Der Traum von der Fahrt ohne Grenzkontrollen von Lissabon bis Wilna klingt eben nur auf den ersten Blick verlockend. Wir, die wir als Volksvertreter Schaden vom Volk abzuwenden haben, dürfen nicht sehenden Auges hinnehmen, wie der Freistaat mit dem Wegfall der Grenzkontrollen einer nicht ansatzweise mehr zu beherrschenden Gefahr ausgesetzt wird.
Halten wir uns zum Abschluss vor Augen: Eine Erweiterung des Schengen-Raumes bedeutet: mehr Ausländer, mehr Kriminalität, mehr arbeitslose Sachsen und mehr tiefere Löhne.
Meine sehr geehrten Damen und Herren der demokratischen Fraktionen! Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit Blick auf den Gegenstand des Antrages stelle ich ganz einfach fest: Die Karawane ist vorübergezogen. Was sie lediglich übrig ließ – oder besser fallen ließ –, sind ein paar braune, matschige Äpfel. Die werden wir nicht aufheben, weder heute noch morgen oder in irgendwelchen anderen Debatten, die sie zu diesem Thema anfangen. Dazu will ich Ihnen immer das Gleiche sagen: Die inhaltliche Diskussion haben wir gestern geführt. Herr Apfel, Sie können hier noch so viel braune Soße in den Plenarsaal gießen, Sie können das immer wieder tun – keine Frage –, das ändert nichts daran, dass sich bei aller Unterschiedlichkeit im Detail die demokratischen Fraktionen wenigstens in zwei Dingen völlig einig sind: nämlich dass die Öffnung der Grenzen zum 21. Dezember 2007 von uns als richtig, notwendig und – Sie werden staunen – sogar als erwünscht aufgefasst wird.
Zum Europa der Freizügigkeit und des demokratischen Miteinanders der europäischen Nachbarn gibt es wirklich keine Alternative und schon gar nicht Ihre Alternative.
Ich weiß gar nicht, warum Sie diesen Antrag heute noch einmal aufgewärmt auf den Tisch legen. Man braucht nur die Zeitung zu lesen. Gestern haben die Innenminister grünes Licht für die Grenzöffnung zum 21.12.2007 gegeben. Auch der Innenminister sieht es jetzt nicht mehr anders. Deshalb hätten Sie sich solche Schaufensteranträge auch im Interesse der Zeit ersparen können. Freitagabend muss das nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das passt viel eher in die Zeit der zwölf Jahre zu Ihren Stiefelidolen der Vergangenheit, die durch Europa marschiert sind und glaubten, alles in Scherben zerfallen lassen zu können.
Frau Dr. Ernst, geben Sie mir darin recht, dass es rein praktisch nicht möglich ist, dass wir heute einen Antrag beschließen, damit sich die Staatsregierung einsetzt, der Bundesinnenminister möge gestern gegen den Beschluss stimmen?
Sehen Sie, Herr Bräunig, die braunen Kameraden haben wirklich ein Problem mit den Zeitverhältnissen. Das verwechseln sie immer.
Sie glauben immer noch, sie sind gestern da, derweil ist schon heute. Da geschehen eben solche Dinge.
Ich habe mir auch bei diesem Antrag überlegt, mit dem Sie ja mehr Division von Angst und Panikmache verfolgen, von Verachtung anderer Kulturen, das sind ausgeprägte typische Anzeichen für Minderwertigkeitskomplexe. Das ist ein Thema, über das ich gern im Landtag sprechen würde. Das würde sich jedenfalls mehr lohnen, als das, was Sie hier anbieten, Herr Apfel. Regelmäßig stehen Sie hier mit Schaum vor dem Mund und versuchen krampfhaft, das Rad der Geschichte zurückzudrehen und uns das Steinzeitidol aufs Auge zu drücken, und das mit ganz schlechtem Erfolg.
Das wird auch künftig ohne Erfolg bleiben. Das wird aber wesentlich davon abhängen – das ist wieder an uns Demokratinnen und Demokraten in diesem Haus gerichtet –, wie wir die Themen wie Grenzöffnung zu den Beitrittsstaaten diskutieren und Neonazis jeder Couleur noch Wasser auf die Mühlen geben. Das werden wir nicht tun. Wir werden das auch mit anderen besprechen, damit sie es nicht tun. Insofern haben wir noch eine Menge zu leisten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines haben wir festgestellt: Zeitreisen sind noch nicht möglich. Wie
Frau Dr. Ernst schon richtig bemerkte, hat das Hohe Haus gestern Nachmittag sehr umfassend darüber debattiert, wie wir uns die zukünftige Sicherheitsarchitektur von Bund und Freistaat vorstellen. Fast zeitgleich haben die Innenminister der Europäischen Union in Brüssel entschieden, dass der historische Tag nunmehr der 21. Dezember 2007 sein wird, der Tag, an dem Grenzkontrollen zu weiteren neun EU-Staaten wegfallen. Damit schreitet der europäische Einigungsprozess weiter voran.
Bundesinnenminister Dr. Schäuble hat das gestern wie folgt kommentiert. Er nannte es ein Glück für Deutschland und keine Bedrohung – eine Meinung, die auch alle demokratischen Fraktionen in diesem Haus in der gestrigen Debatte vertreten haben. Die Bundeskanzlerin hat zudem – das freut mich besonders – angekündigt, das historische Ereignis im sächsisch-polnisch-tschechischen Dreiländereck feiern zu wollen.
haben Sie öfter unter Beweis gestellt. Welches Verständnis Sie von Europa haben, hat auch unsere Kollegin Margit Weihnert gestern schonungslos entlarvt. Auch heute erleben wir nichts anderes als die ewig gleiche Nationalstaatsduselei. Ihr Credo ist ein Europa der Grenzen, unser Credo ist ein Europa der Chancen.
Sie unterstellen – und das haben Sie heute wieder getan –, dass unsere östlichen Nachbarn eine gesamtgesellschaftliche kriminelle Vereinigung sind, und merken dabei nicht einmal, wie menschenverachtend dies ist. Wenn unsere östlichen Nachbarn tatsächlich so hochgradig kriminell wären, dann frage ich mich allerdings, warum Sie dort Zeitungen drucken lassen. Ist Ihnen das nicht zu gefährlich?
(Jürgen Gansel, NPD: Weil Sie hier die Pogromstimmung erzeugen! – Stefan Brangs, SPD: Gehen Sie zum Arzt! – Weitere Zurufe von der SPD, der FDP und den GRÜNEN)
Ich denke, Sie haben zwischenzeitlich selbst erkannt, dass der braune Müll, den Sie verfassen, nicht das Papier wert ist, auf dem er steht.
Ich bin der festen Überzeugung, dass der europäische Einigungsprozess, wie wir ihn erleben, ein Sicherheitsgewinn für uns alle ist – mit der Einschränkung: wenn die Sicherheitsarchitektur von Bund und Ländern stimmt. Was noch zu tun ist, haben gestern Kollege Volker Bandmann, meine Wenigkeit und natürlich die Vertreter der demokratischen Opposition gesagt. Das muss an dieser Stelle nicht wiederholt werden.
Eine fachliche Auseinandersetzung zum Thema Europa und innere Sicherheit ist mit Ihnen schlichtweg nicht möglich. Da gehe ich lieber nach Hause und baue einen Schneemann.
(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN – Jürgen Gansel, NPD: Bleiben Sie auch zu Hause!)
Möchte die FDPFraktion noch sprechen? – Das sieht nicht so aus. Die Fraktion der GRÜNEN? – Gut. Dann bitte der Redner der NPD, Herr Abg. Gansel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass wir es mit einem Redebeitrag von Ihnen, Frau Ernst, zu tun bekommen würden, ist uns klar gewesen; auch das schwindelerregende Niveau und vor allem diese rot lackierte Ignoranz, die Sie gegenüber legitimen Sicherheitsinteressen der Bürger in den sächsischen Randregionen an den Tag gelegt haben, waren zu erwarten.
Sie haben wieder einmal gezeigt, dass Sie sich für die Sicherheitsinteressen dieser Bürger überhaupt nicht interessieren. Das Einzige, was Sie können, ist die Faschismuskeule zu schwingen und legitime Sicherheitsinteressen von Bürgern als reaktionär, protofaschistisch oder sonst wie zu denunzieren.
Ich hoffe wirklich, dass Sie gerade in den sächsischen Grenzregionen bei den nächsten Wahlen die Quittung bekommen. Ich frage mich, warum Sie – wenn Sie von der Überzeugung so durchdrungen sind, dass offene Grenzen eine Bereicherung sind – in Ihrer aktuellen PDSFraktionspostille, die sachsenweit verteilt wurde, auf das Thema Grenzöffnung überhaupt nicht eingehen. Warum haben Sie noch nicht einmal den Mumm, Ihre verquaste Position den Bürgern in Ihrer Fraktionspostille zu Gemüte zu führen? Sie wissen doch ganz genau, dass die Leute grundsätzlich anders denken als Sie. Hoffentlich wird in der Wahlkabine mal die Konsequenz gezogen.
Zu meinem eigentlichen Manuskript. Der EUJustizkommissar Franco Frattini hat am Rande einer Beratung der 27 EU-Innenminister am 1. Oktober dieses Jahres in Lissabon allen Ernstes geäußert, der vorzeitige Wegfall der Grenzkontrollen zwischen den alten und neuen EU-Staaten schon zum 21. Dezember 2007 sei „ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk“. Diese und andere Äußerungen Frattinis zeigen, dass dieser Mann für sein Amt völlig ungeeignet ist und Sicherheitspolitik mit dümmlicher Sprücheklopferei verwechselt. Als Italiener müsste Frattini eigentlich wissen, mit welchem Kriminalitätsimport durch angeschwemmte Afrikaner und hereinflutende Rumänen seine Heimat Italien ganz aktuell zu kämpfen hat.
Als EU-Kommissar ist Herr Frattini von den Alltagsproblemen der Menschen nun einmal so weit entfernt, als käme er von einem anderen Sonnensystem. Bei der Umsetzung des Schengen-Acquis geht es aber um Vertragsrecht und nicht um Kindereien wie die Frage, ob der Weihnachtsmann ein paar Tage früher oder später das Dandergeschenk offener Grenzen überbringt.
Nein, im Vertragsrecht – das gilt auch für die Europäische Union – geht es ausschließlich darum, ob bestimmte Kriterien erfüllt sind oder nicht. Das Hauptkriterium für die Integration oder Nichtintegration der neuen EUStaaten in den Schengen-Raum ist einzig und allein die Frage, ob diese in der Lage sind, ihre Außengrenzen wirksam zu schützen. Wenn sie das nicht sind, dann haben Kriminelle und illegale Einwanderer, die etwa die russisch-litauische Grenze überqueren, sofort freie Fahrt bis an die Algarve.
Die objektive Unfähigkeit der neuen EU-Staaten zur Sicherung ihrer sensiblen Außengrenzen ist auch einem Bericht der in Warschau ansässigen EU-Agentur Frontex, die für den Außengrenzschutz zuständig ist, zu entnehmen. Die Analyse der Frontex – immerhin eine EUEinrichtung – zeigt klare Missstände und Gefahrenquellen für die innere Sicherheit durch den Wegfall der Grenzkontrollen auf. Sowohl im Jahre 2005 – das letzte Jahr, für das entsprechende Zahlen vorliegen – wie auch in den Jahren zuvor sind die Aufgriffszahlen von illegalen Zuwanderern an den momentan noch gültigen SchengenGrenzen, also vor allem in Österreich und Deutschland, bedeutend höher als jene an den EU-Außengrenzen. Im Jahr 2005 hatten wir an der EU-Außengrenze Polens nur ein Drittel der Aufgriffszahlen, wie wir sie an der deutschen Außengrenze, also der heutigen SchengenAußengrenze, haben.
Was könnte deutlicher zeigen, dass die heutige EUOstgrenze in Polen, in der Slowakei und in Ungarn um Welten hinter dem Sicherheitsniveau, das es bislang an den deutschen und österreichischen Grenzen gab, zurückbleibt?