Protocol of the Session on January 22, 2008

Herr Dr. Friedrich, Sie hatten heute Vormittag in Ihrem Beitrag davon gesprochen, dass Sie befürchten, dass dieses Gesetz beim Verfassungsgericht liegt. Ich habe mich etwas über die Formulierung gewundert. Befürchten Sie das wirklich oder sollte man dafür lieber ein anderes Verb suchen?

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Sie dürfen es befürchten!)

Das auf keinen Fall, Herr Dr. Hahn; denn wir haben ein sauberes Leitbild aufgestellt, wir haben sauber im Innenministerium abgewogen. Die Mitglieder des Innenausschusses haben intensiv diskutiert. Ich bin mir sicher, dass wir keinen Abwägungsfehler, keinen Verfahrensfehler haben.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Bitte, Herr Prof. Porsch.

Herr Staatsminister, könnten Sie mir zustimmen und mir folgen, wenn ich sage, dass auch wir daran interessiert sind, dass wir eine Verwaltungs- und Kreisgebietsreform machen, die in allen Teilen verfassungskonform ist, die sauber ist und die von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen wird? Das wäre uns das Liebste. Leider müssen wir deshalb bei dem, was Sie machen, befürchten, dass das nicht so ist und dass es dann beim Verfassungsgericht landet. Insofern war das Verb „befürchten“ sehr angemessen.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Ich denke schon, dass wir keine Furcht haben müssen, denn unsere Arbeit war sauber. Selbst die Vertreter der Oppositionsparteien mussten in der Ausschusssitzung einräumen, dass in Form von Änderungsanträgen eingebrachte Alternativvorschläge etwa im Hinblick auf die Ermöglichung des Vogtländischen Weges mit Problemen behaftet sind. Das hatten Sie, Herr Dr. Friedrich, in der Tat im Innenausschuss so formuliert.

Dass im Ergebnis der Ausschussberatung den rechtlich klaren und sinnvollen Konzeptionen des Regierungsentwurfs der Vorzug gegeben wurde, freut mich natürlich. Es bestätigt die Sinnhaftigkeit unseres Regierungsentwurfs. Damit wird sichergestellt, dass der Erfolg des Reformvorhabens im Interesse des gesamten Freistaates nicht aufgrund lokalpatriotisch motivierter Einzelinteressen infrage gestellt ist.

Die Änderungen am Regierungsentwurf, die Gegenstand der Beschlussvorlage des Innenausschusses geworden sind, werden seitens der Staatsregierung ausdrücklich mitgetragen. Diese sind Folge einer noch stärkeren Gewichtung ehrenamtlicher, bürgerschaftlich-demokratischer Repräsentation in den neuen Landkreisen, gewisser Bestandsschutzinteressen der von einer Einkreisung betroffenen Städte und im Hinblick auf das Inkrafttreten zum 1. August dieses Jahres von dem Bestreben gekennzeichnet, einen möglichst reibungslosen Vollzug des Gesetzes zu gewährleisten.

Ich bin mir sicher, dass diese Reform zu zukunftsfähigen, leistungsstarken und ordnungsnahen Verwaltungsstrukturen führen und eine gleichmäßige Entwicklung aller sächsischen Regionen fördern wird. Damit werden gestalterische Handlungsspielräume für eine ausgewogene Politik auch in Zukunft bewahrt und erweitert.

Noch einige Bemerkungen zu verschiedentlich geäußerten Befürchtungen, die Reform verschlechtere die Erreichbarkeit von Behörden, verursache Mehrkosten und führe zu Arbeitsplatzverlusten. Die Staatsregierung hat Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung in Sachsen und deren Fähigkeit, die mit der Verwaltungsreform verbundenen Herausforderungen zu meistern. Die Anpassungsfähigkeit haben die sächsischen Kommunen in der Vergangenheit eindrucksvoll bewiesen. Das wird aber auch daran deutlich, wie engagiert Sie sich in den jetzigen Reformprozess eingebracht haben. Das sollte auch von

der Opposition anerkannt und nicht als ungerechtfertigte Einflussnahme gesehen werden.

Die Reformgesetze halten die notwendigen Instrumente bereit. Ich habe daher keinen Zweifel, dass die Kommunen infolge der Reform ihre Verwaltungsstrukturen so aufstellen werden, dass ein Maximum an notwendiger Bürgernähe bei größtmöglicher Verwaltungseffizienz erreicht wird. Wer daran zweifelt, stellt letztlich die Problemlösungsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung pauschal in Frage. Vor solchen Unterstellungen muss ich die sächsischen Kommunen als Kommunalminister, aber auch aus tiefster persönlicher Überzeugung heraus nachdrücklich in Schutz nehmen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Sicherlich bringt die Reform auch Kosten mit sich, die durch die Umstellung erforderlich werden. Aber heute nicht zu handeln würde im Endeffekt noch wesentlich teurere und später schmerzliche Einschnitte notwendig machen. Die wissenschaftliche Studie von Prof. Seitz hat deutlich belegt, dass durch die Reform nach deren voller Wirksamkeit jährlich insgesamt 165 Millionen Euro Einsparvolumen realisiert werden kann. Dies jetzt nicht zu nutzen würde bedeuten, Zukunftschancen leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Sicher dient die Reform auch mittel- und langfristig dazu, den Personalaufwand in der Verwaltung zu senken.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Herr Lichdi, bei Ihren Zwischenrufen bitte ich, an den gestrigen Tag zu denken. Wer austeilt, muss auch einstecken können.

(Beifall bei der CDU)

Dauerhafte Arbeitsplätze müssen aus der Wirtschaft heraus wachsen. Der öffentliche Dienst hat die dazu notwendigen Verwaltungsdienstleistungen bürokratiearm zur Verfügung zu stellen. Das sind die Überzeugung und die Politik der Staatsregierung.

Die Verwaltungsreform bietet den betroffenen Beschäftigten mit dem dreijährigen Kündigungsschutz und der von den kommunalen Spitzenverbänden in der Anhörung des Innenausschusses deutlich erklärten Absicht, notwendige Stellen nicht über betriebsbedingte Kündigungen zu realisieren, ein hohes Maß an Arbeitsplatzsicherheit. Starke und leistungsfähige Kommunen und eine florierende Wirtschaft sind letzten Endes die beste Arbeitsplatzgarantie.

Der Verwaltungsneugliederung im Freistaat Sachsen liegt ein umfassendes und ausgewogenes Konzept zugrunde. Eine konkrete Alternative ist dazu von keiner Oppositionsfraktion vorgestellt worden. Der Gesetzgeber beweist damit, wenn er diese Reform verabschiedet, Entschlossenheit und Weitsicht, rechtzeitig das zu tun, damit Sachsens Verwaltung auch für die Zukunft gerüstet ist. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte ich dieses Hohe Haus um Zustimmung zum Gesetz.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Besteht der Wunsch, auch die letzten Redesekunden noch auszunutzen? – 1:38 Minuten hat die Linksfraktion noch und 1:18 Minuten die GRÜNEN. – Bitte.

Frau Präsidentin, ich beeile mich. Herr Staatsminister Dr. Buttolo, ich kann ja verstehen, dass Sie froh sind, es bald hinter sich zu haben; aber nach dieser Debatte befürchte ich nicht mehr – ich bin mir ziemlich sicher –, dass wir uns vor dem Verfassungsgerichtshof wieder sprechen werden.

(Beifall bei der Linksfraktion und der FDP)

Ich nenne einen Satz. Sie haben gesagt – ich darf Sie zitieren –: Ein Maximum an notwendiger Bürgernähe haben Sie gewährleistet. Man muss sich diesen Satz wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen, denn er impliziert ja geradezu diese Notwendigkeit des Maximums. Dass Sie in Wirklichkeit das Minimum meinen, ist doch völlig logisch.

(Beifall bei der Linksfraktion und der FDP)

Ich finde es auch unfair, dass Sie unsere Änderungsanträge hier zu zerpflücken versuchen, ohne uns überhaupt die Chance gegeben zu haben, sie einzubringen. Das ist nicht fair.

(Beifall bei der Linksfraktion, den GRÜNEN und des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Wir haben stundenlang über das Vogtland, über Grimma, Borna und anderes gesprochen, und Sie bringen hier ein paar Versatzstückchen, ohne vor dem Plenum die Argumentationslinie vollständig darzulegen. Das kann ich nicht durchgehen lassen. Es geht im Übrigen nicht darum, ob es ein Leitbild gibt oder nicht; ich habe gesagt, das Leitbild hat entscheidende Schwächen.

Die erste Schwäche: Kein öffentlicher Diskurs – den haben Sie gefürchtet wie der Teufel das Weihwasser; das ist Fakt. Wir haben einen Unterausschuss verlangt, in dem das Leitbild rechtzeitig vorher diskutiert wird. Das haben Sie nicht gestattet. Hätte es ein Leitbild gegeben, das mehr Demokratie von unten gestattet? – Ganz klar: Ja, das wäre möglich gewesen. Dann hätte man auch den Vogtländischen Weg gehabt.

(Beifall bei der Linksfraktion und der FDP)

Hätte es ein Leitbild gegeben mit mehr Flexibilität? – Ganz klar: Ja. Das haben Sie nicht gewollt.

Herr Dr. Friedrich, die Redezeit ist abgelaufen.

Hätte es ein Leitbild gegeben mit unterschiedlichen Einwohnermindestgrößen für kreisfreie Städte und Landkreise? – Ganz klar: Ja. All das haben Sie nicht gewollt. Sie haben sich

dafür ein bürokratisch-technokratisches Monster erkauft, keine Kreisgebietsreform.

(Starker Beifall bei der Linksfraktion und Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Die Redezeiten im Rahmen der allgemeinen Aussprache sind nun tatsächlich ausgeschöpft. Ich schlage Ihnen vor, dass wir an dieser Stelle die Mittagspause einlegen, uns 14:10 Uhr wieder hier einfinden und dann in die Einzelberatungen der entsprechenden Artikel gehen.

(Unterbrechung von 13:13 bis 14:12 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir setzen fort und treten jetzt in die Abstimmungen zum Gesetz über die Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen und zur Änderung anderer Gesetze ein. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Innenausschusses in der Drucksache 4/10840.

Ich lasse über die Überschrift abstimmen. Wer dieser die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Ich frage nach den Gegenstimmen. – Die Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Gegenstimmen ist der Überschrift mehrheitlich zugestimmt worden.

Ich lasse jetzt über die Inhaltsübersicht abstimmen. Wer gibt seine Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte! – Die Stimmenthaltungen? – Auch hier gleiches Stimmverhalten: Bei einer Reihe von Stimmen dagegen wurde der Inhaltsübersicht mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe Artikel 1 auf, Gesetz zur Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen. Auch hier müssen wir wieder über die Inhaltsübersicht abstimmen. Wer gibt seine Zustimmung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dagegen wurde mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe Abschnitt 1, §§ 1 bis 3, auf: Neugliederung des Gebietes der Landkreise und Einkreisung kreisfreier Städte. Zu § 1 liegt mir eine Reihe von Änderungsanträgen vor. Wir beginnen mit dem Änderungsantrag des Abg. Frank Heidan in der Drucksache 4/10979. Ich bitte um Einbringung. Bitte, Herr Heidan.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir vor Einbringung meines Änderungsantrages noch zwei kleine Schreibfehler zu korrigieren: In der Beschlussempfehlung auf Seite 2 – man möge es mir nachsehen – in der letzten Zeile unter 5.3. muss es natürlich nicht heißen, „die Kreisfreie Stadt Chemnitz“, sondern „… Plauen“.

(Starke Unruhe und Zurufe)

Das wird aber dem aufmerksamen Leser und Studierer meines Antrages sicherlich aufgefallen sein. Und so werden Sie auch auf der letzten Seite unter Punkt 5 in der Begründung feststellen, dass es nicht heißen muss, „für