Protocol of the Session on September 27, 2007

Ich möchte dazu nur den ehemaligen Innenminister Hardraht – meines Wissens immer noch CDU-Mitglied – aus der Anhörung zitieren. Er sagte: „Ich bin schon der Meinung, dass solche Kooperationsformen, gleichgültig ob auf der unmittelbaren kommunalen Ebene oder auf der Landkreisebene, nicht an der Frage der demokratischen Legitimation scheitern.“ – Zitatende.

(Stefan Brangs, SPD: Aber … – Der Satz geht weiter!)

Herr Hardraht plädiert dann aus politischen Gründen gegen den vogtländischen Weg. Und, meine Damen und Herren und Herr Kollege Brangs: Hier entpuppt sich des Pudels Kern: Die Staatsregierung will aus politischen Gründen keinen vogtländischen Weg und schützt deshalb rechtliche Gründe vor.

(Beifall bei den GRÜNEN und der FDP)

Dabei verhält es sich genau umgekehrt: Die Abwägung gegen den vogtländischen Weg im Entwurf der Staatsregierung genügt dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht.

Besonders amüsiert hat mich, dass die von den Koalitionsfraktionen benannten Sachverständigen sogar die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegenüber der Stadt Plauen bestritten haben. Es wäre schon mehr als absurd und der Gipfel zentralistischer Arroganz, wenn sich die Koalitionsfraktionen diese Position zu eigen machen würden.

Die Vertreter des vogtländischen Weges – Herr Oberbürgermeister Oberdorfer, Prof. Ewer und Dr. Diekwisch – haben in der Anhörung eindringlich dafür geworben, dem Vogtland und der Stadt Plauen wenigstens versuchsweise zu gestatten, den vogtländischen Weg zu beschreiten. Plauen ist bereit, sich einem strengen Evaluierungsverfahren zu unterwerfen. Sie wollen nachweisen, dass sie die offiziell erklärten Ziele der Verwaltungsreform erreichen können.

Meine Damen und Herren, ich meine, es gebietet allein der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Willen des Vogtlandes, der Region diese Chance zu geben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der FDP)

Noch ein Wort zu den vogtländischen Abgeordneten der Koalitionsfraktionen. Ich spreche Sie jetzt an, Herr Heidan, Herr Petzold, Herr Kienzle, Herr Heinz und Herr Bräunig: In der vogtländischen Presse ist seit Langem zu lesen, wie sehr Sie sich doch für den vogtländischen Weg in Dresden einsetzen wollen. Bemerkt habe ich davon bisher in den Ausschüssen und im Landtag wenig bis nichts.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Waren Sie immer dabei?)

Sie produzieren Pressemeldungen wie zuletzt die CDU mit dem Besuch bei Herrn Hähle; aber in der praktischen Arbeit kann ich davon tatsächlich nichts erkennen.

(Margit Weihnert, SPD: Sie haben es abgelehnt, Herr Kollege!)

Ich vermute und werfe Ihnen ganz bewusst vor, dass Sie als vogtländische Abgeordnete die Aufgabe übernommen haben, die „Heimatfront“ ruhig zu halten, um das Durchnicken der Reform erst recht zu ermöglichen. Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, dass Sie irgendetwas in Ihren Fraktionen hätten erreichen können oder auch nur erreichen könnten.

Ich fordere Sie deshalb auf: Sprechen Sie ein klares Wort! Kämpfen Sie für eine Experimentierklausel oder verweigern Sie der Reform Ihre Zustimmung!

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der FDP)

Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort. Wird das noch gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Linksfraktion. – Herr Dr. Friedrich, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In einer Aktuellen Debatte sollte über Aktuelles diskutiert werden. Ich sage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich Dank, dass wir heute dank Ihres Antrags zum elften Mal über das – angeblich oder tatsächlich – größte Reformprojekt in dieser Legislaturperiode reden können. Das Zeitfenster ist nicht mehr sehr groß. Alle elf Anträge sind von der demokratischen Opposition gekommen; wir haben allein fünf dazu beigetragen. Nun wird es eng.

Kollege Bandmann, Ihr Beitrag hat mich nicht verwundert. Sie verweigern sich seit 1990 jeglicher Diskussion. Das war zu erwarten.

(Heiterkeit bei der Linksfraktion – Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ich bin enttäuscht, Kollege Bräunig. Sie halten im Allgemeinen sehr vernünftige, gemäßigte Beiträge. Statt sich zu einem so unwürdigen Eiertanz verführen zu lassen – einerseits bin ich vehement dafür, andererseits darf ich es nicht –, hätten Sie besser jemand anderen aus Ihrer

Fraktion sprechen lassen. Das war heute nicht Ihre beste Rolle.

(Enrico Bräunig, SPD: Hervorragend!)

Zur Sache! Es gab einmal eine Zeit im Freistaat Sachsen, die sich durch Mut und Kreativität in Gesetzgebungsverfahren auszeichnete. Ich nenne zwei Beispiele: das Sächsische Kulturraumgesetz und das Sächsische Finanzausgleichsgesetz. Trotz partieller Kritik zeichnete sich die Erarbeitung dieser Gesetze, vor über zehn Jahren kreiert, dadurch aus, dass herangereifte Probleme mit Mut und Kreativität einer Lösung zugeführt wurden. Andere Bundesländer haben versucht, diese Gesetze zu kopieren. Das ist mehr oder weniger gut, aber nie vollständig gelungen. Ich sage heute: Lang, lang liegen diese Zeiten zurück!

(Volker Bandmann, CDU: Die Gesetze wirken aber heute noch!)

Die Zeiten, in denen in Sachsen von der Staatsregierung und der Legislative versucht wurde, eigenständig und auf intelligente Weise herangereifte Probleme zu lösen, sind lange vorbei.

Krankheitsbedingt konnte ich nur die Protokolle der Anhörungen lesen. Dabei fiel mir sofort die Ängstlichkeit der Vertreter der Koalitionsfraktionen auf. Sie haben versucht, wirklich nur ausgetretene Wege zu gehen und jeglichen neuen Gedanken von vornherein auszuschließen. Es ist ein roter Faden aus Ängstlichkeit und Feigheit ersichtlich, irgendetwas Neues, Kreatives zu machen.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion – Beifall bei der FDP und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Die von unten geborene Initiative „Vogtländischer Weg“ – meine Kollegin Andrea Roth hat es deutlich gesagt – mag ursprünglich und auch heute noch tatsächlich so etwas wie ein Schutz- und Trutzbündnis gegen die drohende Einkreisung von Plauen gewesen sein. Das kann man ruhig zugeben. Aber es ist doch im höchsten Maße legitim, wenn sich eine kreisfreie Stadt – ich bedauere, dass nur Plauen aktiv geworden ist; ich hätte das auch von anderen erwartet – einen Kopf macht, um es etwas platt zu sagen, wie die von der Staatsregierung überwiegend richtigerweise vorgegebenen Zielstellungen der Verwaltungs- und funktionalen Kreisgebietsreform, nämlich Bürgernähe und effiziente Verwaltung, auch mit milderen Mitteln erreicht werden können.

Nun mag der vogtländische Weg keinen vollständig runden Kreis darstellen. Ein Sachverständiger hat sinngemäß gesagt: Je länger man sich einen Kreis ansieht, umso mehr Ecken erkennt man. – Das mag alles sein. Der vogtländische Weg mag ordnungspolitisch nicht zu 100 % den Idealvorstellungen der Staatsregierung entsprechen. Man kann auch all das falsche Pathos weglassen, das aus dem Vogtland tönt und in dem Weltuntergangsszenarien für den Fall des Verlustes der Kreisfreiheit heraufbeschworen werden. Ich gehe nicht so weit zu sagen, dass

dann die oberzentrale Funktion flöten geht. Das ist sicherlich eine Legende.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Aber man muss doch festhalten, dass das vogtländische Kooperationsmodell gut durchdacht ist, keine weißen Flecken hat und in der Praxis sehr wohl gut funktionieren würde. Kein Bürger würde sich an der falschen Tür verirren oder im falschen E-Mail-Postfach landen – eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit vorausgesetzt.

Dass es die Staatsregierung immerhin für wert hält, die demokratischen Legitimationsdefizite auf vollen elf Seiten auseinanderzunehmen, zeigt schon, dass die Staatsregierung die Alternative durchaus ernst nimmt; sonst hätte sie nicht elf Seiten für die Widerlegung verwendet. Entsprechende Einwände ließen sich ohne Weiteres beheben. Ein Blick auf das Kooperationsmodell Hannover, nach Stuttgart oder in das Saarland würde genügen. Es gibt in der Bundesrepublik hinreichend viele Beispiele, die zeigen, dass man die Defizite, die im Moment natürlich da sind, beheben kann.

So weit mein erster Beitrag. Da die Zeit um ist, werde ich nachher noch einige Gedanken zum weiteren Fortgang darlegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Wird von der Fraktion der SPD noch das Wort gewünscht? – Herr Bräunig, bitte.

Sehr geehrte Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe noch ein paar Sekunden Redezeit. Deshalb erlaube ich mir, noch zwei Gedanken zu äußern, die mir im Laufe der Debatte gekommen sind.

Ich habe vorhin gesagt, dass wir uns noch ganz am Anfang des parlamentarischen Beratungsverfahrens befinden. Herr Dr. Martens hat das in Abrede gestellt. Ich weiß nicht, wo Sie in den vergangenen drei Jahren waren, Herr Dr. Martens. Aber auch Ihnen dürfte der Gang des parlamentarischen Beratungsverfahrens bekannt sein. Soweit ich mich entsinne, sind die Gesetzentwürfe im Juni 2007 dem Landtag zugeleitet worden. Dann haben wir mit den Beratungen begonnen. Also befinden wir uns noch am Anfang des parlamentarischen Beratungsverfahrens.

Herr Lichdi, dass Sie kein Vertrauen in uns haben, mag man Ihnen nachsehen.

(Staatsminister Thomas Jurk: Geht uns genauso!)

Aber Ihre Ausführungen haben mich in dem bestätigt, was ich vorhin gesagt habe.

(Johannes Lichdi, GRÜNE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage. – Sie scheuen die Beratungen in den Ausschüssen, weil diese hinter verschlossenen Türen stattfinden. Da fehlt Ihnen der Showeffekt.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Lachen bei der FDP und den GRÜNEN)

Wir müssen diese Beratungen aber in den Ausschüssen führen. Ich habe noch zehn Sekunden Redezeit. Das ist die Krux an einer Aktuellen Debatte. In den Ausschüssen gibt es keine Redezeitbegrenzung. Sie sind gern eingeladen, dort mit uns umfassend in den Diskurs zu treten.

Danke schön.