Lassen Sie mich zum Abschluss noch einmal – da auch Sie, Herr Scheel, sich kritisch geäußert haben – auf das Zustandekommen der Gesetzentwürfe eingehen.
Mit dem Lenkungsausschuss hat die Koalition die kommunale Ebene, auch wegen des verfassungsrechtlich garantierten Mehrbelastungsausgleiches, von Anfang an in die Reformplanung einbezogen.
Dass die Opposition in einem Verfahrensstadium nicht mit am Tisch sitzt, halte ich nicht für ungewöhnlich.
Das ist erst recht nicht unanständig. Bevor es ins parlamentarische Verfahren geht, muss eine Regierung und
eine Regierungskoalition das Recht haben, sich erst einmal selbst auf ein Reformpaket zu verständigen.
Damit sage ich nichts Falsches: Die Linke in Mecklenburg-Vorpommern hatte das in der Regierung auch nicht anders gemacht.
(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Die haben ein Leitbild beschlossen! – Sebastian Scheel, Linksfraktion: Da gab es einen Ausschuss!)
Lassen Sie mich noch auf eines hinweisen: So häufig, wie die Kollegen Lichdi und Martens die Innenausschussberatungen geschwänzt haben, kann ich ein deutliches Interesse dieser beiden Oppositionsfraktionen an einer gemeinsamen Gesetzesarbeit nicht erkennen.
Vielleicht können Sie von der Fraktion der GRÜNEN uns erklären, warum Sie an den beiden letzten Ausschusstagen nicht anwesend waren.
Kollege Bräunig, ganz abgesehen davon, dass wir hier über die sächsische Reform reden und nicht über die gescheiterte in Mecklenburg-Vorpommern: Geben Sie mir denn recht, dass in Mecklenburg-Vorpommern das gemacht worden ist, was Kollege Scheel gefordert hat? Es hat nämlich im Vorfeld dieser Reform eine Enquete-Kommission – inklusive aller im Landtag vertretenen Parteien – gegeben, die die Grundsätze ausgearbeitet hat.
Ich gebe Ihnen recht, dass das so gewesen ist. Hier hat es eine Expertenkommission und einen Lenkungsausschuss gegeben.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Waren da alle Parteien drin, die im Landtag vertreten sind?)
Dass wir die Gesetzentwürfe im Diskussionsprozess an vielen Stellen inhaltlich noch einmal verändert haben, meine Damen und Herren, zeigt jedenfalls, dass es uns wirklich um eine ergebnisoffene Beratung ging. Bis zum Schluss haben wir wirklich in den Innenausschussberatungen – das werden Sie bestätigen können, Herr Scheel – Anregungen der kommunalen Spitzenverbände aufgegriffen und eingearbeitet. Der Grundsatz „Kein Gesetz verlässt den Landtag so, wie es eingebracht worden ist“ wird hier wieder einmal bestätigt.
Es ist eigentlich simpel. Anders als ursprünglich geplant, werden die Gesetze nun einen Monat später verabschiedet. Aus meiner Sicht ist es mehr als redlich, diesen verlorenen Monat am Ende wieder hinzuzufügen, wenn die kommunale Ebene aus Gründen der ordentlichen Vorbereitung darum bittet.
Ich möchte an dieser Stelle einen Punkt machen, da die Redezeiten dieser Generalaussprache begrenzt sind. Ich hoffe, wir haben in der Aussprache zu den einzelnen Änderungsanträgen noch die Gelegenheit, den einen oder anderen Punkt näher zu beleuchten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute abschließend über die sächsische Verwaltungsreform, das politische Lieblingskind der Staatsregierung – zumindest in dieser Legislaturperiode. Es darf dabei durchaus ganz trivial gefragt werden, warum die Staatsregierung diese Verwaltungsreform gerade mit diesen entsprechenden Aufgabenverlagerungen will, wenn man von rein monetären Gesichtspunkten auf Landesebene absieht.
Eine genau dies klärende, entsprechende Aufgabenkritik im Vorfeld, die umfassend Akteure auch der Opposition einbezogen hätte, hat jedenfalls keineswegs stattgefunden. Weder der Bürger noch die Opposition im Parlament wurden frühzeitig in die Ausgestaltung des Reformpaketes einbezogen; denn die Staatsregierung begnügte sich damit, in Form einer 1. Lesung ihre Proklamation lediglich zur Kenntnisnahme und weiteren Bearbeitung auch wieder nur durch die Regierungsfraktionen abzugeben. Sowohl vor als auch nach dieser 1. Lesung wurde diese Verwaltungsneuordnung mehr oder weniger auf dem Wege einer Geheimdiplomatie hinter verschlossenen Türen zwischen Staatsregierung, Landräten und Koalitionsfraktionen – nett zusammengefasst als Lenkungsausschuss – vorangetrieben.
Die NPD-Fraktion kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass in dem Zuge, wie dabei die Landräte um Machtzuwachs rangen, die Staatsregierung bereitwillig Verantwortung und Kosten abzustreifen bemüht war. In der Folge haben sich die Landkreise bei der Kompetenzverteilung ungeprüft bereit erklärt, sich nahezu alle in der Diskussion stehenden Aufgabenfelder übertragen zu lassen, ohne dabei ausreichend auf die eigene Leistungs
fähigkeit bedacht zu sein. Seitens der Staatsregierung fand bei allem Verständnis für das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung kaum eine Abwägung hinsichtlich der landespolitischen Zweckmäßigkeit so mancher Aufgabenübertragung statt.
Dem politisch nach NPD-Verständnis nicht unmaßgeblichen Entscheidungsträger Parlament wurde dann eine unausgegorene Drucksache vorgelegt, die weniger als Einladung zur gestalterischen Diskussion zu verstehen war als vielmehr als Aufforderung, sie regierungsgefällig abzunicken. Welche Aufnahme Forderungen, Ideen, Anregungen und Anträge der Opposition vonseiten der Koalitionsmehrheit erfahren, ist allerdings spätestens seit den Haushaltsberatungen hinreichend bekannt. Von daher ist es vielleicht, entgegen unserer ursprünglichen und grundsätzlichen Haltung, sogar kein Fehler gewesen, auf die Einrichtung eines eigenen Unterausschusses zu verzichten, da die strukturelle Beratungsresistenz der Regierungskoalition sowie die daraus resultierende Vorhersehbarkeit von einseitigen Entscheidungsabläufen dessen Wirksamkeit ohnehin auf null reduziert hätten.
Die Ausschussarbeit – etwas, das für Oppositionsfraktionen in diesem Haus ohnehin zumeist ein vollkommen sinnloses Unterfangen darstellt – zeigt zudem die handwerkliche Katastrophe des Gesetzentwurfes auf. Hauptaufgabe war, darin die formale Richtigkeit herzustellen, um diesen zumindest formal beschlussfähig darzustellen. So etwas mag all denen überlassen sein, deren Selbstverständnis es ist, als Reparaturbetrieb der Staatsregierung fungieren zu wollen. Die NPD-Fraktion lehnt dies entschieden ab.
Die unzureichende Aufgabenkritik für dieses angebliche Jahrhundertprojekt hat dazu geführt, dass sowohl der zwingend notwendige Zielparameter Stärkung der Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung in den sächsischen Regionen völlig außer Acht gelassen als auch das erwünschte Ziel einer kostengünstigen Verwaltung in großen Teilen verfehlt wurde.
Dass Ihre Verwaltungsreform bestenfalls mittelmäßig ist, wird am ehesten an der Beibehaltung der Mittelbehörden deutlich. Gemessen an den großspurigen Sprüchen und der damit verbundenen allgemeinen Erwartungshaltung, welch großer Sprung diese Verwaltungsreform werden soll, stellt die NPD-Fraktion fest: Die Staatsregierung wollte als Tiger springen und ist nicht einmal als Bettvorleger geendet.
Nicht nur für den Übergang von einer dreigliedrigen Verwaltung zur Zweigliedrigkeit fehlte Ihnen der Mut, nein, Sie waren nicht einmal zu einer Reduzierung der Regierungspräsidien bzw. zur übergangsweisen Schaffung eines einheitlichen Landesverwaltungsamtes fähig. Stattdessen glauben Sie, durch einen Etikettenschwindel nicht vorhandenen Reformeifer vorzutäuschen, indem Sie
die Regierungspräsidien lediglich in Landesdirektionen umbenennen und ein wenig die Aufgaben umverteilen.
Die fruchtlose Selbstbeschäftigung der Staatsregierung schlägt sich auch deutlich im Gesetzentwurf selbst nieder. Allein im Geschäftsbereich des SMI befassen sich 15 der 21 Artikel mit der Frage der Umbenennung der Regierungspräsidien in Landesdirektionen. Zudem ist festzustellen, dass mit dem vorgelegten Gesetzentwurf im Zuge der Kommunalisierung von Aufgaben sogar noch die Bündelungsfunktion der Mittelbehörden entfällt, wodurch die allgemeine Kritik an den Mittelinstanzen verschärft und deren Notwendigkeit einmal mehr infrage gestellt wird.
Auch in finanzieller Hinsicht ist leicht durchschaubar, was wirklich hinter diesem Reformvorhaben steckt. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als der Versuch einer Sanierung des Landeshaushaltes auf dem Rücken der kommunalen Gebietskörperschaften. Die fehlende Aufgabenkritik im Vorfeld hat dazu geführt, dass letztendlich kaum Aufgaben tatsächlich wegfielen. Stattdessen wurden diese auf die Kommunen verlagert. Diese haben nun eine Effizienzrendite zu erwirtschaften, wenngleich aber mitnichten eine effizientere Verwaltungsstruktur vorherrscht. Es wird faktisch dem Zufall bzw. dem Budget der Kreise überlassen, welche Aufgaben wegen mangelnder Finanzierbarkeit in Zukunft nicht mehr oder nur noch unvollständig gewährleistet werden können.
Dass dies vorrangig ureigenste Aufgaben der kommunalen Gebietskörperschaften betreffen wird, liegt auf der Hand. Schließlich sind die übertragenen Aufgaben zum Großteil Pflicht- bzw. weisungsgebundene Aufgaben. Das „geschenkte Personal“, das im Zuge des Personalübergangs „der Aufgabe folgt“, wird sich durch die sogenannte Effizienzrendite über kurz oder lang zur Last der Landkreise entwickeln.
Eine politische Entscheidung wird folglich durch die selbst geschaffenen Sachzwänge ersetzt. Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, sind im Begriff, indirekt mit Ihrem Gesetzentwurf letztendlich sogar ein flächendeckendes Demokratiedefizit herbeizuverwalten.
Im Zusammenhang mit finanzpolitischen Gesichtspunkten steht es für meine Fraktion, die NPD, eindeutig fest, dass es ein weiteres unausgesprochenes Ziel der Staatsregierung ist, mit dieser Verwaltungsreform die Umsetzung des von Ihnen avisierten Personalabbaus einfach auf die kommunale Ebene abzuschieben. Dies muss Ihnen in dieser Sache zumindest unzweifelhaft unterstellt werden. Insofern zeigt sich für die NPD-Fraktion auch, dass Ihre Politik alles Mögliche sein mag, aber auf keinen Fall in diesem Sinne ehrlich.
Des Weiteren ist diese Verwaltungsreform gerade mit Blick auf den personalpolitischen Bereich mit folgenschweren Fehlern behaftet. Die Staatsregierung ist der Meinung, es ließe sich alles kommunalisieren, allein aufgrund von Beschlussfassungen und völlig ungeachtet der Folgen im praktischen Vollzug. Die sich aus dem vorliegenden Gesetzentwurf ergebende Aufgabenkommu