Ich möchte eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten unserer Fraktion abgeben. Wir haben gegen den Antrag gestimmt, weil – entgegen der Auffassung der NPD-Fraktion – § 79 Abs. 4 der Geschäftsordnung eine spezielle Bestimmung zu den allgemeinen Geschäftsordnungsbestimmungen über Landtagssitzungen enthält. In § 79 Abs. 4 heißt es: „ … Der Präsident hat den Landtag unverzüglich zu einer Sitzung mit dem gewünschten Beratungsgegenstand einzuberufen.“ Das heißt, es kann nur um den gewünschten Beratungsgegenstand gehen. Dieser ist im Antrag der Linksfraktion.PDS definiert.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Fraktion hat für die heutige Tagesordnung den Antrag in Drucksache 4/8934 eingereicht, der sich ebenfalls mit dem heutigen Beratungsgegenstand beschäftigt. Die Linksfraktion.PDS hat Widerspruch gegen eine Erweiterung der Tagesordnung eingelegt. Wir verzichten deshalb darauf, diesen Antrag einzubringen. Wir verzichten aber nicht, den
Inhalt dieses Antrages in vollem Umfang als Änderungsantrag einzubringen. Das hat allerdings zur Folge, dass sich die Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion.PDS mit diesem Inhalt in Form des Antrages beschäftigen müssen, der ihnen bereits vorliegt. Der Änderungsantrag kommt später – wie so oft in diesem Sächsischen Landtag. Die Argumentation, dass die Beschäftigung mit dem Inhalt neuer Anträge nicht möglich gewesen sei, geht völlig ins Leere.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Koalition bitte ich laut § 105 der Geschäftsordnung um eine Auszeit von 10 Minuten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem die Tagesordnung unserer heutigen Sitzung feststeht, beginnen wir mit der Beratung selbst.
Rückhaltlose Aufklärung der persönlichen Verstrickung von Politikern, Richtern, Staatsanwälten und sonstigen Bediensteten der sächsischen Justiz, Polizei, Verwaltungs- und anderer Behörden in kriminelle Netzwerke, einschließlich der Ursachen und Gründe für das Versagen elementarer rechtsstaatlicher Kontrollmechanismen und die Verantwortung der Staatsregierung hierfür
Rückhaltlose Aufarbeitung der Aktenbestände des Landesamtes für Verfassungsschutz über Bestrebungen der Organisierten Kriminalität in Sachsen
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben noch einmal die Einrede der Linksfraktion.PDS geprüft und stellen fest, dass die Erweiterung des Tagesordnungspunktes 1 mit § 81 Abs. 4 konform ist, denn der letzte Satz, der angeführt wurde, bezieht sich nur auf Gegenstände, die nach Feststellung der Tagesordnung im Plenum, was geschehen ist, noch zur Behandlung angemeldet werden sollten. Insofern ist das, was wir hier getan haben, unserer Meinung nach rechtens.
Da jetzt noch ein weiterer Antrag in den Tagesordnungspunkt 1 aufgenommen wurde, bitte ich, dass wir die
Meine Damen und Herren! Entsprechend den Gepflogenheiten wären das dann: CDU 16 Minuten, Linksfraktion.PDS 12 Minuten, SPD 7 Minuten, NPD 5 Minuten, FDP 5 Minuten, GRÜNE 5 Minuten.
Herr Präsident! Wiederum aus verfassungsrechtlichen Gründen widersprechen wir ausdrücklich der vom Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Fraktion namens der Koalition dargelegten Position. Tatsache ist, dass hierbei vergessen wird,
dass wir uns in diesem speziellen Fall im Bereich des Minderheitenschutzes für die Beantragung einer Sondersitzung des Landtages befinden. Der Antrag der Linksfraktion.PDS ist erkennbar so angelegt, dass sämtliche Verstrickungen, sämtliche Netzwerke offengelegt werden sollten und keineswegs, wie es die CDU will, nur die Aufarbeitung der Aktenbestände des Landesamtes für Verfassungsschutz Gegenstand sein soll.
Das ist eine eindeutige Einschränkung des Befassungsgegenstandes des Landtages und damit eine Verletzung unserer Minderheitenrechte.
Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Aussprache zum Tagesordnungspunkt selbst. Es beginnt die Linksfraktion.PDS. Danach sprechen CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Die Linksfraktion.PDS hat das Wort. Herr Dr. Hahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Landesamt für Verfassungsschutz liegen nach unwidersprochenen Medienberichten circa 100 Aktenordner mit mehr als 15 000 Seiten. Ich habe nicht nachgezählt, aber eines weiß ich: Der Inhalt dieser Akten ist in der Tat höchst brisant.
Der Innenminister erklärte öffentlich, dass das, was in den Akten enthalten ist, nicht nur unappetitlich, sondern widerwärtig sei. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, Frank Kupfer, zugleich Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission, sagte in einem Interview, er hätte nie für möglich gehalten, dass Dinge, die man sonst nur aus schlechten Krimis kennt, tatsächlich passierten, und dann auch noch hier bei uns in Sachsen.
Der Sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig sprach in einer Pressekonferenz von mittleren bis schwersten Straftaten, die er bei seiner Aktenkontrolle im Landesamt für Verfassungsschutz festgestellt habe.
Alle drei kennen im Gegensatz zu den meisten Mitgliedern des Landtages den Inhalt der Originalakten, über die seit Wochen diskutiert wird. Auch ich gehöre als Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission zu dem kleinen Kreis derer, die sich ein Bild über die Unterlagen machen können. Ich bedauere ausdrücklich, wegen der gesetzlichen Geheimhaltungsvorschriften nicht darüber sprechen zu können.
Wenn ich dies könnte – dessen bin ich mir sicher –, würde niemand mehr hier im Saal an der Notwendigkeit der heutigen Sondersitzung zweifeln. Die im Raum stehenden Straftatvorwürfe wiegen schwer.
Da ich zum Inhalt der Akten nichts sagen darf, beziehe ich mich auf die Medienberichte der letzten Tage. Es geht um Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit, um Rechtsbeugung und Geheimnisverrat, um Strafvereitelung im Amt,
um Sexual- und Drogendelikte, um Immobilienschiebereien sowie um schwere Körperverletzung bis hin zum Mord.
Bei den Beschuldigten geht es nach den Veröffentlichungen nicht nur um Figuren der Organisierten Kriminalität oder des sogenannten Rotlichtmilieus, sondern auch um Staatsanwälte und Richter, um Polizeibeamte und Politiker. Manche der Straftatvorwürfe sind verschiedenen Institutionen in Sachsen offenbar seit Jahren bekannt, ohne dass ernsthaft dagegen vorgegangen wurde. Jetzt ist es allerhöchste Zeit, aufzuräumen und auszumisten.
Wenn derartige Vorwürfe im Raum stehen, ist es aus unserer Sicht zwingend geboten, dass sich das Parlament der Angelegenheit annimmt, von der Regierung Rechenschaft fordert und konkrete Maßnahmen beschließt, die umzusetzen sind.
All dies ist im Rahmen einer Aktuellen Stunde, die ohne Beschlussfassung endet, nicht möglich. Daher haben wir uns entschlossen, eine Sondersitzung des Landtages zu beantragen. Die Ereignisse der letzten Tage haben uns darin eher noch bestärkt. Weder in der Sitzung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses noch im Innenausschuss wurden die legitimen Fragen von Abgeordneten durch die Regierungsvertreter auch nur ansatzweise beantwortet.
Diverse Pressekonferenzen und Presseerklärungen trugen eher zur Verwirrung als zur Klärung der Sachverhalte bei. Seit gestern wissen wir nun auch, dass Behauptungen, beim Verfassungsschutz seien brisante Unterlagen geschreddert worden, nicht aus der Luft gegriffen waren, sondern im Kern zutreffen. Ich will es in aller Deutlichkeit sagen: Wir sind es absolut leid, nahezu täglich häppchenweise durch die Internetseiten eines Herrn Roth informiert zu werden. Die Staatsregierung ist in der Bringpflicht.
Bei allem, was nachfolgend an Kritischem zu sagen sein wird, will ich vorab eines klarstellen: Niemand behauptet, die gesamte sächsische Justiz oder die gesamte Polizei des Landes sei korrupt und in Verbrechen verstrickt. Dies wäre falsch, hoch fahrlässig und eine Beleidigung der sicher übergroßen Mehrheit jener Beamten, die ihre Arbeit ordentlich und engagiert leisten.
Aber nicht zuletzt, Herr Kollege Hähle, sind wir es dieser Mehrheit schuldig, dass die existierenden kriminellen Netzwerke in Sachsen zerschlagen und die Schuldigen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die aktuelle Affäre ist die fast zwangsläufige Folge der gravierenden Fehlentscheidungen der sächsischen CDU, dem Verfassungsschutz auch die Zuständigkeit für die Organisierte Kriminalität zu übertragen.
Von Anfang an haben wir davor gewarnt, dass eine solche Regelung nicht zu mehr Transparenz und entschiedener Strafverfolgung führen wird, sondern diese im Gegenteil massiv erschweren würde. Die jüngsten Ereignisse haben uns recht gegeben.