Protocol of the Session on September 27, 2007

Ich bin auf die folgende Diskussion und Meinungsbildung zwischen dem Bund und den Ländern gespannt. Damit Sachsen den nun folgenden Aushandlungsprozess aktiv mitgestalten kann, werden wir uns in der AG Bahnreform engagieren. Mein Standpunkt ist dabei ganz klar: Sachsen wird im Bundesrat keinem Gesetz zustimmen, welches unseren speziellen Interessen nicht ausreichend Rechnung trägt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorliegenden Anträge der Fraktionen der demokratischen Opposition sind zweifelsfrei gut gemeint. Inhaltlich bleiben sie jedoch, wenn es konkret wird sowie aus landespolitischem Blickwinkel, deutlich hinter dem gemeinsamen Verhandlungsergebnis der Länder zurück. Deshalb empfehle ich den drei Einreicherfraktionen, die alle auch im Deutschen Bundestag vertreten sind, ihre grundsätzlichen Anträge dort behandeln zu lassen, wo sie meiner Ansicht nach hingehören: eben in den Deutschen Bundestag.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Es gibt jetzt drei Mal ein Schlusswort. Es beginnt bitte die Linksfraktion, wenn sie das wünscht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich mache es kurz: Ich teile die Auffassung nicht, die von Wirtschaftsminister Jurk und von Frau Raatz vorgetragen worden ist, dass wir uns hier, bitte schön, nur auf die spezifischen Folgen für die Länder und Länderinteressen spezialisieren und nicht grundsätzlich die Fragen zu diesem Thema äußern und debattieren sollten. Unter dem Vermögen des Bundes verstehe ich immer noch, dass das auch Vermögen von Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen ist. Damit haben wir nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, zu den prinzipiellen Fragen zu dieser Vermögensveräußerung Stellung zu nehmen und uns eine Meinung zu bilden.

Ich empfehle meiner Fraktion, bei dem GRÜNEN-Antrag, der im Wesentlichen ein Berichtsantrag ist – ich weiß nicht, ob Sie über ihn abstimmen lassen wollen –, sich im ersten Punkt zu enthalten und im zweiten Punkt dagegen zu stimmen. Dem Antrag der FDP versagen wir selbstverständlich unsere Zustimmung, da hier das Grundprinzip zur Geltung kommt: Der Markt regelt alles und die Privatisierung wird sozusagen in Potenz gefordert.

Alles in allem bedanke ich mich für eine doch interessante Diskussion. Ich denke, dass für viele Abgeordnete, die sich nicht mit dieser Thematik befassen, jetzt klarer geworden ist, in welcher Hinsicht sie auf die Regierung einwirken müssen, um diesen Gesetzentwurf, so wie er bisher ist, tatsächlich zu verhindern. Ich bin nicht davon überzeugt, Herr Jurk, wenn Sie so etwas in einer

Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung oder überhaupt in einer Vereinbarung hinbekommen wollen, dass Sie sagen, Sie möchten die Renditeerwartung oder die Dividendenausschüttung für die privaten Anteilseigner begrenzen. Ich bin sehr gespannt, wie Sie das rechtlich erreichen wollen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit

(Beifall bei der Linksfraktion)

Für die FDPFraktion Herr Morlok, bitte.

Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Lieber Herr Minister Jurk! Ich will Ihnen gern zugestehen, dass sich die Bahn in den letzten Jahren, ich will nicht sagen, gut entwickelt hat, aber doch in die richtige Richtung. Wir sind ziemlich weit weg von der ursprünglichen Beamtenbahn, die Sie so angesprochen haben. Das geht in die richtige Richtung.

Ich denke, Sie stimmen mit mir überein, wenn wir uns die Güterverkehrsstreckenmöglichkeiten in Sachsen anschauen, dass hier noch erhebliche Hausaufgaben zu leisten sind, auch von der Bahn. Es ist nicht alles gut. Wir sind auf dem richtigen Weg. Aber gerade auch die Bahn hat in Sachsen noch sehr viele Hausaufgaben zu leisten.

Sie, Herr Minister, und auch andere Kollegen haben es angesprochen, dass wir uns hier im Plenum vor allem mit den sächsischen Interessen auseinandersetzen müssen. Das habe ich auch getan. Ich habe in meinem Beitrag das Thema „Sicherung Regionalverkehr“ angesprochen. Die Sicherung des Regionalverkehrs ist eng damit verbunden, wer die Verfügungsgewalt über das Netz hat. Die Mitsprache bei Investitionsentscheidungen in das Netz ist eng damit verknüpft, wer die Verfügungsgewalt über das Netz hat. Die Frage, ob der Staatshaushalt durch zusätzliche Nutzungsgebühr für das Netz belastet wird, ist eng damit verknüpft, wer die Verfügungsgewalt über das Netz hat.

Auch die Frage, wie sich denn die Fahrpreise entwickeln, ist ebenso eng damit verknüpft, wer die Verfügungsgewalt über das Netz hat. Deswegen kommt man, wenn man sich die Interessenlage der Länder ansieht, zu der Frage, ob es denn sinnvoll ist, dass wir die Verfügungsgewalt über dieses Netz, wenn es so wichtig ist für unsere Landesinteressen – was ich gerade dargestellt habe –, einer privatisierten Bahn übertragen. Von daher gebe ich Ihnen recht. Rein losgelöst mag diese Forderung allgemeinpolitisch klingen, aber faktisch sind doch alle die Fragen, die wir uns hier aus Sicht des Freistaates stellen, ganz eng damit verknüpft, wer letztendlich über das Netz verfügen kann.

Wenn dem so ist, dann müssen wir uns doch die Frage stellen, warum wir im Rahmen einer Privatisierung erst die Verfügungsgewalt über das Netz übertragen und dann, wie Sie zu Recht erwähnt haben – Beschluss des Verkehrsausschusses des Bundesrates von gestern –, nachdem wir übertragen haben, mühsam versuchen, irgendwelche Regeln einzuführen, damit die Bahn mit dem Netz nicht tun und lassen kann, was sie möchte.

Das erscheint uns unlogisch und nicht effizient. Wenn wir jetzt schon so viel Angst haben, dass die Verfügungsgewalt der Bahn schiefgehen und den Interessen der Länder schaden könnte, wäre es dann nicht konsequent, von vornherein zu sagen, dass wir sie der Bahn gar nicht erst geben? Ich habe in der Debatte heute niemanden gehört, der irgendein Argument vorgebracht hat, warum es denn sinnvoll sein soll, der Bahn die Verfügungsgewalt über das Netz zu übertragen. Nicht ein einziges Argument dafür ist heute hier eingebracht worden, sondern wir haben nur Argumente gehört, warum es problematisch ist und welche Initiativen wir unternehmen müssen und welche Initiativen Sie unternommen haben, um die Folgen dieser Übertragung zu begrenzen. Darüber haben wir diskutiert.

Aber ob diese Übertragung der Verfügungsgewalt des Netzes auf die Bahn auch notwendig ist, welchen Sinn sie macht, diese Begründung haben wir heute nicht bekommen. Ich habe sie bisher von niemandem bekommen, außer, dass Herr Mehdorn vielleicht eine kapitalstarke AG haben möchte, die ihn unter Umständen im Wettbewerb stärkt. Das mag der einzige Grund sein. Nur, wenn es der einzige Grund ist, dann müssen wir doch fragen, ob es in Abwägung der ganzen Risiken, Herr Minister Jurk, die Sie in diesem Zusammenhang angesprochen haben, nicht sinnvoller ist, das Manko Kapitalschwäche der AG in Kauf zu nehmen und dafür im Bereich Verfügung über das Netz viele, viele Probleme, die dabei unsere Länderinteressen sehen, vermeiden könnten.

Deswegen unser Antrag: Eine klare Trennung der Verfügungsgewalt über das Netz und der privaten Bahn. Daher macht es auch Sinn, im Interesse unserer sächsischen Probleme unserem Antrag unbedingt zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Lichdi, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister Jurk, ich bin ja durchaus bereit anzuerkennen, wenn Sie einmal etwas richtig gemacht haben. Ihre Berichte von der Verkehrsministerkonferenz und Ihr Vortrag finden unsere volle Zustimmung. Es ist sicher ein guter Weg. Es macht mir auch nichts aus, das öffentlich zu sagen. Von daher war die eine oder andere Volte, die Sie in diesen einzig positiven Bericht eingeflochten haben, vielleicht unnötig, aber das liegt an Ihnen selbst. Sie haben angemahnt, nur die sächsischen Interessen zu betrachten.

Herr Bolick, ich finde es in Ordnung, dass Sie im Grunde die Ziele richtig beschrieben haben. Darin sind wir uns völlig einig. Nur glaube ich, dass Sie sich etwas um die eigentliche Frage herumgemogelt haben, wie diese Ziele umzusetzen sind. Mir ist nicht ganz klar geworden, ob Sie dieses Modell des sogenannten integrierten Konzerns nun befürworten oder ablehnen. Genau in dieser Frage haben

Sie sich nicht ganz klar ausgedrückt. Ich möchte Sie einfach einmal bitten, das Gutachten von Ehlers im Auftrag der Verkehrsministerkonferenz zur Kenntnis zu nehmen. Hier wird ausdrücklich davon gesprochen, dass die Übertragung der Stimmrechte in der Hauptversammlung an die Deutsche Bahn, der Stimmrechte des Bundes, nämlich eine verfassungsrechtlich unzulässige materielle Teilprivatisierung, wie die Juristen sagen, ist. Sie sagen auch, dass dieses Modell – 15 Jahre und dann Rückkaufsrecht – gegen Artikel 87e usw. Abs. 2 und 3 verstoßen würde. Da können Sie nicht so blumig bleiben, sondern die Koalition muss sich auch dazu bekennen.

Zur Linksfraktion. Ich glaube, die Zeiten sind jetzt wirklich vorbei, dass man mit Bahn Politik machen kann und sagt, es soll alles beim Alten bleiben. Dazu sind mir die Ergebnisse einfach nicht gut genug. Wir brauchen eine Privatisierung des Betriebes. Daran halten wir fest. Wir brauchen weiterhin eine Schieneninfrastruktur in staatlicher Hand.

Sie sind noch nicht fertig?

Dann gestatte ich die Zwischenfrage noch. Bitte, Frau Dr. Runge.

Herr Lichdi, sollten Sie nicht ganz richtig zugehört haben? Ich habe nämlich zum Schluss gesagt, dass ich bei der Bahn in hundertprozentig staatlicher Hand natürlich Reformbedarf sehe und sogar Vorschläge dazu unterbreitet habe. Haben Sie das vernommen?

Frau Dr. Runge, wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, dass ich das nicht so vernommen habe. Ich halte mich an Ihren Antrag, in dem es explizit anders steht. Darin verlangen Sie, dass bei der Deutschen Bahn Betrieb und Schieneninfrastruktur zu 100 % in staatlicher Hand bleiben. Das lehnen wir ab, weil wir für die Privatisierung des Betriebes sind. So habe ich auch Ihre Redebeiträge verstanden.

Ich glaube, Frau Dr. Runge möchte noch eine Zwischenfrage stellen. – Bitte.

Könnten Sie sich vorstellen, dass es zwischen der rechtlichen Eigentumsform und der wirtschaftlichen Ausgestaltung des Unternehmens durch Geschäftspolitik zunächst einmal Unterschiede gibt und dass sich mein Reformbedarf selbst im Bundeseigentum, den ich angemahnt habe, dann natürlich auf die Ausrichtung einer völlig anderen Struktur des Unternehmens und der Geschäftspolitik bezog?

Hochverehrte Frau Kollegin Dr. Runge! Ich weiß nicht, ob ich jetzt Ihrer Frage folgen konnte. Ich bin mir auch nicht sicher, ob das an mir liegt. Jedenfalls ist das doch genau die Krux an dem vorgeleg

ten Modell von Tiefensee und Mehdorn, weil die genau das versuchen: nämlich staatliche Ingerenzrechte zu etablieren, die aber nicht funktionieren, wie Ehlers gerade dargestellt hat. Ehlers hat gesagt, es handelt sich dabei um eine unzulässige und unwirksame materielle Teilprivatisierung staatlicher Gewalt. Also dieses Modell, das grundsätzlich immer denkbar ist, ist hier weder geeignet noch verfassungsrechtlich konform.

Zur Abstimmung. Ich freue mich natürlich, dass die Koalitionsfraktionen unserem Teil I zustimmen wollen. Wir wollen aber trotzdem auf der Abstimmung unseres Punktes II beharren, weil es dort genau um die Gretchenfrage geht, ob wir jetzt diesen sogenannten integrierten Konzern haben wollen, ja oder nein. Darüber wollen wir eine Abstimmung. Wir halten es für erforderlich, und wir halten uns auch für befugt, darüber selbst zu bestimmen.

Herr Staatsminister Jurk, es ist natürlich so, dass Anträge aufgrund der Aktualität – ich glaube, es handelt sich um eine Entscheidung von gestern – immer leicht überholt sein können. Aber wenn Sie vielleicht einmal die Güte hätten, unseren Punkt II a bis f nachzulesen, dann würden Sie unschwer feststellen, dass wir dort beschrieben haben, was Sie jetzt schon dankenswerterweise in der Verkehrsministerkonferenz beschlossen haben. Von daher, denke ich, könnten Sie auch diesem Teil unbeschwert zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Ich darf noch einmal zum Antrag der GRÜNEN nachfragen. Möchten Sie auch über die arabischen Zahlen abgestimmt haben oder nur über die römischen? – Bitte, Herr Lichdi.

Frau Präsidentin! Der Kollege Bolick hat um getrennte Abstimmung der Punk

te I und II gebeten, wie ich ihn verstanden habe, und damit sind wir einverstanden.

Gut, in Ordnung, danke sehr. Zu den anderen Punkten ist keine punktweise Abstimmung beantragt worden.

Ich beginne mit dem Antrag der Linksfraktion in der Drucksache 4/9709. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei wenigen Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe die Drucksache 4/9837 auf, den Antrag der Fraktion der FDP. Wer möchte seine Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und wenigen Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe den Antrag der Fraktion der GRÜNEN in der Drucksache 4/9832, Punkt I, auf. Wer gibt die Zustimmung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und wenigen Stimmen dagegen ist eine große Mehrheit dafür und der Antrag damit angenommen.

Ich rufe im gleichen Antrag den Punkt II auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Es waren nur wenige Stimmen dafür; dieser Punkt ist also mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe noch einmal den Antrag in Gänze mit dem zugestimmten Punkt auf. Wer möchte dem Antrag mit Punkt I zustimmen? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen wurde dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Punkt I, mit großer Mehrheit zugestimmt.

Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet.