Protocol of the Session on November 16, 2006

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ziehe ein Fazit: Ladenöffnungszeiten bis 20 Uhr reichen vollkommen aus.

(Dr. Jürgen Martens, FDP: 18 Uhr, wenn es hoch kommt 16 Uhr!)

Der Kollege der FDP konnte mir das nicht widerlegen, dass es dafür andere Gründe gibt. Ich gehe davon aus, dass er das noch macht. Eine Freigabe hätte massive negative Folgen, das habe ich Ihnen dargelegt.

(Dr. Jürgen Martens, FDP: Ja!)

Das sehen Sie auch ein? Da werden Sie Ihren Antrag noch zurückziehen. Gut, dass ich hier geredet habe.

Es gäbe einige wenige Gewinner auf der Seite der großen Handelsketten. Stimmen Sie mir darin auch noch zu?

(Dr. Jürgen Martens, FDP: Ja!)

Sehr gut. Das sind diese Handelsketten, die heute schon die Preise diktieren.

Es gäbe auch viele Verlierer. Sind Sie auch der Meinung?

(Dr. Jürgen Martens, FDP: Ja!)

Sehr schön.

Verlierer wären vor allem der innerstädtische Einzelhandel und mittelfristig – das habe ich angedeutet – auch die Kunden, weil sie an diesem Preisgefüge wenig ändern können, sondern es als Endverbraucher akzeptieren müssen.

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren – nicht nur von der FDP, eigentlich an alle – noch einmal ein Appell an die Vernunft hier in diesem Hohen Hause. Wir Abgeordneten müssen unvoreingenommen über die Konsequenzen einer weiteren Freigabe der Ladenöffnungszeiten reden. Dazu sage ich Ihnen ganz ehrlich, dass die Linksfraktion.PDS in erster Linie den Menschen gegenüber verantwortlich ist, die davon negativ betroffen sind – sie mögen das anders sehen –, und nicht den großen Handelskonzernen gegenüber, die Sie gerne bedienen wollen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Es ist Fakt: Einer offensichtlichen Arbeitsplatzvernichtung im sächsischen Einzelhandel, dann noch per Gesetz durch den Sächsischen Landtag, werden wir keinesfalls zustimmen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort. Herr Paul, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion hat bei verschiedenen Gelegenheiten in diesem Hause unmissver

ständlich klargestellt, dass sie von einer völligen Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, wie sie von der FDPFraktion angestrebt wird, nichts hält, und zwar aus prinzipiellen Gründen ebenso wie aus konkreten Bedenken heraus, was die Situation des sächsischen Einzelhandels insgesamt betrifft. Der Gesetzentwurf der FDP ist für uns deshalb völlig inakzeptabel. Daran gibt es nichts zu deuteln.

Bei dieser Position werden wir auch künftig bleiben. Nachdem die Föderalismusreform die gesetzgeberische Kompetenz über die Ladenöffnungszeiten bekanntlich auf die Bundesländer übertragen hat, wird meine Fraktion hier im Freistaat in Zukunft sogar noch ein wenig genauer hinsehen müssen als bisher, damit sich eine allzu weitgehende Flexibilisierung beim Ladenschluss nicht doch noch über die eine oder andere Hintertür einschleicht.

Gestern ist ja ein neuer Gesetzentwurf seitens der Sächsischen Staatsregierung vorgestellt worden. Wir sind vielmehr der grundsätzlichen Überzeugung, dass es in einer intakten Gesellschaft einfach bestimmte Dinge geben muss, die nicht dem beliebigen Wandel der gesellschaftlichen Werte unterworfen werden dürfen, wenn diese Gesellschaft nicht irgendwann ihre eigene Identität und ihre Lebenswerte im Sozialgefüge einbüßen soll.

Auch der gesamte Komplex der Ladenöffnungszeiten gehört, zumindest partiell, zu diesem Themenkomplex dazu. Die Versuchung ist groß, unter vermeintlichen ökonomischen Zwängen allzu schnell lange bewährte Regelungen über Bord zu werfen. Dabei gilt es auch hier, mit viel Augenmaß zu Werke zu gehen und nicht vorschnell Dämme einzureißen. Die bevorstehenden vier Adventssonntage in diesem Jahr, um die es in dem zur Diskussion stehenden Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und SPD geht, sind zweifellos so ein Grenzfall. Der Ehrlichkeit halber muss man leider feststellen, dass die stille Zeit vor Weihnachten heute vielerorts auch nicht mehr das ist, was sie früher einmal gewesen ist. Wo man ehedem eine beschauliche Heimeligkeit pflegte, tobt sich heute der Konsumwahn aus. Man kann das bedauern, aber es ist nun einmal so. Ein Übriges tut auch das Argument, dass der sächsische Einzelhandel, der ohnehin unter schwindenden Kaufzahlen und unter schwindender Kauflust infolge hoher Arbeitslosigkeit leidet, im Freistaat mehr als anderenorts mit dem Rücken zur Wand steht. Das sind Fakten, die man zur Kenntnis nehmen muss, wenn man es mit dem Standort Sachsen gut meint.

Alles in allem: Die NPD-Fraktion hält den Gesetzentwurf der Regierungsfraktion für akzeptabel und maßvoll. Wir werden ihm deshalb zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion GRÜNE das Wort. Herr Weichert, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Geständ

nis beginnen. Ich möchte zugeben, dass mir ganz persönlich der Ansatz der FDP zum Thema Ladenschluss zunächst nicht unsympathisch war.

(Beifall bei der FDP)

Ausgehend von den Fragen, um welche Bereiche der Staat sich kümmern soll, wo es beispielsweise Regelungsbedarf gibt, der nur durch den Gesetzgeber erlassen werden kann oder wo es schutzbedürftige Interessen Dritter gibt, die nur der Staat garantieren kann, ausgehend von diesen Fragen, meine Damen und Herren, könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass der Staat sich aus dem Thema Ladenöffnungszeiten eigentlich heraushalten sollte.

Auch aus Gründen der Gleichbehandlung könnte man zu einem ähnlichen Ergebnis kommen; denn wenn beispielsweise wieder eine neue Sonntagszeitung erscheint, ruft ja auch niemand nach dem Staat, der Journalisten, Drucker, Setzer und Verkäufer vor der Arbeit am Wochenende schützen soll. Solche Fragen, wann eine Zeitung gemacht, gedruckt und verteilt wird, überlassen wir dem freien Spiel der Kräfte. Montag in der Früh haben wir nicht nur die Tageszeitung, sondern auch Nachrichtenmagazine druckfrisch zur Verfügung. Möglich ist das nur durch Wochenendarbeit. Warum also soll der Staat die Ladenöffnung regeln, wenn der „Spiegel“ seit 1947 montags erscheint?

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Leider ist die FDP-Fraktion ihren Weg eines staatlichen Rückzuges nicht konsequent zu Ende gegangen und hat stattdessen hier einen Entwurf vorgelegt, der 14 Paragrafen braucht, um den Sonntag überzuregulieren. Das ist enttäuschend, werte Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Enttäuschend ist der Gesetzentwurf auch für eine Fraktion, die sich der Aufgabe des Bürokratieabbaus verschrieben hat; denn Sie erfinden hier neue bürokratische Vorschriften wie das Führen eines Verzeichnisses der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über den Einsatz an Sonn- und Feiertagen und geben dem SMWA die Aufgabe, „durch Rechtsverordnung eine einheitliche Form für das Verzeichnis vorzuschreiben“. Auch was Sie in Ihrem § 6 über den Schutz der Arbeitnehmer ausführen, kann vor einem bürokratiekritischen Auge nicht bestehen. Übrigens passt das überhaupt nicht zu Ihrem Engagement für die Sonntagsöffnung von Videotheken und Autowaschanlagen. Das müsste dann auch noch verbürokratisiert werden.

Meine Damen und Herren! Wie Sie sehen, ist meine anfängliche Sympathie für den Antrag der FDP beim Lesen des Entwurfs schnell vergangen. Ich beantrage deshalb, den Gesetzentwurf der FDP direkt zu überweisen, und zwar an den Paragrafenpranger.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Linksfraktion.PDS – Höhnisches Lachen bei der FDP)

Deshalb werden wir diesen Entwurf auch ablehnen.

Anders als die FDP ist die Koalition noch nicht so weit, uns ein Landesgesetz vorschlagen zu können. Die Übertragung dieser Kompetenz auf die Länder ist anscheinend für die Koalition überraschend gekommen, sodass wir uns in Sachsen in der Weihnachtszeit mit einem Provisorium begnügen müssen.

Erlaubt sei an dieser Stelle die Frage, ob die regierende Koalition handlungsfähig ist, wenn eine bedeutsame Sache schnell zur Entscheidung ansteht. Nach dem Hin und Her zum Thema Ladenschluss habe ich da so meine Befürchtungen.

Die Rechtskonstruktion, die Sie für das Vorschaltgesetz wählen, mutet mich als Nichtjuristen etwas sonderbar an. Sie lassen als Landesrecht fortbestehen, was der Bund soeben abgeschafft hat. Dieser Kunstgriff scheint mir mehr der Not als der Tugend zugehörig.

Inhaltlich, denke ich, besteht Einigkeit. Es bleibt allen Kommunen und Gemeinden in Sachsen überlassen, ob an den Adventssonntagen geöffnet werden kann oder nicht, und es entsteht Rechtssicherheit. Im Vergleich zum letzten Jahr ist das ein Fortschritt in der Sache und deshalb für uns zustimmungsfähig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort; Herr Prof. Schneider, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Morlok hat eben einiges zu dem Gruppenantrag ausgeführt; ich will dazu natürlich auch Stellung nehmen.

Worum es in der Debatte geht, meine Damen und Herren, ist ein Vorschaltgesetz, das für die Adventszeit 2006 eine Regelung finden soll. Hierfür liegt eine Beschlussfassung des federführenden Ausschusses vor, für die wir dankbar sind. Worum es nicht geht, sind all die Dinge, die sich auf die gestern eingebrachte Gesetzesvorlage von Herrn Staatsminister Jurk beziehen. – Soweit zur Thematik, Herr Morlok.

Meine Damen und Herren!

(Torsten Herbst, FDP, steht zu einer Zwischenfrage am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich würde jetzt ganz gern einem Vertreter der Spaßpartei nicht das Wort erteilen, sondern meinen Vortrag hier gern selbst darstellen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, vor rund zwei Jahren hat sich die Handhabung des damaligen Ladenschlussgesetzes im Freistaat Sachsen aufgrund verschiedener gerichtlicher Entscheidungen geändert. Das Ergebnis der damaligen Situation ist wie folgt zu skizzieren: Die bis dahin,