Protocol of the Session on October 11, 2006

Frau Nicolaus, wenn Sie sagen, das Kind steht im Mittelpunkt, dann hat das auch etwas mit dieser Frage zu tun. Wenn ich einem Kind je nach Herkunft unterschiedliche Möglichkeiten der Bildung zukommen lasse, dann steht das Kind nicht mehr im Mittelpunkt.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Dr. Schwarz?

Herr Kollege Neubert, können Sie sich vorstellen, dass wir uns nach wie vor dafür einsetzen, dass in Kreistagen oder Stadtparlamenten solche Beschlüsse nicht gefasst werden, und dass diese Beschlüsse in Kreistagen bedauerlicherweise einstimmig gefasst werden?

Es gibt diese Situation selbstverständlich. Ich möchte deutlich machen: In unserer Partei und unseren Kreistagsfraktionen ist es eine

Ausnahme, Frau Schwarz, wenn es solche Beschlüsse gibt.

Bei der Novellierung des Kita-Gesetzes im vergangenen Jahr haben wir diesbezüglich nur Beschwichtigungen gehört. Man wolle die Sache weiter beobachten. Seitdem haben weitere Kreise die Zugangsbeschränkungen verschärft. Es wäre also höchste Zeit umzusteuern.

Insofern können wir einer tatsächlichen Qualitätsoffensive in der Kindertagesbetreuung nur zustimmen. Die Koalition hat ja Talent, Anträge so allgemein zu formulieren, dass sie kein vernünftiger Mensch ablehnen kann.

(Kerstin Nicolaus, CDU: Danke!)

Eine Bitte habe ich an die Koalition: Nicht nur Lärm machen, sondern in der Folge wirklich konkret etwas verändern!

Danke.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Die NPDFraktion; Frau Schüßler, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Hinblick darauf, welchen Anspruch man an eine Kindertagesbetreuung stellt, hat sich in den letzten Jahren doch einiges verändert. Das bisherige, aus der alten BRD übergeschwappte Selbstverständnis, bei den Kitas handele es sich ausschließlich um Aufbewahrungsanstalten für Kleinkinder, ist glücklicherweise aufgebrochen worden. In der Stellungnahme der Staatsregierung zum vorliegenden Antrag wird die neue, lernorientierte Sichtweise deutlich.

Sachsen nahm von 1997 bis 2001 am Bundes- und Landesmodellprojekt zum Bildungsauftrag für Kindertageseinrichtungen teil. Dieses Projekt hat wissenschaftlich untermauert, unter welchen Voraussetzungen Vorschulkinder lernen und welche wichtigen Aufgaben den pädagogischen Fachkräften in den Kitas zukommen. Mit der Einführung des Bildungsplanes für Kindertagesstätten und den geplanten Veränderungen in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern ist ein richtiger und wichtiger Schritt unternommen worden.

Über die Inhalte des Bildungsplanes lässt sich natürlich streiten, aber auch dies ist sicherlich eine Frage der jeweiligen politischen Ansichten, welche zumindest die Kindertagesstätten als unpolitischen Ort ad absurdum führen.

Ein weiterer Punkt stört uns und muss im Zusammenhang mit der Qualitätsoffensive einmal angesprochen werden. Bei verschiedenster Gelegenheit wies die Staatsregierung auf die Wichtigkeit der Verbesserung der Qualität der Kindertagesbetreuung hin. Ein zentraler Punkt soll die Einführung eines Vorschuljahres sein. Aus unserer Sicht kann das nur Erfolg haben, wenn es den Eltern kostenlos angeboten wird. Innerhalb des Doppelhaushaltes 2007/2008 ist dies nicht geplant. Hierbei tut sich für uns

eine große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit auf. Unter diesem Aspekt sind die Antworten der Staatsregierung auf den hier zu behandelnden Berichtsantrag der CDU- und SPD-Fraktion kritisch zu hinterfragen.

Wenn die Staatsregierung meint, sie wolle nach verschiedensten Überlegungen auf Bundesebene nun in den Gesang einer offensiven Familienpolitik auf Landesebene einstimmen, muss sie auch einmal über Willensbekundungen hinauskommen.

Meine Damen und Herren! Wenn wir über Qualitätsoffensive sprechen, dann muss zumindest – hierbei sind wir noch bescheiden – über ein kostenloses Vorschuljahr gesprochen werden. Weiterhin muss über einen Rechtsanspruch für Kinder auf einen Kita-Platz gesprochen werden. Das im letzten Jahr beschlossene Kita-Gesetz zeigt auch in diesem Bereich Mängel auf, indem es immer noch Zugangsbeschränkungen gibt. Der Ausstattungsstandard für Kindertagesstätten ist im neuen Gesetz völlig aufgeweicht worden und die bisher klaren Grenzen zwischen Kinderkrippe und Kindertagespflege wurden verwässert. Hier muss die Lokomotive Qualitätsoffensive der sächsischen Kindertagesbetreuung durch die Staatsregierung noch einige Kohlen zulegen und nicht nur Dampf ablassen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Frau Abg. Schütz von der FPD-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Besonders an die der Koalition gerichtet: Beim Lesen der Überschrift dachte ich, jetzt kommt etwas wirklich Neues, Wegweisendes, Offensives. Eigentlich hätte ich es schon vorher wissen müssen, dass es wieder einmal nur zu einem Berichtsantrag Ihrerseits kommen wird. Dieser reicht diesmal sogar bis ins Jahr 1991 zurück. Ein echtes Zukunftsprogramm mit eigenen Vorschlägen durch die Abgeordneten der regierungstragenden Fraktionen wäre wünschenswert gewesen.

Als FDP haben wir dies gemacht. Ich möchte nur an unseren Antrag zur Förderung von Modellprojekten innerhalb des ESF in der nächsten Förderperiode 2007 bis 2013 für flexible Kita-Öffnungszeiten erinnern.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Schütz?

Bitte schön.

Bitte, Frau Dr. Schwarz.

Es kommt jetzt ein wenig spät, Kollegin Schütz, aber ich konnte mich nicht eher bemerkbar machen. Haben Sie Punkt 2 unseres Antrages gelesen? Sie sprechen von einem reinen Berichtsantrag.

Ja, habe ich.

Das ist aber kein Berichtsantrag.

(Heiterkeit bei der FDP)

Darin geht es nicht um einen Bericht.

Bitte nur die Fragen stellen!

Die Koalition möchte also nicht mehr als einen Bericht über die qualitativen Fortschritte bei der Kindertagesbetreuung im Freistaat Sachsen haben. In der Tat können wir auf Fortschritte in diesem Bereich zurückblicken und darauf können wir als Sachsen insgesamt sehr stolz sein.

Die Träger der Kindertageseinrichtungen und die Erzieherinnen und Erzieher vor Ort haben Großartiges geleistet und die verschiedensten Umbrüche seit 1990 gemeistert. Der Bildungsplan und das Schulvorbereitungsjahr sind für die frühkindliche Bildung und Entwicklung unserer Kinder von großer Bedeutung. Auf den Bericht der Staatsregierung, der uns hoffentlich einen besseren Einblick in die Umsetzung der Maßnahmen in der Praxis geben wird, freue ich mich schon jetzt. Vielleicht hat die Staatsregierung den Mut, auf noch nicht Erreichtes und auf Schwierigkeiten vor Ort, gerade was die zeitliche Belastung und personelle Überauslastung der Erzieherinnen und Erzieher betrifft, einzugehen. Wir werden dem Berichtsantrag daher zustimmen.

Gar nicht einstimmen möchte ich in einen Lobgesang auf die Kindertagesbetreuung in Sachsen. Während sich die Einrichtungen qualitativ verbessern, werden Kinder von diesen Errungenschaften ausgeschlossen, weil ihre Eltern arbeitslos sind. Herr Neubert, Sie sind schon darauf eingegangen. Die Kleine Anfrage der Linksfraktion.PDS brachte die Zugangsbeschränkungen für Kinder von arbeitslosen Eltern oder einem arbeitslosen Elternteil ans Licht.

Warum darf ein Kind, bei dem ein Elternteil arbeitslos ist, die Angebote der Krippe gar nicht oder die des Kindergartens nur beschränkt zeitlich nutzen? Es ist für mich in höchstem Maße unsozial, diese Kinder nicht von Bildungsangeboten profitieren zu lassen. Man fördert Kinder mit einem eher erhöhten Förderbedarf weniger als andere! Damit werden Kinder durch den Staat systematisch ihrer Zukunftschancen beraubt.

Vor fast einem Jahr hätten Sie, meine Kollegen von CDU und SPD, die Chance bei der Novelle des Kita-Gesetzes gehabt, diesen Missstand zu beseitigen. Damals hatten wir, die FDP-Fraktion, den Vorschlag gemacht, die KitaZugangsbeschränkungen zum Beispiel für Kinder von arbeitslosen Eltern nicht mehr zu erlauben. Stattdessen haben Sie eine windelweiche Formulierung aufgenom

men, die in der Realität, wie aus der Anfrage zu ersehen war, leider nichts geändert hat.

In Zukunft wird die Kindertageseinrichtung einen immer wichtigeren Platz bei der Schaffung elternhausunabhängiger Lebenschancen einnehmen. Vielleicht haben wir bald noch mehr Bildungsanteile und Erzieherinnen mit akademischer Ausbildung. Ich würde mir dies wünschen.

Wollen Sie, meine Damen und Herren der Koalition, wirklich, dass davon Kinder auch nur stundenweise ausgeschlossen werden? Sie müssen sich dann den Vorwurf gefallen lassen, dass durch Ihr Stimmverhalten nicht alle Kinder in den Genuss einer Qualitätsoffensive kommen.

Noch etwas gehört zur Qualität: flexible Öffnungszeiten. Erst vor der Sommerpause haben wir angeregt, solche Kindertageseinrichtungen als Modellprojekte aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds zu finanzieren. Doch Sie wollen noch nicht einmal wahrhaben, dass ein entsprechender Bedarf besteht. Nicht wenige Kollegen, gerade aus den Reihen der CDU, glauben immer noch, dass ein Arbeitstag zumindest für die Frauen spätestens 16 Uhr endet. Dabei brauchen Sie noch nicht einmal in die für einige Abgeordnete ungewohnte Welt außerhalb des Landtages aufzubrechen. Nein, Sie brauchen sich eigentlich nur hier umzusehen. Hier sitzen einige Frauen und Mütter, die auch Abendtermine und Veranstaltungen am Sonnabend wahrnehmen. Natürlich hilft mal die Oma und es hilft auch mal der Partner, doch das geht nicht immer.

Zur Qualität der Kindertageseinrichtung gehören nun einmal flexible Öffnungszeiten. Diese sind hier im Freistaat Sachsen noch nicht einmal ansatzweise gegeben. Statt uns also weiterhin auf die Schulter zu klopfen, sollten wir das noch nicht Erreichte als Aufgabe sehen und die Kindertagesbetreuung weiter verbessern, und zwar für alle Kinder.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion.PDS)

Die Fraktion der GRÜNEN, bitte. Frau Herrmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Qualitätsoffensive in der Kindertagesbetreuung – ich hätte mir gewünscht, dass Sie bei der Formulierung Ihres Antrages mehr Wert auf eine dem Inhalt angemessene Sprache gelegt hätten. Qualitätsoffensive – wen wollen wir damit erreichen? Die Eltern werden sagen, die wollen immer mal etwas Neues, und das verstehe ich sowieso nicht. Wenn wir wollen, dass die Menschen uns zuhören und unsere Gedanken und Vorschläge diskutieren, sollten wir uns um Verständlichkeit bemühen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier oft darüber gesprochen, dass der Bildungsplan ein wirklich neuer Ansatz für die Kitas ist, beschreibbar mit den Formulierungen: vom Kind-ausdenken, die Neugier der