Protocol of the Session on January 19, 2005

viel Cent muss ich bereitstellen, um einen Euro zu verdienen? – belegt die Sächsische Landesbank mit 39 Cent, um einen Euro zu verdienen, immerhin von zwölf Landesbanken den zweitbesten Platz in Deutschland. Das ist ein tolles Ergebnis. Deshalb spreche ich von einer relativ kleinen – es ist die drittkleinste Landesbank in Deutschland –, aber sehr effektiv arbeitenden, wirtschaftlich hervorragenden Bank. Bei der Eigenkapitalrentabilität stehen wir ebenfalls auf Platz zwei, möchte ich bemerken. Unser Ziel muss es sein, meine Damen und Herren, wieder ein A-Rating für unsere Landesbank zu bekommen.

Deswegen hat die Anteilseignerversammlung der Sachsen-Finanzgruppe am 16. Dezember 2004 einen Grundsatzbeschluss gefasst. Die Anteilseigner sollen die Sächsische Landesbank möglichst als eigenständige Bank mit den damit verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten, die die Kommunen und der Freistaat haben, erhalten. Dies liegt im Interesse der sächsischen Wirtschaft; denn überlegen Sie bitte einmal, was die Sächsische Landesbank zum Beispiel in der Vergangenheit für die sächsische Wirtschaft vollbracht hat! Es gäbe kein Güterverkehrszentrum Leipzig ohne Sächsische Landesbank; auch darauf will ich hinweisen.

Die vor uns liegenden Monate sind für die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Kreditwesens von erheblicher Bedeutung. Wir sollten uns daher auf die soeben beschriebene Aufgabe konzentrieren und uns nicht zum Nachteil Sachsens und der Bankarbeitsplätze vom nicht gerechtfertigten Antrag der NPD auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ablenken lassen. Die SachsenLB und die Sparkassen der Sachsen-Finanzgruppe müssen in den nächsten Monaten natürlich ihre Hausaufgaben machen. Darüber werde ich berichten. Die Zeit dafür sollten wir der Sächsischen Landesbank allerdings geben.

Nun zur MDL konkret: Die Geschäftsentwicklung der im Jahr 2000 gegründeten MDL entsprach nicht den Erwartungen der Beteiligten, das muss ich deutlich sagen. Über die MDL ist es – wie Sie wissen – zwischen den Gesellschaftern zu einem erbittert geführten Streit gekommen, der nun mit juristischen Mitteln ausgetragen wird. Nach der Lektüre des Dringlichen Antrags der NPD-Fraktion habe ich persönlich den Eindruck, dass dieser Streit zwischen den Gesellschaftern einer Aktiengesellschaft nun auch im parlamentarischen Raum fortgesetzt werden soll.

Aber da, meine Damen und Herren, gehört er auf keinen Fall hin! Dabei geht es um wirtschaftsrechtliche Fragen, und diese sind, bitte sehr, vor Gericht zu klären; denn da finden diese Dinge statt und dort sind sie aufzuklären. Das Parlament ist überhaupt nicht der richtige Ort, Auseinandersetzungen zwischen Gesellschaftern einer Gesellschaft privaten Rechts zu erörtern. So ist zum Beispiel beim angesprochenen Urteil des OHG Dresden darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz, namentlich das Landgericht Leipzig, für die MDL entschieden hat, und die MDL wird natürlich in Revision beim Bundesgerichtshof gehen. Was will ich damit sagen? Wir sind noch längst nicht am Ende des Prozesses.

Welchen Nutzen hat ein Untersuchungsausschuss in der jetzigen Situation? Ich vermag ihn überhaupt nicht zu erkennen, aber allein schon die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist eine negative Schlagzeile für die

Landesbank und unser öffentlich-rechtliches Kreditwesen im Freistaat Sachsen. Deshalb fordere ich Sie alle auf: Lassen Sie uns gemeinsam an einer Vorwärts-Strategie der SachsenLB arbeiten! Der Antrag der NPD bezweckt das genaue Gegenteil. Lassen wir uns nicht von der NPD die SachsenLB kaputtreden!

(Uwe Leichsenring, NPD: Eine Frechheit ist das! Das ist Ihre Misswirtschaft! Unfassbar!)

Ich bitte Sie herzlich, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache beendet. Meine Damen und Herren! Der Sächsische Landtag hat gemäß Artikel 54 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen und § 2 Abs. 1 Satz 1 des Untersuchungsausschussgesetzes das Recht und auf Antrag von einem Fünftel seiner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. – Bitte schön, Sie haben das Wort, Herr Leichsenring.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal etwas sagen, da ziemlich viele Vorwürfe aufgetaucht sind. Herr Weckesser, warum haben Sie jahrelang Anträge gestellt, obwohl Sie genau wussten, dass sie alle durch die vorhandene Mehrheit in diesem Hause abgelehnt werden? Sie hätten sich all Ihre Anträge über die ganzen Jahre sparen können.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Ich bin der Meinung, dass man sie sich nicht sparen muss. Auch wenn ich weiß, dass wir nur 9 % haben und 20 % brauchen, ist es uns unbenommen, etwas zu beantragen. Man hört, wie gesagt, nicht auf, an das Gute im Menschen zu glauben.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Gott sei Dank!)

Den Ablehnungsbegründungen, die wir hier gehört haben, ist nichts zu entnehmen, was unseren Antrag entkräften könnte, auch wenn das hier zuweilen krampfhaft versucht wurde. Die Reaktionen im Finanzausschuss – ich sage es noch einmal – haben mir deutlich gezeigt: Dieser Antrag – wenn er von einer anderen Fraktion wortgleich formuliert worden wäre – wäre angenommen worden. Es geht Ihnen hier um nichts anderes als um parteitaktisches Kalkül. An sachlicher Aufklärung scheint kein Interesse vorhanden zu sein. Die CDU hätte sicher gehofft, dass das Problem irgendwann ausgesessen worden wäre. Aber, wie gesagt, das werden wir nicht zulassen. Wenn man die ganzen Machenschaften hier erlebt, kann man die Meinung in der Bevölkerung verstehen, die glaubt, belogen und betrogen worden zu sein.

Die NPD jedenfalls scheint im Parlament die einzige regierungsunabhängige Opposition zu sein, und die anderen Parteien machen sich hier zu Ersatzkoalitionären.

Früher hieß das einmal „Nationale Front“. Herzlich willkommen im Club!

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Da gab es die NPD!)

Nein, sie hieß NDPD, aber das können Sie nicht wissen, Sie sind aus Österreich. – Meine Damen und Herren! Mögen Sie sich noch so formulierungsakrobatisch winden, mögen Sie meinethalben noch irgendwelche Gerichtsbeschlüsse oder -urteile abwarten, obwohl die Beweiserhebungen abgeschlossen sind: Die politischen Schlussfolgerungen müssen vorher gezogen werden. „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“, sagt der altbekannte Spruch, und genau darum geht es uns: Wir haben keine Zeit, den letztinstanzlichen Gerichtsspruch abzuwarten. Der Handlungsbedarf ist akut; denn alle gerichtsrelevanten Vorgänge sind bekannt, die Presseberichterstattung auch, Sonderprüfberichte der Prüfgesellschaft Deloitte & Touche ebenso. Kritische Stimmen aus der Wirtschaft gibt es ebenfalls. Was muss denn noch passieren, ehe wir hier einmal anfangen zu reagieren? Wir sehen jedenfalls nach wie vor alle Voraussetzungen für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als gegeben.

Noch eins, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wagen Sie es nicht, –

(Empörung und Widerspruch bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

diesen Untersuchungsausschuss abzulehnen und in vier oder acht Wochen einen eigenen einzubringen! Ersparen Sie Sachsen diese Peinlichkeit; denn das werden wir ganz bestimmt öffentlich machen!

(Höhnisches Lachen bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Ich hoffe, dass der Aufklärungswillen von uns allen die Oberhand über irgendwelche platten antifaschistischen Rituale gewinnt, und würde Sie nochmals herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag bitten.

In diesem Sinne beantrage ich auch gleich im Namen meiner Fraktion eine namentliche Abstimmung, Herr Präsident.

Das war die Frage, die ich hatte.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag Drucksache 4/0502 wurde von der Fraktion der NPD gestellt. Eine Pflicht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist nicht gegeben. Der Landtag muss deshalb einen förmlichen Beschluss zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses fassen. Wir kommen deshalb zur Abstimmung. Hier ist von der Fraktion der NPD eine namentliche Abstimmung beantragt. Wir kommen zu dieser Abstimmung im Einzelnen.

Namentliche Abstimmung in der 6. Sitzung am 19. Januar 2005 zur Drucksache 4/0502, beginnend mit dem Buchstaben M:

(Namentliche Abstimmung – Ergebnis siehe Anlage)

(Unterbrechung)

Ist jemand im Saal, den ich nicht aufgerufen habe? – Gut.

Meine Damen und Herren! Ich bitte die etwas längere Pause zu entschuldigen. Ich möchte darum bitten, dass die Abgeordneten, wenn sie aufgerufen werden, laut und deutlich antworten. Wir mussten die Listen vergleichen, da die Antworten von drei verschiedenen Personen registriert werden. Deshalb hat es etwas länger gedauert.

Ich darf Ihnen nun das Ergebnis bekannt geben. Für den Antrag haben 12 Abgeordnete gestimmt. 108 Abgeordnete haben dagegen gestimmt. Enthaltungen gab es keine. Damit ist der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses durch das Parlament widersprochen worden.

Meine Damen und Herren! Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen. – Sie möchten etwas zum Abstimmungsverhalten sagen, Herr Herbst? – Bitte.

Ich möchte entsprechend § 4 der Geschäftsordnung eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten der FDP-Fraktion abgeben. Für uns als Fraktion steht fest, dass im Rahmen der SachsenLB ein erheblicher Aufklärungsbedarf besteht. Die NPD-Fraktion liegt mit ihrem Antrag allerdings daneben. Ich sage auch, warum das so ist. Erstens. Der Untersuchungsauftrag bezieht sich auf die Leasingtochter, aber dort liegen die Probleme der SachsenLB überhaupt nicht. Die Probleme liegen aus unserer Sicht in der Beteiligungspolitik der SachsenLB, vor allen Dingen ihrer Tochtergesellschaft Corporate Finance Holding, und sie liegen in den Kreditrisiken, die aus unserer Sicht zweifelhaft bewertet sind. Beides kann mit dem Vorhaben der NPD, der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, überhaupt nicht aufgeklärt werden.

Zweitens. Wir sind der Meinung – das sollte auch parlamentarische Tradition sein –, dass man sich zunächst alle Informationen, die auf anderem Wege verfügbar sind, auf den Tisch holt, das heißt, man wartet ab, was der Finanzminister im entsprechenden Ausschuss zu sagen hat. Wir haben als FDP-Fraktion eine Große Anfrage gestellt, die sich genau mit diesem Problem bei der SachsenLB beschäftigt. Erst wenn diese Informationen vorliegen, werden wir entscheiden, wie wir mit dem Thema umgehen.

Herr Nolle, Sie haben das Wort.

Ich habe mit Nein gestimmt, weil ich grundsätzlich Anträgen der NPD nicht zustimmen kann.

(Zuruf von der NPD: Gute Sache! – Holger Apfel, NPD: Braver Demokrat!)

Dieser Antrag der NPD greift sachlich zu kurz, weil die NPD leider – oder Gott sei Dank – nicht gut genug informiert ist. Das, was eben der Kollege von der FDP gesagt hat, ist genau das, was hier hätte beantragt werden müssen. Das Problem liegt in der SachsenLB und nicht in der sehr kleinen Tochter MDL. Ich denke, dass uns dieses Thema hier noch beschäftigen muss. Wenn wir aber hier mit Nein gestimmt haben – und da sage ich bewusst: „wir“ –, dann appelliere ich an uns alle, nicht mit dem Denken aufzuhören, sondern die angesprochenen Probleme tatsächlich parlamentarisch zu untersuchen. Das, was ich hier von der Staatsregierung zur Sache gehört habe, meine Damen und Herren, ist ein einziger Jammer! Ich komme zu einem weiteren Punkt. Meine Damen und Herren! Wenn die Brandstifter der Demokratie sich hier als Biedermänner gebärden, dann können sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Neo-Nationalsozialismus keine falsche Meinung, sondern ein Verbrechen ist. Ich danke schön.

(Beifall bei der SPD, der PDS und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP – Proteste bei der NPD)

Ich erteile weiter das Wort zu einer Erklärung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Nolle hat sehr schön die Antifa-Seite zitiert. Ich möchte mein Abstimmungsverhalten erklären. Ich sage es noch einmal: Wir sind für diesen Untersuchungsausschuss, weil wir die politischen Verantwortlichkeiten rund um die Sächsische Landesbank geklärt wissen wollen. Wenn Sie meinen Ausführungen genau zugehört und unseren Antrag gründlich gelesen hätten, dann hätten

Sie bemerkt, dass dort sehr wenig von der MDL, aber sehr viel von der Sächsischen Landesbank die Rede ist. Sie hätten sich besser informieren sollen.

Ich glaube, dass wir nicht schlecht informiert sind, denn uns liegen die zahlreichen Prüfberichte vor. Wir haben auch alle anderen Unterlagen studiert. Aber wir wollten daraus keine Doktorarbeit machen, sondern haben einen kurzen Antrag formuliert.

Es wird weiter das Wort gewünscht. Frau Hermenau, bitte.

Wir haben gegen diesen Antrag der NPD gestimmt, weil wir der Auffassung sind – und das beruht auch auf meiner langjährigen Erfahrung als Mitglied verschiedener Untersuchungsausschüsse –, dass bei dem Sachstand, der zu dem Thema bisher in den Zeitungen publik geworden ist, eigentlich eine Tiefenprüfung des Landesrechnungshofes eine geeignete Maßnahme wäre. Dort sitzen Spezialisten, die sich mit den Fragen der Wirtschaftskriminalität bestens auskennen, und zwar besser als viele Abgeordnete in den Landtagen oder im Bundestag. Ich halte es für kein Problem, wenn die Politiker das Fachwissen der Spezialisten nutzen. Allerdings kann das Parlament den Landesrechnungshof nicht beauftragen. Wir können ihn höchstens bitten, eine Tiefenprüfung vorzunehmen. Ich halte das für angeraten. Meine Fraktion hat mir zugestimmt. Wir werben noch darum, die anderen Fraktionen dafür zu gewinnen, gemeinsam den Landesrechnungshof höflich zu ersuchen, dies zu erwägen.