Ich denke, wenn man wie wir Ja zur Förderung sagt – diese ganzen Fördertatbestände sind hier im Hohen Hause besprochen worden –, dann kann man nachher nicht mit großen Krokodilstränen die Folgen dieser Förderung beweinen. Man sollte eher stolz sein, wenn es gelingt, Arbeitsplätze in Sachsen anzusiedeln.
Diese Debatte ist wieder ein Negativbeispiel linker Wirtschaftspolitik, das zeigt, wie man genau das, was wir wollen, nicht erreicht, nämlich Unternehmensansiedlungen zu schaffen und uns fit zu machen für den demografischen Wandel. Das sehen Sie nicht. Sie hauen nur populistisch drauf, liebe Kollegen von der Linksfraktion.PDS. Sie haben sich damit – das muss man sich einmal überlegen – als Partei, die immer das ostdeutsche Fähnchen vor sich her trägt, zum Büttel, zum Sprachrohr der Altbundesländer gemacht.
(Beifall bei der FDP – Zurufe der Abg. Prof. Dr. Peter Porsch und Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aufgabe von Opposition ist Kontrolle und Kritik der Regierung.
Es kann auch schon einmal ein Fernsehbericht Anlass sein, mit einer vorherrschenden Praxis scharf ins Gericht zu gehen. Wer sich den Beitrag von „Report Mainz“ angesehen hat, der kommt nicht umhin, frei nach Shakespeare festzustellen: Es ist was faul im Staate Sachsen!
Aber, werte Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion.PDS, das Thema allein hat schon genügend Brisanz. Da war es völlig unnötig, bei der Benennung des Titels den Ministerpräsidenten der Beihilfe zur Steuerflucht zu bezichtigen. Dafür boten weder der Bericht im Allgemeinen noch die Ausführungen von Prof. Milbradt im Besonderen Anlass. Zu viel Polemik schadet der Sache. Das sei Ihnen hier gesagt.
Was bleibt an dem Vorgang, wie ihn „Report“ dargestellt hat, auch nach der Erklärung des zuständigen Ministers für Wirtschaft und Arbeit bemerkenswert? Es sind meines Erachtens zwei Dinge, meine Damen und Herren.
Erstens. Wie kommt die Wirtschaftsförderung dazu, investitionswillige Unternehmer an einen bestimmten Steuerberater und an Leute zu vermitteln, die bei der Beihilfeoptimierung die Grenzen des legal Möglichen
ausloten und sogar überschreiten? Die Vermittlung von Steuerberatern gehört nicht zur Aufgabe der Wirtschaftsförderung. Die Angaben des Ministers in diesem Punkt sind unseres Erachtens viel zu dünn.
Zweitens. Es ist bemerkenswert, dass wir es hier mit einem fast alltäglichen Vorgang zu tun haben. Der Ministerpräsident steht mit seinen Aussagen als Zeuge zur Verfügung.
Am Beispiel Müller-Milch haben wir diese Debatte schon früher hier im Landtag aufgemacht. Auch Herr Müller hat bei der letzten Verlagerung seiner Käseproduktion aus Niedersachsen nach Leppersdorf in saldo keine Arbeitsplätze geschaffen, sondern reichlich Subventionen für die reale Vernichtung von Arbeitsplätzen erhalten.
Wir wissen, Herr Müller ist in Sachen Subventions- und Steueroptimierung kein unternehmerischer Einzelfall.
Meine Damen und Herren! Damit sind wir wieder bei der Sächsischen Staatsregierung gelandet. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Zusammen mit Herrn Stoiber standen Sie immer an der vordersten Front, wenn es darum ging, den vermeintlichen oder tatsächlichen Missbrauch der Fördermittel im Rahmen von Hartz IV anzugreifen. Ich möchte die Debatten der Vergangenheit an dieser Stelle nicht wiederholen. Aber ich erhoffe mir ebenso wortgewaltige Einlassungen zum Thema Missbrauch von Subventionen und Steuerregeln.
Wann, Herr Prof. Milbradt, nehmen Sie sich einmal die Unternehmer vor, deren Hauptinteresse darin zu liegen scheint, möglichst viel Geld vom Staat zu bekommen und möglichst wenig Geld an ihn zu bezahlen? Wann kommen Ihre Vorschläge auf den Tisch, analog zum Thema Hartz IV diesen täglichen Missbrauch durch eine Novellierung der Gesetze zu beenden?
Die Landesregierung darf man an dieser Stelle daran erinnern, dass selbst ein Unternehmen wie Infineon im Freistaat eine Förderung als KMU, also als kleines und mittelständisches Unternehmen, bekommen hat. Auch von daher würde es der Staatsregierung gut zu Gesicht stehen, eine Missbrauchsdebatte an vorderste Front zu stellen, meine Damen und Herren, denn es geht auch um ein Stück Glaubwürdigkeit beim Aufbau Ost. Wir sind nach wie vor auf die gesamtdeutsche Solidarität angewiesen. Die wird ja nicht stärker, wenn Unternehmen aus dem Westen abziehen, sich hier die Taschen voll stecken und am Ende ein negativer Saldo bei den Arbeitsplätzen entsteht.
Herr Ministerpräsident! Deutschland wartet auf Ihre Initiative, mit der Sie diese Fehlallokation von Steuermitteln aufgreifen und der Unternehmerschaft einmal darüber die Leviten lesen, was sich gehört und was sich nicht
gehört. Der Herr Müller, um nur einmal ein Beispiel zu nennen, könnte solch eine Ansage dringend gebrauchen.
Der Beitrag von „Report“ hat enthüllt, dass anscheinend der Bedarf an einer entsprechenden Beratung der Unternehmer groß ist. Dann nehmen Sie bitte auch gleich jenen Kreis von Beratern mit aufs Korn, der darauf spezialisiert ist, Unternehmen zu zeigen, wie man den Staat optimal hintergehen kann. Dieser Sumpf, Herr Ministerpräsident, gehört trocken gelegt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was wir heute führen, ist eine Aktuelle Debatte. Zu klären ist – nach dem entsprechenden Beitrag von „Report Mainz“ –, ob sich die Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH auf Abwegen befindet. Zu klären ist, ob in Sachsen Tipps zur Steuerflucht gegeben werden, und zu klären ist auch – nicht heute, aber in Zukunft –, was die Staatsregierung deckt, was sie weiß und was sie selbst mit befördert hat.
Ja, meine Damen und Herren, wie kommen wir auf diese Fragen? Sie sind ja nicht aus der Luft gegriffen, und „Report Mainz“ ist nun wirklich nicht die „Bild“-Zeitung. Die Fakten liegen auf der Hand. Jeder, der sie sehen will, kann sie sich im Internet ansehen. Hier ist der entsprechende Beitrag noch zu sehen. Jeder, der es lesen will, kann es im Sendeprotokoll schwarz auf weiß noch nachlesen. Es geht doch nicht um Peanuts, um die wir hier debattieren. Es geht darum, dass unter Umständen ein Unternehmen, das hier 40 Arbeitsplätze geschaffen hätte, 60 weitere in Polen, dafür 10 Millionen Euro Fördermittel erhalten hätte. Rechnen Sie das doch einmal durch. Das sind 250 000 Euro pro Arbeitsplatz für eine Ansiedlung, die wahrscheinlich nicht auf Dauer gewesen wäre. Rechnen Sie es weiter hoch! Wenn Sie mit dieser Fördersumme versuchen würden, im Freistaat Sachsen Arbeitsplätze zu schaffen, bräuchten Sie allein für 4 000 Arbeitsplätze eine Milliarde Euro. Das ist mehr als das Doppelte des Etats der Wirtschaftsförderung beim Wirtschaftsminister. Wie viele Arbeitslose haben wir hier? 400 000! Spätestens da müssten Sie doch einmal kurz stutzen, Herr Bolick, und sagen: Auf diesem Weg müssen wir innehalten, so können wir in der Wirtschaftsförderung nicht weitermachen!
Herr Morlok, es ist sehr schön, wenn Sie die Zeiten des Klassenkampfes und der Klassenfeinde mit den alten Bundesländern wieder beleben. Wir allerdings sind der Anwalt der Steuerzahler, wir sind der Anwalt der kleinen und mittelständischen Unternehmen von hier, und wir
Doch kommen wir zurück zu den Fakten. Manchmal zeigen ja die Fakten mehr als das, was uns dargestellt wird, und auch die Regierungskoalition versucht uns Sand in die Augen zu streuen. Der Beitrag bei „Report Mainz“ lief am 3. Juli. Schon am 4. Juli, sprich einen Tag später, erklärte Staatssekretär Habermann, dass er der Wirtschaftsförderung Sachsen den Rücken stärken würde. Die WFS würde erst Gespräche führen, dann würde die Sächsische Aufbaubank die entsprechenden Anträge prüfen. Doch ich frage Sie, was soll denn die SAB feststellen, wenn die WFS alles so formuliert hatte, wie es sein muss? Ich frage Sie weiterhin: Warum soll die Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH Fördermittel in Aussicht stellen, die dann hinterher die Sächsische Aufbaubank nicht genehmigen wird? Da stimmt doch irgendetwas nicht.
Nur wenige Tage später tagte der Wirtschaftsausschuss, am 7. Juli. Sie, Herr Staatsminister Jurk, fehlten. Ihr Staatssekretär hatte auch keine Zeit zu erscheinen. Er hatte auch einen anderen wichtigen Termin.
Vertreten wurden Sie durch eine Abteilungsleiterin, die Auszüge aus einer Stellungnahme der Wirtschaftsförderung Sachsen an Sie selbst zitierte. Daraufhin bat der Wirtschaftsausschuss unter seinem Vorsitzenden, dem CDU-Abgeordneten Rasch, uns diese Stellungnahme zugänglich zu machen. Wie lange hat es gedauert, bis wir Ihren entsprechenden Brief erhielten? – Immerhin sechs Tage! Ich frage Sie, warum dauerte dies so lange? Ja, es musste so lange dauern, weil drei Behauptungen gefunden werden mussten.
Sie behaupten in Ihrer Antwort, die uns schriftlich vorliegt, dass die Journalisten niemals das Wort „Verlagerung“ in den Mund nahmen. Ich frage Sie: Haben Sie die O-Töne eingehört? Die Journalisten sagen, es wurde mehrmals von Verlagerung gesprochen.
In Ihrem Schreiben wird darauf verwiesen, dass Verlagerungen nicht gefördert werden. Aber wir haben das Beispiel Müller-Milch. Des Weiteren behaupten Sie, dass es sich bei der nachgesprochenen Vertonung der Aufnahmen um verkürzte Darstellungen handelt, die den tatsächlichen Gesprächsinhalt in einer vorurteilsbehafteten Art verfälschen. Die Journalisten von „Report Mainz“ sehen dies anders, bestätigen dies auch schriftlich und verweisen auf die vorliegenden O-Töne. Dessen unbenommen frage ich Sie: Wo ist denn Ihr Begehr auf eine Richtigstellung? Wo ist Ihre verlangte Gegendarstellung? Wo ist Ihre Programmbeschwerde beim entsprechenden Intendanten des Südwestrundfunks? Nichts davon liegt vor. Also muss doch an diesem Bericht etwas dran sein, ansonsten hätten Sie doch schon die entsprechenden Schritte unternommen. Drei davon habe ich dargestellt.
Ja, in der Förderpolitik im Freistaat Sachsen muss sich etwas ändern, und dies grundlegend. Das fordern wir seit Jahren. Doch darüber müssen wir hier und heute und in den nächsten Tagen nicht debattieren. Wir müssen darüber debattieren, welche Widersprüche es gibt und wie wir diese aufklären können. Wir müssen klären, warum die Wirtschaftsförderung Sachsen nicht nach den Richtlinien arbeitet, ob es anscheinend abweichende interne Richtlinien gibt und wer diese abweichenden internen Richtlinien erlassen hat. Die Staatsregierung ist gefordert, Antworten zu geben. Wir werden mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln darauf drängen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hilker, Sie stellen hier jede Menge Anfragen. Sie fragen ständig im Wirtschaftsausschuss. Ich will nicht unterstellen, dass Sie wirklich wissen wollen, wie es funktioniert. Aber was die WFS betrifft und wie der ganze Ablauf ist, das haben Sie wieder nicht verstanden. Die WFS macht Werbung im Vorfeld, und Sie tun so, als wenn das schon die Förderpraxis des Freistaates ist. Ich will damit überhaupt nicht unterstellen, dass das so gewesen ist, wie es hier im Artikel bzw. in dem „Report“-Bericht steht. Aber selbst, wenn es so wäre: Die WFS macht Akquise, und die Förderpraxis wird bei uns über die SAB realisiert. Das wissen Sie ganz genau. Dort gibt es klare Vorschriften, und dort geht nichts schief. Wenn einmal etwas schief geht, wird auch Geld zurückgefordert. Das haben wir hinter uns. Bei dem Riesenvolumen, das wir mittlerweile ausgereicht haben, ist das ganz normal.
Herr Morlok, Sie haben natürlich Recht. Wir sollten noch einmal in den Bericht hineinsehen. Ich habe noch einmal hineingesehen. Die eigentliche Nachricht liegt nämlich darin. Da sagt Frau Yvonna Szuka von der Sonderwirtschaftszone in Polen: „Wir freuen uns, dass in Deutschland so hohe Steuern sind, weil wir haben hier Unternehmen, da hinten zwei große deutsche, hier ein deutsches, das vierte in der Nähe, und hier haben wir zwei Grundstücke für große deutsche Projekte vorbereitet.“ Das ist doch die Nachricht, die in dem „Report“-Bericht steckt. Dort müssen wir uns etwas überlegen. Was hilft denn in dieser Hinsicht Ihre Debatte? – Null und nichtig ist Ihre Debatte! Was haben Sie denn in dieser Hinsicht vorzuweisen? – Nichts! Wir bemühen uns um Arbeitsplätze in Sachsen und werden das weiter tun. Wir werden uns von Ihren Querelen nicht aus der Reihe bringen lassen.
Wird das Wort von der SPDFraktion gewünscht? – Ich frage die NPD-Fraktion. – Die FDP? – GRÜNE? – Die Linksfraktion.PDS auch nicht mehr? – Dann, bitte, Herr Minister Jurk.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich hätte mir etwas mehr Gelassenheit beim Umgang mit dem Beitrag des ARD-Magazins „Report Mainz“ gewünscht.