Protocol of the Session on October 13, 2006

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Gibt es von den Fraktionen noch Redebedarf? – Die Linksfraktion.PDS; bitte, Herr Abg. Bartl.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Seidel und Kollege Bräunig, ich verstehe den Sinn Ihrer Rede nicht. Worum geht es eigentlich? Wir haben im Juni in diesem Hohen Haus, und zwar auf der Basis eines durch unsere Fraktion eingebrachten Antrages und von der CDU und der SPD mit Änderungsantrag einen korrigierten Beschluss gefasst, mit dem die Staatsregierung ersucht wurde, sich dafür einzusetzen, dass humanitäre Altfallregelungen an klare Voraussetzungen zu knüpfen sind. Diese kennen wir – diese Fraktion nicht –; wir alle wissen, worum es geht. Es geht darum, dass zum Beispiel Menschen 16 Jahre in Deutschland aus unterschiedlichen Gründen gelebt haben. Die Menschen, von denen Frau Dr. Ernst vorhin sprach, waren nebenbei bemerkt KosovoAlbaner, die nach Deutschland kamen, als dieses sich als humanitäre Hilfe dargestellt hat. Nun haben wir uns auf klare Voraussetzungen geeinigt.

Dann gibt es einen Beschluss des Landtages, der wiederum von uns eingebracht wurde und durch CDU und SPD verändert worden ist, in dem gesagt worden ist, dass bis zum Inkrafttreten der entsprechenden notwendigen Bleiberechtsregelung für diese langjährig in der Bundesrepublik lebenden Ausländer, der Personenkreis, der Zugang dazu bekommt, mit besonderer Sorgfalt geprüft werden soll – das war der Beschluss vom August bzw. vom September – plus klare Voraussetzungen, die uns eigentlich nicht passen. Wir wollen keine einschränkenden Voraussetzungen. Sie wollten diese doch. Diese vier einschränkenden Voraussetzungen, die in dem Beschluss enthalten sein sollen, wollten nicht wir, sondern Sie. Wir wollen nicht die Bindung an die Straffälligkeit, weil ich es für hirnrissig halte. Wenn jemand irgendwo geschlafen und einen fahrlässigen Verkehrsunfall verursacht hat, dann hat er eine Strafrechtseintragung. Das will ich nur einmal sagen. Das waren doch Ihre einschränkenden Voraussetzungen.

Dann ist das beschlossen worden, was wir sehr begrüßt haben und was auch ein sehr großer Sprung war. Das ist völlig in Ordnung. Nun kommt das Problem, dass der Staatsminister des Innern – dafür mag er selbst gute Gründe haben – diese Voraussetzungen einschränkt; so kam es verbal herüber. Er knüpft sie also an die Problematik, schulpflichtige Kinder müssten eine Rolle spielen. An dieser Stelle gibt es einen Disput. Dieser gibt Anlass zu einem neuen Antrag, der besagt, dass es so nicht geht. Der Landtag hat gewissermaßen empfohlen, Kinder, „die hier geboren sind“, usw. Diese einschränkende Vorausset

zung haben Sie gewollt. Sie ist jetzt enthalten. Die weitere Einschränkung haben wir nicht gewollt. Darum drehte sich der heutige Austausch.

Das Problem ist logischerweise für den Staatsminister da, wenn er in die IMK geht und wir ihm jetzt ein Konvolut an klaren Punkten vorgeben und ihm sagen: Lass diese so abstimmen, dann ist uns das klar! Ich denke sogar, mit uns kann man darüber sprechen, ich denke auch, mit der einbringenden Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass man diese Formulierung „und abzustimmen“ aus dem Beschluss herausnimmt. Das ist möglich. Darum sage ich, er soll sich dafür einsetzen. Es ist doch dem Minister mitnichten genommen, sich in der IMK für die Kriterien einzusetzen, die der Landtag über fünf Fraktionen hinweg zieht. Es ist letztlich das Anliegen, dass Sie sich für diese Kriterien einsetzen. Ein Teil der Kriterien ist von Ihnen – diese einschränkenden Voraussetzungen haben wir akzeptiert und toleriert –, und der andere Teil ist die besondere Sorgfalt, mit der wir humanitär herangehen. Darin besteht letzten Endes das Anliegen.

Ich kann mitnichten erkennen, dass in irgendeiner Weise der Innenminister, wenn der Beschluss so angenommen würde, meinethalben mit der Abänderung, dass es in der Einstiegsformel heißt: „… sich auf der Konferenz der Innenminister und Senatoren der Länder, IMK, im November 2006 für eine humanitäre Altfallregelung unter Beachtung folgender Punkte einzusetzen.“ Die Wörter „und abzustimmen“ sind wegzulassen. Dann, denke ich, sind wir exakt in der Kontinuität unseres Beschlusses vom September und haben alle Missverständnisse, die der Innenminister mit seinen Verlautbarungen herausgebracht hat, aus der Welt geschafft.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Dann rufe ich zum Schlusswort auf. Ich bitte die einreichenden Fraktionen, sich zu dem eingebrachten Vorschlag von Herrn Bartl zu äußern, weil das eine Veränderung des Antrages beinhalten würde.

Frau Herrmann, bitte, für die Fraktion der GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sprecher der verschiedenen Fraktionen, vor allen Dingen der Koalition, haben deutlich gemacht, dass wir im Juni beispielhafte Punkte im Antrag beschlossen haben. Herr Seidel hat gesagt, dass die Punkte beispielhaft waren. Herr Bräunig sagte, sie waren weder abschließend noch einschränkend.

Genau das hat der Innenminister aber gesagt, indem er das Bleiberecht an schulpflichtige Kinder gebunden wissen will. Damit hat er selbst es weiter eingeschränkt. Wir sind durchaus zu dem Kompromiss bereit, den Herr Bartl gerade vorgeschlagen hat. Wir könnten uns vorstellen, dass die Wörter „und abzustimmen“ gestrichen werden.

Wir sind ferner der Meinung, dass es klar ist, dass ein Kompromiss gefunden werden muss, weil die Innenministerkonferenz einstimmig abstimmen muss. Die Schwie

rigkeit liegt nur darin: Wenn der Innenminister von einer Bleiberechtsregelung für Deutschland spricht, dann muss es natürlich auch eine Bleiberechtsregelung sein, die in Sachsen praktizierbar ist. Das ist die Voraussetzung. Er ist sächsischer Innenminister und muss sich für die sächsischen Belange einsetzen.

Wenn wir von Zahlen sprechen, wie ich sie am Anfang genannt habe, dann können wir uns nicht damit zufriedengeben, dass, wenn wir im Land 6 000 Menschen haben, die mit einer Aufenthaltsgestattung hier leben und darunter zum Beispiel 770 Kinder sind, diese Regelung – wie es bei der letzten der Fall gewesen ist – 145 Personen betrifft. Das ist uns eindeutig zu wenig. Wenn man sich die Diskussion anschaut, stellt man fest, dass der bayerische Innenminister dafür eingetreten ist, dass die Iraker grundsätzlich aus einer Regelung herausgenommen werden, weil nämlich in Bayern viele Iraker leben und er deshalb mit Schwierigkeiten rechnet. Ich erwarte, dass sich der sächsische Innenminister dafür einsetzt, dass in Sachsen die Betroffenen wirklich von einer Bleiberechtsregelung profitieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie gesagt, wir können uns vorstellen, dass der genannte Punkt geändert wird. Ich bitte Sie also um Zustimmung. Sie können sich bei jedem einzelnen Punkt entscheiden, ob dies die Kriterien sind, nach denen Sie einem Bleiberecht zustimmen möchten. Deshalb beantrage ich punktweise Abstimmung.

Ich möchte Sie allerdings ermuntern – und jetzt spreche ich die Kolleginnen und Kollegen von der CDU an –, sich auch von den Ansichten der großen Kirchen in Deutschland und in Sachsen beeinflussen zu lassen. Unsere Vorschläge gehen nämlich mit den Vorschlägen der Kirchen durchaus konform und ich hoffe, dass Sie das bei der Abstimmung berücksichtigen. Der SPD würde ich raten, doch einmal einen Gedanken darauf zu verschwenden, wie sich ihre Innenminister in anderen Ländern gegenüber diesen Regelungen verhalten.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Für die Linksfraktion.PDS Frau Dr. Ernst.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich sage es ganz ehrlich: Wir hätten uns diesen Antrag – und darin waren wir uns einig – gern erspart. Wir hätten das gut und gern tun können, wenn dieser Landtagsbeschluss vernünftig umgesetzt worden wäre, wenn der Geist dieses Landtagsbeschlusses also tatsächlich erhalten geblieben wäre. Wir waren darüber entsetzt, dass ein Landtagsbeschluss so deformiert und so gegen seinen ursprünglichen Geist verzerrt werden kann. Man kann ja in den Protokollen auch noch einmal nachlesen, was von den einzelnen

Fraktionen dazu gesagt worden ist. Insofern ist es klar, dass wir uns mit dem eingetretenen Zustand nicht zufriedengeben. Wir müssen das auch gar nicht tun.

Bekanntlich hat der Innenausschuss eine Sondersitzung durchgeführt. In dieser Sitzung haben wir keine klaren Antworten bekommen. Wir haben dort auch einen Antrag mit minimalen Forderungen gestellt. Die erste Forderung lautete, dass die Kriterien zum Bleiberecht, die im Landtagsbeschluss enthalten sind, keine Ausschlusskriterien sein sollen. Dazu hat Herr Bräunig selbst gesagt, dass das keine Ausschlusskriterien sein dürfen. Sie wurden jedoch als solche behandelt. Das ist das Problem. Also kann man doch nicht sagen, dass es mit dem Landtagsbeschluss kein Problem gebe und dass er richtig umgesetzt worden sei. Das ist nicht der Fall.

Zweitens haben wir gesagt, dass in dem Landtagsbeschluss steht, dass nicht selbst verschuldeter Sozialhilfebezug, also das Beziehen von öffentlichen Leistungen, nicht zu einem Ausschlusskriterium werden darf. Das war für uns außerordentlich wichtig. Das haben wir auch in unseren Reden im Landtag zum Ausdruck gebracht. Man kann doch die Leute nicht dafür verantwortlich machen, dass sie keine Arbeit bekommen oder ihren Beruf nicht ausüben können. Wir wissen, wie die Sachlage aussieht. Das war also ein enorm wichtiges Kriterium, das bei der Ausführung des Beschlusses eben nicht entsprechend berücksichtigt worden ist. Es ist doch ganz klar, dass man damit nicht zufrieden sein kann.

Deswegen blieb uns im Grunde gar nichts weiter übrig, als das zu machen, was man in einem solchen Falle tut. Was in diesem Antrag zu lesen ist, sind, wenn man so will, Forderungen von Amnesty International, von Pro Asyl, die mit dem Flüchtlingsrat Sachsen abgestimmt sind. Es handelt sich dabei um die Mindestanforderungen, die hier gestellt werden. Es ist völlig logisch, dass wir dieses Thema hier einbringen und dass wir gar nicht anders können, als dies zu tun.

Noch etwas möchte ich sagen: Wenn man Kompromisse aushandelt, ist es doch so, dass man in die betreffende Runde mit maximalen Forderungen und nicht schon mit einem fertigen Kompromissvorschlag geht. Das ist doch wohl ganz klar. Es ist auch klar, dass man mit einem solchen Landtagsbeschluss – das wollten wir auch – eine gewisse Beweglichkeit herstellen kann. Wir wollten einen solchen beweglichen Landtagsbeschluss, mit dem man eine ganze Menge Positives anfangen kann. Sie hätten das alles machen können, und Sie können es immer noch. Sie können das auch angesichts der Änderung machen, die wir hier vorgeschlagen haben. Sie können sich also für die Dinge einsetzen, die wir zum Bleiberecht einfordern, und bei den Verhandlungen versuchen, so viel wie möglich dabei herauszuholen.

Ich will Ihnen auch sagen, was mir besonders wichtig ist und was unbedingt geregelt werden muss. Ich meine die minderjährigen Flüchtlinge, die Kinder, die aus guten Gründen allein hergekommen sind. Für sie muss eine Regelung gefunden werden. Der derzeitige Zustand ist

katastrophal. Unabhängig von dem Antrag, den wir gestellt haben, bitte ich Sie sehr herzlich, sich dieser Problematik anzunehmen.

Kurz und gut, schon der alte Lenin hat gesagt: Kompromisse sind nicht gleich Kompromisse. Damit hat er durchaus recht. Das ist kein Kompromiss. Man kann nicht alles als Kompromiss bezeichnen. Im vorliegenden Falle handelt es sich um eine Verschlechterung dessen, was wir hier beschlossen haben.

Letzter Gedanke: Nach den Eckpunkten zum Bleiberecht haben wir als Land Möglichkeiten, landesspezifische Regelungen zu treffen. Ich verspreche Ihnen, dass wir heute nicht zum letzten Mal zu dieser Thematik sprechen. Diese landesspezifischen Regelungen – das sind doch Dinge, um die wir kämpfen müssen – haben Sie nicht im Auge. Es kann keine gute Regelung sein, wenn nur wenigen Leuten in diesem Land geholfen wird. – Das ist kein Blödsinn, sondern Realität.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 4/6595 zur Abstimmung. Dazu ist der schon mündlich formulierte Änderungsantrag in Drucksache 4/6768 inzwischen auch schriftlich eingegangen. Dieser Änderungsantrag beinhaltet die Streichung der Wörter „und abzustimmen“ im ersten Absatz des genannten Antrages.

Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gegenstimmen? –

(Unruhe bei der Linksfraktion.PDS)

Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen und einer größeren Anzahl von Dafür-Stimmen ist dieser Änderungsantrag abgelehnt worden.

Dann stimmen wir über den Antrag Drucksache 4/6595 in seiner ursprünglichen Fassung ab. Es wurde beantragt, punktweise abzustimmen.

Ich rufe Punkt 1 auf und frage nach der Zustimmung. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Dafür-Stimmen ist Punkt 1 abgelehnt worden.

Ich rufe Punkt 2 auf. Wer möchte diesem Punkt zustimmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Gleiches Abstimmungsverhalten, Punkt 2 wurde abgelehnt.

Ich rufe Punkt 3 auf. Wer möchte diesem Punkt zustimmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Gleiches Abstimmungsverhalten. Punkt 3 wurde mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe Punkt 4 auf. Wer möchte zustimmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und einer größeren Anzahl von Dafür-Stimmen ist auch Punkt 4 abgelehnt.

Da alle Einzelpunkte abgelehnt worden sind, erübrigt sich eine Gesamtabstimmung.

Meine Damen und Herren, damit ist Tagesordnungspunkt 4 beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 5

Weiterentwicklung der gymnasialen Oberstufe in Sachsen

Drucksache 4/6077, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, SPD, Linksfraktion.PDS, NPD, FDP, GRÜNE und die Landesregierung.