Protocol of the Session on March 11, 2010

Dafür liegen fertige Gesetzentwürfe mit juristischfachlichen Beurteilungen in unserem Land, im Plenum

dieses Sächsischen Landtages vor. Mit der Anhörung und den praktischen Umsetzungen in einigen Ländern gibt es genügend Erfahrungen, sodass wir es in Sachsen einfach nur nachvollziehen brauchen. Wir müssen es nur wollen – was die Frage an Sie, liebe Kollegen der SPD, provoziert: Warum haben Sie nicht sofort das ganze Gesetz eingebracht, um hier auch wirklich den nötigen Druck auszuüben?

(Martin Dulig, SPD: Das machen wir als Nächstes!)

Ich höre es gern, wenn wir das als Nächstes machen. Jetzt sind Sie in der Opposition und müssen wahrscheinlich noch lernen, nicht Rücksicht zu nehmen, sondern frei für die Richtigkeit Ihrer Positionen zu kämpfen,

(Martin Dulig, SPD: Danke für den Tipp!)

und zwar hier im Lande und nicht nur bundesweit. Ich gehe davon aus, wir sind uns einig: Ein Gesetz im Lande ist mehr wert als ein Antrag über den Bundesrat, die Staatsregierung aufzufordern, dafür die Kämpfe im Bundesrat zu führen. Wie sie aussehen werden, werden wir verfolgen können.

Der wirksame Schutz vor unlauterem Wettbewerb ist in Sachsen allemal den Antrag wert; deshalb stimmen wir ihm zu.

(Beifall bei der Linksfraktion und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Zais. – Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion ist an der Reihe; es spricht Herr Prof. Schmalfuß. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! „Die Bestechung in den deutschen Amtsstuben ist seltener, in Unternehmen dagegen erheblich häufiger geworden.“ – Zu diesem Schluss kommt das Bundeskriminalamt in seinem aktuellen Lagebild Korruption für das Jahr 2008.

Im Freistaat Sachsen hat es in der Vergangenheit leider einige spektakuläre Ermittlungen gegeben. Ich erinnere nur an den Bau der Bundesautobahn A 72 Chemnitz– Plauen oder an die Ermittlungen gegen den früheren MDR-Sportchef Mohren. Konkret leiteten sächsische Staatsanwälte im Jahr 2008 63 Verfahren gegen 102 Beschuldigte wegen Korruption ein. Dass Sie, meine Damen und Herren von der SPD, den vorliegenden Antrag eingebracht haben, ist nur konsequent.

(Beifall des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Der SPD-Fraktion ist es in den vergangenen fünf Jahren ihrer Regierungsbeteiligung aber nicht gelungen, ihr eigenes vollmundiges Wahlprogramm von 2004 und die Regelungen des Koalitionsvertrages zwischen CDU und SPD umzusetzen. Das von der SPD-Fraktion in der vergangenen Legislaturperiode angekündigte sächsische

Zuverlässigkeitsüberprüfungsgesetz hat es nicht über die 1. Lesung hinaus geschafft und ist letztendlich der Diskontinuität unterfallen. Ebenso wurde ein einheitliches Bundeskorruptionsregister in der Vergangenheit nicht geschaffen.

(Stefan Brangs, SPD: Dann führen Sie es doch wieder ein!)

Insofern müssen Sie sich von mir durchaus den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie es unter Ihrer Regierungsbeteiligung – sowohl hier im Freistaat Sachsen als auch auf Bundesebene – nicht geschafft haben, die Korruptionsbekämpfung auf eine neue rechtliche Grundlage bzw. ein neues Instrument zu stellen.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Meine Damen und Herren, dass ein bundesweites Korruptionsregister notwendig ist, steht außer Frage. Insofern stimmen wir Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, ausdrücklich zu. Die FDP-Fraktion hat ein solches übrigens bereits im Februar 2007 gefordert, und dazu stehen wir nach wie vor.

Die Fragestellung, meine Damen und Herren, ist jedoch längst nicht mehr, ob es ein bundesweites Korruptionsregister geben soll. Der Streit entzündet sich bereits seit mehreren Jahren am Wie, an der konkreten Ausgestaltung, an den konkreten Inhalten des Korruptionsregisters. Da ist der vorliegende SPD-Antrag etwas dürftig und wenig hilfreich. Meine Frage, Herr Brangs, Sie können sie vielleicht nachher noch beantworten: Was verstehen Sie als Antragstellerin beispielsweise unter „entsprechenden strafrechtlichen Verurteilungen“?

Als FDP-Fraktion wollen wir

erstens eine Eintragung betroffener Unternehmen und der für sie Handelnden erst nach rechtskräftiger Verurteilung nach den §§ 331 bis 334 Strafgesetzbuch;

zweitens die Verpflichtung der Gerichte, verurteilte Personen und betroffene Unternehmen an das Register zu melden;

drittens den Ausschluss verurteilter Personen und betroffener Unternehmen für mindestens zwei Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge, und

viertens die Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber, bei der Prüfung der Zuverlässigkeit von Unternehmen und Personen Auskünfte aus dem Register einzuholen.

Meine Damen und Herren, Korruptionsstraftaten schädigen das Gemeinwesen in vielerlei Hinsicht. Neben dem finanziellen Schaden im Einzelfall für Staat und Steuerzahler schädigen sie den Wettbewerb, sein Funktionieren und damit die staatliche wie auch wirtschaftliche Ordnung. Ein bundesweites Korruptionsregister kann ein wirksames Abschreckungs- und Vorbeugungsinstrument sein. Es ermöglicht den öffentlichen Auftraggebern, Informationen über potenzielle Auftraggeber einzuholen und somit die Vergabe öffentlicher Aufträge an unzuverlässige Auftragnehmer zu verhindern.

Wir sind als FDP-Fraktion ganz klar für ein bundesweites Korruptionsregister. Da uns der vorliegende Antrag aber bei der Diskussion keinen Schritt weiterbringt, werden wir ihn ablehnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Prof. Schmalfuß. – Meine Damen und Herren, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist nun an der Reihe; Frau Abg. Jähnigen, ich bitte Sie, den Redebeitrag für die Fraktion zu halten. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man diesen Antrag liest und nicht auf den Briefkopf geschaut hat, bekommt man den Eindruck, die Antragsteller kämen mitten aus der außerparlamentarischen Opposition und nicht aus der Partei SPD, die neben ihrer langen, langen Parlamentserfahrung eben auch gerade auf acht Jahre Regierungsverantwortung im Bund und im Freistaat Sachsen zurückblickt. Die SPD erhofft sich mit dem Antrag, dass die Regierung von CDU und FDP auf Bundesebene einen Gesetzentwurf für ein Korruptionsregister einbringt, lässt aber völlig offen, was darin wie geregelt werden soll. So wenige Vorstellungen haben Sie? Das ist peinlich.

Ich erinnere daran, dass am 20. März 2009 im Bundestag über einen von der GRÜNEN-Fraktion eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige Unternehmen – KorruptionsregisterGesetz –, Bundestagsdrucksache 16/11211, in 2. Lesung beraten wurde. Der Gesetzentwurf wurde abgelehnt – mit den Stimmen der CDU/CSU, der FDP und der SPD. Sie alle waren zu der Erkenntnis gelangt, dass es keiner zusätzlichen Plattform bedürfe, vielmehr die Nutzung des zentralen Gewerberegisters eine bürokratiearme und transparente Lösung für alle sei.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wir verbuchen das einmal als Koalitionsdisziplin. Aber nun sind Sie in der Opposition – „angekommen“ kann man wahrscheinlich noch nicht sagen. Wir müssen uns fragen, welchen Wurf Sie von der CDU und ihrem neuen Koalitionspartner FDP erwarten, die sich Entbürokratisierung und Wirtschaftsförderung auf die Fahnen schreiben und Korruptionsbekämpfung in den Koalitionsverträgen auf Bundes- und auf Landesebene nicht einmal erwähnen.

(Thomas Jurk, SPD: Wir wollen es ihnen leicht machen!)

Herr Jurk ruft mir jetzt zu: „Wir wollen es ihnen leicht machen!“ – Zu leicht, lieber Kollege Jurk.

Natürlich wissen wir aus den Angaben des Bundeskriminalamtes, dass die Korruption auf den höchsten Stand seit vier Jahren gestiegen ist. Das Bundeskriminalamt verweist auch auf die erhebliche Dunkelziffer.

Den Schwerpunkt bildet – die Vorredner haben es zu Recht gesagt – weiterhin die allgemeine Verwaltung. Die

Korruptionsgefahr steigt natürlich im Blick auf die erweiterten freihändigen Vergaben im Zusammenhang mit dem Konjunkturpaket. Deshalb brauchen wir gerade hier im Freistaat Sachsen dringend klare Regelungen für die Landesverwaltung und die Kommunalverwaltungen. Leider, leider fehlt Ihrer Initiative jeder Landesbezug. Was wollen Sie? Wir haben auch in Sachsen ein Problem mit der Korruption. Die Anzahl der erfassten Taten nimmt seit Jahren nicht ab, und das, obwohl nach der bedauerlichen Abschaffung der Sonderkommission INES die Aufklärungsquote nicht gestiegen, sondern gesunken sein dürfte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wo ist Ihr Gesetzentwurf aus Koalitionszeiten, den Ihnen die CDU nach zähen Verhandlungen im Koalitionsausschuss 2008 versprochen hatte? Herr Jurk ließ sich nach dem A-72Skandal im Frühling 2008 in der Presse mit der Aussage zitieren, dass er in Sachsen ein Korruptionsregister einführen wolle; ein Gesetzentwurf sei in der Schublade. – Da liegt er immer noch, aber da liegt er schlecht. Stattdessen haben Sie unsere Initiative für ein sächsisches Antikorruptionsgesetz im November abgelehnt.

(Stefan Brangs, SPD, zeigt mit beiden Armen in Richtung CDU-Fraktion.)

Ich frage, was Sie wollen. Deshalb muss ich mich mit Ihnen auseinandersetzen, auch wenn Ihnen das nicht angenehm ist.

Damals versprach der Staatsminister, ein modernes, praktikables Gesetz in Kürze vorzulegen. Er tat es aber nicht. Unser Gesetzentwurf enthielt konkrete Vorschläge, um in der Kommunal- und der Landesverwaltung Korruption vorzubeugen, nachzulesen in der Landtagsdrucksache 4/8210.

Liebe Kolleginnen und Kollegen in allen demokratischen Fraktionen, wir hatten übrigens auch eine Regelung vorgesehen, wonach Sponsoring nach Zweck und Höhe offenzulegen ist – machen wir es öffentlich! – und Direktspenden für Mandatsträger verboten werden.

(Interne Diskussion der Abg. Stefan Brangs und Thomas Jurk, SPD, mit dem Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Sie können gern eine Zwischenfrage stellen oder die Möglichkeit der Kurzintervention nutzen, weil ich Sie hier vorn schlecht verstehe, wenn Sie alle durcheinanderreden.

Die Grundlinie des Antrags ist richtig. Der Sächsische Landtag muss sich mit Korruption umfassend befassen. Der Antrag der SPD ist sehr bescheiden, viel zu bescheiden, um den Widerstand aus CDU und FDP gegen konkrete korruptionsbekämpfende Regelungen aufzubrechen.

Wegen der Symbolwirkung stimmen wir diesem Antrag heute zwar zu, sagen aber auch deutlich: Wir brauchen konkrete Vorschläge und eine konkrete Debatte. Wir GRÜNEN teilen nicht das Vertrauen der SPD, dass die schwarz-gelbe Staatsregierung das aus eigener Substanz

leisten kann. Deshalb laden wir die Abgeordneten aller demokratischen Fraktionen wie auch die Staatsregierung herzlich dazu ein, sich mit unseren konkreten Vorschlägen auf Bundes- und auf Landesebene auseinanderzusetzen. Es hilft gar nichts, immer um den heißen Brei herumzuschleichen; man muss dann auch einmal den Löffel in die Hand nehmen.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Jähnigen. – Für die NPD-Fraktion Herr Petzold. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon bedauerlich, dass es in der BRD immer noch kein einheitliches und bundesweites, alle Länder vernetzendes Korruptionsregister gibt, und dies, obwohl der Bundestag am 26. April 2002 das Gesetz zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen und zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige Unternehmen verabschiedet hat. Das Thema wäre damit vom Tisch gewesen, wenn es nicht die CDU im Bundesrat mit den Stimmen der Union der Länder abgelehnt hätte, nachdem zuvor im Vermittlungsausschuss keine Einigung erzielt worden war. Auch hier liegt Erklärungsbedarf vor, da den Bürgern im Lande sicherlich schwer zu vermitteln ist, welche Einwände gegen die Einführung eines solchen Zentralregisters ins Feld geführt werden können.