Protocol of the Session on November 15, 2006

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 10

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur kostenrechtlichen Gleichstellung der Begründung eingetragener Lebenspartnerschaften und Eheschließungen

Drucksache 4/6894, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auch hier ist ein Verfahren ohne Aussprache gewählt. Ich bitte jetzt Herrn Lichdi von der Fraktion der GRÜNEN, das Wort zu nehmen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor einem Jahr haben wir hier im Landtag das Lebenspartnerschaftsausführungsgesetz diskutiert. Dieses Gesetz hat immerhin die diskriminierende Praxis beendet, die Verpartnerungen nicht auf dem Standesamt, sondern auf dem Regierungspräsidium vorzunehmen.

Wir haben schon damals auf einen schwerwiegenden Mangel hingewiesen: Die Kosten für die Eheschließung sind durch die Verordnung zum Personenstandsgesetz auf ein niedriges Niveau festgelegt. Sie von der Koalition haben damals sehenden Auges diese Regelung nicht übernommen, sondern es – angeblich kommunalfreundlich – den ausführenden Standesämtern überlassen. Dabei wussten Sie schon damals, dass die Kommunen die niedrigere Festsetzung der Eheschließungskosten schon aus Gründen der Kostendeckung nicht übernehmen

würden. Genau dies ist passiert. Die Staatsregierung antwortete mir, dass statt 33 Euro für eine Eheschließung in Chemnitz 78 Euro und in Plauen 65 Euro erhoben werden.

Meine Damen und Herren! Hier geht es nicht in erster Linie um die Höhe der Kosten für die Eheschließung oder die Verpartnerung, sondern um die Beendigung der Diskriminierung von Schwulen und Lesben. Eine solche Diskriminierung sollte auch nicht am letzten Ende, bei den Kosten, stattfinden.

Ich zitiere noch einmal den Kernsatz des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 17. Juli 2002: „Aus der Zulässigkeit, in Erfüllung und Ausgestaltung des Förderauftrags die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu privilegieren, lässt sich jedoch kein in Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz enthaltenes Gebot herleiten, andere Lebensformen gegenüber der Ehe zu benachteiligen. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht begründbar, aus dem besonderen Schutz der Ehe abzuleiten, dass solche ande

ren Lebensgemeinschaften im Abstand zur Ehe auszugestalten und mit geringeren Rechten zu versehen sind.“

Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich bitte Sie daher, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Erst der Überweisung!)

Meine Damen und Herren! Es wird vorgeschlagen, den soeben eingebrachten Gesetzentwurf an den Innenausschuss und den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen – Einen Moment,

bitte! Bei mir fehlt der federführende Ausschuss. Es ist der Innenausschuss, wie ich jetzt höre. Dann rufe ich den Überweisungsantrag noch einmal auf. Gibt es Zustimmung zur Überweisung an den Innenausschuss – federführend – und an den Haushalts- und Finanzausschuss? – Gibt es Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe, dass mehr Abgeordnete mit Ja als mit Nein gestimmt haben. Damit ist die Überweisung beschlossen.

Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 11

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Einführung der Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme und über die Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG im Freistaat Sachsen

Drucksache 4/6895, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Es findet wiederum keine Aussprache statt. Herr Minister, ich bitte Sie um Einbringung.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die strategische Umweltprüfung – abgekürzt: SUP –, die den Hauptgegenstand des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfes bildet, stellt ein neues Element des integrativen Umweltschutzes dar. Die SUP ist vor allem im Zusammenhang mit den projektbezogenen Umweltverträglichkeitsprüfungen zu sehen. Beide Instrumente stammen aus dem Europarecht und sind jeweils in Richtlinien, die die Mitgliedsstaaten umzusetzen haben, ausgeformt.

Zur Erinnerung! Die UVP-Richtlinie sieht vor, dass die Umweltauswirkungen von Projekten vor deren Zulassung zu ermitteln und zu prüfen sind. In Deutschland wurde die UVP-Richtlinie insbesondere durch die Gesetze über die Umweltverträglichkeitsprüfung auf Bundes- und auf Landesebene umgesetzt. Für die Bauleitplanung erfolgt die Umsetzung im Baugesetzbuch.

Die UVP setzt auf der Projektzulassungsebene an. Die Europäische Union hat mit der SUP-Richtlinie allgemein den Rahmen dafür geschaffen, schon auf der Ebene der staatlichen Pläne und Programme „strategisch vorausschauend“ die Umweltauswirkungen zu prüfen, die durch die geplanten Projekte entstehen können, wobei die Auswirkungen, die auf Planungsebene geprüft wurden, nicht mehr in der UVP zu prüfen sind. Diese Abschichtung ist ohne Weiteres möglich und sogar erwünscht; denn SUP und UVP haben letztlich die gleiche Zielrichtung und sollten sinnvoll ineinandergreifen. Nur auf diese Weise werden nicht nur die erwarteten positiven Auswirkungen auf Umwelt und Natur im engeren Sinne eintreten, sondern weitere nützliche Effekte. Dabei denke ich insbesondere an verbesserte Planungssicherheit für

Investoren und die weitere Verschlankung von Zulassungsverfahren.

Mit diesem von der Staatsregierung beschlossenen Entwurf sollen zusammengefasst zwei Richtlinien der Europäischen Union in sächsisches Landesrecht umgesetzt werden: zum einen die SUP-Richtlinie, zum anderen die in Umsetzung der sogenannten zweiten Säule des AhausAbkommens erlassene EU-Richtlinie 2003/35. Diese Richtlinie ist auf Bundesebene zurzeit in der parlamentarischen Beratung in Form eines Rechtsbehelfsgesetzes und eines Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetzes in Umweltangelegenheiten. Der Freistaat Sachsen hat diese beiden Entwürfe in den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf zusammenfassend übernommen.

Meine Damen und Herren! Die von der Europäischen Union für die genannten Richtlinien gesetzten Umsetzungsfristen sind bereits abgelaufen. Dies ist in erster Linie auf die Säumigkeit des Bundesgesetzgebers zurückzuführen, dessen Rechtsetzung nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes im Umwelt- und Verwaltungsverfahrensrecht erhebliche Vorwirkung zukommt, die die Länder zu berücksichtigen haben.

Im Bereich der bis zur Föderalismusreform geltenden Kompetenz des Bundes zur Rahmengesetzgebung hat dieser daher den Ländern eine Frist bis zum Jahresende gesetzt, nach deren Ablauf der Bund eventuelle finanzielle Sanktionen aus Brüssel wegen verzögerter Umsetzung der SUP-Richtlinie an die säumigen Länder weitergeben will.

In diesem Zusammenhang darf ich auf die Ergebnisse der vor der Einbringung durchgeführten Verbändebeteiligung bei uns im Freistaat Sachsen verweisen. Die Verbände übten, wenn überhaupt, nur verhalten Kritik an dem Gesetzentwurf. Von daher äußere ich an dieser Stelle die Hoffnung, dass es uns gemeinsam gelingt – uns und

diesem Hohen Haus –, das Gesetzgebungsverfahren ohne vermeidbare Verzögerungen zügig zu verabschieden.

Meine Damen und Herren! Der von der Staatsregierung beschlossene Entwurf hält sich eng an die Vorgaben der genannten EU-Richtlinien. Das heißt, wir erfüllen den Koalitionsvertrag, indem wir eine 1:1-Umsetzung nicht nur anstreben, sondern auch realisieren. Er benennt – anders als die im Anwendungsbereich offene Bundesregelung – abschließend die Planungsverfahren, die einer strategischen Umweltprüfung zu unterziehen sind, und verschafft den Planungsbehörden bestimmte Freiheiten, die Verfahren angemessen auszugestalten. Dies betrifft vor allem die Festsetzung von Beteiligungsfristen und die Entscheidung, ob Erörterungstermine durchgeführt werden oder nicht.

Der Gesetzentwurf strebt umfassende Regelungen an, um nachfolgende Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften entbehrlich zu machen. Insgesamt wird damit dem Anspruch an Verwaltungsvereinfachung und Transparenz der Regelungen entsprochen.

Für die Raumordnung werden in Anlehnung an das Baugesetzbuch des Bundes die Regelungen zur SUP vollständig in das Landesplanungsgesetz integriert.

Der Entwurf, den die Staatsregierung als eine der ersten Landesregierungen vorlegt, steht für eine Regulierung mit Augenmaß, die trotz weiter gehender europäischer Vorgaben den Spagat zwischen Umsetzungspflicht, Nutzung der Spielräume des Landesgesetzgebers und Einpassung in die bewährten Planungsstrukturen meistert. Dabei gelingt

dem vorliegenden Gesetzespaket die Umsetzung der genannten Richtlinie in einem einzigen Anlauf. Auf Bundesebene waren zum gleichen Zwecke vier Anläufe erforderlich, die sich dann auch in vier verschiedenen Gesetzen widerspiegeln: in der Änderung des Baugesetzbuches und des Raumordnungsrechts im Jahr 2004, in der Änderung der UVP-Gesetze im Jahre 2005 und nun in den schon genannten Gesetzen über Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsbehelfe im Umweltrecht.

Auch bei Berücksichtigung der unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen zeichnet sich der Entwurf der Staatsregierung durch Kompaktheit, innere Geschlossenheit und die Vermeidung neuer Gesetzeswerke aus. Ich bitte Sie daher um Unterstützung für den vorliegenden Entwurf und natürlich auch um eine zügige Verabschiedung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt die Überweisung an den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft – federführend –, den Innenausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie den Haushalts- und Finanzausschuss vor. Wer die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist die Überweisung beschlossen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und rufe auf

Tagesordnungspunkt 12

1. Lesung des Entwurfs Sächsisches Gesetz zur Ausführung des Zuwanderungsgesetzes

Drucksache 4/6896, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Auch zu diesem Tagesordnungspunkt wird das bekannte Verfahren gewählt: Einbringung ohne Aussprache. Herr Minister Mackenroth, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Ihnen heute vorgelegte Gesetzentwurf wurde wegen des zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes des Bundes erforderlich, mit dem bekanntlich grundlegende Änderungen ausländerrechtlicher Vorschriften erfolgt sind. Diese bundesrechtlichen Regelungen erfordern eine Anpassung unter anderem der Zuständigkeitsregelungen im Freistaat Sachsen für die Ausführung ausländerrechtlicher Vorschriften und der Regelungen über Verteilung und Aufnahme von Flüchtlingen. Namentlich sind folgende Gesetze neu zu fassen: das Gesetz über die Zuständigkeiten zur Ausführung ausländerrechtlicher Vorschriften im Freistaat Sachsen und das Gesetz zur Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern und anderen ausländischen Flüchtlingen

im Freistaat Sachsen (Sächsisches Flüchtlingsaufnahme- gesetz).

In Artikel 1 des Gesetzentwurfes wird die Ausführung der ausländerrechtlichen Vorschriften den Landkreisen und kreisfreien Städten als Pflichtaufgabe nach Weisung übertragen, wobei die Regierungspräsidien und das Staatsministerium des Innern die Aufsicht führen sollen.

Auch Artikel 2 des Entwurfes – das Sächsische Flüchtlingsaufnahmegesetz – soll die landesrechtlichen Regelungen zur Aufnahme von Flüchtlingen an die neue bundesgesetzliche Lage anpassen, sie zugleich straffen und vereinfachen. Dabei sollen unter anderem die Regelungen der Verordnung zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes mit dem Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetz zusammengeführt werden. Mit dem neuen Flüchtlingsaufnahmegesetz sollen aber auch Verfahren umgesetzt werden, die das Zuwanderungsgesetz neu eingeführt hat, und zwar das bundesweite Verfahren für illegale Ausländer nach § 15a des Aufenthaltsgesetzes. Nach dieser Vorschrift werden Ausländer in einem weit

gehend dem Verteilverfahren nach dem Asylverfahrensgesetz nachgebildeten Verfahren auf die Länder verteilt und bis zur Weiterverteilung innerhalb des jeweiligen Landes in einer zentralen Aufnahmeeinrichtung untergebracht. Dieser Personenkreis soll in das Aufnahme- und Unterbringungsverfahren des Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes, so wie es bereits für Asylbewerber gilt, einbezogen werden.

Wir regeln weiter die Umsetzung des Verteilverfahrens nach § 24 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes. Es geht dabei um die Aufnahme von Flüchtlingen zum vorübergehenden Schutz aufgrund eines EU-Beschlusses. Das Sächsische Flüchtlingsaufnahmegesetz soll das Verteil- und Unterbringungsverfahren an die neue Rechtslage anpassen.

Ferner ist die Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes, ebenfalls natürlich eines Bundesgesetzes, zu berücksichtigen, wonach auch Ausländer, die nach längerfristiger unverschuldeter Unmöglichkeit der Ausreise einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen haben, nunmehr unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Nach früherer Rechtslage erhielten sie ausschließlich Sozialhilfe.