Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was Kollege Bräunig eben gesagt hat, hat mich schon etwas überrascht. Wenn Sie sagen, wir stehen ganz am Anfang dieser Debatte, Herr Bräunig, wo waren Sie dann die letzten zwei Jahre?
Am 18.10.2005 hat die auf Beschluss der Koalition eingesetzte bedeutende Kommission zur Erforschung des Verwaltungswesens den Bericht vorgelegt. Damit fing das an. Das war die erste Landtagsdrucksache, die hier verteilt worden ist. Übrigens war es das letzte Mal – so jedenfalls
die Behauptung des Innenministers, wenn ich es richtig verstanden habe –, dass da irgendeine Aufgabenkritik in größerem Umfang stattgefunden hat. Aber dazu kommen wir noch. Wie Sie sich jedenfalls mit solchen Wortmeldungen hier als kompetent ausweisen wollen, ist mir ein Rätsel
insbesondere wenn es um die Frage geht, welche Möglichkeiten wir in diesem Land im Rahmen der Neuordnung einer Verwaltungsstruktur haben, verschiedene Verwaltungsmodelle zuzulassen, oder ob wir tatsächlich gezwungen sind, alles nur nach demselben Schema und in denselben Lösungsmöglichkeiten enden zu lassen – so wie es die Staatsregierung und die Koalition anscheinend vorhaben –, unabhängig von regionalen Besonderheiten, unabhängig von der Frage, ob Verwaltungsmodelle, wie sie im vogtländischen Weg zwischen der Stadt Plauen und dem Umland praktiziert werden, funktionieren und zu den gewünschten Einsparungen führen oder nicht.
Dem verweigern Sie sich ganz einfach. Da stehen wir auch nicht am Anfang der Diskussion, Herr Bräunig, das tun Sie schon die ganze Zeit. Sie verweigern sich, Sie wollen nicht diskutieren; sondern für Sie ist das alles schon so gut wie gegessen.
Ich bin gespannt, welchem der zahlreichen Änderungsvorschläge, die die Opposition bringen wird, von Ihrer Seite in diesem Punkt auch nur ein einziges Mal zugestimmt wird.
Wir werden uns das genau anschauen. Es sind noch rund drei Monate und so viele Sitzungen sind das nicht. Aber ich glaube, es war etwas unvorsichtig von Ihnen, dass Sie gesagt haben, Sie wollen alles ergebnisoffen prüfen. Ich fürchte, die Ergebnisse sind längst festgeklopft, da wird kein Paket mehr aufgemacht, da passiert gar nichts mehr.
Die Verwaltungsreform wird zum Musterbeispiel unflexiblen Handelns einer nicht besonders souveränen Koalition,
deren Sicherheit zunehmend schwindet – auch ob der eigenen Unsicherheit und der eigenen Unfähigkeit, auf regionale Unterschiede und auf möglicherweise modernere Ansätze einzugehen, als Sie sie verfolgen.
Die Anhörung hat beileibe nicht das einheitliche Bild erbracht, das sich die Koalition oder die Staatsregierung wünscht. Prof. Ewer hat zum Kooperationsmodell, dem vogtländischen Weg, gesagt, freiwillige Lösungen sollten selbst dann akzeptiert werden, wenn sie der im Gesetz
entwurf gedachten Ideallösung nicht voll entsprechen, aber ins Reformkonzept passen. Denn bei freiwilligen Zusammenschlüssen sind weniger Reibungs- und Zeitverluste bei der Verwirklichung am Beginn der neuen Arbeit zu befürchten als bei einer Neugliederung gegen den Willen der Beteiligten.
Das haben Sie aber anscheinend vor. Die Beteiligten – das heißt, die einschlägigen Beschlüsse der Stadt Plauen, des Kreistages – interessieren Sie nicht. Sie interessieren sich auch nicht für die 20 000 Unterschriften, die bereits übergeben worden sind –
und die sich nachdrücklich dafür einsetzen, dass man sich zumindest einmal ernsthaft mit der Möglichkeit beschäftigt, welche Lösungsmöglichkeiten man hat.
Nein! – Dazu kann ich auch den Sachverständigen Prof. Schulte zitieren: „Einzelmaßnahmen der Kreisgebietsreform müssen sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Im vorliegenden Fall bestehen ernstliche Bedenken, denn der vorliegende Gesetzentwurf“ – ich zitiere weiter – „setzt sich in seiner Begründung bislang nur ungenügend mit solchen Alternativen wie dem vogtländischen Weg auseinander.“ – Das ist doch eindeutig, oder?
Sie verweigern sich bereits von Anfang an einer Diskussion, und das ist nur einer von vielen Fehlern, die dieser Verwaltungsreform anhängen. Eine Aufgabenkritik hat es tatsächlich nicht gegeben.
Dabei wäre sie der Ausgangspunkt, der Dreh- und Angelpunkt einer Funktionalreform, die diesen Namen wirklich verdiente und die Sachsen wirklich in die Lage versetzen würde, eine Verwaltungsstruktur aufzubauen, die auch noch in 20 Jahren trägt. Das wird sie aber nach meiner Meinung nicht, sondern wir handeln uns hier nur die nächste Baustelle ein – aus Unsouveränität, aus Unsicherheit, aus Unflexibilität und aus der Weigerung der Koalition, wirklich über diese Probleme nachzudenken.
(Volker Bandmann, CDU: Auf die Haltungsnoten achten! – Zuruf von der CDU: Immer dasselbe Hemd! – Weitere Zurufe – Heiterkeit)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was wir hier wieder seitens der Abg. Bandmann und Bräunig erlebt haben, war nur die weitere, mit noch mehr Chuzpe gewürzte Diskussion zur Weigerung, die wir hier seit über zwei Jahren von Ihnen zu erleiden haben. Sie sind so etwas von unglaubwürdig – da bleibt einem selbst der Zwischenruf schon im Halse stecken.
Herr Bandmann, Sie haben gesagt, Aufgabenkritik liegt vor. Ich habe Verständnis dafür, dass Sie die einschlägigen Unterlagen zur Verwaltungsreform nicht studieren.
Ich darf Ihre geschätzte Aufmerksamkeit auf die Drucksache 4/8480, unsere Große Anfrage zur Verwaltungsreform, lenken. Dort steht zur Aufgabenkritik in wirklich schlichter Einfalt, beantwortet von Herrn Staatsminister Dr. Buttolo – ich zitiere –: „Ein Abschlussbericht hierzu liegt nicht vor.“ Punkt. So sieht Ihre fachliche Vorbereitung aus, die Sie angeblich so sorgfältig seit zwei Jahren gemacht haben.
Die Ergebnisse Ihrer sogenannten Reform können nicht ohne Widerstand bleiben. Ich bin sehr froh – und meine Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –, dass die Stadt Plauen das hohe demokratische Gut der Kreisfreiheit wertschätzt und als einzige Stadt über alle Parteigrenzen hinweg geschlossen dafür kämpft. Allein dies sollte für uns im Landtag ausreichen, um den Menschen im Vogtland sehr genau zuzuhören und die in der Region artikulierten Wünsche zu berücksichtigen.
Doch was macht die Staatsregierung? Sie versucht ihr Reißbrettmodell dem Vogtland rücksichtslos und ohne jede Sensibilität für regionale Besonderheiten im Interesse einer vermeintlich gebotenen Einheitlichkeit aufzudrücken. Ich sage: null Respekt vor dem Bürgerwillen!
Meine Damen und Herren! Die Bedenken der Stadt Plauen sind gerechtfertigt. Es geht nicht nur um den Verlust von Zuweisungen an die kreisfreie Stadt; eine Eingliederung Plauens in den Vogtlandkreis würde auch die Axt an die Funktion Plauens als Oberzentrum legen.
Natürlich wird das bestritten. Aber ich prophezeie Ihnen: Wenn diese Reform durchkommt, wird Plauen nach der nächsten Novellierung des Landesentwicklungsplanes auch kein Oberzentrum mehr sein.
Die Staatsregierung und die von den Koalitionsfraktionen bestellten Sachverständigen waren bemüht, den vogtländischen Weg mit verfassungsrechtlichen Bedenken abzuschießen. Insbesondere werden Bedenken aus dem Demokratieprinzip angeführt. Ausgerechnet das Demokratieprinzip, das der Staatsregierung sonst total egal ist, ja, das sie sonst noch nicht einmal als Parameter für ihre
sogenannte Verwaltungsreform anerkennt – genau dieses Demokratieprinzip muss jetzt als Argument gegen den vogtländischen Weg herhalten.
Was ist an den Bedenken dran? Der Vogtlandkreis und Plauen wollen die kreislichen und städtischen Aufgaben so unter sich aufteilen, dass alle Aufgaben nur von einer Einheit für beide Einheiten ausgeführt werden. Die Staatsregierung hat Bedenken an der demokratischen Legitimation, weil so der Stadtrat Plauen nicht die Aufgabenerfüllung durch den Vogtlandkreis und der Kreistag des Vogtlandes nicht die Aufgabenerfüllung durch die Stadt Plauen kontrollieren könnte.