Zu offensichtlich wird hier auf dreisteste Weise auf Zeit gespielt. Herr Mackenroth, Herr Buttolo, jetzt einmal Hand aufs Herz: Wie viel Zeit brauchen die Ihnen unterstellten Behörden denn noch, um alles beweiskräftige Aktenmaterial im Reißwolf verschwinden zu lassen? Sagen Sie den Sachsen doch, bitte schön, wie viel Zeit noch geschunden werden muss, bis ein AlibiUntersuchungsausschuss eingerichtet werden kann, der dann wegen des vorherigen Schreddermarathons gar nicht mehr auf die Spurensuche in der Sumpflandschaft gehen kann!
Je stärker der Lack von der politischen Ordnung abblättert, desto verbissener setzen Staatsregierung und Koalition statt auf schonungslose Aufklärung auf Vertuschung und Verharmlosung. Die Akten-, Korruptions- und Mafiaaffäre ist längst zum Albtraum für die Sachsen und zum politischen Supergau der Regierung Milbradt geworden. Wie die letzte Plenarwoche und auch die heutige Sitzung zeigten, wird Mann und Maus an die Verteidigungsfront geworfen – darunter auch Fritz Hähle, der eigentlich bis 2009 seinem politischen Rentnerabend entgegendämmern wollte. Mehrere Male gab er am Rednerpult verzweifelt den Feuerwehrmann, der einen Großbrand zu löschen versucht, der im Landesamt für Verfassungsschutz sowie im Innen- und im Justizministerium – aus Vorsatz oder aus Unfähigkeit – ständig weiter angefacht wird.
So wird das aber nichts mit den Löscharbeiten, Herr Hähle. Am Ende könnte es heißen: Milbradtland ist abgebrannt!
Ich schätze, das fände der Ministerpräsident weniger „klamaukig“. Bis zum heutigen Tag sieht sich eine fassungslose sächsische Öffentlichkeit einem Regierungskartell der Kriminalitätsverharmloser, Problemvertuscher und Aufklärungsverhinderer gegenüber. Der heutige Tag wird aber zeigen, dass die CDU den Untersuchungsausschuss zur Mafiaaffäre auch mit den raffiniertesten Tricks nur hinauszögern, aber letztlich nicht verhindern kann.
Die NPD-Fraktion wird dem vorliegenden Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses selbstverständlich zustimmen. Dass Linke, FDP und GRÜNE dafür
ausgerechnet die NPD vom gemeinsamen Antrag ausgeschlossen haben, obwohl die NPD dreieinhalb Wochen vor den parlamentarischen Langschläfern der anderen Oppositionsparteien den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gestellt hatte, entspricht der konspirativen Ausgrenzungsstrategie hier im Landtag, die nach meinem Dafürhalten selbst gewisse „korruptive“ Züge trägt, um das Vokabular des Einsetzungsantrages zu benutzen.
Kritisch sei in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass Linke, FDP und GRÜNE durch teilweise unglückliche und juristisch angreifbare Formulierungen in ihrer ersten Antragsfassung der aufklärungsunwilligen CDU eine Steilvorlage für die öffentliche Diskreditierung des Einsetzungsanliegens geliefert haben.
Angesichts des Schmierentheaters der Staatsregierung aus CDU und SPD denkt man unwillkürlich an die Systemkritik des Verfassungsrechtlers Hans Herbert von Arnim in seinem Buch „Das System. Die Machenschaften der Macht“. Ein Kapitel des höchst lesenwerten Buches trägt den Titel „Es ist etwas faul im Staate“ und ein anderes Kapitel heißt „Korruption. Die Seele des Systems“. Traurigerweise fühlt man sich dabei besonders an Sachsen erinnert.
Bei dem, was die Öffentlichkeit von der letzten Plenarwoche bis heute geboten bekam, muss man sich unweigerlich in den Film „Ein Käfig voller Narren“ versetzt fühlen. Was da zwischen den Mühlsteinen von Parteienhader und Parlamentsritual, von Billigpolemik und Vertuschungstaktik zerrieben wurde, war das Restvertrauen der Bürger in die Integrität und politische Sauberkeit dieses Systems. Durch ihren selbstherrlichen und problemverdrängenden Umgang mit der Korruptionsaffäre nährt die Staatsregierung nur eine Sehnsucht im Volk, nämlich diesen Saustall, den die etablierte Politik und ihr Anhang in den Behörden aus Sachsen gemacht haben, mit dem politischen Hochdruckreiniger zu säubern.
Gerade die sächsische CDU hat bei der letzten Landtagswahl die schmerzhafte Erfahrung gemacht, dass der Stimmzettel auch zum Strafzettel werden kann. Es könnte also sein, dass schon die Wahlen im Juni nächsten Jahres zum reinigenden Gewitter für dieses von einem kriminellen Netzwerk verdunkelte Land werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Rechtzeitig – pressemäßig gesehen – zur sommerlichen Sauregurkenzeit kam der Schuss aus dem Dunkeln, ausgerechnet aus Frankfurt am Main.
Damals wurden nur die Bewohner der Sächsischen Schweiz und natürlich die Rechten in Haftung genommen. Dieses Mal ist es der ganze Freistaat Sachsen.
Das Verfahren, wie hier gegen die legal gewählte Regierung – sei sie, wie sie will – vorgegangen wird, nenne ich sowjetisch. Man fühlt sich unwillkürlich an Felix Dzierzynski erinnert: „Erschießt sie alle, verurteilen können wir sie später!“ – Zitatende. So sieht es aus.
Weil bisher noch kein Untersuchungsausschuss ein Ergebnis hatte. Was er hatte, waren Kosten und – da muss ich dem Herrn Ministerpräsident recht geben – Klamauk und weiter gar nichts.
Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich noch die Frage des Monats stellen: Was haben ein Untersuchungsausschuss und die sächsische SPD gemeinsam?
Ich frage die Staatsregierung, ob sie sich an der Debatte beteiligen möchte. – Das ist nicht der Fall.
Gibt es aus den Fraktionen noch Redebedarf? Die Linksfraktion hat allerdings keine Redezeit mehr. – Das kann ich nicht erkennen.
Damit beende ich die Aussprache zum Änderungsantrag und rufe zum Schlusswort auf. Für ein Schlusswort stehen insgesamt 3 Minuten zur Verfügung. Antragsteller sind
allerdings nicht die Fraktionen, sondern 44 Abgeordnete. Ich frage daher, ob einer der Antrag stellenden Abgeordneten sprechen möchte. –
Meine Damen und Herren! Der Sächsische Landtag hat gemäß Artikel 54 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen und § 2 Abs. 1 Satz 1 des Untersuchungsausschussgesetzes das Recht und auf Antrag von einem Fünftel seiner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Wir kommen zur Abstimmung.
Es liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Abgeordneten der Linksfraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion der GRÜNEN in der Drucksache 4/9422 vor. Dieser Änderungsantrag ersetzt den Ursprungsantrag in der Drucksache 4/9265. Um eine sichere und genaue Feststellung des Abstimmungsergebnisses zu gewährleisten, schlage ich Ihnen vor, eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich frage, ob dieser Antrag Unterstützung findet. – Das sind mehr als sechs Abgeordnete. Damit kommen wir zu einer namentlichen Abstimmung. Ich bitte Sie um einen kleinen Moment Geduld, bis wir die Vorbereitungen getroffen haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie wirklich, sich so zu verhalten, dass wir hier vorn möglichst alles auf Anhieb verstehen und nicht noch einmal nachfragen müssen.
Wir kommen zur namentlichen Abstimmung in der 86. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages am 19. Juli 2007. Abgestimmt wird über die Drucksache 4/9422. Ich beginne mit dem Buchstaben A.