung von Unternehmen mit Steuern, Abgaben und Vorschriften? Oder zu Energiekosten? Wo ist Ihre Aussage zum Fachkräftenachwuchs? Meine lieben GRÜNEN, Sie beschäftigen sich nur mit einem Bruchteil der Themenfelder, die für die regionale Wirtschaft wichtig sind.

Um beim Fußball zu bleiben: Sie kümmern sich um Rückpässe und Einwürfe, das Kombinationsspiel und Toreschießen kommt bei Ihnen aber nicht vor. Aus zeitlichen Gründen kann ich nur auf einige Punkte des Antrages eingehen.

Wir unterstützen die Entwicklung „kompakter Innenstädte", zum Beispiel durch die „Stadtentwicklungsstrategie Sachsen 2020“, aber auch durch den Wettbewerb „Ab in die Mitte". Unternehmensgründer werden in Sachsen durch das Programm Gründungs- und Wachstumsfinanzierung, die Mikrodarlehen oder die Gründungsberatung gefördert. Mikrokredite gibt es über den ESF

Mikrodarlehensfonds der SAB oder kleine Beteiligungen bis 50 000 Euro über die MBG.

Stichwort Energie. Entscheidend ist nicht die Frage, wer Netze besitzt oder Energie produziert, sondern, wer sicher und bezahlbar Energie bereitstellt. Der bundesweite Kostenvergleich zeigt, dass Stadtwerke keinesfalls immer günstiger als private Anbieter sind.

Lokale politische Gestaltungsmöglichkeiten haben die Regionen bereits. Die ILE/LEADER-Förderung, aber auch investive Schlüsselzuweisungen im FAG geben Kommunen die Möglichkeit, eigene Schwerpunkte bei Investitionen zu setzen. Wäre es wirklich schlau, dem GRÜNEN-Vorschlag zu folgen und die Investitions- und Technologieförderung auf die Kommunen zu übertragen? Allein die Kompliziertheit im Umgang mit EU-Fördermitteln sowie die Einhaltung der EU-Subventionsregeln sind bereits vom Land nur mit größter Kraft zu stemmen.

Ich weiß nicht, ob wir jetzt noch EU-Subventionsexperten in den Kreisverwaltungen einstellen sollten. Über das Thema ÖPNV hatten wir bereits heute früh gesprochen. Ich sehe acht andere Punkte, die eine Relevanz für die Stärke der regionalen Wirtschaft haben:

Technologie- und Innovationspolitik für Sachsen aus einem Guss, Innovationsförderung entlang der gesamten Wertschöpfungskette, nicht entlang von Kreisgrenzen;

Unterstützung des Wissens- und Technologietransfers, zum Beispiel Innovationsprämie, Mittelstandsrichtlinie;

Unterstützung von Forschung und Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen, zum Beispiel Innovationsassistenten;

Erhöhung der Betriebsgrößen durch Wachstum und Übernahmen;

bessere Berufs- und Studienorientierung in Schulen;

Rücknahme der Vorfälligkeit von Sozialversicherungsbeiträgen, um die Liquidität zu steigern und Bürokratie zu senken;

Fortführung der sächsischen Kofinanzierung für das Meister-BAföG zur Förderung der Meisterausbildung und Stärkung der dualen Ausbildung und

Einsatz auf Bundesebene, dass zusätzliche Frequenzen für schnelles drahtloses Internet zur Verfügung gestellt werden.

Ich glaube, jede dieser Maßnahmen bringt deutlich mehr als eine sächsische Hochglanzbroschüre zur Bewerbung von Genossenschaften oder ein Regional-Taler als Ergänzungswährung zum Euro.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 11

Arm trotz Arbeit – nicht mit uns!

Drucksache 5/14723, Antrag der Fraktion der NPD

Die Fraktionen können wir folgt Stellung nehmen: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, sofern sie das Wort wünscht. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die NPD-Fraktion Herr Abg. Szymanski; Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die Sozialdemokraten einmal in der langen Geschichte ihrer Partei ihre Arbeit richtig gemacht hätten, dann wäre dieser Antrag gar nicht notwendig.

Am 3. Juli wurde im Bundestag der Beschluss für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn à la SPD gefasst. Die Kritik kam in ungewohnter Einigkeit von verschiedenen Seiten. Neben den erwarteten Einwänden der Arbeitgeber kritisierte auch der ungarische EUKommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration, László Andor – übrigens ein Sozialist –, die Ausnahmeregelungen, die auf Druck der deutschen Sozialdemokraten beschlossen wurden.

Der Präsident der Bundesagentur für Arbeit, FrankJürgen Weise, sieht handwerkliche Fehler im Machwerk der Großen Koalition und prophezeit Widersprüche, Ausweichverhalten und Unzufriedenheit.

Die Gewerkschaften sehen im jetzigen Mindestlohngesetz mindestens Wahlbetrug und ein inhaltliches Einknicken der SPD. Für ver.di-Chef Frank Bsirske ist der derzeitige Mindestlohn durch die vielen Ausnahmen – Zitat – „brutal amputiert“.

Auch aus unserer Sicht haben die bisherigen Regelungen mehrere Fehler, die unter anderem durch unseren heute vorgestellten Antrag beseitigt werden können. Besonders der Mindestlohnverzicht für Langzeitarbeitslose ist für viele Menschen in Sachsen und überall in Deutschland eine bittere Pille. Wieder einmal werden Millionen Arbeitsuchende von der Sozialdemokratie zu Menschen zweiter Klasse degradiert. Als ob die Sozialdemokraten und die Unionsparteien aus den Hartz-IV-Protesten vor zehn Jahren mit ihren Schwerpunkten in Mitteldeutschland nichts gelernt hätten!

Auch die Sonderausnahme für Verleger ist dem geschickten Lobbyismus der Medienindustrie geschuldet sowie der Tatsache, dass die SPD selbst über ein großes Medienimperium verfügt. Zeitungsboten dürfen auch weiterhin mit einem Hungerlohn abgespeist werden, weil den Regierungsparteien der Mut fehlt, ihre Politik auch mit Gegen

wind aus der Blätterwelt durchzusetzen – ein Vorgang, der einer Demokratie unwürdig ist.

(Beifall bei der NPD)

Unser Antrag möchte da greifen, wo die SPD versagt hat. Heute müssen 1,3 Millionen Bürger ihren Lebensunterhalt trotz Arbeit durch Sozialleistungen aufstocken. Dank der zahlreichen Ausnahmen beim Mindestlohn werden auch in Zukunft Menschen auf diese Maßnahme angewiesen sein. Wir stellen Ihnen mit unserem Antrag einen Weg vor, diese Form des Hungerlohns wirkungsvoll zu bekämpfen und dieses langjährige politische Problem endlich zu lösen. Mit unserer Initiative könnten wir den schwarzen Schafen das Handwerk legen und der bisher praktizierten Wirtschaftspolitik, der Niedriglohnsubvention, endlich ein Ende setzen.

(Beifall bei der NPD)

Wir greifen mit unseren Vorschlägen die Kritik der Bundesagentur für Arbeit, der Sozialverbände, der Gewerkschaften und sogar der EU-Kommission auf und bieten eine Lösung an. Während die GRÜNEN dem nicht flächendeckenden Mindestlohn auf Bundesebene zugestimmt haben und sich DIE LINKE ohne Lösungsansätze mit noch höheren Forderungen ihrer Verantwortung entzogen hat, bieten wir Ihnen eine Alternative, um wirkliche Gerechtigkeit in der Arbeitswelt herzustellen und auf die besonderen Herausforderungen des sächsischen Arbeitsmarktes zu reagieren.

Ich bin auf Ihre Diskussionsbeiträge und die Stellungnahme der SPD gespannt, die ja oft mit dem Begriff „historisch“ um sich wirft, wenn es um ihren Mindestlohn für einige – mit Ausnahmen für Millionen – geht. Historisch ist bisher nur die verpasste Chance, für einen wirklich gerechten Arbeitsmarkt in Sachsen und dem Rest unseres deutschen Vaterlandes zu sorgen.

Ich erwarte eine spannende Diskussion, bei der jeder im Hause Farbe bekennen muss, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Nun die CDU-Fraktion; Herr Abg. Krauß. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will es kurz machen.

Das Thema Mindestlohn spielt in dem Antrag ja eigentlich keine Rolle, aber man kann einmal darauf hinweisen, dass der Mindestlohn dazu beiträgt – wenn Sie einmal Ihren Titel nehmen: „Arm trotz Arbeit“ –, dass sich Arbeit in diesem Land lohnt.

Ganz kurz zu Ihrem Antrag. Die meisten Aufstocker, die wir haben, sind Familienangehörige, also Väter oder Mütter, die Kinder haben und dadurch nicht mehr in der Lage sind, das Existenzminimum durch ihr Gehalt zu erwirtschaften. Das ist die große Zahl derer.

(Holger Szymanski, NPD: Das kommt gleich noch, Herr Krauß!)

Und es sind andere, die es auch gibt, die zum Beispiel alleinerziehend bzw. alleinlebend sind und arbeiten und deshalb auf Unterstützung angewiesen sind.

Wenn das, was in Ihrem Antrag steht, umgesetzt werden würde, insbesondere, was unter Punkt 3 steht, dann hieße das, dass Väter oder Mütter, die drei Kinder haben und als Verkäuferin oder Kfz-Mechaniker arbeiten, keinen Job mehr bekommen würden, weil jeder Arbeitgeber sagen würde: Das tue ich mir nicht an, wenn jeder in meine Unterlagen hineinschauen und mir vielleicht sagen kann: Hier hättest du das Geld nicht ausgeben können, sondern du hättest lieber das Gehalt ausgeben können.

Wenn so etwas entsteht, dann ist das ein Ausschlussprogramm für alle Menschen, die in diesem Land Kinder haben. Deshalb ist dieser Antrag sinnlos und ich bitte darum, dass er abgelehnt wird.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Kollege Krauß sprach für die CDU-Fraktion. – Gibt es in dieser ersten Rednerrunde weiteren Redebedarf? – Diesen kann ich nicht feststellen. Wir eröffnen also eine zweite Runde, und das Wort ergreift für die einbringende NPD-Fraktion der Abg. Dr. Müller.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte es relativ kurz machen.