Protocol of the Session on January 26, 2007

Die Linksfraktion.PDS sieht die Gebührenfreiheit des Studiums als entscheidende Voraussetzung für einen

freien Zugang zur Hochschulbildung. Deshalb soll sie aus unserer Sicht in der Verfassung verankert werden.

Mein Dank geht an Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der FDP. Es ist ja eher außergewöhnlich, dass man für seinen Gesetzentwurf auch einmal gelobt wird. Ja, unser Gesetzentwurf ist mutig. Sie können sich sicher vorstellen, wie es ist, mit Rektoren über Viertelparität zu diskutieren. Dafür braucht man sehr viel Rückgrat. Sie haben auch recht, dass unser Gesetzentwurf exzellent ist; denn er bringt den Hochschulen tatsächlich mehr Freiheit, und zwar bei einer gleichzeitigen – und das ist uns wichtig – Demokratisierung der Hochschulen. Damit erfolgt eine Rückbesinnung auf eine kooperative, demokratische und solidarische Gestaltung des Wissenschaftsprozesses an den Hochschulen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird von der Fraktion der SPD noch das Wort gewünscht? – Die NPD hat keine Redezeit mehr. Dann frage ich die GRÜNEN. – Herr Dr. Gerstenberg.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Herbst, das war doch wieder einmal bezeichnend. Sie reden davon, dass ein freiheitliches Umfeld fehlt, werden per Zuruf gefragt, was Sie darunter verstehen, und kommen sofort auf das Tempo zu sprechen. Die Antwort sind Sie schuldig geblieben. Da bin ich Herrn Hermsdorfer und meiner Vorrednerin, Kollegin Werner, dankbar, dass sie einige Beispiele genannt haben.

Hören Sie sich jetzt bitte an, um welche Freiheit es aus grüner Sicht gehen sollte.

Die sächsischen Hochschulen sollen die Freiheit haben, ihre Organisationsweise bis auf wenige Kernvorgaben selbst zu bestimmen. Der Staat muss nicht vorschreiben, wie lange die Amtszeiten und wie groß die Gremien sein sollen oder ob sich Hochschulen in Fakultäten, Sektionen oder Departements einteilen. Wir sollten die institutionelle Fantasie den Hochschulen überlassen, anstatt sie in Planspielen in Koalitionshinterzimmern auszuleben.

Grundlegende Dinge sollten allerdings klar sein. Die Mitbestimmung von Wissenschaftlern, Mitarbeitern und Studierenden muss gewahrt und angemessen weiterentwickelt werden. Dazu gehört nach einhelliger Auffassung der Hochschulen und der meisten ihrer Rektoren ein reformiertes Konzil, das Grundordnung und Hochschulleitung bestimmt. Starke, handlungsfähige Rektorate sind damit alles andere als ausgeschlossen.

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Es wird jedoch gewährleistet, dass sie einen starken Rückhalt in der Hochschule haben und von denjenigen gewählt und kontrolliert werden, die von ihren Entscheidungen direkt betroffen sind. Nur eine Hochschule, an deren Entscheidungen ihre Mitglieder teilhaben können

und mit deren Entwicklung sie sich identifizieren, wird exzellent sein. Ein Hochschulgesetz in diesem Sinne käme dem Ziel, tragfähig und wissenschaftsgerecht zu sein, sehr nahe.

Ist dies nicht gewährleistet, kann es, wie jüngst in Mannheim, zu gravierenden Fehlentscheidungen kommen, wo von Hochschulrat und Rektorat die exzellent aufgestellte Informatik zugunsten einer einseitigen und kurzsichtigen Profilierung als Wirtschaftsuniversität abgeschoben werden soll. Werden so, wie in anderen Fällen auch, Entscheidungen von oben herab getroffen, dann demotiviert das Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und hemmt innovative Prozesse. Das ist das Gegenteil von Exzellenz.

Ein weiterer zentraler Punkt betrifft das Verhältnis von Staat und Hochschule. Die zurückliegenden Haushaltsverhandlungen haben ein weiteres Mal gezeigt, wie absurd die Steuerung von Hochschulen über einzelne Haushaltstitel und Stellenpläne ist. Die wesentlich wichtigeren Fragen sind doch die nach der konkreten strategischen Entwicklung der sächsischen Hochschulen. Wo wollen wir Nanotechnologie und wo die Geisteswissenschaften entwickeln und mit welcher Ausrichtung? Mit welchen Strategien wollen wir Frauen fördern und wie den wissenschaftlichen Nachwuchs? Für die Klärung solcher Fragen fehlen uns hier im Parlament derzeit die Instrumente. Deshalb brauchen wir Zielvereinbarungen, die finanzielle Mittel in Form von Globalbudgets mit strategischen Zielen verbinden.

Auf dieser Grundlage brauchen die sächsischen Hochschulen viel Freiheit im Detail. Warum sollen – nur als Beispiel hier genannt –, wie bisher vorgesehen, die Lehrverpflichtungen per Rechtsverordnungen festgelegt werden? Wir schlagen stattdessen eine individuelle, flexible Lösung auf Grundlage eines vereinbarten Gesamtlehrvolumens vor. Weitere Punkte gäbe es zuhauf. Die verbleibende Redezeit verbietet mir, sie jetzt aufzuzählen.

Werden diese und weitere Ideen umgesetzt, dann ist mir um eine tragfähige Entwicklung der sächsischen Hochschulen nicht bange.

Wie man es nicht machen sollte, zeigt das eingangs schon erwähnte Hochschulfreiheitsgesetz in NordrheinWestfalen. Von dieser Hochschulreform meinen einige vielleicht, sie sei mutig. Sie provoziert aber seit Monaten vor allem Proteste an den Hochschulen und schafft aufgrund von Verfassungsklagen anhaltende Unsicherheit.

Ein Schneckentempo kann man dem dortigen FDPWissenschaftsminister nicht vorwerfen,

(Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Exzellenz allerdings auch nicht. Eine solche Hochschulreform sollte Sachsen lieber erspart bleiben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS – Holger Zastrow, FDP: Lieber nicht!)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Bitte, Herr Dr. Schmalfuß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, wenn man die Aussagen und Beiträge der Redner der Koalition interpretiert, dass eigentlich jede Debatte, die eine Oppositionspartei im Sächsischen Landtag beantragt, für die Staatsregierung zur Unzeit kommt.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben hier zwei Jahre lang Frau Ludwig als Staatsministerin sitzen sehen. Es war zwei Jahre lang Stillstand. Die große Novelle des Sächsischen Hochschulgesetzes wurde für 2005 und für 2006 angekündigt. Jetzt soll sie vielleicht 2008 Gesetzeslage werden.

Meine Damen, meine Herren! Die sächsischen Hochschulen haben nicht die Zeit zu warten, bis sich die Staatsregierung bequemt, einen sicherlich durchdachten Gesetzentwurf in den Sächsischen Landtag einzubringen.

(Beifall bei der FDP)

Frau Staatsministerin Stange, Sie haben die ausdrückliche Unterstützung der FDP-Landtagsfraktion bei der Formulierung und Umsetzung einer großen Novelle zum Sächsischen Hochschulgesetz. Ich würde Sie bitten, schnellstmöglich den Entwurf der Staatsregierung in den Sächsischen Landtag einzubringen, damit wir eine Diskussionsgrundlage haben. Ich glaube, Sie können solche unangenehmen Debatten vermeiden, wenn Sie einfach Ihre Hausaufgaben machen.

(Beifall bei der FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Dr. Schmalfuß, wenn Sie von der Schnelligkeit des Hochschulgesetzes sprechen, wie bewerten Sie dann die Aussage des Rektorates der TU Chemnitz, die extra um Gespräche mit uns gebeten hat, damit ein ordentlicher Entwurf entsteht, mit dem man dann relativ lange arbeiten kann?

Herr Hermsdorfer, ich denke, Sie sprechen hier eher von der Politik der ruhigen Hand, wenn eine Staatsregierung nicht in der Lage ist, innerhalb von zweieinhalb Jahren einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Wir starten ja nicht bei null. Dazu kann man wirklich nur sagen: Das ist Politik im Schneckentempo! Im Übrigen müssten Sie wissen, dass es in Sachsen nicht nur die TU Chemnitz gibt

(Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD: Da schauen Sie mal an die Leipziger Uni!)

und dass es durchaus andere Meinungen gibt, was die Zügigkeit der Umsetzung der großen Novelle zum Sächsischen Hochschulgesetz betrifft.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD)

Herr Weiss, Sie können mir gern eine Zwischenfrage stellen.

Für die Bewerbung der Technischen Universität Dresden im Rahmen der Exzellenzinitiative ist es nicht gerade zielführend gewesen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht gepasst haben. Es gab einen Grund des Scheiterns, dass Ihre Staatsregierung nicht in der Lage war, einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen, sodass sich die TU Dresden auf gleicher Augenhöhe mit den süddeutschen Universitäten um die entsprechenden finanziellen Mittel hätte bewerben können.

(Dr. Simone Raatz, SPD: Das ist Unsinn! – Lars Rohwer, CDU: Jetzt erzählen Sie kompletten Unsinn!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich an dieser Stelle noch auf einen weiteren Punkt eingehen, der mir Sorge bereitet: Es geht um die Marschrichtung der Staatsregierung in Rechtsformfragen.

(Dr. Simone Raatz, SPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Jetzt nicht mehr.

(Gelächter bei der SPD)

Anfang dieser Woche hat Frau Staatsministerin Stange allen Gestaltungsspielräumen in Rechtsformfragen eine Absage erteilt. Damit waren auch die Pläne der TU Dresden, Stiftungsuniversität zu werden, vom Tisch. Zeitgleich existieren Bestrebungen in Hessen, die JohannWolfgang-von-Goethe-Universität in Frankfurt in eine Stiftung zu überführen.

Warum verschließt sich das SMWK vor innovativen Modellversuchen? Hochschulen, die wie nachgeordnete Behörden geführt werden, haben keine Gestaltungsfreiheit, um sich international zu behaupten. Stiftungshochschulen hingegen verstehe ich als Motoren des Wandels.

(Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Nein, jetzt nicht mehr. Sie hatten vorhin die Gelegenheit, Herr Weiss.

(Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD: Es geht um etwas Aktuelles!)

Wenn das Reaktionsvermögen so lange dauert – dafür habe ich keine Zeit.