Protocol of the Session on July 6, 2007

Jetzt noch einige Worte zu einem Teilaspekt, den ich im Antrag der Linksfraktion gefunden habe. In II Punkt 3, den geforderten Leitlinien, wird neben fächerübergreifender Ernährungs- und Verbraucherbildung auch ein verbindlicher Unterricht „Gesundes Kochen“ gefordert. Die Staatsregierung meint zwar in ihrer Stellungnahme, das sei nicht angezeigt, da es ja fächer- und schulartübergreifende sowie außerschulische Angebote gibt, aber wir schließen uns der Forderung nach diesem Fach ausdrücklich an. Wir würden das allerdings noch um den Aspekt der Familienbildung erweitern.

In der Begründung des Antrags der Linksfraktion können wir Folgendes lesen: „Es ist festzustellen, dass hinsichtlich der Beurteilung von Qualität, Auswahl und Verarbeitung von Lebensmitteln in den Privathaushalten insgesamt ein deutlicher Kompetenzverlust stattgefunden hat.“ Das stimmt. Aber nach den Ursachen wird in dem Zusammenhang nicht gefragt. Aus unserer Sicht ist das auch eine Konsequenz der berühmten Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In Vollzeit zu arbeiten und anschließend eine gesunde Ernährung zuzubereiten, überfordert einfach

viele normale Frauen. Es ist doch völlig klar, dass Frauen und Mütter, die sowieso schon Familie und Beruf vereinbaren müssen, nicht immer die Zeit und auch die Lust haben, noch abends aufwendige und gesunde Menüs für ihre Lieben zu kochen.

Diese Kulturtechniken, wie sie die Linksfraktion richtig nennt, werden normalerweise – und hier stimmen wir nicht überein – von den Müttern auf die Töchter weitergegeben. Wo haben Sie beispielsweise gelernt, wie man grüne Klöße macht?

Bei den sogenannten modernen Lebensmodellen bleiben diese Kulturtechniken auf der Strecke. Umso wichtiger wäre die Einführung eines entsprechenden Unterrichtsfachs, das – wie gesagt – nicht nur Ernährungs- und Verbraucherbildung umfassen sollte, sondern auch Familienbildung im besten Sinne des Wortes.

Die NPD wird diese Idee auf jeden Fall weiter verfolgen und konkretisieren. Dass wir dabei die Unterstützung von Links haben, freut uns natürlich.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion; Herr Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Liebling, wir bringen die Kinder um“, das ist der Titel einer Serie auf RTL 2, in der es darum geht, dass dicke Kinder abnehmen sollen.

Man kann von der Art und Weise der Sendung halten, was man will, doch das Thema „gesunde Ernährung von Kindern“ ist in der Gesellschaft angekommen, ob in Zeitungen, im Fernsehen oder neuerdings in der Politik. Es wird offen über dieses Problem gesprochen. Doch, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird bereits gehandelt?

Schaut man sich die Fakten an, so ist in den vorgenannten Bereichen, wo staatlicher Einfluss möglich ist, bisher wenig geschehen. Die Technische Universität Dresden stellte inzwischen die durch die Staatsregierung angekündigte Studie zur Ernährungssituation an Kitas vor. Das Ergebnis ist ernüchternd. Die Verpflegung in den Kitas, in der Regel das Mittagessen, entspricht nur selten den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Zu viel Fleisch, zu wenig Obst und Gemüse bestimmt die Speisepläne der Kinder. Erstaunlich ist, dass die durch die Kitas bestimmten Speisepläne schlechter abschneiden als die der Caterer. Wie gesunde Ernährung von Kindern sein sollte, wissen die Einrichtungen leider nur selten. Vereinbarungen zur Qualitätssicherung – so das Sozialministerium in seiner Stellungnahme – existieren leider nicht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Offensive zur Verpflegungsqualität an Kitas sieht anders aus. Es ist eigentlich das Mindeste, was Kinder und Eltern erwarten können, was im Antrag von CDU und SPD gefordert wird. Doch mehr als Aufrütteln wird auch der Antrag der

Koalition nicht. Es ist zu kurz gegriffen, um Kinder wirklich gesünder zu machen.

(Beifall bei der FDP)

In den sächsischen Kitas und Schulen wird hauptsächlich nur das Mittagessen durch die Einrichtungen organisiert. Über Frühstück und Abendbrot bestimmen meist die Eltern.

Die Studie zeigt bei den Eltern zwar Interesse, doch trotzdem wird von den Eltern am wenigsten auf den Fett- und Cholesteringehalt der Speisen geachtet. Hier liegt eine Menge Arbeit vor uns. Altkluge Hinweise von Politikern helfen an dieser Stelle nicht.

Darüber hinaus müssen wir auch die Kinder selbst mitnehmen. Verordnen bewirkt das Gegenteil. Wenn in der Kita den Kindern Schokolade verboten wird, aber sie nicht für etwas anderes gewonnen werden, wird sich kein Erfolg einstellen können. Kein Erfolg wird sich auch durch den Zwangsunterricht „Gesundes Kochen“ der Linksfraktion einstellen. Statt dort einen Lehrplan abzuarbeiten, sollten lieber die Möglichkeiten des Ganztagsförderprogramms ausgeschöpft werden, um wirklich interessante Angebote zu schaffen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Da haben die Schüler mehr davon als von Lernstoff, der nach der nächsten Klassenarbeit wieder vergessen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen wichtigen Aspekt haben beide Antragsteller vergessen. Zur Ernährung gehört unweigerlich auch die Bewegung und mit dieser steht es zumindest in den Schulen nicht zum Besten. Noch immer fällt mehr Sportunterricht aus als im Durchschnitt der anderen Fächer. Jeder fünfte Lehrer, der Sport gibt, hat keine entsprechende Ausbildung. Die Zahl der Sportunfälle steigt relativ in Bezug auf die Schülerzahlen und die Schulen sind oft nicht in der Lage, auch dickere Kinder beim Sport zu motivieren. Wir brauchen dringend eine Aufwertung des Sportunterrichts. Diese Aufgabe lässt die Staatsregierung seit Jahren brachliegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor uns liegt ein dickes Problem. Die ungesund lebenden Kinder von heute sind die chronisch Kranken der Zukunft. Jetzt in die Prävention zu investieren kommt allemal billiger als in die Nachsorge. Das sollten Sozial- und Kultusministerium bedenken.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion GRÜNE Frau Herrmann, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass Essen mehr ist als Nahrungsaufnahme, darauf hat meine Kollegin SchöneFirmenich mit ihrem Referat schon hingewiesen. Wie bildhaft sie das geschildert hat, hat mir sehr gut gefallen. Dieser Kindergarten „Pusteblume“ ist ein sehr gutes

Beispiel dafür, wie gesunde Ernährung erfahren werden kann. Nur leider gibt es viel zu wenige davon.

Zum Essen gehört riechen, schmecken, sehen, hören, tasten. Essen berührt alle Sinne und es findet in einem Rahmen statt, der mit kulturellen Bedürfnissen und Traditionen verbunden ist. Neben dem Stillen von Hunger ist eben auch die Nähe eine wichtige Komponente vom Essen. Wir kennen das alle. Wenn man gemeinsam essen geht, dann begibt man sich in Gesellschaft. Wenn wir nachher gemeinsam der Einladung des Landtagspräsidenten folgen, dann spielt nicht nur das Essen eine Rolle, sondern auch die Gespräche dabei.

Schon mit Beginn des Lebens ist Essen eine lebenswichtige Form der Zuwendung. Nicht nur das Sattwerden, sondern vor allem auch die innige Kommunikation, die zwischen Mutter und Kind stattfindet, führt zu beiderseitigem Wohlbefinden und zu dem Gefühl der Geborgenheit bei Mutter und Kind. Deshalb ist es auch unzureichend, wenn wir das wirklich breite Angebot an Ernährungsberatung für Eltern und das im Bildungsplan von Kitas und Schulen damit verbundene Konzept allein auf der Ebene der Vermittlung und der Bildung behandeln. Vielmehr geht es darum, die Bildungsinhalte mit der gemeinsamen kulturellen Erfahrung und eben mit Zuwendung zu verknüpfen. Es geht um eine gesunde Ernährung, um gemeinsame Zubereitung von Mahlzeiten, das gemeinsame Essen in der Kita, in der Schule und nicht nur um das Reden über das, was denn nun gesund wäre. Das Essen muss gut aussehen. Es muss gut riechen. Es muss gut schmecken. Es muss natürlich auch in einer schönen Atmosphäre stattfinden, um ein wirkliches Erlebnis zu werden.

(Beifall des Abg. Michael Weichert, GRÜNE)

Wer die kulturellen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen vernachlässigt, der muss sich nicht wundern, wenn die Schülerinnen und Schüler ganz schnell zur nächsten Frittenbude laufen. So ungefähr lautete die Kopfzeile der Fachtagung „Essen in Schulen“ im November 2004 in Stuttgart.

Eine Ernährungswende kann nicht gefordert, sondern sie muss organisiert werden. Das wurde von Barbara Methfessel vom Sozialökologischen Institut so benannt. Kitas und Schulen sind für viele Stunden der Lebensort von Kindern und Jugendlichen. Gesundes Essen muss eine gemeinsame Erfahrung für die Kinder und Jugendlichen sein und in diesen Lebens- und Bildungsraum integriert werden. Das beginnt mit den Räumen.

In vielen Schulen ist die Schulspeisung noch immer im Keller untergebracht.

(Unruhe bei den Fraktionen)

Das ist auch in der Schule in dem Ort so, aus dem ich komme.

(Glocke der Präsidentin)

Im Keller essen die Kinder und wenn Erwachsene die Schule betreten, riechen sie quasi noch das Essen aus ihrer eigenen Schulzeit. Sie erinnern sich an das laute Gekreische – Sie sicherlich auch –, wenn wieder mal etwas über die Tische geflogen ist. Ich denke, da brauchen wir dringend eine Änderung. Viele Eltern würden sich sicher auch gern für ihre Kinder einsetzen, dass das Essen in einem schönen Rahmen stattfindet und sie würden selbst Hand anlegen und schöne Räume gestalten. Aber die Praxis zeigt, dass es da verschiedene Schwierigkeiten gibt, vom Hausmeister, der keine Überstunden machen will, über den Versicherungsschutz usw.

Wenn wir über gesundes Essen reden, dann müssen wir den Kindern die Möglichkeit geben, diese Erfahrung auch in den Schulen zu machen. Dazu wird meine Kollegin noch etwas sagen, was im Rahmen von Ganztagsangeboten möglich ist.

Die Sächsische Staatsregierung antwortet uns hier, dass sie sich nicht so richtig in der praktischen Verantwortung fühlt. Sie verweist auf die Freiwilligkeit von Essensangeboten, die Verantwortung der Schulen und die kommunale Verantwortung. Auf der genannten Fachtagung wurde als Leitlinie vereinbart: „Wir müssen Strukturen entwickeln, die Aufgabenverteilung zwischen Kommunen und Ländern organisieren und die Koordinierung von Finanzkonzepten vorantreiben.“ Denn bei aller gewünschten Autonomie der Schulen gilt: Wenn die Finanzierung nicht geklärt ist, dann können wir unser Konzept gar nicht durchsetzen, weil nicht alle Kinder Zugang dazu haben. Deshalb geht es darum, in diesem Konzept auch die Finanzierung sicherzustellen.

(Unruhe im Saal)

Weil Sie jetzt so munter sind, möchte ich Ihnen zum Schluss noch als Beispiel erzählen, das ich mit meinen eigenen Kindern erlebt habe. Im Rahmen eines Projekttages sind wir auf einen Biohof gefahren und die Kinder haben dort, gemeinsam mit uns Eltern, Kartoffeln geerntet. Anschließend saßen wir am Feuer, haben gekocht. Das war für die Kinder wirklich ein bleibendes Erlebnis. Sie haben mitbekommen – –

(Gelächter bei der FDP)

Es hat gut geschmeckt. Nicht dass Sie schon wieder denken, es hätte nicht geschmeckt.

(Dr. Matthias Rößler, CDU: Sie sind einiges gewöhnt!)

Sie haben mitbekommen, wo das Essen herkommt und wie schön es sein kann, gemeinsam zu essen. Ich denke, diese Erfahrung können Kinder auch im Alltag in der Schule machen.

Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wird weiterhin das Wort von den Fraktionen gewünscht? Ich hatte es so verstanden, dass von der Fraktion der GRÜNEN noch

Redebedarf besteht. – Es möchte sich sonst niemand mehr äußern, außer sicher die Staatsministerin. Bitte, Frau Günther-Schmidt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte das, was meine Kollegin Elke Herrmann soeben grundsätzlich zum Thema gesagt hat, noch um einige Aspekte ergänzen, die aus grüner Sicht besonderer Betrachtung wert sind.

In einer der letzten Beratungen haben wir im Rahmen einer Aktuellen Debatte um die neue Förderrichtlinie für Ganztagsangebote gerungen. Ich bin der Meinung, dass die zunehmende Etablierung von Ganztagsangeboten gleichzeitig eine Herausforderung für die Verpflegung an Schulen ist, aber andererseits auch große Chancen bietet. In der Stellungnahme des Kultusministeriums zum Antrag der PDS-Fraktion wird darauf ansatzweise Bezug genommen. Ich würde das gern noch etwas vertiefen.