Protocol of the Session on November 15, 2006

Schließlich trägt der Gesetzentwurf Anregungen aus der Praxis Rechnung. Es wird klargestellt, dass Schlichtungsverfahren in nachbarrechtlichen Streitigkeiten durchgeführt werden und die gemeindlichen Satzungen über die Entschädigung der Friedensrichter eine Aufwandsentschädigung vorsehen können.

Meine Damen und Herren, die Schiedsstellen sind ein wichtiger Ansatz, um bei den sächsischen Bürgerinnen und Bürgern den Rechtsfrieden zu fördern und zugleich die Justiz zu entlasten. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Voraussetzungen geschaffen, um die Akzeptanz des Verfahrens noch weiter zu steigern und seine Praktikabilität zu erhöhen. Ich bin daher zuversichtlich, dass das Gesetz Ihre Billigung finden wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf zum Gesetz zur Änderung des Sächsischen Schiedsstellengesetzes an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss – federführend – und an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer mit diesen Überweisungen einverstanden ist, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit sind die Überweisungen beschlossen und ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

1. Lesung des Entwurfs Sächsisches Gesetz über die Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz – SächsLadÖffG)

Drucksache 4/6839, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Wir verfahren genauso wie bei Tagesordnungspunkt 7. Ich übergebe Herrn Minister Jurk das Wort zur Einbringung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Gesetz über den Ladenschluss ist inzwischen fast ein halbes Jahrhundert alt. Am 28. November 1956 wurde es erstmals verabschiedet. Bereits damals war die Regelung der Ladenöffnungszeiten höchst umstritten. Sollte es überhaupt Regelungen

geben oder konnte man die Öffnungszeiten den Ladenbesitzern überlassen? Musste das Gesetz für alle gelten oder sollten zum Beispiel Ladeninhaber ohne Personal ausgenommen werden? Sollten gewisse Feiertage unter absolutem Schutz stehen oder konnte es begründete Ausnahmen geben?

Damals wie heute geht es beim Ladenschluss im wahrsten Sinne des Wortes um die Quadratur des Kreises. Es geht darum, den Ausgleich zwischen vier verschiedenen Interessenlagen herzustellen: denjenigen, die verkaufen,

denjenigen, die kaufen, denjenigen, die arbeiten, und das gesamtgesellschaftliche Interesse an besonderen Zeiten und Tagen der Ruhe, wie es in unserer Verfassung mit Blick auf die Sonn- und Feiertage verankert ist. In jedem Fall geht es um den Schutz vor dem einseitigen Durchmarsch nur einer dieser unterschiedlichen Interessenlagen. So stellt es sich auch historisch dar. Denn die Entwicklung des Ladenschlussgesetzes in Deutschland geht mit der Anerkennung einher, dass es solche schutzwürdigen Interessen gibt.

Noch im Kaiserreich durften die Läden an sieben Tagen der Woche von früh bis spät öffnen. Es war die erste republikanische Regierung, die 1919 die Sonntagsruhe und den Ladenschluss um 19:00 Uhr einführte. Ja, da staunen Sie, dass es die Sozialdemokraten waren und nicht der Kaiser, der den Sonntag am Markt geheiligt hat. Damals wie heute ist es vorrangiges Ziel des Ladenschlussgesetzes, die Beschäftigten im Einzelhandel vor überlangen und sozial ungünstigen Arbeitszeiten zu schützen. Damals wie heute soll das Gesetz ein Ausgleich zwischen dem Interesse der Händler an der Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen und dem Interesse der Verbraucher an einem möglichst ungehinderten Einkauf schaffen. Damals wie heute geht es in einer wohl geordneten Gesellschaft nie nur darum, Verdienen von Geld möglich zu machen, sondern auch darum, die wohlverdiente Ruhe zu gewährleisten.

Natürlich muss der Gesetzgeber bei der Berücksichtigung all dieser Interessenlagen die sich wandelnden Gewohnheiten und Bedürfnisse der Bürger im Auge behalten. Genau aus diesem Grund wurde das Gesetz über den Ladenschluss seit seinem Inkrafttreten 1956 häufig geändert und den Veränderungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen angepasst. So können seit 01.11.1996 die Läden von Montag bis Freitag bis 20:00 Uhr öffnen. Mit der letzten Änderung im Jahr 2003 wurde auch die Öffnungszeit am Samstag bis 20:00 Uhr verlängert.

Das Thema Ladenöffnung stößt auch in der Bevölkerung auf großes Interesse. Zu den werktäglichen Öffnungszeiten ist die sächsische Bevölkerung gespalten. 47 % sind für die vollständige Freigabe der Öffnungszeiten an Werktagen, 53 % sind dagegen. Männer tendieren eher für die Freigabe als Frauen. Die unter 30-Jährigen wollen es den Geschäften überlassen, wann sie an den Werktagen öffnen. Die mittleren Altersgruppen sind in zwei gleichgroße Blöcke geteilt und die Befragten im Rentenalter nehmen klar eine Position gegen den Wegfall der Ladenschlusszeiten ein.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 9. Juni 2004 festgestellt hatte, dass eine bundesweit einheitliche Regelung der Ladenschlusszeiten zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet nicht erforderlich ist, wurde mit der Föderalismusreform entschieden, dass die Gesetzgebungskompetenz für diese Regelung auf die Länder übergeht. Seit dem 01.09.2006 haben wir damit die Möglichkeit, die Ladenöffnungszeiten für Sachsen selbst zu regeln.

Mit dem Gesetzentwurf der Staatsregierung, den ich heute offiziell in den Landtag einbringe, wird, wie ich meine, eine vernünftige, ausgewogene Regelung der Ladenöffnungszeiten gefunden. Das Ziel war, die verschiedenen Interessen und Anliegen in eine gute Balance zu bringen. Im Verlauf unserer Beratungen mit den Vertretern der Wirtschaftsverbände, der Gewerkschaften und der Religionsgemeinschaften, aber auch in der öffentlichen Diskussion ist deutlich geworden, dass sich die Interessenlagen noch weit vielfältiger und schillernd brechen. So gibt es selbst innerhalb des Handels unterschiedliche Sichtweisen und Wünsche. Einerseits befürchten kleinere Händler die wachsende Konkurrenz durch die großen Einkaufszentren und Verbrauchermärkte. Ähnliche Befürchtungen haben aber auch die großen Handelshäuser, die sich selbst dem Druck ausgesetzt sehen, öffnen zu müssen, einfach weil es die Konkurrenz macht. Andererseits gibt es durchaus Nischenläden bei den kleinen Händlern, deren ganz spezielle Märkte in bestimmten Zeitfenstern besser laufen, genauso wie die großen, die sich am Ende eher für eine Freigabe ausgesprochen haben.

All das spiegelt sich nicht nur in der bundesdeutschen Diskussion wider, wo etwa der Hessische Einzelhandelsverband und nicht nur die Gewerkschaft ver.di die dort geplante Abschaffung der Ladenschlusszeiten als – man höre – mittelstands-, frauen- und familienfeindlich ablehnt. Auch in Sachsen hat eine Umfrage der IHK Südwestsachsen erbracht, dass die Händler in ihrem Bezirk keine Öffnungszeit länger als 22:00 Uhr wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die wichtigsten Regelungen des Gesetzentwurfes machen deutlich, dass wir uns mit Erfolg um einen fairen Ausgleich dieser unterschiedlichen Interessen und Anliegen bemüht haben. Der Gesetzentwurf sieht vor, die Öffnungszeiten von Verkaufsstellen an Werktagen, also Montag bis Sonnabend, bis 22:00 Uhr zu verlängern. Damit kann sich der Handel flexibler auf die Bedürfnisse der Verbraucherinnen und Verbraucher einstellen. Gleichzeitig bleiben aber auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Arbeitszeiten rund um die Uhr geschützt.

Eine weitere Verlängerung der Öffnungsmöglichkeit an Werktagen würde weder zu einer Steigerung der Umsätze noch zu mehr Arbeitsplätzen im Handel führen, denn die Kaufkraft wächst nicht mit der Länge der Ladenöffnungszeiten. Vielmehr wäre dadurch eine Verschärfung der Wettbewerbssituation zulasten der kleinen und mittelständischen Handelsunternehmen zu befürchten.

Damit der Handel trotzdem wegen besonderer Veranstaltungen länger öffnen kann, haben wir eine Regelung vorgesehen, die den Gemeinden die Möglichkeit gibt, an insgesamt bis zu fünf Werktagen im Jahr die Öffnungszeit über 22:00 Uhr hinaus zu erweitern.

Ein wesentliches Ziel des Gesetzes über die Ladenöffnungszeiten ist, den verfassungsrechtlichen Schutz von Sonn- und Feiertagen sicherzustellen. Diese Tage sind sowohl durch das Grundgesetz als auch durch die Sächsische Verfassung, durch das Sonn- und Feiertagsgesetz und

die bestehenden Kirchenstaatsverträge als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung besonders geschützt. Die ausnahmsweise Öffnung an diesen Tagen muss ausdrücklich vom Gesetzgeber geregelt werden.

Der besondere Schutz des Sonntags und der Feiertage entspricht dem Willen der Bevölkerung. Nach einer Umfrage von TNS Emnid möchte die Mehrheit der sächsischen Bürgerinnen und Bürger – die Rede ist von circa 56 % – auf die generelle Sonn- und Feiertagsruhe nicht verzichten. Deshalb wurden die geltenden Ausnahmevorschriften beispielsweise für Apotheken, Tankstellen, Bahnhofs- oder Flughafengeschäfte weitgehend beibehalten. Andere Ausnahmetatbestände wurden im Interesse der Vereinfachung und der besseren Übersichtlichkeit überarbeitet.

Für die ausnahmsweise zusätzliche Öffnung der Läden an vier Sonntagen wurde darauf verzichtet, einen bestimmten Anlass wie eine Messe oder einen Markt zu verlangen. Die bisherige Anlassbezogenheit ist überholt; sie wird der heutigen gesellschaftlichen Wirklichkeit nicht gerecht. Außerdem werden die Adventssonntage von der Regelung nicht mehr ausgenommen, sodass gerade in den Innenstädten des Weihnachtslandes Erzgebirge die Läden auch an den Adventssonntagen geöffnet werden können. Damit wird der besonderen Tradition Sachsens und dem Beschluss des Landtages vom 22. September 2005 Rechnung getragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Staatsregierung hat bereits in der Kabinettssitzung am 12. September 2006 – also sieben Arbeitstage nach Inkrafttreten der Föderalismusreform – über die wesentlichen Inhalte des Referentenentwurfes eines sächsischen Ladenöffnungsgesetzes beraten und sich über den extrem verkürzten Zeitplan für das Gesetzgebungsverfahren verständigt. Ein Gespräch auf Staatssekretärsebene zu einem sächsischen Ladenöffnungsgesetz mit Vertretern der Handelsverbände, der Wirtschaftskammern, der Gewerkschaften, der Kirchen und der kommunalen Spitzenverbände fand bereits am 23. März 2006 im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit statt. Das Kabinett hat den Referentenentwurf des Sächsischen Staatsministeriums

für Wirtschaft und Arbeit am 26. September 2006 zur Anhörung freigegeben. Nachdem die Anhörungsfrist am 16. Oktober 2006 endete, wurde der Entwurf überarbeitet und am 25. Oktober 2006 als Gesetzentwurf der Staatsregierung an den Landtag überwiesen.

Das Gesetzgebungsverfahren innerhalb der Staatsregierung inklusive der vorgeschriebenen Anhörung hätte ohne Verlust an demokratischer Beteiligung nicht schneller gehen können. Die Anhörungsfrist wurde bereits erheblich verkürzt, was bei einigen Betroffenen durchaus zu Unmut geführt hat. Eine Beschleunigung dieses Verfahrens war nur durch einen Gesetzentwurf aus der Mitte des Landtages möglich – so wie es jetzt die CDU- und die SPD-Fraktion mit dem Vorschaltgesetz getan haben. Die Initiative der Regierungsfraktionen, die Ladenöffnung an den Adventssonntagen in diesem Jahr mit einem Vorschaltgesetz zu regeln, ist aus meiner Sicht ein positives Beispiel dafür, dass Staatsregierung und Landtag in der Lage sind, für das Wohl der Bürger und der sächsischen Wirtschaft schnell und unbürokratisch zu handeln. Entscheidend ist doch letztendlich, dass die Händler in Sachsen an den ersten drei Adventssonntagen öffnen können.

Wenn ich mir vergegenwärtige, wie weit die meisten Länder sind, und mir die unterschiedlichen Ergebnisse von rot-roter Freigabe in Berlin bis zum tiefschwarzen „Alles bleibt beim Alten“ in Bayern anschaue, dann finde ich, das Ladenschlussgesetz, das ich heute für die Sächsische Staatsregierung einbringe, ist ausgewogen und grundsätzlich zustimmungsfähig.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zu überweisen. Wenn es dazu Zustimmung gibt, bitte ich um Ihr Handzeichen. – Gibt es Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist das beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 9

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zu dem Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über das Gemeinsame Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen sowie zur Änderung des Sächsischen Krebsregisterausführungsgesetzes

Drucksache 4/6838, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Hier gilt das gleiche Verfahren: Es spricht nur die Einreicherin; bitte, Frau Minister Orosz.

Danke, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren

Abgeordneten! Die Sächsische Staatsregierung bringt hiermit den Entwurf eines Ratifizierungsgesetzes zum geänderten Staatsvertrag über das Gemeinsame Krebsregister der ostdeutschen Länder ein. Das Gemeinsame

Krebsregister mit Sitz in Berlin geht auf das Nationale Krebsregister der ehemaligen DDR aus dem Jahre 1953 zurück. Es wird seit 1991 von den ostdeutschen Ländern weitergeführt; 1997 wurde es durch einen Staatsvertrag auf eine verfassungsrechtlich einwandfreie und verbindliche Grundlage gestellt.

Das Gemeinsame Krebsregister erfasst Krebserkrankungen und ermittelt deren Häufigkeit. Darüber hinaus stellt es Daten für die Gesundheitsplanung und Ursachenforschung bereit. Dieses Krebsregister gehört zu den größten Datensammlungen über Krebserkrankungen. Derzeit sind 2,9 Millionen Krebsfälle dokumentiert.

Am 26. Juni dieses Jahres haben die Gesundheitsminister der ostdeutschen Länder den Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über das Krebsregister und den sogenannten Änderungsstaatsvertrag unterzeichnet. Dieser Änderungsstaatsvertrag trägt den Entwicklungen auf dem Gebiet der Krebserkrankungen Rechnung. Beispielsweise sollen nun auch die gutartigen Tumoren des zentralen Nervensystems der Meldepflicht unterworfen werden. Außerdem wird ein erweiterter Datentransfer zwischen den bevölkerungsbezogenen Krebsregistern geregelt. Die Daten des Mammografie-Screenings sollen künftig mit denen des Krebsregisters abgeglichen werden.

Nach der Unterzeichnung des Änderungsstaatsvertrages braucht es nun ein Ratifizierungsgesetz, das Ihnen, meine Damen und Herren, vorliegt. Dieses Gesetz beinhaltet in Artikel 1 die Zustimmung zum Änderungsstaatsvertrag

und in Artikel 2 eine Änderung des Sächsischen Krebsregisterausführungsgesetzes, die mit dem Änderungsstaatsvertrag erforderlich wurde.

Ich betone ausdrücklich, dass die Besonderheit der sächsischen Gesetzgebung im Sächsischen Krebsregisterausführungsgesetz stehen bleibt. Ärzte und Zahnärzte sind danach verpflichtet, Krebserkrankungen zu melden.

Es werden also nach wie vor alle in Sachsen auftretenden Krebserkrankungen an das Gemeinsame Krebsregister nach Berlin gemeldet. Nur so kann dieses Register auch weiterhin effizient arbeiten.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD)

Verehrte Abgeordnete! Es ist vorgeschlagen, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend – federführend – und an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer gibt die Zustimmung zu diesen Überweisungen? – Gibt es Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist das beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.