In einer der letzten Beratungen haben wir im Rahmen einer Aktuellen Debatte um die neue Förderrichtlinie für Ganztagsangebote gerungen. Ich bin der Meinung, dass die zunehmende Etablierung von Ganztagsangeboten gleichzeitig eine Herausforderung für die Verpflegung an Schulen ist, aber andererseits auch große Chancen bietet. In der Stellungnahme des Kultusministeriums zum Antrag der PDS-Fraktion wird darauf ansatzweise Bezug genommen. Ich würde das gern noch etwas vertiefen.
So hat die Kultusministerkonferenz für Ganztagsschulen festgeschrieben, dass an allen Tagen des Ganztagsschulbetriebes die Schülerinnen und Schüler ein Mittagessen erhalten sollen. Richtig! Gilt das aber auch in derselben verpflichtenden Weise für Ganztagsangebote, wie wir sie hier in Sachsen haben und an denen die Schüler ja nicht einmal verbindlich teilnehmen werden?
Während eines langen Schultages müssen sich alle Schülerinnen und Schüler und alle Lehrerinnen und Lehrer auf ein leckeres und besonders gesundes Essen freuen können, das gemeinsam eingenommen wird. Sie werden mir sicher zustimmen: Essen ist nicht nur lebensnotwendige Kalorienzufuhr, sondern auch ein gesellschaftliches Ereignis.
Die Wirklichkeit der meisten Kinder und Jugendlichen sieht jedoch so aus, dass sie mit einem Pausenbrot morgens losgeschickt werden, mit einer Bockwurst am Schulkiosk im Laufe des Tages abgespeist werden und nebenbei noch ein paar Schokoriegel essen. Oder es gibt vielleicht ein warmes Mittagessen, das in einer mehr oder weniger weit entfernten Küche morgens gekocht und danach ausgefahren wurde. Alternativ handelt es sich um ein tiefgefrorenes Menü, das mittags einfach aufgetaut wird. Freude an gesunder Ernährung kann so nicht geweckt werden.
Nun ist es allerdings schwierig, ein gutes Mittagessen an Schulen zu gewährleisten, wenn von Woche zu Woche die Anzahl der Essenden wechselt. So kann man nicht längerfristig planen und auch kein übergreifendes Gesundheitserziehungskonzept zugrunde legen, sondern eigentlich nur kurzfristig portionierbare Gerichte anbieten. Deshalb ist eigentlich nur mit der gebundenen Form der Ganztagsschule eine geeignete Voraussetzung gegeben, um auf diesem Gebiet die Ziele zu erreichen, die wir heute mit den beiden vorliegenden Anträgen beraten.
Ich bin mir nicht sicher, ob das gemeinsame Mittagessen an Schulen verpflichtend gemacht werden sollte. Wenn man diesen Schritt gehen will, müssen die Essensteilnehmer auch in die Lage versetzt werden, die Mahlzeiten
selbst zusammenstellen zu können. Zu einem täglichen Angebot gehört mindestens ein vegetarisches Gericht, eine Salatbar mit täglich wechselnden, frischen Salaten sowie Nachtisch in Form von Obst und Quarkspeisen. Aus unserer Sicht sollen dabei regionale und saisonale Produkte Vorrang haben.
Man würde sich ja wünschen, dass die Bonbontüte von vorhin noch einmal herumgereicht wird; dann sind nämlich manche beschäftigt und würden nicht so laut reden.
Danke schön, jetzt ist es wenigstens ruhig. – Wir finden, dass regionale und saisonale Produkte in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Kitas und Schulen Vorrang haben sollten. Ich meine, es sollten gerade Produkte aus der Region angeboten werden. Allerdings, Bioessen gibt es leider nur in wenigen Großküchen. Die Nachfrage trifft hier auf ein nur unzureichendes Angebot.
Damit komme ich zu den Chancen. Voraussetzung für die eben genannten Kriterien sind Küchen, die auf die Verpflegung von Kindern und Jugendlichen ausgerichtet sind und sich idealerweise vor Ort befinden. Gerade die neu gestaltete Förderrichtlinie für Ganztagsangebote gibt die Möglichkeit, das Thema „Gesunde Ernährung“ in entsprechenden Angeboten – auch mit externen Fachleuten, Biolandwirten, Produzenten und Händlern von Biokost – umzusetzen und eine Akzeptanz für hochwertige Ernährung zu schaffen.
Ich denke, dass es im Rahmen von Ganztagsschulen eine ganze Reihe von Möglichkeiten gibt, die Verpflegung von Schülerinnen und Schülern unter den genannten Gesichtspunkten zu verbessern. Die Gemeinschaftsverpflegung in Schulen, Kindergärten und öffentlichen Einrichtungen braucht hochwertige Qualitätsstandards und einen kostengünstigen Zugang auch für sozioökonomisch Benachteiligte. Ein verpflichtendes Angebot, dass die Empfehlungen für gesunde Schulverpflegung verbindlich einhält, sollte bei Ganztagsangeboten zur Förderauflage werden. Die Förderung von Ganztagsschulen muss in Zukunft die Bereitstellung einer gesunden, kindgerechten und im besten Sinne vollwertigen, warmen Mittagsmahlzeit beinhalten. Fördermittel müssen auch für die Einrichtung und den Betrieb einer Küche in den Schulen zur Verfügung gestellt werden. Wir möchten eine verbindliche Beratung für die Schulen auf den Weg bringen, die Unterstützung in Ernährungsfragen und überregionale Angebote von Biocatering anbieten.
Ich denke, wenn man Ganztagsschulen und Ganztagsangebote konsequent betreiben will, muss man gesunde Ernährung in den Blick nehmen und – wie gesagt – mit Förderrichtlinien untersetzen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es sind schon viele wichtige Aspekte zu diesem Themenkomplex geäußert worden. Ich möchte das nicht in Größenordnungen ausweiten, aber noch einmal auf die Stellungnahme der Staatsregierung verweisen und zwei bis drei wesentliche Aspekte kurz benennen.
Erstens. Nach Artikel 22 unserer Verfassung sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuerst ihnen obliegende Pflicht. Das heißt – auf unser Thema bezogen –, es sind vorrangig die Eltern, die die Ernährung ihrer Kinder nach wie vor verantworten und die auch durch ihr Vorbild wirken.
Zweitens. Kinder und Jugendliche verbringen in der Tat in Kindertageseinrichtungen und Schulen viel Lebenszeit. In dieser Zeit brauchen sie idealerweise eine an ihren Bedürfnissen und ihren Bedarfen ausgerichtete Verpflegung, eine Verpflegung, bei der es um Geschmack und Essensvorlieben, aber auch um eine nährstoffreiche und dem Wachstum entsprechende Ernährung geht.
Drittens. Wir wissen, dass die Ernährungs- und Verpflegungssituation unserer Kinder weiter verbessert werden muss. Im Vergleich zu anderen Bundesländern haben wir in Sachsen ein flächendeckendes Verpflegungsangebot für unsere Kitas und Schulen, sodass wir unseren Handlungsbedarf in der Tat vor allem auf die Qualität des Essens konzentrieren.
Es wird zu Recht auf die besorgniserregende Entwicklung beim Übergewicht hingewiesen. Die Ursachen dafür sind vielfältig und vielschichtig. Niemand wird diese Entwicklung von heute auf morgen umkehren. Das enthebt jedoch niemanden von der Pflicht zur Mitverantwortung und von der Pflicht, die Situation zu verbessern, bis hin zu den Vertretern der Gemeinde-, Stadt- und Kreisräte. Bezogen auf die Verpflegungsqualität in Schulen und Kitas bedeutet das: Jeder Elternrat, jeder Förderverein, jede Schulkonferenz, jeder Schul- und Kitaträger und jeder Speisenanbieter besitzt eine Mitverantwortung bei dem, was wir für unsere Kinder auf den Tisch stellen.
Ich habe eingangs den Begriff „Verantwortung“ benutzt. Dieses Wort enthält den Begriff „Antwort“. Mein Haus kann und will Antworten auf die Fragen durch Information, Aufklärung und Beratung geben. Das setzt jedoch wiederum Strukturen voraus, die aufrechterhalten, vernetzt oder gegebenenfalls neu geschaffen werden müssen. Deshalb bildet die Verpflegung in Kitas und Schulen einen Schwerpunkt der Arbeitsgruppe Ernährung beim Gesundheitsziel „Gesund aufwachsen“.
Ich habe auch bereits erwähnt, dass die relevanten Entscheidungsträger in Sachen Schul- und Kita-Verpflegung und die Speiseanbieter Anfang Oktober von uns zu einer Informationsveranstaltung eingeladen werden. Bei dieser
Diese Qualitätsstandards werden derzeit durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung in Bonn unter Beteiligung aller Länder erarbeitet. Nach Abstimmung mit dem Kultusministerium werden diese Standards den sächsischen Schulen und allen anderen Beteiligten weiterempfohlen.
Wir sind überzeugt, dass uns wissenschaftlich fundierte, praktikable und nachprüfbare Qualitätsstandards für die Schulverpflegung bei der Verbesserung des Schulessens einen wichtigen Schritt nach vorn bringen werden. Der genannten Auftaktveranstaltung im Oktober werden weitere, regionale Veranstaltungen folgen.
Für die Kita-Verpflegung werden ebenfalls auf Bundes- und Länderebene Qualitätsstandards diskutiert. Allerdings unterscheiden sich Kita- und Schulverpflegung insbesondere hinsichtlich ihrer organisatorischen Rahmenbedingungen. Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch das Engagement der Fachfrauen oder Fachmänner für Kinderernährung in Sachsen, die täglich vor Ort Erziehern, Eltern und Kindern zeigen, was alles zum gesunden Essen, auch zum gesunden Mittagessen, gehört.
Abschließend möchte ich noch das Handbuch „Gesund aufwachsen in Sachsen“ erwähnen, das im Rahmen des Gesundheitszieles „Gesund aufwachsen“ entstanden ist. Mit Unterstützung der Krankenkassen konnte es im Frühjahr dieses Jahres allen Kindertageseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Das Ernährungskapitel enthält dabei umfangreiche und verständliche Basisinformationen zu allen Mahlzeiten, praktische Umsetzungsvorschläge für den Kita-Alltag und viele Hinweise auf weiterführende Informationen.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, bei allem Engagement vieler Beteiligter, machen wir uns nichts vor: Das, was in sächsischen Schulen und Kitas täglich auf den Tisch kommt, spiegelt im Grunde unsere eigenen Essensgewohnheiten wider: zu viel, zu fett, zu süß und zu salzig. Mit diesen Schlagworten hat auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung bereits vor Jahren das Essverhalten der Deutschen charakterisiert. Deshalb, meine Damen und Herren, sollte es auch weiterhin unser Engagement und Bemühen sein, jeden Tag zu nutzen, um unseren Kindern ein gesundes Ess- und Trinkverhalten vorzuleben.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über alle Fraktionen hinweg sind wir uns also einig, dass wir bei der Essensversorgung in den Kindertagesstätten und in den Schulen zwar ein flächendeckendes Netz besitzen, aber ein Qualitätsproblem haben. Dass das Essen in erster Linie schme
cken muss, ist ganz klar. Aber das allein macht es ja nicht, sondern das Essen muss ausgewogen und ernährungswissenschaftlich sinnvoll sein.
Die Schlagzeilen in den letzten Wochen haben es verdeutlicht: Die Deutschen sind die Dicksten in Europa. Bundesweit sind 37 Millionen Menschen zu dick, davon zwei Millionen Kinder. Das ist aus meiner Sicht nicht hinnehmbar. Das liegt auf der einen Seite an der fehlenden körperlichen Betätigung. Diesbezüglich gebe ich dem Herrn von der FDP-Fraktion recht. – Es wäre schön, Herr Herbst, wenn Sie zuhören würden. – Wir haben natürlich ein Problem, was die sportliche Betätigung betrifft.
Bei den Kindertagesstätten ist es so – das kann ich an dieser Stelle sagen –, dass in den größeren Kindertagesstätten in jedem Fall Bewegungsräume angeboten werden. Das ist eine Pflichtvoraussetzung und es ist auch Bestandteil der Betreuungs-, Erziehungs- und Bildungsmaßnahmen in den Kindertageseinrichtungen, dass sportliche Aktivitäten angeboten werden.
Das Gleiche gilt für die Schulen. Dass das eine oder andere am Sportunterricht zu bemängeln ist, haben wir heute schon gehört. Es ist noch einmal anzumahnen, dass der Sportunterricht in Gänze durchgeführt werden muss.
Aber kommen wir zurück zur Ernährung. Was kosten die Bundesrepublik die Fehlernährung und das Übergewicht? Es sind sage und schreibe 70 Milliarden Euro im Jahr. Das ist aus meiner Sicht unannehmbar.
Wir sollten die Augen aber auch nicht vor der Tatsache verschließen, dass es in Deutschland und im Freistaat Sachsen nicht nur zu dicke Menschen gibt, sondern auch
zu schlanke. Wir haben auch ein Heer von magersüchtigen Menschen, vor allen Dingen von magersüchtigen jungen Frauen. Das ist genauso wie bei den zu dicken Menschen auf bestimmte Bestandteile von Sucht zurückzuführen, der entgegengewirkt werden muss. Auch hier brauchen wir präventive Maßnahmen.
Einen Teil davon betrifft unser Antrag. Wir wollen, was die Kindertagesstätten, aber auch die Schulen betrifft, Qualitätskriterien festschreiben. Ich bin der Ministerin sehr dankbar für das, was sie ausgeführt hat, was inzwischen in Gang gekommen ist und was man seitens der Regierung noch plant. Was die Ganztagsangebote in den Schulen betrifft, ist für mich besonders wichtig, dass man dort die Möglichkeit hat, das Essen gemeinsam mit den Lehrerinnen und den Erzieherinnen, aber auch den Kindern oder Jugendlichen zuzubereiten.
Ich bin aber auch der Meinung, dass wir in speziellen Unterrichtsfächern noch einmal speziell auf gesunde Ernährung hinweisen sollten. In diesem Sinne möchte ich Sie dafür erwärmen, dem Antrag der Koalition zuzustimmen. Wir sind der Meinung, dass er zukunftsorientiert ist zum Wohle unserer Menschen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst sehr, sehr herzlich für die sachliche und engagierte Debatte bedanken. Es geht dabei um das Wohl von uns allen und insbesondere um das Wohl der Kinder.